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bar für eine rein Englische Expedition ganz andere Beziehungen hat, als für eine Deutsche, die zwar auch Englischen Schutz geniefst, und in der That ohne einen solchen gar nicht denkbar wäre, die doch aber darum noch immer keine Englische ist. Die Engländer allerdings haben durch die leichte, und in ihrer Kriegs- und Handelsflotte stark vertretene Verbindung mit ihrem mächtigen Indischen Reiche eine ziemlich solide Basis in Zanzibar, d. h. eben in so weit sie mit Indien in Berührung steht; denn selbst der Englische Vertreter in Zanzibar ist eigentlich kein Beamter Englands, sondern ein Beamter des AngloIndischen Reiches. Und man mufs wohl beachten, dafs die Herren Burton, Speke und Grant eigentlich keine Offiziere der Englischen, sondern der Anglo-Indischen Armee waren, dafs überhaupt jene ganze Erforschung der Ost- Afrikanischen Küste von Indien angeregt und zuerst von dort ausgegangen ist. Denn selbst der Missionar Krapf ging durch seine Verbindung mit der Harris'schen Expedition nach Abessinien halbwegs von solcher Basis aus.

Herr v. d. Decken, der als ein Bürger unserer im Auslande fast unvertretenen Deutschen Heimath mögen wir ihn als HannoveSchlesier (durch seine Mutdas merkwürdige Hinterland

raner (durch seine Besitzungen) oder als ter, Adelheid Fürstin von Pless) ansehen hinter jener Küste, die Wasserscheide zwischen ihr und dem oberen Nilbecken zu erforschen strebt, mufs zur glücklichen Durchführung seines Unternehmens sich selbst erst eine Basis schaffen. Defshalb seine so grofsartige Ausrüstung und seine, wenigstens zeitweilig vollkommene, häusliche Einrichtung in Zanzibar. Anstatt ihn also zu beneiden, dafs es ihm, was in Deutschland so selten ist, bei seiner grofsartigen Opferfähigkeit und seiner grofsherzigen Opferwilligkeit möglich wird, so etwas durchzuführen, wollen wir uns darüber freuen und wollen ihm dafür dankbar sein, dafs er die hervorragende geistige und politische Hegemonie dieser Preussischen Residenz und Metropole Deutscher Wissenschaft vollkommen zu würdigen weifs, dafs er hier vorzugsweise sich anlehnt und uns, die wir es uns von Anfang an, als er im Jahre 1860, ein damals völlig Unbekannter, um unseren Rath einzuholen, zu uns kam, uns haben angelegen sein lassen, ihn mit Rath und That nach Kräften zu unterstützen, von allen seinen Schritten, seinen Bemühungen, seinen Hoffnungen und Befürchtungen in Kenntnifs setzt.

Die Ausrüstung des Herrn v. d. Decken besteht also in folgenden hauptsächlichen Bestandtheilen. Zuerst was seine Begleiter betrifft. Herr Dr. Otto Kersten aus Altenburg ist schon seit 1862 bei ihm, als wir ihn demselben von hier aus nachsandten, um Herrn Thornton, der die erste Reise nach dem Kilimandjaro mit ihm gemacht hat und der später in Livingstone's Gesellschaft, der er auch früher angehört hatte,

wieder eingetreten, am Zambezi dem Fieber erlegen ist, zu ersetzen. Herr Dr. Kersten hat während der Abwesenheit des Herrn v. d. Decken, der, wie bekannt, während der ersten Hälfte des vergangenen Jahres, seine neue Ausrüstung in Europa selbst betrieben hat, in Zanzibar bedeutend an Krankheit gelitten; er hat sie aber glücklich überstanden und wird jetzt sich doppelt nützlich machen können, um die neuen Mitglieder in die Zustände jener Gegenden einzuführen.

Neu ausgezogen mit Herrn v. d. Decken sind die folgenden Herren: Graf Götzen aus Schlesien, als freiwilliger und freundschaftlicher Begleiter, ein Mann von vortrefflichstem Charakter, grofsem Muth und Entschlossenheit, aber dem Klima und den Landesgewohnheiten völlig fremd, defshalb erst zu erproben, auch augenblicklich, und zwar allein von der ganzen Gesellschaft, an Krankheit nicht unbedeutend darniederliegend; Graf v. Schickh, Kapitain aus der K. K. Oesterreichischen Marine, ein Mann von edlen Sitten und liebenswürdig feinen Manieren, grofser Ruhe, klarem Blick und dabei unermüdlicher Arbeitskraft. Diese beiden Herren haben den Baron v. d. Decken über Egypten, Aden und die Seychellen begleitet und sind schon seit Oktober in Zanzibar eingetroffen. Mit der Barke „New-Orleans" dagegen haben die Seereise um das Kap gemacht: die Herren Dr. med. Link, bisher an der hiesigen Charité thätig und durch die besondere Güte des Herrn Ministers v. Roon und die specielle Gnade Sr. Majestät des Königs von der Theilnahme an dem Feldzuge nach Schleswig dispensirt; der Landschaftsmaler Trenn aus Schlesien, sehr tüchtig in seinem Fache, und von gröfstem Eifer für die Sache; der Ingenieur Hitzmann aus Hannover, ein Mann von Ruhe und Umsicht; der Oberfeuerwerker Deppe aus Oesterreich; der Zimmermann Bergmann aus Hannover; der Maschinenmeister Kantz; der Jäger Brenner aus Merseburg, sehr tüchtig und besonders geschickt im Ausstopfen; und endlich ein tüchtiger Koch, dessen Name uns unbekannt. Alle diese Herrn beziehen eine Besoldung.

Die Hauptgegenstände der materiellen Ausrüstung bestehen in einem eisernen Dampfschiff von etwa 90 Fufs Länge, 15 Fufs Breite, 18 Zoll Tiefgang, 45 (?) Pferdekraft mit zwei Schrauben und hinreichender Einrichtung, um ein Personal von 12 Europäern zu accommodiren, auch mit aller möglichen Bewaffnung zur Vertheidigung ausgerüstet durch die specielle Gnade Sr. Maj. des Königs von Hannover; dazu gehören zwei gleichfalls eiserne Böte. Diese Fahrzeuge sind gebaut in der Godefroy'schen Schiffswerfte in Hamburg. Dann ein kleineres Dampfschiff, gebaut bei den Herren Jansen und Schmielinsky in Hamburg, von 24 Fuss Länge, 12 Zoll Tiefgang etc., ein vortreffliches Passe-partout, um dem gröfseren Dampfer voraufzugehen, zu sondi

ren, zu recognosciren und die Verbindung mit ihm zu unterhalten, auch der Expedition auf der Flufsschifffahrt da noch zu nützen, wo der gröfsere Dampfer überhaupt nur noch als Rückhalt und als Depot dienen kann.

Es ist also nun des Herrn v. d. Decken Absicht, mit Hülfe dieser Dampfschiffe und unter dem gütigst verheifsenen Schutze eines Englischen Kriegsschiffes, die hauptsächlichsten der Equatorial-Flüsse der Ost-Afrikanischen Küste zu erforschen, vorzüglich den Sabaki, den Osi-Dana, und dann, wo möglich, den Djub oder Djuba, um theils selbstständig hierdurch die Kenntnifs jener Länder zu erweitern, theils den geeignetsten und schiff barsten jener Flüsse zu benutzen, um von seinem fernsten, mit den Böten zu erreichenden Punkt aus zu Lande weiter vorzudringen. Vorläufig besteht dann sein Hauptplan in der selbstständigen Erforschung des Höhenknotens, zu dem der Kenia gehört und der allem Anschein nach die Wasserscheide zwischen dem Indischen Ocean und dem Nilbecken bildet. Hat er das erreicht und die ganze Natur jenes wahrscheinlich sehr reich gegliederten Bergdistrictes durch möglichst vollständige Sammlungen aus allen drei Reichen veranschaulicht, so können wir seine Aufgabe als gelöst betrachten. Zeigt sich jedoch die Möglichkeit, so wird es Herr v. d. Decken versuchen, nicht allein in das Nilbecken selbst vorzudringen, sondern auch einen der Hauptarme desselben abwärts zu verfolgen. Ueber diese Möglichkeit aber werden erst spätere Mittheilungen des Reisenden Aufschluss geben; denn die grofse Schwierigkeit besteht darin, nach jenem, mit der Schiffszurüstung erreichbaren, Punkte an den Flüssen nun auch das für eine so schwerfällige Expedition nöthige Material zur Landreise an mehr als hundert von Trägern etc. hinzuschaffen und im rechten Augenblick, bei günstigen Verhältnissen, zur Hand zu haben. (Denn es gibt dort leider noch keine gezähmten Elephanten.) Das ist der schwächste Punkt der ganzen Expedition.

Nach diesen wenigen einleitenden Worten lasse ich nun die gegenwärtigen Mittheilungen des verehrten Reisenden folgen. Nachdem Herr v. d. Decken uns im September seine glückliche Ankunft auf den Seychellen angezeigt hatte, haben wir heute (den 18. Januar) die grofse Freude gehabt, von ihm einen Brief aus Zanzibar zu erhalten, datirt den 10. December v. J., der die lange Reise über Indien (Bombay) in 40 Tagen zurückgelegt hat. So gut berechnen kann man von dort aus solche Briefcourse, während von hier aus wegen der unsicheren Verbindung zwischen Aden oder Bombay mit Zanzibar jede genauere Berechnung unmöglich ist, und Briefe oft vier Monate unterwegs bleiben. In diesen Briefen meldet er uns die endliche glückliche Ankunft des Schiffes, das die Fahrt um das Kap in Folge verzögerter

Abreise von Hamburg in zum Theil höchst ungünstiger Jahreszeit hat zurücklegen müssen. Ich gebe aus diesen Briefen, in denen er auch seiner Familie die Ankunft einer Anzahl weiterer Kisten mit Sammlungen anzeigt, folgende Auszüge:

„Mein befster Herr Professor!

Nach langem Harren ist endlich die Barke New-Orleans nach 121 tägiger Ueberfahrt glücklich hier angelangt; alle Leute am Bord waren wohl, so dafs wir mit allen Kräften beim Ausladen des Dampfschiffes arbeiten und in wenigen Tagen dem Ende dieser beschwerlichen Beschäftigung entgegensehen können.

Mir ist ein grofser Stein vom Herzen gefallen; ich hatte nämlich mich schon darauf gefafst gemacht, dafs das Schiff verloren sei, da wir die Nachricht erhielten, dafs im Kanal von Mozambique ein starker Sturm gewüthet habe und (die glückliche Rettung der Passagiere voraussetzend) hatte ich schon in Triest angefragt, ob und in wie viel Zeit man uns einen kleinen Dampfer über Land nach Suez schicken könne; jetzt wird glücklicher Weise diese Anfrage unnütz.

Mein kleiner Dampfer „Passe-partout" schwimmt schon auf dem Wasser und erregt die Bewunderung der Eingeborenen und den Neid der hiesigen Europäer.

Speke's Tod hat mir aufserordentlich leid gethan; es ist wirklich hart und ein tief zu beklagendes Loos, nachdem man solche Gefahren und Strapazen glücklich überstanden, auf so klägliche Weise um das Leben zu kommen. Von seinen Leuten hier [d. h. die ihn auf seiner früheren Unternehmung zur Entdeckung der Nilquellen begleiteten] werde ich nur sehr wenige mitnehmen können; es sind die gröfsesten Müfsiggänger, Trunkenbolde und Schwätzer, die ich je gesehen. Die Royal Geographical Society hat einem Jeden derselben eine kupferne, dem head-man eine silberne Medaille zustellen lassen mit vollkommen demselben Gepräge, wie die grofse Victoria - Medal [die den Entdeckern selbst zu Theil geworden] . . . . . . . . . ' )

Der hiesige Englische Konsul Capt. Playfair beweist mir nach wie zuvor grofse Freundlichkeit und Zuvorkommenheit. Leider habe ich einen grossen Febler begangen, indem ich mir nicht von der Indischen Regierung einen Befehl oder Empfehlungsschreiben für ihn habe geben lassen; denn er betrachtet sich ausschliesslich als Indisch-Poli

1) Wir lassen die Sätze, in denen Herr v. d. Decken seine Unzufriedenheit mit diesem Verfahren ausdrückt, hier fort, weil, so gerecht seine Worte zu sein scheinen, wir das Vorurtheil der Engländer in diesem Falle schonen wollen. H. B.

tischen Agenten, ein Standpunkt, der ihm einen höheren Rang verleihet, als wenn er blofser Grofsbritannischer Konsul wäre

Mit dem Sultan Seyd Medjid stehe ich auf besserem Fulse, als früher [das ist in der That ein grofses Glück; denn es war ein entschiedener politischer Fehler des Reisenden, die Intriguen des Landesherrn gegen sich aufzuregen, anstatt ihn für sich zu gewinnen], das heifst, es kommen keine Streitigkeiten vor, und wir lassen uns gegenseitig zufrieden. Mit den anderen Arabern ist mein Verhältnifs auch noch eher besser, als schlechter geworden. Das Dampfschiff und meine zahlreichen Europäischen Begleiter haben zu grofsen Einfluss auf ihre Meinung ausgeübt.

Gleich nach Weihnachten denke ich mit dem kleinen Dampfer nach Norden zu gehen, um etwas zu recognosciren und die nothwendigen Einverständnisse mit den Häuptlingen längs der Küste zu meiner freundlichen Aufnahme abzuschliefsen.

Beim Auspacken der Ladung hat sich leider erwiesen, wie nachlässig und sorglos sich die Godefroy'sche Schiffswerfte und ihr Director benommen hat. Beinahe sämmtliche Holzsachen sind gesprungen, alle sind beim Einpacken vernagelt [? wol vielleicht mit Rücksicht auf stürmisches Wetter vermittelst Nägel unvorsichtig befestigt]..... Anerkennen muss ich dagegen die Arbeit der Herren Jansen und Schmielinsky, die das kleine Dampfboot gebaut und sehr zu meiner Zufriedenheit vollendet haben.

Livingstone hat bei seiner Abreise von hier geäufsert, dafs er wieder hierher zurückkommen wolle, um die Länder nördlich von den Portugiesischen Besitzungen und besonders den Djuba zu erforschen; er hatte sogar versucht, sofort eine Gesellschaft hier zusammenzubringen, um meinem eigenen Vorhaben zuvorzukommen, es ist ihm aber nicht gelungen. Ueberhaupt hat er sich hier keine Freunde gemacht. Bitte, theilen Sie mir sofort mit, was man in Europa davon weifs; ich habe an Sir Roderick [Murchison] geschrieben und ihn darauf aufmerksam gemacht, dafs es wohl kaum fair play wäre, jetzt, ehe meine eigenen Versuche gescheitert wären, eine neue Expedition nach dem Djuba zu schicken. [Das wäre um so weniger fair play, da es ja eben die Royal Geographical Society mit ihrem Präsidenten an der Spitze, und die Englische Regierung selbst sind, die dem Deutschen Reisenden zu eben jenem Vorhaben ihren ganzen Beistand zugesagt haben, eine Korrespondenz, die durch meine eigenen Hände gegangen ist. Wir können also dieser Befürchtung des Herrn Baron keinen Glauben schenken. H. B.] Ich habe damals, als Livingstone mir schrieb, dafs er nördlich vom Niassa vorgehen wollte und die Aeufserung that, dafs für jeden Reisenden ja genug Land da sei, um ein besonderes Feld

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