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weilige nnd lustige Erzählungen und Dar- | freundliche Pläge mit Blumenbeeten und stellungen, die für die Culturgeschichte von Baumgruppen, Springbrunnen rauschten hier großer Bedeutung sind, denn sie schildern und dort empor, und überall ließen sich die das Ritter, Mönchs- und Volksleben der alten Vögel von den Zweigen hören. Es war Tage. ein Ort schönster und hellster Beschaulichkeit. Die wiederholte Bitte um einen Trunk und Imbiß fand sofort durch einen Mönch, der ihnen aus der Abtei entgegenkam, Gewährung. Der Bruder Kellermeister und der Bruder Küchenmeister waren gewöhnt, die hungrigen und durftigen Gäste nicht darben zu lassen. Bald stand auf einem Steintische zwischen den Blumen kalte Küche und eine Flasche guten Menzenbergers. Der Abt und der Lector kamen selbst, die Fremden zu begrüßen und sie einzuladen, den reichlich gebotenen Gaben zuzusprechen. Da nun der Student sich als ein Schüler der Akademie zu erkennen gab, fragte der Abt: „Quid novi ex

Aber auch die Kunst hat hier mitunter einen Zufluchtsort gefunden, schloß der Student seine Mittheilungen, was für unsere Auf nahme, wie mir dünkt, ein gutes Vorzeichen ist, denn zu Zeiten des Kaisers Rothbart kehrte hier einst ein Mann ein, der machte prächtige lateinische Verse und hieß Walter von Mappes. Das Volk nannte ihn aber den Erzpoeten. Nun kam er einst unter dem Namen Nikolaus arm und krank in's Kloster und that, als ob er Klosterbruder werden wollte. Die Mönche pflegten ihn an Leib und Seele, so daß er alsbald genas. Kaum aber fühlte er eine frische neue Gesundheit, so warf er die Kutte von sich und lief lachend | Bonna?“ (Was gibt es Neues in Bonn?) in die lockende Welt hinaus und sang und trank auf's Neue. Von ihm ist aber das schöne Studentenlied: Mihi est propositum, in taberna mori. (Ich habe mir vorgesezt, in der Schenke zu sterben.) Und der Naturforscher erhob nun das der nun auch in nächster Zeit die schon von Lied, daß es weit in den Wald tönte.

Während dieser Unterhaltungen hatten sie sich der Abtei mehr und mehr genähert. Es war in der That eine stattliche, herrliche Niederlassung, welche die Mönche im Laufe der Jahrhunderte in diesem stillen, grünen Thale am Fuße des Strom- oder Petersber ges angesiedelt hatten. Als die jungen Leute aus dem tiefen Forst traten, gewahrten sie zur Rechten in dem Grund, der nach dem Rheine zieht, weite Fruchtfelder und Wiesen. Am Rande des Forstes waren große Fischweiher angelegt. Dann führte der Weg an einer langen, aus Bruchsteinen errichteten Mauer vorbei, welche das Kloster mit seinen Gärten und seinem Park umschloß. So kamen sie an den Thorbau, dessen Glocke der Student sofort anzog. Der Pater Pförtner erschien und schaute durch das Gitter, und als er die jungen Leute erblickte, beeilte er sich, zu öffnen, indem er ihnen auf die Bitte um eine Herzstärkung freundlich zunickte und sie nach dem Kloster im Hintergrunde wies. | Sie schritten durch die Allee dem prächtigen Gebäude zu. Rechts lag die Dekonomie, im Mittelgrunde erhob sich die Abtei mit zahl: losen Fenstern, links ragten die Thürme der schönen romanischen Kirche empor. Zwischen den verschiedenen Häusern erstreckten sich

Der junge Naturforscher legitimirte sich so: fort in flüssigem Latein über seine Studien und sprach namentlich mit Begeisterung über den neuen Kurfürsten Max Franz, der ein großer Freund der Wissenschaften sei, und

seinem Vorgänger Clemens August beabsich tigte Universität in's Leben rufen werde. Der Abt und der Lector theilten das Lob, das der junge Mann ihrem kirchlichen Oberherrn spendete; von der Gründung der Universität schienen sie aber nicht viel zu halten, indem sie die Meinung aussprachen, daß die alte ehrwürdige Schule von Cöln alle Bedürfnisse erfülle und namentlich deshalb die größte Achtung verdiene, weil sie sich von dem verderblichen Geiste der neuen Anschauungen frei halte und getreu bei der Lehre bleibe, welche die heilige katholische Kirche als ewige Wahrheiten verkünde.

Da Ludwig an diesem Gespräche keinen Theil nehmen konnte, so fragte der Abt: „Quis juvenis ille?" (Wer ist der junge Mann?)

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Ein junger Musikus," antwortete der Student, „der, wenn Ew. Gnaden ihm die Kirche öffnen lassen wollen, gewiß ein herrliches Stück auf der Orgel zum Besten geben wird.“

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Dafür möchte er doch wohl zu jung sein," erwiederte der Abt mit zweifelndem Gesichte.

„Wagen Ew. Gnaden nur den Versuch," sprach der Naturforscher.

Der Abt ließ nun den Bruder Sacristan

holen und auch die übrigen Klosterbrüder in | Knaben noch manches lobende und theilneh die Kirche laden. Dann begab man sich nach mende Wort gesagt hatten, verabschiedeten den geöffneten Hallen, in welchen immer mehr sich die jungen Leute, um dem Rhein und Patres eintrafen. Auch der Bruder Orgelspieler ihrer Heimathstadt Bonn zuzuwandern. kam, aber nicht ohne einen mißtrauischen Blick auf den struppigen Kopf des vermessenen Kunstjüngers zu werfen.

Der Knabe sette sich frei und frank vor die Tasten des mächtigen Instrumentes und begann, als er sich von der Kraft der Blasebälge überzeugt hatte, in leisen Tönen zu intoniren. Aus den einfachen Klängen entwickelte sich eine sonnighelle, schöne Melodie, die er mit den feinsten Harmonien umkleidete und wunderbar variirte. Er sah dabei mit verklärtem Auge gegen Himmel, dann fing es mit einem Male in seinem Auge an zu leuchten, seine Brauen zogen sich zusammen, sein Haar schien empor zu steigen. Und jest erhob sich ein wildes Thema, das sich in einer seltsamen Tonfolge, die dem Bliß und Donner nicht unähnlich war, entlud. Der ganze schön gewölbte Bau der edeln Kirche war mit einem Meer von Tönen gefüllt, die bald majestätisch grollend, bald wild auf und niederzuckend dahin wogten. Die Mönche sahen sich erstaunt an. Nur an die ruhig dahinfließenden Melodien der Psalmen, Matutinen und Vigilien gewöhnt, hatten sie nie ein so leidenschaftlich durchbebtes Werk in diesem Gotteshause vernommen. Auf dem höchsten Gipfel der Raserei angelangt, wandte sich die Musik indeß wieder in sanftere Bah Der junge Künstler schloß friedlich wie er angefangen hatte, indem er seine Töne in einer alten firchlichen Hymne aushauchen ließ, die wie ein erhabenes Lob Gottes klang. „Das ist ja ein wahrer Meister!" rief der Abt.

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„Noch Eins," rief ihnen der Abt nach: Ich wünsche den Namen des Herrn Studiosus zu erfahren."

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Die Stadt Bonn besaß in den Tagen, aus denen wir erzählen, noch nicht jene stattliche Ausdehnung, welche sie erst in den legten Jahrzehnten gewonnen hat. Von den glänzenden Häuserreihen, die sich vor dem Coblenzer Thore an der gleichnamigen Straße längs der Poppelsdorfer Allee und ihren Seitengängen, so wie vor dem Sternenthore angesiedelt haben, war noch keine Spur vor handen. Bonn wird unter den Vesten aufgeführt, welche die Römer von den Alpen bis an das Meer längs dem schönsten deutschen Strome gründeten, der zugleich ihre Grenze gegen Germanien bildete. Als die kühnen Eroberer jenseits der Alpen zurückweichen mußten, ward es eine fränkische Festung, die in der Folge an das Erzstift Cöln kam und keine besondere Rolle in der Geschichte spielte. Nach der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts, im Jahre 1267 unter Engelbert von Falkenstein, aber nahmen hier die aus Cöln vertriebenen Erzbischöfe und spätere Kurfürsten ihren Sit. Von der mächtigen. Bürgerschaft der größten deutschen Stadt am Niederrhein gezwungen, durften sie nur mit besonderer Erlaubniß des Rathes in jenem

Der Pater Orgelspieler schwieg. Er war Orte übernachten, welcher dem Lande den sehr ernst geworden.

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Namen gegeben hatte. Ueber ihren frühern Palast gibt die Geschichte nur geringe Auskunft. Bonn behielt lange Zeit seinen mittelalterlichen festungsartigen Charakter bei. Derselbe bekundet sich noch heute in den Mauern und Gräben der Westseite. Als aber die Bourbonen in Frankreich ihre stolzen Schlösser bauten, und die großen und fleinen deutschen Fürsten ihnen nachzukommen bestrebt waren, wuchsen auch in und um Bonn alle jene weitläufigen Gebäude empor, die wir noch in unsern Tagen mit Staunen und Bewundes

In einem dieser Gärten stand an einem der folgenden Tage gegen Abend die Frau Hofräthin von Breuning vor einem Tische, der unmittelbar am Ufer des Rheines unter einem großen Apfelbaume errichtet war und beschäftigte sich mit der Aufstellung von Flaschen, Gläsern und Tellern, so wie von Brot und kalter Küche, was sich Alles auf dem blanken Linnen äußerst sauber und lockend ausnahm. Ein Diener und eine Magd, welche diese Dinge aus einem großen Korbe gepackt hatten, brachten zum Schluß auch noch einen großen Suppennapf zum Vorschein.

rung betrachten. Der Kurfürst Joseph Cle: | zu Tage grade so an, wie damals. Es ist mens, der von 1691 bis 1723 regierte, be- das herrliche Bild, das der Einwohner der gann das große Residenzschloß, das jezt die Stadt wie der Reisende so gern auf dem Universität, die Klinik und die Bibliothek alten Zoll betrachtet. enthält, und das von seinem Neffen und Nachfolger Clemens August, der von 1723 bis 1761 auf dem Throne saß, vollendet wurde. Dieser üppige und verschwenderische Herr baute ferner die Galerie vom Schlosse bis zum Coblenzer Thor, dieses Thor und die Reihe der Gebäude bis zum alten Zoll, so daß von ihm die Südseite der alten Stadt geschlossen wurde. Außerdem entstand durch ihn Schloß Clemensruh und der Clemenshof in Poppelsdorf, die Vinea Domini vor dem Coblenzer Thor, die prachtvolle Augustusburg mit dem herrlichen Park in Brühl, das jezt verschwundene Schloß Herzogslust oder Rött chen im Kottenforst, die Schlößchen Falkenlust bei Brühl und Entenfang bei Berzdorf, so wie auch die Residenzschlösser in Arnsberg und Paderborn und das Jagdschloß Clemens werth im Emslande. In gleicher Weise wurden damals der Hofgarten und die Alleen um die Stadt angelegt.

Alle diese Anlagen gaben der Stadt das Gepräge einer fürstlichen Residenz, der es überdies nicht an einem bunten, mannigfal tigen Leben fehlte. Der zahlreiche Hofstaat mit seinen vielen Bediensteten, die Gesandten, der Adel des Landes, der die Nähe des Herrschers aufsuchte, bewegten sich in und um das Schloß, und auch der kleine Bürger durfte hier mit Behaglichkeit in der Umge: bung der Stadt lustwandeln und spazieren. Außer den öffentlichen Parks und Alleen gab es aber auch fleine Gärten, deren eingefrie digter und abgeschlossener Besit besonders den wohlhabenden Bürgern und Beamten wünschenswerth erschien. Dieselben lagen meistens vor dem Coblenzer Thore nach dem Rheine hin und waren mit Laubengängen von Reben und kleinen Sommerhäusern geschmückt, die vorzugsweise auf dem hohen Ufer des breiten Stromes errichtet wurden, weil sich hier eine reiche und anmuthige Aussicht auf den stets von Schiffen belebten Fluß, auf die gegenüberliegende Ebene und auf die herrlich gestaltete Kette des im Hintergrunde ruhenden Siebengebirges bot. In unsern Tagen hat diese Gegend eine besondere Be rücksichtigung gefunden, denn es sind hier eine Menge von Häusern entstanden, die Landschaft ist aber dieselbe geblieben. Berg, Thal, Fluß und Ortschaften sehen sich heut

Während sie die leßte Hand an ihr Werk legte, schallte aus dem Hintergrunde des Gartens nach der Straße hin eine laute Kinderstimme: Mutter, Mutter, hier bringe ich den Grafen von Waldstein.“

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Die Frau schien verlegen zu werden und murmelte: „Das närrische Kind, was macht es nur wieder für Streiche. “

Aber schon im nächsten Augenblide brachte ein junges, etwa dreizehnjähriges Mädchen einen feinen und vornehmen Herrn, den es mehr nachzog als führte.

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Ihr Töchterchen," sprach der Eintretende, schleppt einen ungebetenen Gast heran, gnädige Frau! Verzeihen Sie mir, aber ich vermochte mich nicht zu wehren. Als ich an der Thür des Gartens vorbeiging, stürzte das Kind hervor und lud mich so eindringlich ein, ja sie nahm mich bei der Hand und zerrte und riß, daß ich nicht anders, als ihr folgen konnte."

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geladen. Die jungen Leute werden bald hier sein. Ich suche meine Kinder so sehr wie möglich an's Haus zu fesseln und gestatte ihnen unter meinen Augen einen ausgedehnten und möglichst heitern Umgang, denn ich glaube sie auf diese Weise am besten vor Abwegen zu bewahren. Der Vater ist ihnen unglücklicher Weise zu früh gestorben. Da ich ihnen als Wittwe draußen nicht folgen kann, so ist es mein Bestreben, sie in meinem Gesichtskreise sich durchaus frei bewegen zu lassen."

‚Und Sie verfolgen damit ein vortreffliches Princip," erwiederte der Graf. „Da ich mich aber unter der frischen Jugend stets wohl befinde, so mache ich gern von Ihrer Er laubniß Gebrauch, eine Weile zu bleiben und die Sprossen einer so würdigen Mutter ten nen zu lernen. Nur bitte ich, daß Sie sich durch meine Anwesenheit in Ihren Vorbereitungen nicht weiter stören lassen.“

Und so nahm er neben der Dame Play, die sich wieder dem Tische zuwandte, und nach dem Suppennapfe griff, indem sie dem Töchterchen zurief: Lore, hast Du auch an die Kräuter gedacht?"

Gewiß, Mutter," erwiederte das Kind, und schüttete aus seiner Schürze einen kleinen Haufen verschiedener zarter Pflanzen.

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Es gibt hier am Rheine doch mancherlei eigenthümliche Sitten," sprach der Graf, wir in Süddeutschland nicht kennen. diese Zeit nimmt man bei uns keine Suppe." Die Suppe ist gar nicht so übel," ant wortete die Hofräthin, ich denke, Sie wird Ihnen munden, wenn sie fertig ist."

Und dann legte sie auf den Boden des Gefäßes einige dicke Stücke Zucker, bedeckte sie mit einem Haufen Kräuter, die aus feinen | Stengeln und sternförmig um dieselben stehenden glänzenden länglichen Blättern bestanden, und schnitt eine Apfelsine in Scheiben, die fie gleichfalls darüber fallen ließ. Dann aber goß fie den Wein der nebenstehenden Flaschen in hellen Strahlen in den Napf. Bald er hob sich ein feiner Duft aus dem Gefäße.

Das ist allerdings ein eigenthümliches Gebräu, machte der Graf seine Bemerkungen, der bald auf kalte Schale und bald auf andere Dinge kam. Aber die Hofräthin ließ ihn hin und herrathen, indem sie ihn bat, sich nur eine Weile zu gedulden, während sie zugleich den Inhalt des Napfes wacker durch einander rührte. Schon nach wenigen Minuten reichte sie ihm ein volles Glas und fragte: Nun, wie schmeckt Ihnen die Suppe?"

Vortrefflich, vortrefflich," rief er ous, nachdem er gekostet hatte. Welch ein dufti ger Trank! Wie nennen Sie ihn?"

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Maitrant," sprach die Hofräthin, „es ist eine rheinische Zusammensetzung. Wir trin ken ihn in jedem Jahre am Ufer dieses Stromes und sind froh und heiter dabei. Meine Jungen haben heute eine Maitrankspartie."

Der Graf erkundigte sich nun nach der Zubereitung. Sie nannte ihm den Waldmeister, die Pomeranze und den Zucker als die Ingredienzen. Er schwärmte für den Gedanken, den Trank in seine österreichische Heimath zu verpflanzen.

Unterdeß kam ein Häuflein frischer Jünglinge in lustigem Gespräch in den Garten. Es waren die Söhne der Hofräthin, Stephan, Christoph und der kleine Laurenz, der ge= wöhnlich Lenz genannt wurde, mit ihren Studiengenossen, unter denen auch die Gestalt des jungen Mannes sichtbar wurde, den wir bereits als Franz Gerhard Wegeler kennen gelernt haben. Als die akademischen Schüler indeß den Grafen von Waldstein erblickten, verstummten einigermaßen die lauten Klänge, die erst eben so ungehemmt den Kehlen entfahren waren, denn sie erkannten in diesem Deutschordensritter den Liebling und be ständigen Begleiter des jungen Kurfürsten Max Franz. Und so nahmen sie denn auch nicht ohne eine gewisse scheue Zurückhaltung Plaß auf den um den Tisch gestellten Stüh len. Der Graf wußte indeß als feiner Weltmann die Zungen zu lösen. Die jungen Leute verloren bald ihre Befangenheit und es erhob sich nunmehr ein leichtes und fröhliches Gespräch in der Runde.

Wie hat es Ihnen denn bei Ihrer Naturforschererpedition im Siebengebirge gegan: gen?" fragte die Hofräthin den langen Studenten.

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Auch Lenz, der jüngste Sohn der Dame, ein kleiner Knabe, und Leonore, die Tochter, traten heran.

Wegeler aber berichtete nun von seinem Zusammentreffen mit Beethoven, der das Phänomen und Wunder sein sollte. Seine Erzählung war lebendig und erschöpfend, sie übte auf die verschiedenen Hörer indeß die verschiedenste Wirkung aus. Die jungen Akademiker meinten, der Freund habe sicherlich aus zu begeisterten Augen gesehen und bringe Schwindelei und Aufschneiderei vor. Und so ließ denn bald der Eine, bald der Andere ein zweifelndes Gelächter erschallen. Am eigenthümlichsten wurde offenbar der Graf berührt, der am Schlusse die Meinung äußerte, daß hier doch allerdings eine außergewöhn: liche Erscheinung vorhanden sein müsse.

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daß er mehr wie ein gewöhnlicher Sänger, sondern vielmehr ein tüchtiger Musiker war. Man rühmt ihn noch heute als Darsteller in dem Singspiel: l'Amore artigiano und im Deserteur von Monsigny. Er soll aber auch selbst componirte Opern auf die Bühne gebracht haben. Zugleich scheint er in guten und auskömmlichen Verhältnissen gelebt zu haben, denn es existirt von ihm noch ein gar stattliches Bildniß, welches der Hofmaler Radour gemalt hat. Der Sohn dieses Mannes, Johann van Beethoven, den wir als kurfürstlichen Tenoristen kennen, verheirathete sich gegen Ende der sechziger Jahre mit Helene Keverich aus dem Thal Ehrenbreitstein gegenüber Coblenz, welche die Wittwe des früheren kurfürstlichen Kammerdieners Nikolaus Laym war, und führte seine Frau in

Sohn wohnten damals zusammen im Hinter hause Nr. 515 der Bonngasse. Das erste Kind dieser Ehe, ein Knabe mit Namen Ludwig Maria, starb schon in den ersten acht Tagen nach seiner Geburt. Am 17. Decem= ber 1770 erschien aber ein zweiter Sprosse, bei dessen Taufe der Großvater Pathe und eine Nachbarin, Gertrud Müller, Pathin wurden. Es war unser Ludwig van Beethoven."

„Ich habe schon früher von dem Knaben die väterliche Wohnung ein, denn Vater und gehört," sprach jezt Frau von Breuning. Als | er elf Jahre alt war, hat er dem verstorbe nen Kurfürsten drei Sonaten von eigener Composition gewidmet, welche mit seltsam pomp: baften Worten eingeleitet waren, die freilich von seinem Meister herrührten. Man hat da mals viel von ihm geredet. Die Einen nann: ten ihn ein Wunderkind, die Andern zuckten über diese frühreife Entwicklung die Achseln. Seitdem sind die Gespräche über ihn ziemlich verstummt. Ich glaube, die Familie befindet sich in schlechten Verhältnissen. Der Vater soll ein Trunkenbold sein."

Grade aus diesem Grunde," rief WegeTer, scheint es mir die Menschlichkeit zu gebieten, daß man dem armen Jungen hilft, zumal da er es nicht weniger wegen seines Herzens, wie wegen seines Talentes verdient." „Theilen Sie uns doch etwas aus seinem Leben mit," sprach der Graf.

„Mit großem Vergnügen," antwortete der Student. Sie können sich übrigens auch auf die Wahrheit der Thatsachen, die ich aus Ludwig's eignem Munde habe, verlassen, denn wir sind Nachbarskinder. Ich bin fünf Jahre älter wie er, und habe ihm auf Bitte seiner Mutter einige lateinische Stunden gegeben. Die Kunden über die Familie gehen nicht über seinen Großvater hinaus, der wie der Enkel Ludwig hieß, unter dem Kurfürsten Clemens August Bassist war und später unter Maximilian Friedrich Capellmeister wurde. Derselbe stammte wahrscheinlich aus Mastricht und soll ein kleiner kräftiger Mann mit äußerst lebhaften Augen gewesen sein. Aus seiner lezten Stellung ergibt sich übrigens,

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Der alte Capellmeister," fuhr dann Wegeler nach einer Pause fort, „starb, als Ludwig drei Jahre alt war. Mit ihm verlor die Familie ihre beste Stüße. Ueberdies mehrten sich die Sorgen, als noch zwei Söhne geboren wurden, von denen der ältere Karl, der andere Johann heißt. Das Einkommen des Vaters war zu gering, um das gewohnte Leben fortzusehen. So wurde denn das kleine Erbe bald verzehrt, zumal da der Tenorsänger die schlechte Gewohnheit des Trinkens angenommen hatte, die er auch noch heute in einer Weise fortseßt, welche ihm die Achtung aller tüchtigen Menschen benimmt. Seine Frau ist dagegen eine vortreffliche und kreuzbrave Mutter und Hauswirthin, die sich alle mögliche Mühe gibt, ihre Kinder gut zu er ziehen und rein und sauber zu halten. Leider muß sie nur oft mit dem größten Mangel kämpfen. Ihr hat es der Sohn haupt= | sächlich zu danken, daß er auf dem Wege ist, ein ordentlicher und tüchtiger Mensch zu werden."

„Hat der Knabe schon früh Talent zur Musik gezeigt?" fragte der Graf.

Im Musikantenstande erbt das Gewerbe

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