niemand an seine menschliche und dichterische größe hinanreichte, die folge davon sein, daß großartige szenen mit recht unbedeutenden abwechselten. Natürlich wählte er für seine neuarbeit nur solche szenen, die psychologisch oder künstlerisch seine kraft reizten; daß er den ganzen originaldichter nach seinem sinne hätte umschaffen können, daran war nicht zu denken. Der erwähnte monolog muß noch besonders betrachtet werden, weil man ihn, also auch die darin enthaltene widerspruchsvolle darstellung Wolseys, Sh. zuschreiben könnte wegen der offenkundigen anklänge an seine dichtungen, die gerade hier nicht so geringfügig wie in den übrigen partien dieses szenenteils sind. Aber die gedanken über günstlinge und fürstengunst lagen der zeit der Elisabeth und Jakobs I. weiß Gott nicht fern. Und auch die paar wortechos, welche der fette druck der folgenden stellen anzeigt, kann Fletcher sehr wohl aus Sh.s manuskript oder der bühnendarstellung festgehalten haben; denn auch der spätere teil von Cymbeline, dem die zitate angehören, war sicher vor Heinrich VIII. fertig; die Sonette aber erschienen 1609 im druck. Wenn Sh. selbst diese stellen eingesetzt hätte, so müßte er den ganzen kurzen dialog neu gearbeitet haben. Diese annahme schließt aber die versgestaltung positiv aus. In den 23 zeilen sind nur 5 mit männlichem ausgange, alle übrigen weiblich: eine solche häufige anwendung der weiblichen verse kennt nicht Sh., sondern nur Fletcher. Die enjambements (7) sind für Sh. zu wenig, und es ist darunter nicht eine jener ganz pausenlosen versverbindungen, wie sie Sh. gerade in seinen teilen von Heinrich VIII. so häufig braucht. *the chafed lion [als besonders fürchterlich] H. VIII. III 2. 206; John III 1, 259. (I feel Of what coarse metal [material] ye are moulded, I am made of the self-same metal children even of your metal H. VIII. III 2, 239. Lear I 1, 71. R. III. IV 4, 302.) Metal mit bezug auf menschliches wesen wird mehrfach vor Sh. und im 17. jh. gebraucht. ye follow my disgraces, As if it fed ye [erfreute] H. VIII. III 2, 241. Bei Sh. niemals in der fassung: this feeds me [meist feed the eye, the sight u. ä.], aber sonst im 16. und 17. jh. *(Thou scarlet sin. scarlet hypocrite [bischof von Winchester] H. VIII. III 2, 255. 1 H. VI. I 3, 56.) Whose bows did bend with fruit; but in one night, A storm... Shook down my mellow hangings, nay, my leaves, Great princes' favourites their fair leaves spread ( Cymb. III 3, 60-64. But as the marigold at the sun's eye at a frown they in their glory die. ... Oh, how wretched Is that poor man that hangs on princes' favours. Poor wretches that depend On greatness' favour dream as I have done. (hearts of iron an iron heart. Sonn. 8) 25, 5—8.) H. VIII. III 2, 366. Cymb. V 4, 127.) H. VIII. III 2, 425. Play the woman [weinen]. H. VIII. III 2, 431; Mach. IV 3, 230. Demgegenüber finden sich recht zahlreiche stellen, die nicht auf Sh. zurückzuführen sind: (2056) He [the King] parted frowning from me, as if ruin Leap'd from his eyes. (208) Then [the lion] makes him [the huntsman] nothing [vernichtet]. (2145) what cross [boshaft] devil Made me put this main secret in the packet. (217) No new device to beat this from his brains [aus dem sinn]? (224) that full meridian [nur hier bei Sh.] of my glory. Exhalation wird nicht bildlich gebraucht; einmal meteor von einer person, aber in anderem sinne: A prodigy of fear (1 H. IV. V 1, 19). (230) to confine yourself [euch einschließen] To Asher House. (241/2) how sleek [glatt, oily] and wanton Ye appear in every thing may bring me ruin. Sh. gebraucht sleek in diesem übertragenen sinne nicht. (244) You have a Christian warrant for [your envious courses]. Diese ironie auf das christliche recht seiner feinde würde Sh. Wolsey nicht in den mund gelegt haben in einer szene, in der ihm nachgewiesen wird, daß er innnerlich nie ein Christ gewesen sei. (253/4) Surrey durst better Have burnt that tongue than said so. Sh. in gleichem [sinne] blister von tongue: your tongue would have blistered in saying so. (264) [You (Wolsey)] Absolv'd him [Buckingham] with an axe. (274) I ... Dare mate a sounder man than Surrey can be. Mate = be a match for kommt im 16. und 17. jh. öfter vor, aber nicht bei Sh., der es = marry gebraucht. (295) sacring-bell [meßglocke]. (354) Man ... bears his blushing [blühend] honour thick upon him. Diese bedeutung von blush kennt Sh. sonst nicht; auch im NED. finde ich nur das beispiel aus Gray's Elegy: Full many a flower is born to blush unseen (357) His greatness is a-ripening. (359/60) I have ventur'd Like little wanton boys that swim on bladders This many summers in a sea of glory. (361) my high-blown pride. NED. gibt für das wort nur dieses beispiel. (370) More pangs and fears than wars or women (!) have (409) The king has gone beyond me [Sh.-Lex.: has disappointed, overreached me). (411) No sun shall ever usher forth mine honours. Sehr sonderbarer ausdruck. (437) Wolsey ... sounded all the depths and shoals of honour. (441) I charge thee, fling away ambition. Die masse dieser stellen, von denen einzelne wohl auch von Sh. herrühren könnten, zeigt, daß er nicht der verfasser dieses szenenteils ist. IV I. Diese szene, welche eine lebhafte beschreibung der krönung Anne Bullens durch augenzeugen enthält, bietet sprachlich und dichterisch wenig bemerkenswertes. Sie ist von Fletcher. An Sh. erinnert: Our King [in Anne Bullen] has all the Indies in his arms. H. VIII. IV 1, 45. Sh. vergleicht die liebe einer frau mehrfach mit dem reichtum How now, my metal of India? [Tobias zu Maria] These [die genannten gräfinnen] are stars indeed; Tw. II 5, 17. H. VIII. IV 1, 54. (Eine von den überflüssigen anzüglichen bemerkungen, wie sie Fletcher liebt.) Earth-treading stars [tänzerinnen auf Capulets fest] Ro. I 2, 25. Keine ähnlichkeit mit Sh. haben die Ant. V 2, 311. folgenden stellen: = ... Our King has all the Indies in his arms, (46) when he strains [unklar, erklärt press] that lady (56) where have you been broiling [zu einem erhitzten ankömmling]. Während der krönung werfen die zuschauer vor entzücken hats, cloaks, Doublets, I think, (!!) in die luft. (74/5) and had their faces been loose, this day they had been lost. Eine von den albernen übertreibungen Fletchers. (87) She had [erhielt während der krönung] all the royal makings of a queen, As holy oil, crown &c. [also alle abzeichen einer königin]. IV 2. Diese sterbeszene enthält besonders gegen das ende sehr schöne reden Katharinas; das ist indessen kein ausreichender grund, um sie Sh. zuzuschreiben. Denn es kann niemand behaupten, daß nicht auch Fletcher sehr wirkungsvolle reden und szenen dichten könnte. Der fehler ist bei ihm nur, daß die edlen empfindungen, die er zu vollendeter geltung zu bringen weiß, nicht haltbar sind, daß sie in denselben gestalten an andrer stelle den entgegengesetzten platz machen; daß seiner sittlichen haltlosigkeit die konsequenz des empfindens und die psychologische unanfecht barkeit der charakterzeichnung abgeht. So auch hier. - Nachdem Griffith ihr das ende Wolseys geschildert hat, gibt sie ein urteil über ihn ab, das mit ihrer früheren, ihm ins gesicht gesagten meinung durchaus übereinstimmt und nicht entfernt geeignet ist, jene sentimentale rührung in uns zu erwecken, mit der Fletcher uns über die gerechtigkeit seines sturzes hinwegzutäuschen sich bemüht. Es ist das historisch richtige urteil des chronisten Holinshed, das sie fast wortgetreu wiederholt. Sie vergißt auch nicht, diejenige seiner seiten zu erwähnen, die ihrer strengen sittenreinheit gewiß die verächtlichste an einem so hohen geistlichen war: Of his own body he was ill (euphemistisch für das deutlichere vicious bei Holinshed); ein anderes urteil des chronisten: He was not pitiful verschärft sie furchtbar: He was never, but where he meant to ruin, pitiful. Dieses heuchlerische mitleid bei der bösesten absicht hatte er ihr selbst bezeigt. Demgegenüber ergeht sich nun Griffith im preise dieses mannes. Er erhebt seine geistigen fähigkeiten, die den mensch. lichen wert eben doch nicht ausmachen können. Hochfahrend sei er nur zu denen gewesen, die ihn nicht liebten wer sollte ihn denn lieben? -, doch >> sommermildes zu denen, die ihn suchten aber nur, wenn sie seiner selbstsucht etwas zu bieten hatten (das fehlt leider). Wenn er auch niemals genug bekommen, so war er doch fürstlich im geben. Allerdings: er war nicht nur nicht geizig, sondern verschwenderisch. Er gründete die schule von Ipswich und Christ Church College in Oxford; um des letzteren willen Chrisdendom will ever speak his virtue, die aber auch in diesem falle nicht um ihrer selbst willen, sondern zur größeren ehre Wolseys übte. Und schließlich das unglaubliche: His overthrow heap'd happiness upon him - nämlich durch die demut, die der sturz plötzlich in ihm erweckt haben soll, welche aber doch wohl vorwiegend von der scham über seine enthüllung und der furcht vor seinem endschicksal gefordert wurde. Von dieser törichten charakteristik ist nun die wohlbegründete gesinnung der königin in ihr gegentei! verkehrt: Whom I most hated living, thou hast made me... Niemand kann diese bekehrungsrede und deren wirkung Sh. aufs |