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systematische umarbeitung der ursprünglichen textform. Diese änderungen decken sich so sehr mit den bekannten eigentümlichkeiten des Wulfstanstiles, daß F. den schluß zieht, erzbischof Wulfstan, der empfänger des briefes, habe sich den text in seinen stil umgesetzt (einl. § 169). Es ist für den leser etwas überraschend, daß F. gleich hernach dieses resultat wieder umstößt: Nicht Wulfstan selbst, sondern ein stilnachahmer Wulfstans ist der umarbeiter dieses briefes. Die D-fassung enthält nämlich eine anzahl auffallender übereinstimmungen mit den Institutes of Polity (Thorpe, Laws, p. 422) und der Ps-Wulfstanhomilie nr. L (Napier p. 266). Da aber diese beiden texte aus Cnuts gesetzen schöpfen, die erst nach Wulfstans tod entstanden sind, so fällt auch die D-umarbeitung des briefes II in die zeit nach Wulfstans tod. Der bearbeiter war auch der verfasser der Polity') (einl. § 192).

Man hat sich bisher meist so vorsichtig um die Wulfstanfrage herumgedrückt, daß ich es freudig begrüße, wieder einmal einer entschiedenen stellungnahme zu diesem verwickelten problem zu begegnen. In der hauptsache stehe ich freilich auf einem wesentlich andern standpunkt als F. Doch zunächst möchte ich nur das verhältnis zwischen der D-bearbeitung des briefes II und der Polity näher ins auge fassen. Für das richtige verständnis der D-bearbeitung halte ich für nötig, daß man sie im zusammenhang mit den nächstfolgenden kapiteln derselben hs. betrachte. Der titel Prologus venerabilis Ælfrici abbatis, der gruß Ælfrics an Wulfstan und die lateinische einleitung sind durch die überschrift To gehadedum mannum ersetzt. Unmittelbar an den brief schließen sich folgende kapitel aus der Polity an: Be gehadedum mannum p. 40, To gehadedum læwedum p. 42 (= Be lawedum mannum der übrigen hss. der Polity), Be eallum cristenum mannum p. 47 (= Be cyrcan übr. hss.). Offenbar sollen, wie die ähnlichkeit der überschriften zeigt, diese kapitel unter sich eine einheit bilden; der kompilator hat den versuch gemacht, diese stücke zu einer neuen art Polity, d. h. zu einer ermahnungsschrift der christlichen stände zusammenzustellen. Diese vermutung wird durch mehrere

1) Für die auffassung, daß die Polity von den gesetzen Cnuts abhängig sei und folglich nicht von Wulfstan herrühre, beruft sich F. natürlich auf den aufsatz von Liebermann, Wulfstan und Cnut, Archiv 103, 47 f. Ich bedaure, daß es nicht möglich ist, F.s beweisführung im rahmen eines kurzen auszuges völlig gerecht zu werden.

einzeltatsachen gestützt. Brief II 200 c schließt in der D-fassung mit dem zusatz: Sit nomen domini benedictum et reliqua. Mit dieser formel schließen auch die Polity-kapitel der fassung D p. 40—47 (D1); sie fehlt dagegen in der fassung derselben hs. p. 89-92 (D2) und ebenso in allen übrigen hss. Brief II D 63 a hat den zusatz: And hi forbudon alce wifunga afre weofodpenum .. Denselben text mit der lesart wifunge hat nur D p. 41, während in den übrigen fassungen an dieser stelle wiflac steht (X und Napier, Wulfstan 270, 21). Entsprechend hat brief II D 155 a die lesart rihtawe nur mit D1 p. 42 gemein, während D2 und X bloß awe lesen. Somit ist zweifellos die stilistische umarbeitung des briefes II auf grund der schon früher entstandenen Polity fragmente Di vorgenommen worden). F. legt (einl. § 189) besonderes gewicht auf die art, wie in D die stelle II 156 verändert worden ist:

Brief II nach hs. O.

156. Se læweda man mót opre sipe wifian, and geong wúduwe mot eft ceorlian,..

...

Nach hs. D.

156. And se læweda man mot æfter his wifes ford-side odre side wifian for neod, ...

Er vergleicht diese stelle mit Polity XXII (hs. X) deah be das apostoles leafe læweda man mot for neode odre side wifian und sieht in dem gemeinsamen for neod(e)2) den stärksten beweis dafür, daß der verfasser der Polity mit dem D-bearbeiter identisch sei. Nach meinen obigen ausführungen ist dieser schluß keineswegs zwingend. Der bearbeiter hatte ja in D p. 42 die zitierte

1) Oder genauer: Von der fertigen Polity sind die in D1 enthaltenen kapitel losgetrennt und gemeinsam mit brief II stilistisch überarbeitet worden.

2) Nach F. ist der gebrauch des ausdruckes for neode das charakteristische stilmerkmal des Wulfstan nachahmers, da er in den echten Wulfstan homilien nicht vorkomme (§ 188). Er findet sich aber auch im VIII Aethelred 36, und daß V, VI und VIII Aethelred höchstwahrscheinlich vou Wulfstan abgefaßt sind, nimmt F. selbst an (§ 164). Die bedeutung des ausdruckes for neode scheint schwierigkeiten zu machen. F. übersetzt zweifelnd die oben zitierte stelle II 156: 'Der laie darf (nach dem tode seiner ehefrau) ein zweites mal sich vermählen (aus notwendigkeit?)' ... Ich möchte übersetzen: 'Der laie darf nötigenfalls (d. h. wenn er ohne gattin nicht kontinent zu leben vermag) ein zweites mal sich vermählen.' Liebermann übersetzt VIII Aeth. 36 ... par man swa scolde manega for neode gewi'dan to rihte: ... wofern viele so durch zwang zum recht gezwungen werden mußten.' Aber kann for zur bezeichnung des mittels dienen? Ich übersetze: 'wofern man viele so notgedrungen zum recht zwingen mußte'. Eigentlich sagt for neode nicht mehr als schon durch das scolde ausgedrückt ist.

Polity-stelle vor sich und konnte nach ihr den Aelfricbrief leicht genug interpolieren. Für die verfasserschaft der Polity ist damit gar nichts bewiesen.

Die annahme, die D-fassung des briefes II sei auf grund gewisser Polity-kapitel entstanden, scheint die weitere annahme in sich zu schließen, nicht Wulfstan selbst, sondern ein stilnachahmer Wulfstans müsse der D-bearbeiter sein 1). Dem ist aber nicht so. Liebermann hat freilich in seinem mehrfach erwähnten aufsatz (Archiv 103, 47 f.) wahrscheinlich gemacht, daß der Polity-text, wie ihn Thorpe nach der hs. X veröffentlicht hat (Laws p. 422 f.), aus I Cnut schöpfe und somit später als 1027 zu datieren sei. Nun bietet aber X eine stark überarbeitete fassung der Polity. Hätte Thorpe nicht von sich aus, vielfach ohne in seiner ausgabe etwas zu bemerken, eine reihe von kapiteln als unursprünglich ausgeschieden, so würde der kompilatorische charakter des textes noch weit mehr in die augen springen. Was die weit kürzeren fassungen D und G enthalten, ist aus den höchst unzuverlässigen angaben Thorpes nicht zu erkennen. Von weiteren textkritischen bemerkungen will ich hier absehen, da sie ohne genauen abdruck der hss. doch kaum verständlich wären. Einstweilen möchte ich bloß davor warnen, die Polity zu datierungszwecken zu verwenden.

Das problem, wer der D-bearbeiter des briefes II gewesen sei, hängt natürlich aufs innigste zusammen mit der allgemeineren frage: Hat es stilnachahmer Wulfstans gegeben? Diese frage hat F. mit aller entschiedenheit bejaht (§ 170). Nach seiner meinung ist Wulfstans stil »sehr leicht nachzuahmen; es bedarf bloß einer reichlichen verwendung von formeln wie: for ure pearfe, agen, georne, understande se pe cunne, etc., um beispielsweise einen. Aelfrictext in den Wulfstanstil zu übertragen. Persönlich stelle ich mir diese übertragung etwas schwieriger vor; ich vermag nämlich nicht zu glauben, Wulfstans stil sei nichts anderes als Aelfricstil plus haufiges for ure pearfe, agen, etc. Sicherlich sind Wulfstans homilien häufig geplündert und mit allerlei fremden elementen zu neuen homilien zusammengestückt worden. Aber gerade die ständige wiederkehr wörtlicher exzerpte bei den späteren homileten spricht gegen ihre fähigkeit der stilnachahmung. Wer imstande war, jeden beliebigen text mit leichtigkeit in Wulfstans sprache umzusetzen, hätte gewiß die mühe gescheut, aus drei, vier, wenn

1) Vgl. oben s. 107 anm. I.

nicht noch mehr Wulfstantexten sich die materialien zu einer predigt zusammenzutragen. Es sei noch in ergänzung dessen, was F. über die ahnlichkeit des Wulfstanstiles und der D-bearbeitung bemerkt hat (SS 152-169), auf zwei punkte hingewiesen:

1. Es ist noch nicht darauf aufmerksam gemacht worden, daß Wulfstan den absoluten dativ strengstens vermeidet, während Aelfric ihn gelegentlich verwendet. Die abneigung gegen den dat. abs. teilt auch der D-bearbeiter; er hat ihn an beiden stellen, wo er in seiner vorlage vorkommt, getilgt. In II 49 läßt er a worpenum hæpenscype einfach weg; in II 199 ändert er in etwas freierer weise:

Brief II nach hs. 0.

199. He nolde geyfelian þam

Nach hs. D.

199. And he sona gehælde pone, arleasan menn, ac he hine sona ge- þe Petrus gewundode hælde on besettum eare1)

2. Zur eigenart Wulfstans gehört die abneigung gegen erzählende stoffe 2) Das gebiet der biblischen erzählung und der heiligenlegende, dem Aelfric sich mit besonderer liebe zuwendet, wird von ihm gänzlich vernachlässigt. Mit dieser tatsache halte man die veränderung der stelle brief II 57 durch den D-bearbeiter zusammen, die vom tode des ketzers Arius handelt :

Brief II nach hs. O.

57. Ac he nolde geswycan swaþeah his gedwyldes, ærpam-þe him wand út his innod æt his setle, pa-pa he to gange eode.

Nach hs. D.

Ac he nolde geswican peah his ge-dwildes, ærdam-pe he for weard

mid-calle

Also: der ketzer 'ging völlig zugrunde' das genügt dem D-bearbeiter; der text seiner vorlage ist ihm zu anekdotisch. Diese änderung ist nicht stilistischer art. Sie deutet auf gleiche mentalität Wulfstans und des bearbeiters. Solange die existenz der Wulfstannachahmer nicht besser bewiesen ist, scheint mir die hypothese, Wulfstan selbst sei der bearbeiter des D-textes, immer noch den vorzug zu verdienen.

Mit besonderer sorgfalt und mit bestem erfolg hat F. den

1) Es wäre besser onbesettum in einem wort zu lesen. F. hat die stelle völlig mißverstanden und übersetzt: ... er heilte ihn sofort an dem be troffenen ohre Es sollte heißen: 'er heilte ihn sofort, indem er ihm das ohr ansetzte,'

2) Homilie nr. II (Napier p. 6) erzählt nicht; sie reiht bloß eine anzahl begebenheiten in knappster form aneinander. Auch die predigten über den

Antichrist sind mehr beschreibend und reflektierend als erzählend.

quellen seiner texte nachgespürt. Die resultate seiner forschung finden sich teils im schlußkapitel der einleitung (p. LXXXIII bis CXXVI), teils in den fußnoten zu den texten. Man gewinnt

daraus interessante aufschlüsse über Aelfrics belesenheit und seine arbeitsweise. Seine originalität erscheint freilich in keinem günstigen licht. Vielmehr ergibt sich, daß der gelehrte abt kein selbständiger denker und forscher, sondern nur ein popularisierender vermittler überlieferten wissens war (vorwort p. III).

Die texte sind im engsten anschluß an die hss. wiedergegeben. Mit recht hat F. nach Liebermanns vorbild den paralleldruck angewendet und dadurch den variantenapparat beträchtlich vereinfacht. Bisher unbekannt war der zweite teil des briefes III, da Thorpe ihn irrtümlich für eine predigt hielt und darum nicht ab druckte.

ne.

Am wenigsten befriedigt mich die übersetzung. Unter den stellen, die ich mir angestrichen habe, seien folgende erwähnt: Brief I 14 Nu pincă eow pis syllic to gehyrenne: 'Nun dünkt Euch dies lächerlich anzuhören' st. 'seltsam'. F. scheint an silly gedacht zu haben, das aber nicht verwandt ist. I 28 Se laweda mot... odre side wifigan, gyf his wif him atfyld dürfte nicht übersetzt werden mit: 'wenn ihm sein weib abfällt'; denn dabei wird jedermann an eheliche untreue, nicht an todesfall denken. I 54 pæt hi beon wel gerihte: ... daß sie [d. h. die bücher, die der priester haben muß] in gutem zustande sind' st. 'gut korrigiert' (damit sie keine irrtümer enthalten). I 115 And he ne werige munuc-scrud ... pe-ma-pe se wer werad wimmanna gyrlan: Und er trage nicht die mönchskleidung . . ., um so mehr als der mann [auch nicht] weiberkleider trägt' st.: 'so wenig wie der mann w. tr.'. F. scheint die verbindung ne

pe ma pe

=

...

'ebensowenig wie' nicht zu kennen. Vgl. die zahlreichen belege bei Bosworth Toller sub pe. Ähnlich gebraucht wird ne pon ma pe. I 126 Gange he to husle syddan and elles loc hwa wylle: 'Hierauf genieße er [d. h. der priester] das abendmahl, und im übrigen sehe zu, wer da wolle.' Unmöglich kann loc der optativ zu locian sein. Es ist mit hwa als ein wort zu lesen und hat nur noch die verallgemeinernde bedeutung quicumque (entsprechend lochwat = quodcumque, lochwonne = quandoque). Ich übersetze: ... und außerdem [genieße es], wer immer sonst will'. - I 133 Sume preostas healdad þæt husl . . . ofer gear to seocum mannum: '.

länger als ein jahr' st. 'das jahr

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