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XII.

Ueber die Hydrographie und Entdeckungsgeschichte der Bay von San Francisco.

Von J. G. Kohl in Washington ').

Die Bay von San Francisco mit ihren Abzweigungen und Flüssen ist die merkwürdigste und wichtigste Bucht der californischen Küste. Ihr geologischer Charakter ist ganz eigenthümlich. An Ausdehnung der zusammenhängenden Binnenbecken kann keine der dortigen Buchten mit ihr verglichen werden; und weil sie für Handel, Ansiedelung und Schifffahrt unübertreffliche Vorzüge besitzt, ist sie in neuerer Zeit der politische und commercielle Mittelpunkt für die ganze Bevölkerung Californiens geworden, wie sie von jeher der Mittel- und Vereinigungspunkt der gröfsesten Ströme und Gewässer des Landes gewesen ist.

Das Hauptbecken der Bay streicht von SSO. nach NNW., in einer Länge von ungefähr 50 Miles und einer durchschnittlichen Breite von etwa 8 Miles. Es füllt ein langes Thal aus, das im O. durch die sogenannten Monte Diablo- und Contra Costa-Ketten, im W. durch die San Bruno- und San Francisco-Ketten eingeschlossen wird. Beide Gebirgszüge sind einander, wie der Küste und der Axe der Bay parallel.

Die Monte Diablo- und Contra Costa-Ketten sind jetzt von den nördlicheren Gebirgszügen, die eine Fortsetzung derselben zu sein scheinen, durch den unteren Sacramento und die Carquines - Strafse getrennt; aber in einer früheren geologischen Periode bildeten sie und die nördlicheren Ketten wahrscheinlich einen und denselben ununterbrochenen Gebirgswall.

Ebenso sind jetzt die San Bruno- und San Francisco-Ketten von der nördlicheren Kette des Table Hill durch den Spalt oder die Kluft des sogenannten Goldenen Thores geschieden; aber die Uebereinstimmung in dem geologischen Bau der Ketten zu beiden Seiten des Goldenen Thores scheint zu beweisen, dafs auch sie einst zusammenhingen und einen ununterbrochenen Gebirgswall bildeten, welcher den Ocean von dem damals geschlossenen Becken von San Francisco vollkommen

trennte.

') Vergl. die Karte von Californien und den Plan der Bay von San Francisco in dieser Zeitschrift N. F. Bd. I, Taf. III.

Damals existirte hier wahrscheinlich ein ausgebreitetes System grofser Süfswasser-Seen, welche durch das Wasser des Sacramento und anderer von der Sierra Nevada herabströmender Flüsse angefüllt wurden. Dieses Binnenbecken glich vermuthlich in mancher Beziehung den anderen Binnenbecken, die noch jetzt im Osten der Sierra Nevada existiren, von ununterbrochenen Gebirgswällen eingeschlossen sind und von Seen und Flüssen angefüllt werden, welche keinen Abfluss nach der See besitzen.

Darnach muss man annehmen, dass mehrere Gebirgsketten durchbrochen wurden, eine vielleicht unmittelbar im Westen der SacramentoMündung, eine andere bei der Strafse Carquines, eine dritte bei der Strafse San Pedro und Pablo, und eine vierte am Goldenen Thore. Dieser letzte Durchbruch war der wichtigste: er eröffnete dem Salzwasser des Stillen Meeres einen Zugang. Das hinein- und zurückströmende Fluthwasser dieses Oceans erweiterte und vertiefte die Oeffnung mehr und mehr, und verwandelte auf diese Weise den SüfswasserSee von San Francisco allmählich in eine Salzwasser-Lagune, wobei sich gleichzeitig seine Ausdehnung verminderte.

Wir können uns hier mit dieser Skizze des wahrscheinlichen Verlaufs der Dinge begnügen und wollen nicht tiefer auf die Entstehungsgeschichte dieses Seebeckens eingehen, theils weil uns die nothwendigen geologischen Data fehlen, theils weil diese Andeutungen für unseren Zweck genügen.

Hinsichtlich seiner geographischen Umrisse können wir dieses Gewässer im Allgemeinen als ein längliches Gefäfs oder eine Mulde beschreiben, mit einer Oeffnung nach Westen in der Mitte, mit zwei Flügeln nach Norden und nach Süden, und mit einem Anhange von zwei anderen grofsen Becken im Nordosten, von denen sich nach Süden, Norden und Osten zahlreiche Flussläufe wie die Aeste eines Pfirsichbaumes abzweigen.

Ehe wir indefs in eine detaillirtere hydrographische Beschreibung der Bay eingehen, wird es nöthig sein, einen Ueberblick über die Geschichte ihrer Entdeckung und Erforschung zu geben.

Die erste spanische Expedition, welche in die Breite unserer Bay gelangte, war die der Schiffe San Salvador und La Victoria. Sie fuhren drei oder vier Mal die Küste entlang und erforschten sie, zuerst unter Cabrillo im Jahre 1542 hin und zurück, dann unter dem Nachfolger Cabrillo's, Ferrero, der auf dieser Expedition starb, im Jahre 1543.

Der nächstfolgende Seemann, der nach Cabrillo und Ferrero in die Nähe der Bucht kam, war Sir Francis Drake, im Jahre 1579. In den Berichten über seine Reise wird bemerkt, dafs er unter 38°

N. Br. einen guten Hafen entdeckte und dafs er hier einige Zeit ankerte, um sein Schiff auszubessern. Nehmen wir die Breitenangabe als genau an, so muss der Hafen Drake's derjenige sein, der südlich von Punta de los Reyes liegt und jetzt „Sir Francis Drake's Bay" heifst; denn diese Bay wird in der Mitte vom 38sten Breitengrade durchschnitten.

Einige Schriftsteller aber, unter ihnen der treffliche Capt. Burney in seinem Werke über die Geschichte der Südsee-Reisen (I, p. 355), haben diese Breitenangabe nicht so genau genommen, und gemeint, dafs Drake in der San Francisco-Bay selbst gewesen sein könne.

Es ist indefs kein Grund vorhanden, an der Richtigkeit der Breitenbeobachtungen Drake's zu zweifeln; und auch aufserdem ist es wahrscheinlicher, dass er in die Bay hinter Punta de los Reyes als in die San Francisco-Bay selbst eingelaufen ist. Er kam von Norden, in grofser Seegefahr, und war eines Hafens dringend bedürftig. Wenn er sich darnach längs der Küste umsah, so wird er natürlich mehr geneigt gewesen sein, den ersten ziemlich guten Hafen, der sich ihm zeigte, anzulaufen, als vielleicht vergeblich nach einem noch besseren und seinen Wünschen vollkommen entsprechenden zu suchen. Er lief deshalb in den Hafen hinter Punta de los Reyes ein, der „ziemlich" gut ist.

Drake scheint übrigens von seinem Hafen eine Aufnahme veranstaltet zu haben, und die kleine Copie von Drake's Hafen", welche der holländische Geograph Hondius im Jahre 1587 seiner Karte von Drake's Umschiffung der Welt beifügte, gleicht einigermafsen dem Plane Drake's, und wir müssen sagen, dafs sie mit unserer kleinen „Sir Francis Drake's Bay“ bei Punta de los Reyes mehr Aehnlichkeit besitzt, als mit der breiten und ausgedehnten Bucht von San Francisco.

Der nächstfolgende Seemann, von dem wir wissen, dafs er in der Nähe des Eingangs unserer Bay war, ist Francisco Gali (1584), der auf der Fahrt von Asien die californische Küste unter 37 N. Br. in Sicht bekam". Es ist indefs nicht wahrscheinlich, dafs er den Eingang selbst bemerkt hat.

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Wie Gali kamen auch manche andere Seefahrer des 16ten Jahrhunderts, wenn sie auf Manilla-Schiffen von Asien zurückkehrten, ungefähr unter dieser Breite, etwas nördlicher oder etwas südlicher, an die californische Küste; aber wir hören nicht, dafs einer von ihnen unsere grofse innere Bay bemerkt hat.

Torquemada erzählt, wo er in seinem grofsen Werke über das Spanische Amerika auf diesen Theil der californischen Küste zu sprechen kommt 1), dass im Jahre 1595 der König von Spanien und der Vicekönig Don Luis de Velasco dem Gouverneur der Philippinen,

1) Monarchia Indiana lib. V, cap. 55.

Gomez Perez das Marinas, Befehl gaben, eines der zurückkehrenden Manilla-Fahrzeuge mit der Entdeckung und Erforschung des „Hafens von San Francisco" zu beauftragen. Daraus erhellt, dafs das Schiff San Augustin, welches der Gouverneur der Philippinen diesem Befehl zufolge im Jahre 1595 nach der Küste Californiens sandte, speciell den Auftrag hatte, den „Hafen von San Francisco" zu erforschen und aufzunehmen. Die Reise des Schiffes San Augustin war sehr unglücklich. Als es schon in diesem Hafen war (estando ya en este puerto), gerieth es durch einen Seitenwind auf Grund oder auf die Küste. Die Mannschaft, oder wenigstens ein Theil derselben, rettete sich und kehrte, wir wissen nicht wie? aber wahrscheinlich doch in den Booten, nach einer sehr gefahrvollen Reise nach Mexico zurück. Einer der von dem San Augustin geretteten Seeleute, der Pilot Francisco de Volanos, begleitete später Vizcaino und zeigte ihm den Hafen von San Francisco; aber das Schiff selbst konnte man nicht wieder flott machen, und so blieb der gröfseste Theil seiner reichen asiatischen Ladung, viele Seidenwaaren und grofse Quantitäten Wachs und zahlreiche andere Waaren, an der Küste.

Am 6. Januar, d. i. am Fest der Anbetung der drei Könige, des Jahres 1602, befand sich Vizcaino vor dem Hafen von San Francisco, mit dem Piloten Volanos an Bord. Vizcaino hatte die Absicht, den Hafen zu besuchen, theils um eine genaue Aufnahme zu veranstalten, theils um, wo möglich, Einiges von den Resten der reichen Ladung des San Augustin zu retten. Er war indefs eben von seinem zweiten Schiffe, der Fregatte de los Reyes, getrennt worden und ankerte deshalb hinter einem Cap, wo er gegen die Nordwestwinde sicher war und zu gleicher Zeit die See beobachten und nach seinem Schiffe sich umschauen konnte. Er nannte das Cap „Punta de los Reyes", wobei er sowol an den Festtag, wie an den Namen seines ausgebliebenen Schiffes dachte. Da sich das letztere aber von Süden her nicht zeigte, verliefs Vizcaino am folgenden Tage (7. Januar) seinen Ankerplatz, und wandte sich, um dem Schiffe zu begegnen, nach Nordwest. So ging diese Gelegenheit, den Hafen von San Francisco aufzunehmen, verloren, und auch die Reste der Ladung und das Wrack des San Augustin blieben in den Händen der Indianer an der Bai.

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Alle diese Ereignisse und Verhandlungen in Bezug auf den Hafen von San Francisco, d. h. in Bezug auf den Schiffbruch des San Augustin und auf Vizcaino's Absicht, den Hafen aufzunehmen, sind uns von Torquemada berichtet; er ist unsere wichtigste und fast unsere einzige Quelle dafür. Und aus Allem erhellt, dafs die Spanier entweder zu der Zeit, in welcher Torquemada schrieb, oder schon zu der Zeit, in welcher der San Augustin scheiterte (1595) oder Vizcaino diese

Gewässer befuhr (1602), einen Puerto de San Francisco in der Nähe unserer jetzigen San Francisco-Bay kannten.

Von Vizcaino's eigenen Arbeiten ist nur seine Karte publicirt. Auf dieser finden wir keinen Hafen von San Francisco an der californischen Küste in der Breite unserer Bay. Ein Hafen südlich von Punta de los Reyes ist genannt „Puerto de los Reyes". Diese Karte unterstützt also nicht die Vermuthung, dafs Vizcaino jenen Namen hier eingeführt hat. Nach dem Umstande, dafs Vizcaino nur kurze Zeit vorher eine andere Bay zu Ehren des Heil. Franciscus benannt hat, nämlich die San Francisco-Bay unter 30° N. Br. auf der Halbinsel Californien, ist es sehr unwahrscheinlich, dafs er schon unter 38° N. Br. demselben Heiligen wieder diese Ehre erwiesen haben sollte. Torquemada schrieb sein grofses Werk La Monarchia Indiana“, in dem er die oben angeführten Ereignisse berichtet, wahrscheinlich zwischen 1610 und 1615. In diesem letztern Jahre wurde sein Werk zum ersten Mal gedruckt und veröffentlicht, und dieses ist der früheste Zeitpunkt, in welchem nachweislich der Name Puerto de San Francisco" in der Breite unserer Bucht den spanischen Historikern bekannt war.

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Es fragt sich nun, welcher Hafen unter diesem Namen gemeint war, und durch welche Umstände dieser Name in die Geographie eingeführt worden ist.

Die erste Frage kann beantwortet werden, wenn wir die spanischen Werke über Californien und die Karten des Landes zu Rathe ziehen. In keiner spanischen Schrift, die von dem Hafen von San Francisco handelt, vor dem Jahre 1769, ist dieser Hafen so beschrieben, dass wir in ihm unsere Bay wiedererkennen. Im Gegentheil: alle sprechen von ihm in Ausdrücken, welche es unzweifelhaft machen, dafs sie darunter die Gewässer aufserhalb des Goldnen Thores verstehen, die ganze breite Bucht zwischen Punta de los Reyes, den Farallones und Punta de San Pedro, im engeren Sinne aber den nördlichen Theil derselben, den wir Sir Francis Drake's Bay" nennen. Es ist sehr möglich, dafs auch bereits das Goldene Thor von einigen Seeleuten bemerkt wurde; aber sie betrachteten es nur als einen Theil des „Hafens von San Francisco", als eine Abzweigung oder Einbuchtung, ähnlich den anderen Abzweigungen und kleinen Bayen dieser grofsen Rhede.

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In dieser Weise spricht darüber z. B. der bekannte spanische Pilat Cabrera Bueno, der im Jahre 1734 Sailing Directions für die californische Küste schrieb. Er drückt sich, während er von den Farallones spricht, so aus, dafs man annehmen mufs, er glaube, dieselben lägen in dem eigentlichen Hafen von San Francisco. Er sagt auch, dafs das

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