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durch dieselbe. Man mufs sich aber dicht an der Küste von Neu-Britannien halten, da sich von Rook aus gefährliche Korallenriffe weit in das Meer erstrecken.

Ueber die Eingeborenen der Insel Rook hat Herr Reina einige Bemerkungen notirt, denen das Folgende entnommen ist.

Religion.

Sie glauben nicht an ein göttliches Wesen. Dagegen sind sie von der Existenz eines Teufels sehr fest überzeugt; sein Name ist gewöhnlich Marsába. Ausserdem hat er noch viele Beinamen, von denen die Missionare wenigstens zehn mit Sicherheit zählten. Er tödtet die Schweine, verwüstet die Pflanzungen, bringt die Leute um, die ihm im Walde begegnen, klopft Nachts an die Häuser, verursacht Krankheiten etc.

Ueber die Frage, ob Marsába einen Körper habe oder nicht, waren die Meinungen getheilt. Diejenigen, die ihm einen Körper zuschrieben, dachten ihn sich als sehr hässlich.

Böse Menschen werden auch wohl Marsába genannt.

Opfer und Gebete erhält Marsába nicht, aber Schläge. Ist irgend ein Unglück passirt, so laufen alle Leute zusammen, schreien, schimpfen, heulen und schlagen die Luft mit Stöcken, um Marsába zu vertreiben. Von der Stelle ausgehend, wo Marsába den Schaden angerichtet hat, treiben sie ihn in das Meer; am Strande angelangt verdoppeln sie den Lärmen und das Fechten, um Marsába von der Insel zu verjagen. Er zieht sich dann gewöhnlich in's Meer oder nach der Insel Lottin zurück.

Das Haus der Missionare stand in dem dem Marsába geweihten Raume. Den Frauen ist der Eintritt in denselben versagt. Hier werden die öffentlichen Feste gehalten. Diese beginnen Abends, es wird die ganze Nacht gesungen, wobei Marsába angerufen wird; den Tag über wird geschmauset. Nur Männer nehmen Theil. Den Weibern werden Speisen von ihren Männern und Vätern gesandt. Solche Festlichkeiten wiederholen sich häufig zu Ehren der verschiedenen Geister, deren jeder einen besonderen Namen hat.

Am Tage des Festes vermummen sich ein oder zwei Männer so fratzenhaft als möglich (sie wollten sogar von dem armen Reina seinen Priesterrock borgen), setzen einen garstigen, aus Holz geschnitzten Kopf auf, und ziehen, von allen Männern gefolgt, unter lärmendem Gesang tanzend in's Dorf, um die beschnittenen Knaben zu fordern, die von Marsába bisher noch nicht verspeist worden sind. Die vor Angst heulenden und bebenden Jungen werden ausgeliefert und müssen den vermummten Männern zwischen den Beinen durchkriechen. Hier

auf begiebt sich der Zug abermals in das Dorf, verkündet, dass Marsába die Knaben gefressen habe und sie nicht eher von sich geben werde, bis ihm dafür Schweine, Taro und Ignamen geliefert worden. Alle Dorfbewohner steuern nach ihren Mitteln bei; die Reichen geben Schweine, die Armen Taro, die dann im Namen Marsába's verschmaust werden.

Neben Marsába steht noch ein anderer Geist, Nabeao, in ziemlichem Ansehen. Er scheint eine Art Patron des Dorfes zu sein. Sein Haus (Barem) ist es, in dem die öffentlichen Versammlungen gehalten werden. Nabeao erregt die Winde und Stürme und verschlingt die Schiffbrüchigen. Strandet ein Boot an der Küste der Insel, so bringen die Eingeborenen immer die Mannschaft um, damit sie Nabeoa nicht auf das Land verfolge. Dieser Gebrauch scheint auf allen benachbarten Inseln allgemein.

Die Eingeborenen haben Gebete für Wind, Wetter, Sturm, Sonne, für Fische, Früchte, Boote, Krankheiten, und für die verabscheuungswürdigsten Handlungen. Ihre Gebete sind aber durchaus nicht unseren Gebeten vergleichbar. Es sind eher „Besprechungen", Formeln, mittelst welcher eine dem Bauche" gewisser Individuen innewohnende Kraft auf jene Gegenstände wirkt. Gebete in unserem Sinne besitzen sie nicht. Gaben die Missionare den Kranken eine wohlthätige Medizin, so war man überzeugt, dafs sie eine Kraft ihres Bauches auf die Medizin übertragen hatten. Diese Kraft (Bar) war gut oder böse, je nach der Wirkung. Die Missionare hätten wohl gern die Heilung der Güte Gottes zugeschrieben, konnten aber so alten eingewurzelten Begriffen gegenüber nicht durchdringen.

Ein Jeder kann in ihrem Sinne „beten“, doch haben Manche für specielle Dinge besonders wirksame Bars in ihrem Bauche. Der Bar geht nicht vom Vater auf den Sohn über.

Die Beschneidung ist keine circumcisio, es ist ein blofser Einschnitt in die obere Seite der Vorhaut. Der Beschnittene muss sich auf einige Tage in das Barem zurückziehen. Am Tage der Beschneidung und wenn er das Barem verlässt, findet ein grofses Fest statt. Für sie heifst es indessen schon ein grofses Fest, wenn 20 Personen, auf Cocosblättern auf dem Boden sitzend, zusammen essen. Durch die Beschneidung erhält der Knabe das Recht, das Barem zu betreten. Sein Vater mufs den Freunden ein Schwein und Taro zum besten geben. Armer Leute Kinder werden daher nicht beschnitten, und „Unbeschnittener“ ist ein Schimpfwort wie bei uns „Lump“. Ausser diesen Gründen für die Beschneidung wurde noch ein obscöner angegeben.

Ueber die Entstehung der Leute auf Rook ist folgende Tradition in Umlauf. Ein Mann, Namens Pura, landete auf der Insel in einem

Boote wie die dort üblichen. Er brachte einige Kinder und viele Früchte mit. Beim Landen fielen einige der letzteren in das Meer, aus ihnen entstanden das Unkraut, die nutzlosen Pflanzen; die übrigen pflanzte er, und es entstanden die nützlichen Pflanzen, Cocos, Bananen, Taro u. s. w. Er lehrte seine Kinder die beiden auf der Insel gesprochenen Sprachen, das Nurúa der Küstenbewohner und das Cubai, das im Innern gesprochen wird. Pura's Kinder sind die Stammältern der jetzigen Eingeborenen. Pura selbst verliefs die Insel wieder. Nach Einigen war Pura ein Weisser, nach Anderen war er schwarz. Auf NeuBritannien heifst der Weisse „Pura“.

Ehe.

Der Bräutigam giebt den Aeltern der Braut Geschenke, daher auch der Ausdruck: „eine Frau kaufen". Wird die Werbung angenommen, so findet ein Schmaus statt; die Braut geht in das Haus des Freiers, kocht das Mahl, bleibt aber nicht über Nacht. Nach einigen Monaten findet ein zweites Gastmahl statt und die Ehe ist geschlossen.

Wenn sich der Sohn verheirathet, so verlässt er das väterliche Haus und gründet ein neues. Daher bleiben die Alten allein und hilflos. Sie arbeiten so lange es gehen will, und werden kümmerlich von Kindern und Verwandten unterstützt, die gewöhnlich selbst nicht viel haben. Die Arbeit im Hause und in der Pflanzung fällt der Frau zu.

Will der Mann seine Frau nicht länger behalten, so giebt er sie den Aeltern zurück und nimmt eine andere. Ist die Frau mit ihrem Manne unzufrieden, so kehrt sie in das älterliche Haus zurück oder geht zu dem Manne, der ihr bestimmt wird. Von dem ersten Falle kamen vier Beispiele vor, von dem zweiten nur eines. Gewöhnlich sind es Neuvermählte (von 4 oder 5 Jahren), die die Frau verstofsen, wenn sie schwanger ist. Länger Verheirathete thun es selten. Dergleichen Vorfälle werden von den Meisten gemifsbilligt, doch macht man nicht viel Aufhebens davon. Die Frau heult eine halbe Stunde lang und damit ist die Sache abgemacht.

Ehebruch ist sehr häufig; „purche non si vedono, é niente!" sagt das Manuscript. Werden die Schuldigen ertappt, so giebt es grofsen Lärm, aber zu Thätlichkeiten kommt es nie zwischen den Männern. In einem Falle wurde die Frau geprügelt.

Obgleich Herrn Reina öfters versichert wurde, dafs Polygamie bestehe, ist ihm dennoch kein Fall wirklicher Polygamie bekannt geworden. Ein alter ihm befreundeter Häuptling erzählte ihm einmal gesprächsweise, dafs er zwei Frauen gehabt, von denen er indessen die eine durch einen Lanzenstofs tödtete, weil ihm die andere besser gefiel.

Geburt.

Während der Schwangerschaft sind Gebete" (Bar) üblich, und wenn beschlossen worden ist, den Neugeborenen leben zu lassen, wird der Busen des Weibes mit rother Erde bemalt.

Bei der Geburt sind nur Frauen gegenwärtig. Das Kind wird gewaschen und einige Tage zu Hause gehalten. Es erhält den Namen eines Verwandten oder Freundes. Knaben und Mädchen werden ohne Unterschied dieselben Namen gegeben. Die Kinder werden zwei und mehr Jahre lang gesäugt.

Gleich nach der Geburt des Kindes trägt der Vater mehrere Tage hindurch, wenn er das Dorf verlässt, ein Bündel wohlriechenden Krautes im Gürtel, und seine Lanze die Spitze nach hinten auf dem Boden schleifend. Dies geschieht, damit ihm der Geist des Kindes nicht in den Wald folge.

Soll das Kind bei der Geburt getödtet werden, so findet nichts von all dem Angeführten statt. Während das Kind geboren wird, gräbt der Vater eine Grube unter dem Hause, das ungefähr in Mannshöhe über dem Boden auf Pfeilern ruht; ist das Kind umgebracht, so wird es ihm hinabgereicht und ohne Weiteres verscharrt.

Herr Reina hat hier ein Gespräch aufgezeichnet, das er mit einem Jüngling hatte, den er als einen der intelligentesten schildert.

sie gestorben?

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R. Wie viel Kinder hast Du? Gar keine. -Gar keine? sind Ich hatte zwei, aber sie sind fort (der Ausdruck: ich habe sie getödtet" wurde nie gebraucht). Arme Kinder! sind sie denn von selbst gestorben? Nein, sie sind fort. Aber warum hast Du sie umgebracht? Ich habe es nicht gethan, die Weiber haben sie umgebracht. Wie machen es die Weiber? Sobald das Kind geboren ist, stopft ihm die Mutter mit ihrem Gürtel (Schamgurt) den Mund zu, damit es nicht schreie, und dreht ihm den Hals um. Und das hat Deine Frau gethan? liebt sie denn ihre Kinder nicht? Abar (Name der Frau) weinte und hatte nicht den Muth, es zu thun, aber die anderen Weiber thaten es gleich. Warum hast Du aber Deine Kinder nicht beschützt, wie konntest Du sie umbringen lassen?

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Ich war nicht dabei, ich war auf dem Felde, auch bin ich noch zu jung, um Kinder zu ernähren; wenn ich grofs bin, werde ich die Kinder behalten.

Die Jünglinge entschuldigen sich damit, dafs sie noch zu jung sind, die Männer sagen einfach, so sei es Brauch auf Nurua, und so sei es immer gewesen. Der Grund, dafs dadurch die Aeltern aller Sorge für das Kind überhoben werden, mag wohl der hauptsächlichste sein, er wurde aber immer verschwiegen. Ich habe nie einen Vater und noch viel weniger eine Mutter darüber erröthen gesehen, und wenn

sie nicht geradezu sagten: „ich habe das Kind getödtet, weil dies bei uns so Sitte ist", so lachten sie doch gewifs innerlich über meine Einfalt.

Während des Aufenthalts der Missionare wurden 16 Neugeborene getödtet und 7 am Leben gelassen, die ungerechnet, von denen die Missionare Nichts erfuhren. Viele Weiber treiben die Frucht vor der Geburt ab und schienen durchaus nichts Arges dabei zu denken, da sie ganz unbefangen davon sprachen.

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Herr Reina erzählte einer Frau, wie die italienischen Mütter ihre Kinder liebten, und wie sie bei deren Tode weinten. Auch wir weinen, wenn unsere Kinder sterben, lautete die Antwort. Wenn ihr aber ihren Tod beweint, warum tödtet ihr sie denn bei der Geburt? Die Frau brach in ein schallendes Gelächter aus, in welches die ganze Gesellschaft einstimmte.

Die Bevölkerung ist im Abnehmen, obgleich die Race an sich fruchtbar ist. Es waren auf der Insel die Stellen mehrerer verlassenen Dörfer sichtbar, deren wenige übrig gebliebene Insassen sich zu einem Dorfe vereinigt hatten.

Krankheit und Tod.

Wer krank wird, verlässt sein Haus und begiebt sich an den Seestrand, wo er so lange an der frischen Luft liegen bleibt, bis er wieder hergestellt ist. Ihre Arznei besteht in einer Fischbrühe und dem Decoct einer grofsblätterigen Pflanze, die viel Schleim enthält. Ausserdem schnüren sie die kranken Gliedmafsen mit Stricken ein, und zwingen sich, fortwährend etwas zu essen. Bei Rheumatismen und localen Entzündungen, denen sie sehr unterworfen sind, weil sie in ermüdetem Zustande und von Schweifs triefend in der See baden, schnüren sie sich fest ein, und machen an der afficirten Stelle Einschnitte mit einem scharfen Steine.

Will der Kranke keine Nahrung zu sich nehmen, so wird er beinahe als verloren betrachtet. Die Medicin hat dann ein Ende, die Magie tritt auf und bemüht sich durch Singen, Schreien und Gesticuliren dem Marsába den Geist des Sterbenden wieder zu entreifsen. Sobald der Tod eintritt, brechen die Verwandten in furchtbares Geheul aus, rollen sich auf der Erde und drängen sich nach einander zur Leiche, um zu weinen. Endlich stimmt das ganze Dorf ein und Alles heult und schreit nach Kräften.

Die Todtenklage dauert etwa einen halben Tag, dann wird der Leichnam mit verschiedenen Farben bemalt, in seine Matte gehüllt und vor dem Hause des Verstorbenen begraben, worauf ein Gastmahl je nach den Mitteln des Verstorbenen stattfindet. Stirbt ein Armer, so

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