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Einfluß der Himmelskörper

auf

Witterungsverhältnisse.

Vortrag gehalten zu Nürnberg und München

bon

Dr. Siegmund Günther.

Nürnberg

Verlag von Hermann Ballhorn

1876.

300 A

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Bayerische
Staatsbibliothek
MÜNCHEN

Die Frage, ob die meteorologischen Verhältnisse unseres Planeten durch irgendwelche Einwirkungen anderer Himmelskörper direkt modificirt werden können, ist selbstverständlich eine uralte, und bei dem hohen Respekt, welchen die Menschheit von jeher vor den glänzenden Gestirnen hegte, dürfen wir uns nicht wundern, im Alterthum und Mittelalter diese Frage stets bejaht zu sehen. Ja wir dürfen geradezu sagen, daß die Astrologie jener Zeiten vorwiegend auch Astrometeorologie war. Sind uns auch für jene Zeit die Quellen näherer Kenntniß ziemlich verschlossen, so können wir unser mangelhaftes Wissen reichlich aus den Mittheilungen des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts ergänzen, wo bekanntlich die größten Anstrengungen gemacht wurden, durch wissenschaftlichen Aufputz jeglicher Art der absterbenden Sterndeuterei das Leben zu fristen. Von einem berühmten Astrologen jener Epoche, Justus Stöffler 1), wissen wir, daß er aus den Sternen die Vorzeichen einer freilich nicht eingetroffenen ungeheuren meteorischen Umwälzung auf unserer Erde herauslas; in einer Art von System suchte Baptist Morin, der Verfasser des astrologischen Hauptwerfes Astrologia Gallica, diese Form kosmischer Witterungskunde darzustellen 2). Allein selbst unser Kepler, dessen erleuchtetem Geiste das handwerksmäßige Horoskopstellen dieses und jenes Berufsgenossen eingestandenermassen nur Ekel einflößen konnte, glaubte die geheimen Kräfte, welche die Planeten sowohl auf das Geschick des Menschen als auch auf die Beschaffenheit der Atmosphäre ausüben sollten, nicht geradezu in Abrede stellen zu dürfen 3); aber freilich unterscheiden die geistreichen mathematischen Betrachtungen, durch welche er seinem Phantom Leben einflößen zu können

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vermeinte, sich himmelweit von der plumpen Empirie der eigentlichen Sterndeuter. Heutzutage gehört diese Art von Astrometeorologie wohl endgültig zu den Todten, für uns handelt es sich lediglich darum, ob nicht direkte physikalische Beziehungen zwischen den andern Weltkörpern und der Lufthülle unserer Erde sich nachweisen lassen. Wollten wir diese Untersuchung erschöpfend führen, so würden wir einen dickleibigen Band zu füllen genöthigt sein; vielleicht aber ist auch auf wenigen Blättern eine präcise Hervorhebung der wichtigsten Punkte möglich, deren Discussion zur vollständigen Beantwortung jener allgemeinsten Frage erforderlich wäre. Wir wagen es aber um so cher, mit einem solchen Versuche vor die Oeffentlichkeit zu treten, weil, wie wir uns überzeugt zu haben glauben, selbst unsere besten Werke über Astronomie und tellurische Physik gerade diesen Gegenstand besonders stiefmütterlich behandeln.

Die physikalischen Lehrbücher pflegen ihren Stoff gemeinig= lich in drei große Abtheilungen zu sondern, und in diesem Beginnen wollen wir ihnen folgen. Wir beschäftigen uns demzufolge erstlich mit den direkten mechanischen Eingriffen, welche die uns näheren Himmelskörper durch ihre Maffen-Aktion_in unsere Atmosphäre thun; zum Zweiten werden wir etwaigen optisch-kalorischen Wirkungen der aus dein Weltraume uns zu= gesandten Strahlen nachzuspüren haben, und drittens müssen wir nach den magnetischen beziehungsweise elektrischen Kräften fragen, welche der gewöhnlichen Anschauung nach am ehesten einen Rapport zwischen Erde und Himmel zu bewirken im Stande sind. Jede dieser drei Unterfragen wollen wir nunmehr für sich in's Auge fassen.

I. Die Himmelskörper sind sämmtlich schwer und wirken in Folge dessen anziehend auf unsere Erde. Diese Anziehung kann sich, was den starren Erdkörper anlangt, nur darin äußern, daß dieser lettere aus der rein-elliptischen Bahn, welche er an und für sich um den Centralpunkt beschreiben müßte, herausgedrängt und zum Beschreiben einer irregulären doppelt-gekrümmten () die informalituile

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Curve gezwungen wird. Aber unzertrennbar von dieser festen Erdkugel existiren drei Flüssigkeitsmaffen, auf welche die bewußte Attraktion in sicht- oder doch fühlbarerer Weise einzuwirken vermag; zwei derselben gehören dem tropfbarflüssigen, eine dem gasförmigen Aggregatzustande an. Die beiden ersteren bildenafes zwar nicht eigentlich ein Objekt der Meteorologie, allein die in ihnen sich abspielenden Vorgänge find so durchaus den für uns wichtigen analog, daß eine kurze Besprechung dieser ersteren von selbst geboten erscheint.

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Unsere Erde ist von einer concentrischen Kugelschale tropfbar-flüssigen Wassers umgeben, dessen leicht verschiebbare Theilchen gegen jede auf sie ausgeübte Kraft reagiren müssen. In der That weiß man nun seit Strabo1), daß im Verlaufe von je 24 Stunden eine mächtige Fluthwelle um die Erdkugel herumläuft, und daß also, da aus einfachen hydrostatischen Gründen eine an irgend einem Erdorte eingetretene Erhöhung des Wassers die gleiche Erscheinung für den Antipoden-Punkt bedingt 5), jeder beliebige Platz zweimal des Tages ein Marimum und eben so oft ein Minimum der Wafferhöhe zu ver= zeichnen hat. Bekanntlich bezeichnet man diese Erscheinungen mit dem Namen der Ebbe und Fluth. Daß dieselbe durch die Wirkung des Mondes bedingt sei, hatte schon Kepler®) vermuthet, aber endgültig konnte der Nachweis dieser Beziehung erst dann geführt werden, als durch Newton die Existenz einer allgemeinen Attraktionskraft dargethan war, und zwar verstand es dieser eminente Forscher 7), gerade durch die eingehende Discussion dieser Meeresbewegungen seine neue Lehre noch fester zu fundiren. Die beobachteten Phänomene sind natürlich das Resultat der Gesammtwirkung aller Himmelskörper, aber be= merkbar sind lediglich die Einzelkräfte des uns nächsten und des an Masse präponderirenden Mitgliedes unseres Planetensystemes, des Mondes und der Sonne. Befindet sich die Erde in Quadratur zu diesen beiden Himmelskörpern, so werden die= | selben einander entgegenwirken; in dem Falle dagegen, wo der

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