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Es drängt sich demnach die Untersuchung heran, ob die übrigen Angaben Cäsar's mit der Annahme dieses Hafens als portus Itius bestehen können; und in zweiter Linie, ob diese Stelle der Küste für den Sammelplatz einer zahlreichen Flotte und für ihre Abfahrt die unerlässlichen Eigenschaften gehabt hat.

Mag immerhin de Saulcy durch die zahlreichen Fälle, welche Ducange von dem Gebrauche Wissant's als Landungsplatz und Abgangsort aus der Fülle einer überreichen Belesenheit zu sammeln gewusst hat, zu sehr befangen gemacht worden sein; mag er sich sogar gänzlich im Ausdruck verfafst haben, wenn er, den Worten seines Gewährsmanns folgend, angiebt, dafs diese Fälle aus allen Zeiten her aufgebracht worden sind; dennoch mufs man bei vorurtheilsfreiem Durchlesen seiner Abhandlung eingestehen, dass es ganz andere Gründe gewesen sind, welche ihn zuerst veranlasst haben, in Wissant Cäsar's Haupthafen zu erkennen. Es geht dies unwiderleglich daraus hervor, dafs er Ducange und seine Citationen ganz beiläufig, bei Gelegenheit der oben angeführten Etymologien des Namens Wissant, erwähnt; und Haigneré verlegt in seiner Polemik den Schwerpunkt der Untersuchung seines Gegners völlig, wenn er gegen Ducange's Auctorität zuerst und hauptsächlich seine Angriffe richtet.

Diese Gründe kleidet de Saulcy in eben so viele Bedingungen für die Lage und Beschaffenheit des portus Itius ein, welche er aus der Erzählung des römischen Feldherrn entwickelt.

Von Boulogne bis Calais erblickt man", so etwa sagt der französische Gelehrte, „bei gutem Wetter deutlich die Felsen der britischen Insel. Zwischen Grisnez und Blancnez erstreckt sich die französische Küste fast in gerader Linie und beinahe parallel mit der gegenüber liegenden Küste Englands; und unbestreitbar ist an dieser Stelle der Abstand zwischen Britannien und dem Festland am geringsten (brevissimus trajectus). Der Einschiffungshafen Cäsar's mufs demnach zwischen Grisnez und Blancnez gesucht werden." In der That, wenn Cäsar sich in das Land der Moriner begab, weil von hier die Ueberfahrt nach Britannien die kürzeste war, so ist, wenn nicht die unbedingte Nothwendigkeit vorhanden, doch die allernatürlichste Voraussetzung zu machen, dafs er diejenige Stelle aufgesucht haben wird, an welcher die Nähe der beiden Küsten am gröfsesten ist; schon von sehr früher Zeit an hat daher die unbefangene Anschauung (wie es der Fall bei Cambden ist, Britannia p. 86) angefangen, Wissant für den portus Itius anzusehen. Allerdings giebt es zwischen Grisnez und Blancnez weiter nichts als Wissant, wie Haigneré ironisch gegen de Saulcy bemerkt, dadurch zu verstehen gebend, dafs man, sind diese Gränzpunkte einmal bestimmt, nicht eben nöthig hat noch zu suchen;

aber diese Ironie ist schlecht angebracht; der bejahende Satz enthält zugleich den verneinenden: aufserhalb jener beiden Punkte darf der portus Itius nicht gesucht werden.

Abgesehen von den übrigen Eigenschaften, welche der grofse Hafen Cäsar's sonst gehabt haben mufs, und von denen erst später die Rede sein wird, enthält der eben ausgesprochene Satz die erste der von de Sauley für den portus Itius aufgestellten Bedingungen. Sie entscheidet freilich allein schon die Sache, die andern können nur noch zur Prüfung der Richtigkeit dienen. Die zweite ist ein portus superior in einer Entfernung von 8 römischen Meilen. Und hier sogleich scheint die Probe nicht zu stimmen; in Betreff dieses Hafens schwankt de Saulcy zwischen Sangatte, dessen Entfernung er auf 6 römische Meilen angiebt und Calais, dem er den Vorzug geben möchte, trotzdem dafs es 11 römische Meilen von Wissant entfernt ist.

Zur dritten Bedingung macht de Saulcy die Auffindung des von Sulpicius Rufus in der Nähe des Hafens bezogenen kleinen Lagers. Aus der Art, wie de Saulcy diesen Punkt behandelt, scheint freilich hervorzugehen, dafs die Lösung bereits der Aufgabe vorangegangen war: die oben erwähnten mottes de terre und namentlich die motteCatel, welche wie Haigneré berichtet, schon 1734 der Abbé de Fontenu Castel de César nennt, haben ihn zuverlässig erst darauf gebracht, diese Bedingung zu stellen. Er selbst hält dieses Fort de César (oder camp de César) keineswegs für eine römische Anlage, sondern für ein celtisches oppidum, welches Sulpicius Rufus zur Unterbringung seiner Truppen benutzt habe. Nicht alle Gelehrten betrachten übrigens diese mottes mit so ungünstigen Augen, wie Mariette und Haigneré; die meisten, welche die Identität des Hafens Wissant mit dem portus Itius aufrecht erhalten, pflegen diese am Ufer entlang aufgepflanzten Erdhügel für Verschanzungen aus der Zeit Cäsar's anzusehen, so Henry (Essai historique, topographique etc. sur Boulogne), und so Tailliar auf dem archäologischen Congrefs zu Dünkirchen. Aber was selbst erst des Beweises bedarf, kann nicht wohl zum Beweis für Anderes dienen. Das Vorhandensein dieses angeblichen Lagers kann nicht im geringsten ein Zeugnifs dafür ablegen, dafs man hier den Haupthafen Cäsar's aufgefunden hat; andererseits aber wird man, auch ohne das Lager jenes Legaten wiederzufinden, den portus Itius nachzuweisen im Stande sein.

Es ist nicht anders mit der angeblichen Entdeckung des Lagers, welches Labienus während der zweiten Expedition eingenommen haben soll. Wäre dem Führer de Saulcy's nicht eingefallen, einige Erderhöhungen, wie sie auf abschüssigem Boden der Ackerbau selbst hervorbringt, für römische Wälle auszugeben, so würde Niemand es für nöthig

gehalten haben, erst die Reste jenes Lagers ausfindig zu machen, ehe er über den Hafenplatz Cäsar's eine Entscheidung treffen zu können glaubt.

Als vierte Bedingung setzt de Sauley an, dafs 2, höchstens 3 französische Meilen (1, nicht ganz 2 d. M.) südlich von den Einschiffungshäfen ein kleiner Hafen liegen müsse, in welchen die beiden verschlagenen Lastschiffe haben einlaufen können. In dieser Entfernung liegt in der That Ambleteuse von Wissant, und aus diesem Umstande zieht de Saulcy ein nicht unbedeutendes Moment, die Wagschaale zu Gunsten Wissant's sinken zu lassen. Aufserdem findet de Saulcy in dem Cap Grisnez ein ganz geeignetes Hindernifs, welches sich den beiden Fahrzeugen entgegenstellte, in dieselben Häfen mit den übrigen einzulaufen. Aber von einem Hafen sagt Cäsar hier nichts, dessen Worte (IV, 36) lauten: eosdem, quos reliqui, portus capere non potuerunt et paulo infra delatae sunt. Hätte Cäsar einen Hafen bezeichnen wollen, so würde er wohl gesagt haben: non eosdem, quos reliqui, portus, sed alium paulo infra situm ceperunt. Dagegen ist die Angabe der Entfernung vom Haupthafen, in welcher die Leute der beiden verschlagenen Schiffe sie an's Land treiben liefsen, in der Erzählung Cäsar's durchaus so, wie de Saulcy sie berechnet, enthalten. Die 300 Mann wehrten sich vier Stunden bis zur Ankunft der Reiterei; rechnet man 1 Stunden auf die Benachrichtigung Cäsar's durch einen (reitenden) Boten, 1 Stunde, bis die Reiterei marschfertig war, und 14 Stunden auf den Marsch derselben bis zum Kampfplatz, so ergiebt sich aus diesem Ueberschlag die kleinste Entfernung für den Ort, wo die Schiffe an's Land gingen, auf 11⁄2 deutsche Meilen, und paulo infra kann demnach hier, wie Haigneré möchte, von einem geringeren Abstand nicht, eher noch von einem etwas gröfseren gebraucht worden sein. Es genügt jedoch, wenn man Wissant als Haupthafen annimmt, zu wissen, dafs in der erwähnten Entfernung, südlich von Grisnez, das Gestade das Anlaufen der Schiffe gestattete. Die Lage von Ambleteuse in dieser Entfernung von Wissant beweist also für den letzteren Ort nichts, einmal weil ein Hafen eben nicht nöthig erscheint, und sodann, weil, wie Haigneré ausführt, dieselben Umstände auch für Boulogne passen, wo das Cap Alpreck das Hindernifs hätte bilden können, wenn ein solches erforderlich sein sollte, und nicht vielmehr auch die Strömungsverhältnisse die Abweichung der Fahrzeuge von ihrem Laufe zu erklären vermöchten, und wo südlich von dieser Spitze Le Portel, Equihen oder die Rhede von Hardelot den beiden Schiffen zu ihrer Landung Gelegenheit geboten haben würden.

Fünftens mufs der Hafen ungefähr 30 römische Meilen (d. h. 6 d. M.) von der englischen Küste entfernt sein. So einfach der Satz

der Commentarien zu sein scheint, welcher diese Bestimmung enthält, so schwierig ist es, das genaue und gewisse Verständnifs seiner Beziehungen auszumachen; auch ist er sehr verschieden aufgefasst worden. Es heifst, V, 2: quo ex portu commodissimum in Britanniam trajectum esse cognoverat, circiter milium passuum XXX a continenti. Nimmt man mit d'Anville, de Saulcy, General Creuly die 7 römischen Meilen, welche Cäsar von seinem Ankerplatz bis zu der Stelle, wo er wirklich landen konnte, noch zurückzulegen hatte, als in jenen 30 römischen Meilen mitenthalten an, so ist Wissant in unbestreitbarem Vortheil; es ist von der englischen Küste bei Southforeland 24 m. p. entfernt, welche mit Zurechnung jener 7 m. p. 31 römische Meilen ergeben; rechnet man aber, wie Lewin, Haigneré und im Allgemeinen die Anhänger von Boulogne thun, in jenen 30 m. p. die 7 m. p. vom Ankerplatz bis zur Landungsstelle nicht ein, so hat Boulogne, dem ersten Anschein nach, die Angabe Cäsar's für sich; sie trifft alsdann fast genau auf diesen Hafen, sie trifft aber nicht mehr für Wissant zu. Nun ist es aber mehr als wahrscheinlich, dafs Cäsar die angegebene Entfernung nur bis zu seinem Ankerplatz rechnet, indem man doch meinen sollte, dafs er die sich hier darbietende Gelegenheit benutzt haben wird, für die seine Schrift lesenden Römer die kleinste Entfernung der Insel von Gallien beizubringen, zwar nicht in der Form einer blofsen geographischen Notiz, welche er überhaupt nicht zu geben pflegt, sondern in genauem Zusammenhange mit seiner Expedition; es scheinen dies die ganz allgemein gehaltenen Ausdrücke in Britanniam a continenti zu beweisen; hatte er jene 7 Meilen, welche er noch aufserdem zu machen hatte, um einen passenden Landungsplatz zu finden, mit einbegriffen, so würde er hinter a continenti wohl noch hinzugesetzt haben: ad eum locum quo est descensum. Ferner hatte bei dem Standpunkt des Seewesens der Alten für sie nur eine Fahrt über das offene Meer Wichtigkeit und Gefahr; gewohnt, an den Küsten entlang zu fahren, schlugen sie eine Strecke von wenigen Meilen quer über den Ocean viel höher an, als Tagereisen am Lande entlang; und es ist daher auch deshalb fast mit Gewissheit anzunehmen, dass Cäsar unter trajectus die Fahrt von einer Küste zur anderen, nicht die Fahrt vom Hafen bis zum Landungsplatz meint. Auch leitet mit diesen Worten Cäsar die Erzählung seiner zweiten Fahrt ein, bei welcher er durch die Strömung von seinem Curs abgelenkt wurde; und er konnte den Römern durch blofse Anführung von Thatsachen die Gefahren der Fahrt auf dem offenen Ocean nicht besser schildern, als wenn er erzählte, dafs bei einer Strecke von 6 deutschen Meilen, bei aller Sorge für eine passende Ueberfahrtsstelle (trajectum commodissimum), ohne jeden Sturm, eine so bedenkliche Abweichung von dem

richtigen Wege möglich wurde, als er nachher zu erwähnen hat. Ich selbst halte Wissant für Cäsar's portus Itius; käme es mir nur darauf an, was für diese Annahme spricht, hervorzuheben, so würde ich nur der Auffassung d'Anville's zu folgen brauchen; ich verwerfe sie gleichwohl, weil ich sie nicht für begründet halte.

Was mich nämlich ganz besonders in dieser Annahme bestärkt, sind, aufser der Ausdrucksweise Cäsar's selbst, die aus ihr geschöpften Angaben der griechischen Schriftsteller. Man hat diese von beiden Seiten angeführt, aber ohne dem Wortlaut derselben die gehörige Beachtung zu geben. Strabo erwähnt (s. o. S. 93), dafs Cäsar bis zum Ankerplatz, auf welchem er in der vierten Stunde (um 10 Uhr) anlangte, 320 Stadien (40 m. p.) zurückgelegt habe; entweder hat er in seinem Exemplar der Commentarien (statt XXX m. p.) XXXX m. p. gelesen (welches sich übrigens in unseren Handschriften nicht findet); oder er hat die von Cäsar angegebene Entfernung nach anderen Nachrichten für zu klein gehalten und willkürlich vergrössert: in beiden Fällen aber zeigt er durch die ausdrückliche Erwähnung der Stunde, in welcher Cäsar auf dem Ankerplatz eingetroffen war, dass, nach seiner Ansicht, jene 7 Meilen in den 30 m. p. nicht enthalten sind, und dass man sie besonders in Rechnung zu bringen habe. Eustathius dagegen, welcher, wie man aus der völligen Gleichheit der Ausdrücke sieht, seine Bemerkung aus Strabo abgeschrieben hat, sagt zu Dionys. perieget. 566: νύκτωρ ἀνήχθη καὶ τῇ ὑστεραίᾳ κατῆρε περὶ τετάρτην ώραν, τριακοσίους σταδίους διάπλου τελέσας. Man sieht, er hat nur die von Strabo angeführte Ziffer verändert. Dazu hat ihn wohl ohne Zweifel die Vergleichung derselben mit den Ziffern der Commentarien veranlafst. Obgleich auch er, wie Strabo es thut, nur die Entfernung vom Hafen bis zur Ankerstelle angeben will, hat er doch, wahrscheinlich um von dem durch den Geographen angeführten Mafse so wenig als möglich abzuweichen, jene 7 Meilen fälschlicher Weise zugerechnet. Unter dieser Annahme kommt man nämlich genau auf die von ihm gesetzte Ziffer. Denn das Stadium enthält nach Plin. nat. hist. II, 23 (21) 125 römische Schritte (stadium centum viginti quinque nostros efficit passus); danach sind 300 Stadien 37,500 passus. Ist diese Vermuthung richtig, und sogar auch dann noch, wenn Eustathius nur auf's Gerathewohl eine runde Zahl angegeben haben sollte, immer geht aus seinen Worten hervor, dafs er, wie Strabo, die von Cäsar angegebene Bestimmung nur bis zum Ankerplatz gerechnet habe. Mithin führen sämmtliche Umstände darauf, dass man die 7 römischen Meilen vom Ankerplatz bis zur Landungsstelle als in den 30 m. p. nicht mit einbegriffen ansehen müsse.

Wenn demnach Cäsar die Entfernung von der gallischen Küste

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