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hunderts geradezu mit 'onions' interpretiert wird, hat allen deutungsversuchen bisher getrotzt.

Bisherige Etymologien von me. chesbolles. Gleich im 15. jahrhundert setzten die umdeutungen des wortes ein. Das Promptorium Parvulorum (ca. 1440) bringt die form chesebolle und weist durch diese schreibung den folgenden jahrhunderten einen falschen weg. Betreffs der deutung von chesbolle als cheese-bowl 'käsegefäß, -schüssel, -büchse', die rein lautlich anspräche, kann man sich nur dem urteile des NED. anschließen: "The reason for the name is not obvious." Die deutung ist unwahrscheinlich und kann, wie wir sehen werden, widerlegt werden.

Die andere Etymologie, welche die erste silbe zu ae. ceosel, cisil, cysil 'kiesel' stellt und chesboll als 'boll of pebbly seeds' deutet, bietet lautliche und bedeutungsschwierigkeiten, "has no basis in fact."

Neuer weg.

Der weg zur neuen deutung geht über eine stelle im Add. Ms. 33 996 des Brit. mus., fol. 137 b zl. 22, die in Fritz Heinrichs Mittelenglischem medizinbuche (Niemeyer 1896) S. 219, 25 sich findet: "and þenne tak seed of bellys, þat bep cleped chesses". Bellys stellt angesichts der ähnlichkeit von o und in den englischen schriften des 15. jahrhunderts und angesichts der paläographischen unzuverlässigkeit des leider parallelenlosen textes kein hindernis dar. Die bedeutung Papaver somniferum L. geht aus dem zwecke des rezepts >Ad prouocandum sompnum < deutlich genug hervor. Es sollen gestampfter garlek mit vynegre oder anderer flüssigkeit und eine große menge Chesbollessamen gestampft und eingenommen werden. Dann soll u. a. a porcyon of pat seed gegessen werden. Der schlaf wird sich bald einstellen. Dieselbe arznei ist gut gegen herte brennyng. Diese beiden verwendungen als starkes schlafmittel und als beruhigungsmittel sind charakteristisch für Chesbolles Papaver somniferum L. und seit fast viertausend jahren nachweisbar in brauch. Vom harmlosen garlek oder gar von dem im rezepte geradezu als gleichgültig gekennzeichneten wynegre kann die wirkung nicht ausgehen.

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Als erste aller stellen lehrt uns also Add. Ms. 33 996 fol. 137 b, daß chesses von bolles getrennt vorkommt. Ich habe nun nach anderen belegen für das neu abgesonderte wort gesucht:

1. In den Ms. Rawl. D. 251 (Bodl. Oxf.), Practica phisicalia Magistri Johannis de Burgundia, dessen veröffentlichung bevorsteht,

findet sich auf fol. 106a: pe juce of chassys. Chassys bleibt undeutbar, wenn es nicht gleich chesses als Papaver 'mohn' gelesen wird. Die verordnung gegen bolnyng of chekys paßt vorzüglich, alle papaverarten dienen als beruhigungsmittel (vgl. den Syrupus Diacodion des mittelalters).

2. In dem gleichfalls von mir bearbeiteten Stockholmer me. Medizinischen miszellankodex, auf den Holthausens veröffentlichungen in Anglia 18 und 19 bezug nehmen, finden sich tol. 95 in einer aufzählung me. pflanzennamen Qwyt chasses, Blac chasses. Red chasses. Diese sonst undeutbaren chasses können wiederum nur mohnarten, chesses, sein, und zwar muß Red chasses Papaver rhoeas L., unser klatschmohn oder feldmohn, sein, während Qwyt chasses und Blac chasses die entsprechend gefärbten arten von Papaver somniferum L. darstellen. Die farben schwarz-weiß-rot sind, wie ein für den etwas pflanzenkundigen gar nicht nötiger blick in Pritzel u. Jessen, Deutsche volksnamen der pflanzen, lehrt, für die häufigsten papaverarten charakteristisch. Das lat.-me. Alphitaglossar führt s. 134 ebendiese und nur diese mohnarten auf.

So hätten wir ein neues wort, aus Add. Ms. 33996 mit chesses, aus Ms. Rawl. D. 251 einmal mit chasses und aus dem Stockholmer me. Medizinischen miszellankodex dreimal mit chesses belegt und deutlich 'mohn', chesbolles, bezeichnend. Für die deutung von chesbolles ist von me. chasses, chesses auszugehen.

Etymologie von me. chasse, chesse. Für die etymologische deutung des wortes haben wir auf lat. capsa zuruckzugehen. Dies gab afrz. chasse, nfrz. châsse und über das prov. caisa, afrz., nfrz. caisse. Capsa, das etymon unserer 'kapsel', gab ital. cascina 'korb zur käsebereitung', nfrz. chassière 'korb zur käsebereitung', nfrz. chassis 'fensterrahmen' und nfrz. châsse 'reliquienschrein', mundartlich vielfach 'sarg', afrz., nfrz. chassette 'petite boîte'. Daß afrz. chasse nur im deminutivum chassette als 'kapsel' schlechthin nachgewiesen werden kann (sonst heißt es fast stets 'reliquienschrein'), bildet kein hemmnis. All die zitierten bedeutungen sprechen für eine breitere verwendung von capsaableitungen im Romanischen, und die afrz. lexikographie hat große lücken.

Der bedeutungsübergang capsa > Papaver hat alle wahrscheinlichkeit für sich. Neben den auffallenden farben haben besonders die markanten fruchtkapseln des mohns die aufmerksamkeit der völker auf sich gezogen. Schon für die homerische be

zeichnung zadela ist das hohle (xos) der samenkapsel der benennungsanlaß gewesen; papaver gehört zu einer wurzel *pap'aufblasen' > papā-ues part. perf. act.; das kann sich wohl nur auf die dünnschalige hohle frucht beziehen. Ostpreußisch hirnschal, hirnschnall weist auf das kapselförmige der frucht, vielleicht auch das schweiz, kolben und das mhd. olkolben; sicher tun dies die zahlreichen benennungen mit 'kopf' usw. wie mnd. Maenkop, bei Konrad von Mezenberg magenkopf, mhd. masemhaupt u. a. m. Dazu kommt, daß die mohnblüten offizinell kaum verwendung gefunden haben, daß aber die samenkapsel und ihr ölreicher inhalt seit jahrtausenden offizinell verwandt wird und schon im alten Ägypten sehr gesucht war. (Vgl. altägypt. seter-seref 'trank des ruhens'.)

Lautliches. Das NED. führt chesbolle nur in zwei formen, 6 Sc. chasbolle, 6-7 chasbow, mit a auf; chesses allein kann, wie wir sahen, einmal, chasses dagegen viermal belegt werden. Daß bereits im 15. jahrhundert chasse < capsa nicht verstanden worden ist, dafür sprechen die bald einsetzenden umdeutungen nach cheese hin. Ob schon im Zentralfrz. oder im Me. durch das Aglonorm. kann das wort ja nicht nach England gekommen sein - die entwicklung von chasse zu chesse in chesboll stattgefunden hat, ist schwer zu sagen. Die nicht immer sicheren lautverhältnisse nach palatalen schließen das Afrz. nicht aus. Für änderung auf me. boden spricht die entwicklung von afrz. chastaigne zu me, chestine, chesten oder gar schystyne (Add. Ms. 33 999 fol. 130a zl. 23. bei Heinrich s. 208 zl. 19), wo das verhältnis der vokale in der stammsilbe ebenso wenig geklärt ist.

I

Der zweite teil von me. chesboll. Der zweite teil endlich von me, chesboll ist dank der unglücksetymologie cheese-bowl mit bowl in verbindung gebracht worden. In betracht kommt angesichts der charakteristischen form der mohnfruchtkapsel nur Boll sb 3 'rounded seed-vessel or pod'. Man vgl. gerade zu chesbolls die belege ca. 1500 'bolle of the popy' unter Boll, 1601 aus Holland Pliny II XIX 30 "poppie called black out of the heads or bols whereof a white juice or liquor issued", 1688 aus Holme, Armoury II 67 "This Seed-Pod [of the Poppy] by all Florists is termed a Poppy Bolle". Wir haben soeben gesehen, daß bei vielen völkern, bei Griechen, Romanen, Germanen, nicht die gewiß auffällige, aber wertlose mohnblüte, sondern die zu offizinellen zwecken von jeher begehrte fruchtkapsel bei der namen

gebung den ausschlag gab. So gewiß auch beim worte chesboll, in beiden silben.

I

Daß capsa boll in beiden teilen dann ungefähr denselben sinn hätte, tut nichts zur sache. Daß bereits im 15. jahrhundert chasse capsa nicht mehr verstanden worden ist und im Prompt. Parv. zu cheese umgedeutet worden ist, sahen wir. Es ist also eine englische erklärende ergänzung boll sb 3 dazugetreten, ein vorgang, der selbst bei bodenständigen wörtern allgemein bekannt ist (vgl. mhd. tâme, dam + hirsch, mhd. rein, reiner, renn, renn + tier, bord-brett, trag-bahre). Daß dabei gerade in den ersten belegen anfang des 15. jahrhunderts kontamination mit chibolle, ne. chibol 'zwiebel' eingetreten ist, und das (im Add. Ms., im Rawl. Ms. und im Stockholmer kodex fehlende) boll aus der okkasionellen ergänzung bald zum integrierenden bestandteile des wortes wurde, macht die ganze vorstehende erklärung nur noch wahrscheinlicher. Leipzig. Herbert Schöffler.

BYRONS THYRZA.

Helene Richters anziehende abhandlung Zum hundertsten jahrestage der veröffentlichung des Manfred gibt mir anlaß zu folgenden bemerkungen betreffs des namens Thyrza.

Es scheint noch niemand darauf hingewiesen zu haben, daß Thirza oder Thirzah ein biblischer name ist. Er findet sich

4. Mos. 26 v. 33; Josua 17 v. 3; Jos. 12 V. 24; 1. Kön. 14 v. 17; 1. Kön. 15 v. 21; 1. Kön. 16 v. 6, 8, 9, 15, 17, 23; 2. Kön. 15 v. 14; Hohelied 6 v. 4. An den ersten zwei stellen ist Thirza (die englische bibel, die mir zur hand ist, hat überall Tirzah) die jüngste der fünf töchter des Zelaphehad aus dem geschlechte Manasses, während die älteste Mahela hieß (vgl. weiter unten die namen, die Gessner den frauen Kains und Abels beilegte). An den andern stellen bezeichnet der name eine örtlichkeit, eine lieblich und anmutig gelegene stadt in der gegend von (Sichem und) Samaria, die vor der gründung Samarias (durch Omri) residenz der könige Israels von Jerobeam bis Omri gewesen

Das wort scheint ein präfix-derivativum von razah (wohlgefallen haben') mit der bedeutung 'an mut' zu sein. Der ortsname wird mit dem personennamen eng zusammenhängen: dann wäre entweder der personenname in 4. Mos. 26 v. 33 (und Jos. 17 v. 3) das ursprüngliche, oder letzterer wäre auf grund des ortsnamens konstruiert.

Die für unsere Thyrza-frage wichtigste stelle ist die des Hohenliedes, das eine sammlung von altjüdischen hochzeitsliedern (epithalamien) ist. Das Hohelied (canticum canticorum) hat die gemüter der frommen und der dichter viel beschäftigt, im 18. jahrhundert, zur zeit der Herrnhuter, noch besonders stark, und es ist zweifellos, daß Gessner im Tod Abels den namen Thirza für Abels weib dem Alten Testament (4. Mos. 26, 33) und dem Hohenliede entlehnt hat. Daß dem Engländer und dichter Byron, insbesondere dem dichter der Hebrew Melodies, der name Thirza nicht bloß aus der lektüre des Gessnerschen dramas, sondern auch aus der quelle des Hohenliedes selbst bekannt war, wird ebensowenig bezweifelt werden können. Er sagt ja auch nicht, daß er den namen Thirza der lieblingslektüre seiner jugend, Gessners Tod Abels, »entnommen habe wie Helene Richter will -; er sagt lediglich im vorwort zu Cain, das Alte Testament als seine frei benutzte quelle bezeichnend, daß er neueren bearbeitungen des stoffes nichts entnommen habe: Gessners Death of Abel zb. habe er seit seinem neunten lebensjahre nicht mehr gelesen, er erinnere sich seiner freude an dem buche, aber von dem inhalt wisse er nichts mehr, als daß Kains weib Mahala, Abels weib Thirza genannt wurde. Damals, als achtjähriger in Aberdeen, kannte er gewiß das Hohelied noch nicht; aber wenn er es dann kennenlernte, mag die glutvoll geliebte Thirza des jüdischen dichters die veranlassung gewesen sein, daß er sich der Thirza Abels wieder erinnerte und dauernd erinnerte.

Das kapitel 6 des Hohenliedes lautet:

>Mein freund ist hinabgegangen in seinen garten, zu den würzgärtlein, daß er sich weide unter den gärten und rosen breche. Mein freund ist mein, und ich bin sein, der unter den rosen sich weidet. Du bist schön, meine freundin, wie Thirza, lieblich wie Jerusalem, schrecklich wie heersspitzen. Wende deine augen von mir, denn sie machen mich brunstig. Deine haare sind wie eine herde zi gen, die auf dem berge Gilead geschoren sind. Deine zähne sind wie eine herde schafe, die aus der schwemme kommen, die allzumal zwillinge tragen, und ist keines unfruchtbar unter ihnen. Deine wangen sind wie ein ritz am granatapfel, zwischen deinen zöpfen. Sechzig sind der königinnen und achtzig der kebsweiber, und der jungfrauen ist keine zahl; aber eine ist meine taube, meine fromme; eine ist ihrer mutter die lieblichste und die auserwählte ihrer mutter. Da sie die töchter sahen, priesen sie dieselbe selig; die königinnen und kebsweiber lobten sie. Wer ist, die hervorbricht wie die morgenröte, schön wie der mond, auserwählt wie die sonne, schrecklich wie die heersspitzen? Ich bin hinab in den nußgarten gegangen, zu schauen die sträuchlein am bach, zu schauen, ob der weinstock blühte, ob die granatäpfel grünten. Meine seele wußte es nicht, daß er mich zum wagen Ammi

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