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Gebirge, sowie über einen Theil der Stadt, die reich an hervorragenden Bauten war, unter denen ich nur das Capitol, den Tempel der Minerva und die prächtigen Triumphbogen oder Thore hervorhebe.

Wohl bezeichnet in dem alten Lambaesis eine von Trümmern eingefafste Strafse, welche an dem Circus vorüberführte, die Existenz der Privatgebäude, doch hat sich keines derselben bis auf unsere Tage erhalten. Nach den Berichten der alten Schriftsteller war Algerien eine der Kornkammern Roms, mithin war die Hauptbeschäftigung der Bewohner der Ackerbau; wo aber, wie in Lambaesis, ein fruchtbares Erdreich und ein wohlthuendes Klima sich verbanden, wo ausserdem durch den steten Verkehr mit der Küste und dem Innern der Handel und die Industrie einen gleichmässigen regen Schritt hielten, ist es fast mit Gewifsheit anzunehmen, dafs das Volk je nach seinem Stande und seinem Bedürfnisse im Besitz entsprechender Wohnungen, sowie derjenigen Gegenstände war, die zur Bequemlichkeit des Lebens und zur Ausübung ihres Berufes erforderlich waren.

Was nun in dem alten Lambaesis noch besonders die Aufmerksamkeit des Reisenden fesselt, ist die grofsc Menge von unterirdischen Gängen, welche, ungemein solid aus Steinen angelegt, nach allen Richtungen unter der Erde hinlaufen. Sie münden meist in cisternenähnlichen, gemauerten, 30-50 Fufs tiefen Oeffnungen. Man nimmt im Allgemeinen an, dafs diese Gänge die Leitungscanäle des Wassers waren, welches in den Cisternen sich sammelte. Diese Ansicht scheint mir jedoch keineswegs gerechtfertigt, denn ich fand bei der Besichtigung vieler, dafs die Gänge und Cisternen stets auf einem Niveau sich befanden, mithin von einem Ansammeln des Wassers in den Cisternen keine Rede sein konnte. Ebensowenig aber waren es Kloaken oder Abzugscanäle, denn nirgends war bei diesen Gängen eine Neigung nach einer bestimmten Richtung wahrzunehmen. Auch sind diese Räume so breit und hoch angelegt, dafs sie durchaus nicht mit der von den Bergen kommenden geringen Wassermenge im Verhältnifs stehen. Es scheint also, dafs diese Gänge eine andere Bestimmung hatten, und es verlohnte wohl der Mühe, besonders für den Archäologen, dieselben von einer der Cisternen aus bis zu ihrem Endpunkte genau zu durchforschen.

Durch den Bau des neuen Lambèse ist das Territorium der alten Stadt in zwei ungleiche Theile getheilt worden, und zwar in einen westlichen ungleich gröfseren und in einen östlichen. Der erstere enthält alles bisher hier Erwähnte, wogegen der östliche Theil aufser vielen zum Theil colossalen Quadersteinen nichts Bemerkenswerthes darbietet. Es hat sich bis jetzt nicht feststellen lassen, ob Lambaesis durch eine Mauer beschützt gewesen ist oder nicht. Thatsache ist, dafs das

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eigentliche Lager, in welchem die dritte Legion stand, die man durch die Beilegung des Namens Pia vinder verherrlicht hatte, mit ihren Hülfscohorten, unter denen namentlich die sechste Commagenische als hervorragend bezeichnet wird, von einem Walle umgeben war, der im Jahre 1849 noch vollständig erhalten war. Von dem östlichen Thore des Lagers gelangte man auf der gegen Nordwesten führenden Strafse zu einem Triumphbogen mit Einer Oeffnung, der sogenannten Porta Commodi, welche zu Ehren des Kaisers Commodus errichtet worden war. Die neben dem Lager befindliche Stadt soll 14 Thore gehabt haben, von denen aber jetzt nur noch vier, zwei von ihnen mit drei Eingängen in grofsartigen Proportionen und durch architektonische Verzierungen ausgezeichnet, stehen. Besonders das südwestliche macht sich hierdurch bemerkbar und zeigt aufserdem noch eine Inschrift. Es ist davon zwar nur die eine Hälfte vorhanden, die andere muss sich jedoch, wenn ich nicht irre, noch auf einem der am Boden liegenden Bruchstücke vorfinden. Bis zu meiner Anwesenheit an diesem Orte war dieselbe nicht copirt worden, und auch ich konnte dies nicht bewerkstelligen, da die Inschrift in einer bedeutenden Höhe angebracht ist und mir die Mittel zu einer näheren Besichtigung fehlten.

Vor den Thoren und besonders vor dem südwestlichen befinden sich die Begräbnifsstätten. Die niederen Anhöhen in dieser Gegend sind dicht mit Leichensteinen bedeckt. Viele von ihnen zeigen Inschriften, die aber auch nur wenige Blicke in das Familienleben der früheren Bewohner gestatten. Auf einigen wenigen nur finden wir die Todesart des Dahingeschiedenen angegeben. Um die Aufnahme eines grofsen Theils dieser Inschriften, sowie der auf den hervorragendsten Denkmälern befindlichen, haben sich die Herren Guyon, Renier und de la Mare verdient gemacht. Die beiden Letzteren widmeten dieser Arbeit im Jahre 1851 fünf Monate.

Was der alten Stadt ein besonders freundliches Aussehen verliehen haben mufs, sind die Landhäuser und Villen, welche die umliegenden Höhen zierten, und deren Ueberreste sich heute noch bis tief in den Wald hinein vorfinden. Der diese Anhöhen bedeckende Wald hat in seinen entfernten Theilen noch nichts von seiner ursprünglichen Schönheit eingebüfst und ist bei seiner grofsen Ausdehnung wohl noch nie nách allen Richtungen hin von Europäern durchstreift worden. Auch in ihm sind namentlich die Thäler mit so geheimnißsvoll romantischen Reizen ausgestattet, dafs meine Jagdexcursionen, z. B. nach dem Thale von Bourgoli, dem rothen Berge u. s. w., mir manche angenehme und genufsreiche Stunden eingetragen haben. So erinnere ich mich, dafs ich einmal den westwärts durch die beiden Flufsbetten führenden Weg gewählt hatte, auf dem ich in eine rings von Wald umgebene Thal

Zeitschr.f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. IV.

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Ebene gelangte. Ich durchwanderte dieselbe und schlug mich südwärts in den Wald. Am Tage vorher war ein starker Regen gefallen, die Natur athmete Frische und die den Boden bedeckenden Kräuter schwängerten die Atmosphäre mit ihren Wohlgerüchen, während ein seltenes Leben in dem Thierreiche sich kundgab. Die Kronen der hochstämmigen Cedern und Eichen wölbten sich bald zu einem dichten Dache zusammen und erzeugten ein geheimnisvolles, melancholisches Dunkel. So immer tiefer in den Wald eindringend, bemerkte ich plötzlich in dem feuchten Erdboden die scharf ausgeprägte Fährte eines Löwen, und indem ich derselben folgte, erkletterte ich eine Anhöhe und gelangte an ein Dickicht, bei welchem in dem hohen Grase die Spuren sich verloren. Indem ich mich noch über den Verbleib des Thieres zu orientiren suchte, sah ich durch das Dickicht weifse Steinmassen schimmern, die, über und unter einander gestürzt, gegen den Wald seltsam contrastirten; hier mufste die Höhle des Löwen sein! Vielleicht war sie es auch gewesen, aber vor Kurzem von ihm verlassen worden. Der Zufall hatte mich so zu einer jener Ruinen geführt, deren es im Walde sehr viele giebt. Es war ein Grabdenkmal, dessen Oberbau aber gänzlich verfallen war, und hatte die Gestalt eines länglichen Vierecks. In seiner Höhlung fand ich zwei Sarkophage von weissem Marmor, die aber geleert waren und deren Deckel in Stücke zersplittert den Raum zwischen den Sarkophagen ausfüllten. Zur Seite des Denkmals lag ein ziemlich hoher Schutthaufen, der aber von Erde schon wieder überdeckt war, und auf demselben die Bruchstücke einer männlichen Statue von weissem Marmor in natürlicher Gröfse. Sie war mit der Toga bekleidet und hatte vielfache Beschädigungen. Der Kopf fehlte ganz; Bruchstücke von Inschriften lagen umher. Aus einigen derartigen Inschriften ersah ich, dafs manche Bewohner der alten Stadt es vorzogen, die Errichtung ihrer Denkmäler nicht ihren Nachkommen zu überlassen, sondern dieselbe schon bei ihren Lebzeiten selbst vorzunehmen. Den Beweis dafür geben einige Begräbnisstafeln, auf denen das Todesjahr nicht ausgefüllt ist, deren Vollendung also die Hinterbliebenen vernachlässigt haben.

Mit diesen Bemerkungen beschliefse ich die Schilderung der einstmals blühenden und mächtigen Stadt, und wenn auch der Totaleindruck derselben in ihrem heutigen Zustande dem Reisenden wiederum zeigt, dafs alles Irdische vergänglich ist, so bietet dennoch das noch Vorhandene und auf unsere Zeiten Gekommene hinlänglichen Stoff für die Bewunderung und Nachahmung. Nicht der Archäologe allein wird in diesen Gegenden ein reiches Feld der Thätigkeit sich eröffnet sehen und aus den Trümmern der Vergangenheit Bilder einstiger Größse heraufbeschwören können: auch dem Künstler, sowie dem Naturforscher

bietet Lambèse einen Mittelpunkt dar, der ihm reichen Stoff zu Forschungen und Beobachtungen gestattet. Was ihn umgiebt, ist ein vom Fusse der Wissenschaft noch wenig betretener Boden; die meisten seiner Eindrücke versprechen ihm Neues und Originelles. Nicht umsonst wird er seine Forschungen anstellen und seine Kräfte in Thätigkeit setzen, und was sehr wichtig ist es wird ihm bei alledem noch gestattet sein, in einem eben so intelligenten als liebenswürdigen Kreise die Zeit seiner Mufse zuzubringen. Die Offiziere der hier stehenden Garnison werden, indem sie ihn in ihre Gesellschaft aufnehmen, ihn keine der Gewohnheiten und Annehmlichkeiten des civilisirten Europa's vermissen lassen. Diese Erfahrung habe ich wenigstens gemacht und in dankbarer Erinnerung der mir zu Theil gewordenen freundlichen Aufnahme sei es mir vergönnt, noch in's Besondere meinem liebenswürdigen und begabten Gönner, dem Commandanten von Lambèse, Herrn Capitain Ruland, für die vielen Beweise seines Wohlwollens und für die Förderung meiner Zwecke an dieser Stelle meinen Dank auszusprechen.

VI.

Zur Geographie und Statistik des Staates
Buenos Aires.

(Hierzu eine Karte, Taf. II, und eine statistische Tabelle, Taf. III.)

1. Bevölkerungs-Statistik.

Der Uebersetzer des bekannten Werkes von Woodbine Parish über die Länder am La Plata, Justo Maeso, ist seit mehreren Jahren unermüdlich thätig, über die physischen Hilfsquellen des Staates Buenos Aires mit Hilfe der Statistik Licht zu verbreiten. Er übernahm am 27. Januar 1855 die Leitung des statistischen Bureau's, und setzte sich sofort mit den Behörden des Landes und mit den Geistlichen in Verbindung, indem er sie wiederholt und angelegentlichst zur Einsendung statistischer Angaben über die Bevölkerung, die landwirthschaftlichen und commerciellen Verhältnisse ihrer Bezirke aufforderte. Seit jener Zeit hat er in jedem Semester ein Registro estadistico del estado de Buenos Aires", im Jahre 1857, wo er die Direction des statistischen Bureau's niederlegte, eine grofse Tabelle unter dem Titel „Almanaque estadistico del estado de Buenos Aires" veröffentlicht. Bei der Wür

digung dieser Arbeiten muss man sich die unendlichen Schwierigkeiten vergegenwärtigen, mit denen ein solches Unternehmen in einem wenig civilisirten, dünn bevölkerten Lande zu kämpfen hat. In vielen Districten fehlte es an Personen, die geeignet waren, über statistische Fragen eine möglichst zuverlässige Auskunft zu geben; in den meisten Fällen zeigten die betreffenden Beamten Unlust und Ungeschick zur Lösung der ihnen angesonnenen Aufgabe; und wo sich patriotische Männer fanden, die mit Eifer statistische Ermittelungen anstellten, stiessen sie, wie es auch in besser organisirten Ländern und bei einer an dergleichen Erkundigungen mehr gewöhnten Bevölkerung der Fall ist, bei den Bewohnern auf Widerstreben und auf den Argwohn, dass es sich um eine Rekruten-Aushebung oder um neue Steuern handle. In Folge dessen gingen die gewünschten Angaben entweder gar nicht oder sehr unregelmässig ein; das Material blieb unvollständig, es war nicht durchgängig nach einem und demselben Plane geordnet, so dass die Erörterung der wichtigsten politischen Fragen sich nur auf die von einem Bruchtheil der Bevölkerung bekannten Verhältnisse stützen kann, und die Angaben selbst besitzen begreiflicher Weise nicht den Grad von Zuverlässigkeit, den wir bei der Statistik europäischer Länder beanspruchen. Wir zweifeln nicht daran, dafs J. Maeso, wenn er Chef des statistischen Bureau's geblieben wäre, bei seinem lebendigen Eifer schliefslich sein Ziel erreicht und uns einen mehr befriedigenden Ueberblick über die Hilfsquellen seines Vaterlandes eröffnet haben würde, und wir bedauern deshalb um so lebhafter seinen unbekannten Gründen erfolgten Rücktritt von einer Stellung, die ihm mindestens eine halbamtliche Wirksamkeit sicherte; jetzt, wo wir nicht wissen, ob das von ihm in Gang gebrachte Unternehmen fortgeführt werden, oder das Schicksal eines ähnlichen vor dreifsig Jahren begonnenen theilen wird, bleibt uns nur übrig, das bis jetzt gesammelte Material übersichtlich zusammenzustellen, da es, wenn nicht eine absolut zuverlässige Grundlage, so doch mindestens einige positive Anhaltspunkte für die Beurtheilung gewährt und uns aus dem nebelhaften Bereiche blofser Vermuthungen hinausrückt.

Wir beginnen mit der Bevölkerungsstatistik.

aus uns

Die älteste Angabe über die Bevölkerung des Staates Buenos Aires rührt aus dem Jahre 1770 her. Ihr zufolge zählte man damals mit Einschlufs des Militairs nur 22,007 Bewohner, eine Angabe, die offenbar unrichtig ist. Denn in jenem Jahre wurden 1520 Geburten und 930 Todesfälle registirt, Zahlen, von denen man der Natur der Sache nach als sicher annehmen mufs, dafs sie das Minimum der wirklich vorgekommenen Geburten und Todesfälle bezeichnen; darnach würde aber schon unter 14 bis 15 Seelen eine Geburt, und schon unter

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