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bietet Lambèse einen Mittelpunkt dar, der ihm reichen Stoff zu Forschungen und Beobachtungen gestattet. Was ihn umgiebt, ist ein vom Fulse der Wissenschaft noch wenig betretener Boden; die meisten seiner Eindrücke versprechen ihm Neues und Originelles. Nicht umsonst wird er seine Forschungen anstellen und seine Kräfte in Thätigkeit setzen, und was sehr wichtig ist es wird ihm bei alledem noch gestattet sein, in einem eben so intelligenten als liebenswürdigen Kreise die Zeit seiner Musse zuzubringen. Die Offiziere der hier stehenden Garnison werden, indem sie ihn in ihre Gesellschaft aufnehmen, ihn keine der Gewohnheiten und Annehmlichkeiten des civilisirten Europa's vermissen lassen. Diese Erfahrung habe ich wenigstens gemacht und in dankbarer Erinnerung der mir zu Theil gewordenen freundlichen Aufnahme sei es mir vergönnt, noch in's Besondere meinem liebenswürdigen und begabten Gönner, dem Commandanten von Lambèse, Herrn Capitain Ruland, für die vielen Beweise seines Wohlwollens und für die Förderung meiner Zwecke an dieser Stelle meinen Dank auszusprechen.

VI.

Zur Geographie und Statistik des Staates
Buenos Aires.

(Hierzu eine Karte, Taf. II, und eine statistische Tabelle, Taf. III.)

1. Bevölkerungs-Statistik.

Der Uebersetzer des bekannten Werkes von Woodbine Parish über die Länder am La Plata, Justo Maeso, ist seit mehreren Jahren unermüdlich thätig, über die physischen Hilfsquellen des Staates Buenos Aires mit Hilfe der Statistik Licht zu verbreiten. Er übernahm am 27. Januar 1855 die Leitung des statistischen Bureau's, und setzte sich sofort mit den Behörden des Landes und mit den Geistlichen in Verbindung, indem er sie wiederholt und angelegentlichst zur Einsendung statistischer Angaben über die Bevölkerung, die landwirthschaftlichen und commerciellen Verhältnisse ihrer Bezirke aufforderte. Seit jener Zeit hat er in jedem Semester ein „Registro estadistico del estado de Buenos Aires", im Jahre 1857, wo er die Direction des statistischen Bureau's niederlegte, eine grofse Tabelle unter dem Titel „Almanaque estadistico del estado de Buenos Aires" veröffentlicht. Bei der Wür

digung dieser Arbeiten muss man sich die unendlichen Schwierigkeiten vergegenwärtigen, mit denen ein solches Unternehmen in einem wenig civilisirten, dünn bevölkerten Lande zu kämpfen hat. In vielen Districten fehlte es an Personen, die geeignet waren, über statistische Fragen eine möglichst zuverlässige Auskunft zu geben; in den meisten Fällen zeigten die betreffenden Beamten Unlust und Ungeschick zur Lösung der ihnen angesonnenen Aufgabe; und wo sich patriotische Männer fanden, die mit Eifer statistische Ermittelungen anstellten, stiefsen sie, wie es auch in besser organisirten Ländern und bei einer an dergleichen Erkundigungen mehr gewöhnten Bevölkerung der Fall ist, bei den Bewohnern auf Widerstreben und auf den Argwohn, dass es sich um eine Rekruten-Aushebung oder um neue Steuern handle. In Folge dessen gingen die gewünschten Angaben entweder gar nicht oder sehr unregelmässig ein; das Material blieb unvollständig, es war nicht durchgängig nach einem und demselben Plane geordnet, so dafs die Erörterung der wichtigsten politischen Fragen sich nur auf die von einem Bruchtheil der Bevölkerung bekannten Verhältnisse stützen kann, und die Angaben selbst besitzen begreiflicher Weise nicht den Grad von Zuverlässigkeit, den wir bei der Statistik europäischer Länder beanspruchen. Wir zweifeln nicht daran, dafs J. Maeso, wenn er Chef des statistischen Bureau's geblieben wäre, bei seinem lebendigen Eifer schliesslich sein Ziel erreicht und uns einen mehr befriedigenden Ueberblick über die Hilfsquellen seines Vaterlandes eröffnet haben würde, und wir bedauern deshalb um so lebhafter seinen unbekannten Gründen erfolgten Rücktritt von einer Stellung, die ihm mindestens eine halbamtliche Wirksamkeit sicherte; jetzt, wo wir nicht wissen, ob das von ihm in Gang gebrachte Unternehmen fortgeführt werden, oder das Schicksal eines ähnlichen vor dreifsig Jahren begonnenen theilen wird, bleibt uns nur übrig, das bis jetzt gesammelte Material übersichtlich zusammenzustellen, da es, wenn nicht eine absolut zuverlässige Grundlage, so doch mindestens einige positive Anhaltspunkte für die Beurtheilung gewährt und uns aus dem nebelhaften Bereiche blofser Vermuthungen hinausrückt.

Wir beginnen mit der Bevölkerungsstatistik.

aus uns

Die älteste Angabe über die Bevölkerung des Staates Buenos Aires rührt aus dem Jahre 1770 her. Fhr zufolge zählte man damals mit Einschlufs des Militairs nur 22,007 Bewohner, eine Angabe, die offenbar unrichtig ist. Denn in jenem Jahre wurden 1520 Geburten und 930 Todesfälle registirt, Zahlen, von denen man der Natur der Sache nach als sicher annehmen mufs, dafs sie das Minimum der wirklich vorgekommenen Geburten und Todesfälle bezeichnen; darnach würde aber schon unter 14 bis 15 Seelen eine Geburt, und schon unter

24 Seelen ein Todesfall vorgekommen sein, und dieses Verhältniss weicht von allen anderen Erfahrungen über die Bewegung des Volkswachsthums so weit ab, dafs wir es mit Sicherheit für unrichtig erklären können. Bei der grofsen Leichtigkeit, in Buenos Aires einen Haushalt zu führen, werden wir ohne Frage annehmen müssen, dafs die Zahl der Geborenen zur Zahl der Bevölkerung in einem der Volksvermehrung sehr günstigen Verhältnisse steht, aber auch nicht vergessen, dafs die in Colonialländern verhältnifsmässig geringere Anzahl der Weiber uns nicht füglich erlaubt, für ein Land, in welchem die Colonisten sich nicht gern mit eingeborenen Weibern verbinden, eine gröfsere Anzahl von Geburten zu erwarten, als sie von den in dieser Beziehung am Günstigsten ausgestatteten Ländern Europa's bekannt ist. Hinsichtlich der Anzahl der Geburten steht in Europa Russland in erster Linie, wo in der Periode von 1816 bis 1830 nach Schubert auf 24 Seelen, in der Periode von 1841 bis 1850 nach den Angaben Tengoborski's auf 20 Seelen eine Geburt fiel; nehmen wir das erstere Verhältnifs, als ein überaus günstiges und sonst in Europa nur von Preufsen erreichtes, auch für Buenos Aires als gültig an, so würden 1520 Geburten auf eine Bevölkerung von etwa 36,000 Seelen schliefsen lassen, und mit dieser Volkszahl steht auch die oben angegebene Zahl der Todesfälle in einem angemessenen Verhältnifs, da dann nicht unter 24, sondern erst unter 38 bis 39 Personen ein Todesfall vorgekommen ist. Das Klima von Buenos Aires ist im Allgemeinen recht gesund und viele Personen erreichen hier ein auffallend hohes Alter; wir können also die Sterblichkeit schwerlich für gröfser halten, als sie durch das angegebene Verhältnifs ausgedrückt wird; andererseits wird uns auch die Rücksicht auf die Gefahren und ungewöhnlichen Strapazen, denen das Leben in einem von Kampf und Krieg heimgesuchten, wenig civilisirten Staate ausgesetzt ist, und auf den Mangel án ärztlicher Hilfe nicht gestatten, für Buenos Aires ein günstigeres Sterblichkeits-Verhältnifs anzunehmen, als wir es für Frankreich, Grossbritannien, Belgien und Schweden kennen, wo erst unter 40 bis 43 Individuen ein Todesfall vorkommt. Wir glauben deshalb, aus den für das Jahr 1770 registrirten Geburten und Todesfällen in Buenos Aires auf eine Bevölkerung von circa 36,000 Seelen im Minimum schliefsen zu

müssen.

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Die zweite Angabe stützt sich auf den von dem Vicekönige Don Pedro Cevallos im Jahre 1778 angeordneten Census, der mit Ausschlufs des Militärs - eine Bevölkerung von 37,679 Seelen ergab. Da in den Angaben für 1770 die Zahl der Beamten und Soldaten auf 3500 berechnet ist, werden wir, wenn wir für 1778 ungefähr dasselbe Verhältnifs annehmen, die Gesammtbevölkerung auf c. 41,000

Seelen veranschlagen können. Woodbine Parish bemerkt '), dafs Spanien zwei Jahre früher nicht weniger als 10,000 Mann nach dem La Plata gesendet hat, um den Krieg gegen die Portugiesen mit Nachdruck zu führen, und er schätzt deshalb wohl mit Recht die Bevölkerung im Jahre 1778 auf c. 50,000 Seelen. Sehen wir von diesem aufsergewöhnlichen Zuschufs ab, so würde sich die Bevölkerung in den acht Jahren von 1770 bis 1778 um 5000 Seelen, d. h. jährlich um etwas mehr als 11⁄2 Procent vermehrt haben, ein Verhältnifs, welches zur Bestätigung der für beide Jahre gewonnenen Resultate dient, da es der Volksvermehrung in denjenigen europäischen Ländern entspricht, in denen sie am stärksten fortschreitet 2).

Im Jahre 1800 giebt Azara die Bevölkerung der Stadt und des platten Landes auf 71,688 Seelen an, so dass sich die Volkszahl, wenn wir sie für 1778 mit Einschlufs der Militärmacht auf 50,000 Seelen annehmen, in 22 Jahren um 42 Procent, jährlich um 11 Proc. vermehrt hätte. Der Zuwachs ist sehr bedeutend, überschreitet aber nicht die Grenzen des Glaubwürdigen: Spanien hatte durch eine Modification der alten Handelsgesetzgebung der Colonie einen neuen Aufschwung gegeben.

Die nächstfolgenden Angaben liefern uns die in den Jahren 1822 bis 1825 in der Stadt und auf dem Lande registrirten Taufen, Todesfälle und Ehen, die wir in der folgenden Tafel zusammenstellen:

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Um hieraus die Bevölkerung zu berechnen, legt W. Parish die

1) I, 175. Ich citire das Werk hier immer nach der spanischen Uebersetzung von Justo Maeso. Buenos Aires 1852.

2) Schubert giebt in seinem Handbuch der Staatskunde für die Periode von 1816 bis 1830 die Volksvermehrung in Rufsland auf 1 Proc., die in Preufsen und Grofsbritannien auf 1 Proc. an. In neuerer Zeit hat sich das Verhältnifs geändert. Vergleicht man das Resultat der letzten Volkszählung in Russland (1851) mit der vorletzten (1835), so ergiebt sich für die Volksvermehrung ein so unglaublich geringer Procentsatz, dafs man die Zahlen des Census von 1835 nothgedrungen für viel zu hoch halten mufs. Tengoborski kommt zu dem Resultat, dafs die Bevölkerung Rufslands sich jährlich im Durchschnitt um etwas mehr als ein Procent vermehre, und stützt sich dabei vornehmlich auf die Berechnungen Arseniews für die 56jährige Periode von 1790-1846, nach denen sich die Volksvermehrung in Simbirsk, Kasan, Wjätka, Perm und Orenburg auf 2 Proc, in den centralen Gouvernements auf 1 Proc., in den anderen auf weniger als 1 Proc. beläuft. In Anbetracht der Lebensverhält nisse in Rufsland, verglichen mit denen in anderen Ländern, sind wir geneigt, Tengoborski's Anschlag für zu gering zu halten. In Preufsen belief sich der jährliche Zuwachs der Bevölkerung in der Periode von 1816 bis 1849 auf 1,46 Procent, und wir sind der Ansicht, dafs er in Rufsland nicht viel geringer ist.

Zahl der Todesfälle in den beiden ersten Jahren zu Grunde, und schlägt damit, wie wir glauben, den unsichersten Weg ein. Im Allgemeinen ist die Zahl der Todesfälle in Folge von Kriegen und Epidemien, die Zahl der Ehen in Folge politischer Unruhen und Nahrungsnoth, wie sie durch Mifswachs oder Stockung des Handelsverkehrs hervorgerufen wird, viel gröfseren Schwankungen ausgesetzt, als die Zahl der Geburten; und ein Blick auf die Tabelle lehrt, dafs hinsichtlich der Sterblichkeit das Jahr 1823 factisch ein ausnahmsweises war und am wenigsten geeignet ist, einer Berechnung zum Grunde gelegt zu werden: während das Maximum und Minimum der Geburten innerhalb jener vier Jahre nur um 219 von einander abweichen, zeigt das Maximum und Minimum der viel geringeren Anzahl von Todesfällen die fünfmal gröfsere Differenz von 1139. Es scheint daher angemessener, die Berechnung auf die Zahl der Geburten zu gründen, und dann erhalten wir, wenn wir wie oben eine Geburt auf 24 Seelen annehmen, eine Bevölkerung von 144,600 Seelen. Mit einer solchen Volkszahl steht die Zahl der Ehen wohl in Einklang: sie giebt eine Ehe auf 115 Individuen, ein Verhältnifs, welches zwar nicht so günstig wie in Grofsbritannien, Rufsland, Preufsen und Schweden, aber doch günstiger als in allen anderen europäischen Ländern ist, da z. B. in Frankreich, nach Schubert, nur auf 133 Personen, in der pyrenäischen Halbinsel nur auf 140 Personen eine Ehe gerechnet werden kann. Das Durchschnittsverhältnifs von 4466 Todesfällen im Jahre auf eine Volkszahl von 144,600 Seelen ist grofs; darnach würde die Sterblichkeit so bedeutend sein wie etwa im Königreich Neapel, wo unter 33 Bewohnern jährlich ein Todesfall vorkommt. Aber wir haben schon darauf hingewiesen, dafs das ungünstige Durchschnittsverhältnifs durch die aussergewöhnliche Sterblichkeit des Jahres 1823 hervorgerufen ist; selbst das Jahr 1825 zeigt eine höhere Ziffer, als man sie nach den Ergebnissen der Jahre 1822 und 1824 erwarten sollte, und scheint ebenfalls ein von Krankheiten heimgesuchtes gewesen zu sein. Lassen wir diese beiden Jahre aufser Acht, so ergiebt sich, dass in den Jahren 1822 und 1824 ein Todesfall unter 35 oder 36 Seelen stattfand, dass das Sterblichkeitsverhältnifs in Buenos Aires also nicht ungünstiger war als das in Preussen.

Selbst wenn wir nun die Bevölkerung des Staates während dieser Periode nicht mit W. Parish auf 163,000 oder gar auf 183,000, sondern nur auf 144,600 Seelen annehmen, würde sie sich innerhalb eines Vierteljahrhunderts um mehr als das Doppelte, jährlich um mehr als 4 Procent vermehrt haben. Es liegt auf der Hand, dafs ein solches Resultat wesentlich der Einwanderung zu danken ist, die seit der Abschüttelung der spanischen Herrschaft stattgefunden hat, und mit der

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