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Die strenge methode, die gründlichkeit der untersuchung, das sorgfältige abwägen der meinungen, die feine durchdringung des details und die glückliche mischung von philologischer akribie und dichterischem empfinden.

Freiburg i. B.

Friedrich Brie.

HERMANN CONRAD †.

Am 6. Juli d. j. starb unerwartet schnell in seiner wohnung in Berlin-Lichterfelde Hermann Conrad an einer lungenentzündung, nachdem er eine längere schwere krankheit glücklich überwunden zu haben schien. Am 26. Dezember 1845 zu Elbing geboren, besuchte er das dortige gymnasium, das er zu ostern 1864 mit dem zeugnis der reife verließ, um sich in Königsberg zunächst dem studium der klassischen sprachen und des Altdeutschen zu widmen, wandte sich jedoch später den neueren sprachen zu, während er gleichzeitig ästhetischen und philosophischen studien oblag. Von 1867-1869 leitete er die gymnasial vorbildung eines jungen grafen von Bülow, worauf er die kommissarische verwaltung einer ordentlichen lehrerstelle an der realschule I. ordnung in seiner vaterstadt bekleidete, bis der ausbruch des krieges im jahre 1870 auch ihn begeistert zu den waffen rief. Im August 1871 aus Frankreich heimgekehrt, erhielt er eine provisorische anstellung an der realschule zu Witten an der Ruhr. Die prüfung pro facultate docendi legte er in Münster ab und erwarb sich hier die lehrbefähigung im Deutschen, Französischen und Englischen für alle klassen. 1874 erlangte er mit seiner dissertation On Shakspere's Pronunciation den Rostocker doktorgrad, und nachdem er an der Wupperfelder realschule in Barmen feste anstellung gefunden, verheiratete er sich dort mit Anna geb. Schaub, die ihm als gleichgesinnte lebensgefährtin getreulich zur seite gestanden hat. Aus dieser ehe sind zwei söhne entsprossen, von denen der jüngere "vor zwei jahren nach langen leiden starb, während der ältere, dem stande nach magistratsrat, z. zt. bei der verwaltung Belgiens tätig ist. Im jahre 1888 wurde Conrad als professor an die hauptkadettenanstalt in Lichterfelde berufen, wo er zumeist den unterricht im Deutschen und Englischen auf den oberklassen erteilte, von seinen kollegen, den offizieren und schülern gleich hochgeschätzt. 1910 in den ruhestand getreten, widmete er sich unermüdlich seinen ihm liebgewordenen forschungen, deren ergebnisse

ja nicht nur fachgenossen, sondern auch weiteren kreisen im besten sinne bekannt geworden sind. Conrad zeigt sich darin als sorgfältigen beobachter, als feinsinnigen beurteiler, als unerschrockenen verfechter der von ihm vertretenen idealen anschauungsweise. Aber auch in allen andern fragen des lebens blieb er unentwegt seiner überzeugung treu, ein wahrhaft gottesfürchtiger, streng monarchischer, vaterlandsliebender mann, ein zuverlässiger freund und liebenswürdiger gesellschafter.

Von seinen zahlreichen schriften kann hier des beschränkten raumes wegen nur ein bild in umrissen entworfen werden, das ́aber die vielseitigkeit und zugleich gründlichkeit seiner geistigen beschäftigung noch hinreichend erkennen lassen dürfte. Meist wirken seine ausführungen wohl überzeugend auf den leser, doch wenn man mitunter auch einwendungen erheben möchte, so wird doch ein jeder durch die geistvolle und gewandte darstellung des verfassers gefesselt werden. Der hauptgegenstand von Conrads studien waren die werke des größten englischen dramatikers von seiner doktorarbeit an bis zu seinem letzten, noch unvollendeten werke. Zunächst beschäftigte ihn wohl die frage der sonette Shaksperes (Preuß. jahrbücher 54, 237 ff., Jahrb. der Sh.gesellsch. 1883, Herrigs archiv 59-61), in denen er nicht nur autobiographische andeutungen, sondern auch anhaltspunkte für die chronologie seiner stücke entdeckte. Mit der erforschung der persönlichen beziehungen des dichters stehen spätere aufsätze Conrads in verbindung, so die über Robert Essex und die Essexfamilie (Pr. jb. 79, 183 ff., 103, 385 ff.) oder »Sh. und die frauen<< (ebd. 101, 248 ff.) und Neue entdeckungen zu Sh.s leben« (ebd. 141, 325 ff.). Bei der untersuchung der zeitlichen réihenfolge der dramen bediente sich dann Conrad hauptsächlich der metrik und des stils Sh.s als kriterien, worüber nicht nur mehrere aufsätze handeln, wie Kennen wir Sh.s entwicklungsgang? (Pr. jb. 122, 388 f.), Eine neue methode der chronol. Sh.-forschung (Germ.-rom. mtsschrift. I 232 ff. u. 307 ff.), >Metrische untersuchungen zur feststellung der abfassungszeit von Sh.s dramen (Sh.-jb. 31, sep.abz., nebst tabellen), »Anfängerstil und jugendstil Sh.s« (Pr. jb. 156, 442 ff.), sondern dieser gegen'stand ist auch seine letzte lebensarbeit gewesen, deren fast voliendetes ms, bis ins einzelne gehende tabellen über die beobach1téten metrischen eigentümlichkeiten sämtlicher dramen enthält, in welcher art der untersuchung dem verstorbenen besonders prof.

E. Ekwall in Lund am nächsten steht. Hoffentlich findet sich ein gelehrter, der die herausgabe dieses wertvollen werks übernimmt!

Des weiteren förderte Conrad wesentlich das verständnis des dichters durch seine bemühungen um eine der neueren forschung entsprechende übersetzung seiner werke, bemühungen, die in der eigenen revidierten Schlegel-Tieckschen Sh.-ausgabe (1902/5), von Öchelhäuser veranstaltet, ihre krönung fanden, der aber abhandlungen in den Pr. jb. (111, 67 ff.), in Herrigs archiv (106, 31 ff.) nebst neuausgabe von Fr. Vischers Macbeth-übersetzung (1900), Sh.-jb. 38, 1 ff. u. 39, 179 ff. vorangingen, und denen ein auf grund eigener einsichtnahme in das ms. gelieferter nachweis des üblen einflusses von Karoline Schlegel auf die arbeit ihres gatten folgte.. Leider knüpfte sich an die erstgenannte ausgabe ein unerquicklicher streit mit A. Brandl als vorsitzendem der Sh.-gesellschaft (worüber Zs. f. frz. u. engl. unt. u. eine sonderschrift [1909] nachzusehen), auf den aber hier nicht weiter eingegangen werden soll.

Wenden wir uns nun zu den einzelnen stücken, die Conrad mit umfangreicher einleitung und erläuterung ediert oder eingehend auf datum, gehalt oder sonstige beziehungen untersucht hat, so finden wir da die schulausgabe des Merchant of Venice (1894), mit deutschem text 1911, dazu den aufsatz im XIII. bd. d. Centr.org. f. d. realschulw. s. 73 ff., von Jul. Caesar 1905, dtsch. 1906, dazu über die persönlichkeit des Brutus den aufsatz Pr. jb. 125, 462 ff. Es folgte die ausgabe von Twelfth Night 1885; darüber abhandlungen Pr. jb. 60, 1 ff. u. Sh.-jb. 31 (sep.abz.); Hamlet, ausg. 1905, dtsch. 1911; dazu 'Hamlets gereinigtes bild', Pr. jb. 81, 394 ff. u. 'Hamlets familie' Sh.-jb. 16, 274 ff.; Macbeth, ausg. 1907, darüber die abhandlung Pr. jb. 64, 643 ff. Über andere dramen sind nur essays vorhanden; so »Das wintermärchen als abschluß von Sh.s denken u. schaffen (Pr. jb. 130, 1 ff.); >Entstehung d. 2. u. 3. teils von Sh.s Heinrich VI. (Zs. f. frz. u. engl. unt. 8, 481 ff.), über Timon (Sh.-jb. 29, sep.abdr., und' Ztschr. f. vergl. litg., N. f. 17, 337 ff.), während ein solcher über Troilus u. Cressida im 169. bd. d. Pr. jb. noch im erscheinen begriffen ist.

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Auch Sh.s zeitgenossen zieht Conrad in den kreis seiner betrachtungen, besonders Marlowe (Pr. jb. 134, 115 ff. und Edward II., ed. Briggs, Zs. f. frz. u. engl. unt. bd. 14) und Greene (Sh.-jb. bd. 29), und untersucht des dichters abhängigkeit vom lyriker Daniel (Sh.-jb. 17, 165 ff.). Auf die damalige bühneneinrichtung

beziehen sich die bemerkungen über Title and Locality Boards' (Sh.-jb. 46, 106 ff.). Die renaissancezeit im allgemeinen behandeln die aufsätze > Aus der welt des übermenschtums (Pr. jb. 143, 1 ff.) u. >Aus der ital, ren. literature (ebd. 144, 454), ein vergleich Petrarcas mit Sh. ebd. 166, 376 ff.

Doch auch der neueren englischen literatur stand Conrad keineswegs fremd gegenüber, wie mehrere umfangreiche arbeiten und ausgaben bezeugen. So schrieb er 1882 über Amy Robsart u. Lord Leicester, und 1885 gab er George Eliots Mill on the Floss heraus, welchem schulbuche im nächsten jahre die biographie der dichterin folgte. 1887 erschien die W. M. Thackerays (bei Reimer), zur 100. wiederkehr seines geburtstags ein aufsatz in d. Pr. jb. 145, 97 ff.; 1900 die ausg. von Christmas Stories von Dickens. Ferner veröffentlichte er abhandlungen über Robert Burns (Pr. jb. 86, 247 ff.), über Lady Byron (ebd. 107, 55 ff.), über Byrons Manfred (ebd. 140, 280 ff.), über »B. und seine letzte liebe (Türmer II, heft 1), über Maurice Hewlett (Pr. jb. 105, 260 ff.). Ein buch über England kam 1893, in 2. aufl. 1905, eins über English Life and Customs 1894, 2. aufl. 1902, heraus, eine broschüre unter dem titel » Englands heerwesen am ende d. 19. jhs.< 1896 in der Samml. gem. u. wiss. vorträge (pseudonym: von Germanicus). Für den unterricht außer den schon zitierten schulausgaben bearbeitete Conrad ein Engl. lesebuch (I 1896, II 1897) und eine >Syntax der engl. sprache (1904). Englische realien als gegenstand engl. sprechübungen ist eine bei Metzler, Stuttgart 1893, verlegte schrift betitelt, die er eigentlich beim Berliner neuphilologentage vorzutragen beabsichtigte.

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Conrads gesichtskreis umfaßte aber auch die neuere deutsche literatur, über die er mehrere gehaltvolle ästhetische studien veröffentlichte. In einem 1894 gehaltenen vortrag (von Mittler in Berlin verlegt) über den »heutigen deutschen naturalismus« nahm er entschieden stellung gegen die einseitigkeit dieser neuen richtung, ähnlich in der 1895 in der eben angeführten sammlung erschienenen schrift über Schillers realismus, obwohl er darin manche schwächen unsers nationaldichters in dieser hinsicht zugesteht. Über Carlyles verhältnis zu demselben schrieb er einen aufsatz für die Vierteljahrsschrift f. literaturgesch. (II 195 ff.). Dann beschäftigte er sich auch eingehend und verständnisvoll mit Heinrich v. Kleist, wie seine untersuchung über »Schuld u. schicksal im leben H. v. K.se in den Pr. jb. (55, 434 ff.), eine schrift »H. v. K. als mensch u.

«

dichter (1896, Walther, Berlin) und seine abhandlung über des dichters > Familie Ghonorez < (Schroffenstein) beweisen. F. Grillparzer als dramatiker betrachtet er in d. Pr. jb. 63, 420 ff. und Otto Ludwigs dramatische kunst ebd. 96, 432 ff. In der Zukunft (9, 55 ff.) vergleicht er Hebbels Herodes u. Mariamne« mit dem drama Herodes « des neueren englischen dichters Stephen Phillips, dem er den vorzug einräumt. Gelegentlich berichtete Conrad auch über aufführungen in Berliner theatern in eindringlicher beurteilung, so über die von »Romeo u. Julie und die von Lenz' Die soldaten (Pr. jb. bd. 166).

Außer jenem noch des letzten kapitels entbehrenden werke haben wir jedoch noch weitere veröffentlichungen von Conrads arbeiten zu erhoffen. Fertig im ms. sind bereits sechs dramen Shaksperes: Macbeth, Sturm, König Johann, Richard III., Romeo und Cymbeline, und drei davon ruhen schon seit 1914 im bekannten Inselverlag, sollen aber erst nach dem kriege erscheinen, und die Reimersche buchhandlung hat die neuausgabe seiner sämelichen Shakspere-aufsätze übernommen, will damit jedoch bis zum selben zeitpunkte warten.

So tritt aus diesen knappen zügen doch deutlich genug die gewaltige lebensarbeit eines unermüdlich schaffenden trefflichen mannes vor augen, dem wir auch nach seinem tode noch dankbarkeit schulden.

Berlin Lichterfelde.

J. Koch.

FELIX LINDNER †.

Am 31. Juli 1917 starb zu Rostock i. Meckl. der außerordentliche professor der englischen philologie an der universität Rostock Felix Lindner im alter von 67 jahren. Geboren 1849 zu Oels als der sohn eines geistlichen, besuchte er später das gymnasium zu Bunzlau. Darauf studierte er in Breslau und Berlin neuere sprachen und Germanistik. Nach bestandenem examen "und einem aufenthalt in England wurde Lindner mitte der siebziger jahre an die Große Stadtschule zu Rostock berufen, und zwar an die realabteilung, die bald zu einer realschule I. o. und später zu einem realgymnasium ausgebaut wurde. Lindner unterrichtete in den oberen klassen im Französischen und Englischen und habilitierte sich als privatdozent an der universität. Von seinen schülern wegen seines freundlichen wesens und seiner stets gleich bleibenden

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