Imatges de pàgina
PDF
EPUB

östlichen Asien starke Verbreitung fänden. Wenige Jahre vor Ablauf des dreizehnten Jahrhunderts gelangten Europäer zuerst zur Kenntniss von China, und Marco Polo's Berichte setzen schon damals die allgemeine Verwendung der Baumwolle zur Bekleidung der Chinesen aufser allen Zweifel (1295-98), wie sie uns denn gleichzeitig neue Nachrichten über die in Persien, Ostindien u. s. w. überall verbreitete Baumwolle-Cultur liefern 1).

Unterdessen waren durch das in den Kreuzzügen neu angeregte Bedürfnifs nach baumwollenen Stoffen selbstständige Gewerbe für dieselben in den grofsen Städten des nördlichen und mittleren Italiens, wie in Sicilien und Catalonien begründet. Von Italien aus verbreiteten sie sich im fünfzehnten Jahrhunderte nach den gewerbfleissigen Städten in Flandern und Brabant und auch schon nach einigen grösseren Städten am Rhein, sowie unter der Regierung Ludwigs XI. nach einigen französischen Städten an der Loire.

In diesem Zustande eines noch sehr beschränkten Bedarfs an baumwollenen Geweben wurde durch die Entdeckungen der Portugiesen der Seeweg um Afrika nach Ostindien und China, den damaligen Hauptsitzen der Baumwollen-Industrie, gefunden, und die erste Grundlage zur europäischen Herrschaft in Ostindien gelegt. Durch die gleichzeitige Entdeckung einiger Inseln Westindiens und die rasche Ausbreitung der Spanier in Central-Amerika erwarb man die Erfahrung, dafs auch in Amerika die Wolle eines Baumes zur Bekleidung gebraucht wurde, indem Kleidungsstücke aus diesem Stoffe durch Cortez an den Hof Kaiser Carl's V. gesandt wurden. Aber der Rohstoff blieb kostbar, denn er wurde bei der durch das Klima in Ostindien, wie in Mexico und NeuSpanien begünstigten Schlaffheit der Urbewohner ohne Eifer und nur für den eigenen Bedarf gewonnen; ausserdem vertheuerte die Schwierigkeit und die lange Dauer des Transports den Stoff aufserordentlich, so dafs in dem darauf folgenden sechszehnten und siebzehnten Jahrhunderte die Baumwolle, wie die in Indien und China daraus gewebten Stoffe zwar als eine vielfach begehrte, aber doch immer nur als eine untergeordnete Waare im Welthandel sich geltend machen konnte.

Doch kennen wir aus dieser Zeit 2) schon Manchester als den für die Fabrication baumwollener Waaren bedeutendsten Ort Englands. Er kaufte den Rohstoff in Cypern und Smyrna ein. Indefs stieg der Gesammtwerth der in ganz Grossbritannien verfertigten Baumwollwaaren vor der Thronbesteigung des Königs Georg III. (1760) nicht über 2,000,000 Thaler, während die jährliche Einfuhr an roher Baumwolle

1) Meyer a. a. O. IV, S. 122-131.

2) Roberts (Lewis) Treasure of Traffic vom Jahre 1641.

zwischen 1,500,000 und 2,000,000 Pfd. Gewicht blieb. Nur durch Ersparnifs an Arbeitslohn und durch Ermäfsigung der Kosten des Rohproducts konnte der bewundernswerthe Aufschwung dieser Industrie hervorgerufen werden. Jene brachte der erfinderische Geist einer Reihe bemerkenswerther Mechaniker, die mit James Hargreaves aus Blackburn in Lancashire im Jahre 1767 beginnt, der die Handspinnerei durch die nach seiner Tochter Jenny benannte Spinning-Jenny verdrängte, welche acht Spindeln durch ein Rad in Bewegung setzte und die achtfache Arbeit in gleicher Zeit und mit gleichem Kostenaufwande zu verrichten verstattete. Nach wenigen Jahren war diese Maschine auf 80 und dann auf 120 Spindeln erweitert, die mit gleicher Mühe ein Kind in Bewegung erhielt. Schon 1769-71 führte Richard Arkwright die durch Wasserkraft getriebene Walzen - Spinnmaschine ein, welche nach dem Ablauf seines Patents (1785) mit der ersten Maschine verbunden, seit 1789 in Manchester, seit 1792 in Glasgow durch Dampfkraft geleitet, später durch neue Verbesserungen, wie die von Crompton, Richard Roberts'), gegenwärtig mit 1100 bis 2200 Spindeln auf einem Doppelstuhl arbeitend, immer nur unter der Aufsicht eines einzigen Mannes, das Maximum in der feinsten Garnspinnerei leistet. Bekanntlich wird die Feinheit nach der Anzahl Stränge (Strains) von 840 Yards auf 1 Pfd. Baumwolle (1151,5 Berl. Ellen) mit einer bestimmten Nummer bezeichnet, so dafs bei No. 40, in der Regel die höchste Nummer für die Handspinnerei, 40 Strains von 840 Yards oder 46,060 Berliner Ellen (über 4 geogr. Meilen) 1 Pfd. Gewicht haben müssen, bei No. 200 aber 200 Strains von 840 Yards oder 230,300 Berl. Ellen (= 20 geogr. Meil.) und bei No. 250 gar 250 Strains von 840 Yards oder 287,875 Berl. Ellen (mehr als 25 geogr. Meil.), jetzt wohl die höchste Nummer für die feinsten Musseline, die in den Handelsverkehr kommen. Und doch hat man in Nottingham die Kunst bis zu No. 450 getrieben, d. h. 1 Pfd. Baumwolle bis zu einem Faden von 45 geogr. Meilen gesponnen!

Ohne mich auf die gleichmässig fortschreitenden Verbesserungen der Maschinen für die Weberei, Färberei und Druckerei der baumwollenen Stoffe weiter einzulassen, gehe ich dazu über, die Einwirkungen dieser Ersparnisse an Arbeitslohn auf den Verbrauch der rohen Baumwolle in Grofsbritannien und Irland zu prüfen. Es wurden in den Jahren 1771 - 75 im jährlichen Durchschnitt 3,000,000 Pfd. Gewicht

1) Die vollständigste Uebersicht der Verbesserungen und Erfindungen gewährt noch immer das klassische Werk von Edw. Baines: History of the Cotton Manufacture. London 1835. 8. Nächst diesem ist Andr. Ure, The Cotton Manufactures of Great Britain, compared with that of other Countries. London 1836. 2 vol. 8., deutsch von Hartmann, Leipzig 1837 und 1843, nachzuschlagen.

verbraucht '), bei 300,000 in dieser Industrie beschäftigten menschlichen Arbeitskräften, und dieses Quantum betrug damals ungefähr des Gesammtverbrauchs an Baumwolle in Europa. Die eminente Steigerung des Fabriken-Bedarfs an roher Baumwolle läfst sich in nachstehender Uebersicht treffend beurtheilen. Es wurden in jährlichem Durchschnitte verbraucht:

[merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small]

Es hat demnach der Verbrauch der rohen Baumwolle in den letzten 80 Jahren die beispiellose Steigerung um das Dreihundertfache erfahren, und selbst noch in den fünfzig Jahren des laufenden Jahrhunderts hat dieser Verbrauch um mehr als das Sechszehnfache zugenommen, seit der Wiederherstellung des allgemeinen Friedens in Europa im Jahre 1815 noch um mehr als das Eilffache. Allerdings beträgt gegenwärtig die Consumtion der rohen Baumwolle in den britischen Manufacturen zwei volle Drittheile ihres Gesammtverbrauchs in ganz Europa, aber bei dem ungeheuren Umfange ihres Quantums dient diese Vergröfserung auch zugleich als schlagender Beweis, wie gleichfalls in den übrigen Staaten Europa's in demselben Zeitraume der Begehr nach roher Baumwolle sich gesteigert hat. Wäre die Maschinenthätigkeit nicht hinzugetreten, die Handspinnerei noch in demselben Zustande verblieben, wie vor dem Jahre 1767 in Europa, und wie sie noch jetzt in dem gröfsten Theile des südlichen und östlichen Asiens betrieben wird, so würden 91,380,000 Menschen erfordert werden, um das Quantum des britischen Verbrauchs im Jahre 1856 nach der Methode vor 1770 zu verarbeiten, d. h. gerade so viel Menschen als die Gesammtbevölkerung der drei Grofsmächte Frankreich, Oesterreich und Preufsen beträgt. Gegenwärtig sind indefs in den 2210 grofsen britischen Baumwoll-Fabriken (Spinnereien und Webereien zusammengerechnet) 379,219 Arbeiter beschäftigt, die mehr

') Ich habe die Wiederausfuhr der rohen Baumwolle aus den britischen Häfen von der vollen Einfuhr abgezogen; diese hat in der Regel zwischen 1 bis 5 pCt. geschwankt, ist also im Ganzen nur unbedeutend gewesen bis zum Jahre 1825; dann ist sie bis auf 10 15 pCt. der Gesammteinfuhr gestiegen und nur selten bis auf 56 pCt. zurückgegangen.

oder weniger nur als überwachende Aufseher der Maschinenthätigkeit dienen; diese aber wirkt mit 88,001 Dampf- und 9131 Wasser-Pferdekräften bei 20,000,000 Spindeln. Jede Pferdekraft durchschnittlich zu 16 Menschenkräften veranschlagt, weil eine grofse Zahl der mechanischen Kräfte auch des Nachts arbeitet, giebt dieses einen Ersatz für 1,408,016 Menschenkräfte. Die neuen Dampfmaschinen in England und Schottland leisten überdies mit jeder Pferdekraft mehr als die älteren, und wenn man noch im Jahre 1850 durchschnittlich für eine Pferdekraft die Bewegung von 275 Spindeln berechnete, so ist diese im Jahre 1856 durchschnittlich auf 315 Spindeln angenommen. Der Arbeitslohn für den geübteren Arbeiter steigt gleichzeitig mit der Vervollkommnung der Maschinen, da er sonst höchstens 500 bis 1000 Spindeln überwachen konnte, gegenwärtig 1500 bis 2200, und demgemäfs ist das Maximum des früheren Arbeitslohnes von 20 Shilling (6 Thlr. 20 Sgr.) für die Woche, bis auf 35 Shilling (11 Thlr. 20 Sgr.) die Woche für die feinsten Gespinnste gestiegen. Mittelbar bezieht noch eine Bevölkerung von nahe an 2 Mill. Seelen ihren Unterhalt fast ausschliesslich aus den bei dieser Industrie beschäftigten Gewerben, entweder für eigene Thätigkeit oder als Familienglieder ihrer Versorger, mithin dankt in diesem Staate der vierzehnte Theil der Bevölkerung seinen Lebensunterhalt der so mannichfachen Verwendung der Baumwolle.

Aber die Möglichkeit einer so umfassenden Ausdehnung dieser Fabrik-Industrie wäre nicht gegeben, wenn nicht gleichzeitig der Rohstoff durch überaus verstärkten Anbau vorhanden und im Kostenpreise beträchtlich gesunken wäre. Zur Erläuterung dieser Thatsache erlaube ich mir einen Blick auf eine neue Reihe statistischer Zahlen, von der ich nur die Resultate darbiete, ohne den Leser mit dem Detail und mit ermüdenden Berechnungen aufzuhalten. Kehren wir zu den entsprechenden Verbrauchsübersichten zurück, die wir oben vorgelegt haben, so schwankte in den 5 Jahren 1781-85 der Preis für 1 Pfd. Baumwolle zwischen 20 Sgr. und 1 Thlr. 8 Sgr.; der Einkauf der rohen Baumwolle war zu in den britischen Colonien in Westindien, in Kleinasien, in den französischen und spanischen Colonien und je in den holländischen und portugiesischen Colonien erfolgt. Nicht ein Pfund Baumwolle war aus Ostindien und eben so wenig aus den nordamerikanischen Staaten gekauft. Erst 1786 begann man in Georgien und Süd-Carolina die Baumwolle - Pflanze regelmässig im Grofsen zu cultiviren (die ersten bedeutungslosen Versuche waren 20 Jahre früher gemacht), und zwar die krautartige, aus den BahamaInseln eingeführte. Sie gedieh aufserordentlich, und obgleich die Pflanze den trockenen, wenig fruchtbaren Boden liebt, so entfaltet sie sich doch am günstigsten in der Nähe des Meeres, und nur zehn Jahre waren

erforderlich, um die nordamerikanische, in der Nähe der Meeresküste gezogene Baumwolle in den Ruf der vorzüglichsten für die Fabrikation (durch Länge, Farbe und Feinheit) zu bringen. Im Jahre 1791 war die erste Ausfuhr aus den Vereinigten Staaten: sie betrug nur 189,316 Pfd. Gewicht; im Jahre 1796 bereits 6,276,300 Pfd., 1806 = 37,491,282 Pfd., 1816 81,747,116 Pfd., 1826 = 204,535,415 Pfd., 1840 743,941,064 Pfd., 1845 872,905,996 Pfd., 1849 = = = 1,026,602,269 Pfd., 1853 = 1,111,570,395 Pfd. '), 1854 = 987,833,106 Pfd., 1855 = 1,008,424,601 Pfd. und im fünfjährigen Durchschnitt für die Jahre 1851-55 1,025,659,156 Pfd. Diese Ausfuhr aus den nordamerikanischen Staaten allein, von welcher durchschnittlich nach England gingen, beträgt gegenwärtig wiederum durchschnittlich zwei volle Drittheile des gesammten grofsen Handelsverkehrs (den Binnenverkehr in Asien und Amerika natürlich nicht mit eingerechnet) in roher Baumwolle auf der Erde und vier Fünftheile der ganzen Erndte in den nordamerikanischen Staaten, die 1856 auf 1,314,000,000 Pfd. geschätzt wurde und in den letzten sieben Jahren (1850-56) zwischen 1,100,000,000 und 1,350,000,000 Pfd. wechselte 2). Der Preis ist nach den einzelnen Sorten sehr verschieden, obgleich allgemein die amerikanische Baumwolle, auch die westindische und brasilische mitbegriffen, der asiatischen vorgezogen wird; er variirt gegenwärtig zwischen 4 bis 10 Sgr. für 1 Pfd., ist mithin im Allgemeinen gegen das Preisverhältnifs aus den Jahren 1780-82 auf des Geldwerthes zurückgegangen. An der Production der rohen Baumwolle nehmen in den nordamerikanischen Freistaaten ausschliefslich die südlichen Staaten Antheil, aufser den schon oben genannten Staaten Georgien und Süd-Carolina noch Alabama, Mississippi, Tennessee und Louisiana, in einem geringeren Grade auch Arkansas, Florida und Texas; jene hatten im Jahre 1852 5,740,000 Acres (gegen 9 Mill. Morgen Preuss.) mit Baumwolle bestellt, wobei 717,500 Arbeiter Beschäftigung fanden (d. h. gegen aller Sklaven in diesen 6 Staaten, indem hier 1,903,505 Neger gegen 2,569,560 Seelen freier Bevölkerung gezählt werden). Die drei letztgenannten Staaten cultivirten jetzt erst 560,000 Acres (gegen 880,000 Morg. Preufs.) für Baumwolle mit 70,000 Arbeitern, fast der Hälfte ihres Sklavenstandes (144,570 Neger bei 365,363 Seelen freier Bevölkerung); aber es befindet sich auf ihrem Gebiet nach den officiellen Berichten noch ein zur Baumwolle - Cultur sehr geeignetes Terrain im Umfange von 19 Mill. Acres (über 30 Mill. Preufs. Morgen),

') Für die letzten Jahre vergl. Preufs. Handelsarchiv Jabrg. 1856, No. 26, 39 40 und American Almanac for the Years 1852-56. Im Jahre 1856 betrug die Baumwolle - Ausfuhr 1,351,431,701 Pfund.

2) Sie betrug bereits 1849 987,637,200 Pfund.

Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. IV.

7

« AnteriorContinua »