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ausführungen und vorsichtigen schlußfolgerungen zumeist beistimmen können, nur mit der angeblichen erhöhung der hinterbühne kann ich mich nicht befreunden. Sie würde eine begriffliche teilung der szene in vorder- und hinterbühne voraussetzen, für die bis jetzt noch kein beweis erbracht ist.

In dem dritten und wohl bedeutendsten, aufsatz behandelt Edwin Greenlaw die Pastoralen Shakespeares: Wie es euch gefällt, Cymbeline und Wintermärchen. Im gegensatz zu seinen vorgängern, die den pastoralen charakter dieser werke vielfach verkannt oder sogar in abrede gestellt haben, weil der dichter in ihnen weit über die hergebrachte schablone hinausgewachsen ist, zeigt Greenlaw, daß diese stücke trotzdem in ihren grundzügen dem pastoralen typus entsprechen. Weniger glücklich freilich ist der verf. in dem versuch, die unmittelbaren quellen Shakespeares festzustellen. Es widerspricht dem wesen des poetischen schaffens, daß ein mann wie unser dichter seine stoffe aus englischen, französischen, italienischen, wohl gar spanischen werken mühsam zusammengetragen haben soll; es handelt sich in diesen fällen nicht um direkte entlehnung, sondern um allgemeine, in Westeuropa weitverbreitete motive, wodurch die übereinstimmungen, zugleich auch die abweichungen von den verschiedenen autoren erklärt werden. Immerhin gelangt der verf. durch den vergleich älterer werke, besonders der Sidneys und Spencers, mit denen Shakespeares zu einigen wertvollen ergebnissen. Namentlich auf die figur des melancholischen Jaques in As you like it fällt neues licht, der als der übliche, außerhalb der handlung stehende, nicht dem hirtenstand angehörende, aber mit den hirten lebende unglückliche flüchtling erklärt wird, der in der Arcadia als Philisides erscheint. Daß Sidney sich in dieser gestalt selbst geschildert hat, kann als ziemlich sicher gelten; daß aber deshalb auch Jaques ein porträt oder gar eine satire Sidneys sein soll, ist wohl eine übereilte folgerung des verf.s.

Enttäuschend sind die ausführungen über Cymbeline. Romeo und Julia, sei es das drama, sei es die novelle, soll die quelle des jüngeren stückes sein! Die ganze ähnlichkeit beschränkt sich doch auf das weitverbreitete motiv des schlaftrunkes. Und noch weniger zustimmung dürfte die behauptung finden, daß Cymbeline eine verbesserte version von Romeo und Julia ist. Max J. Wolff.

Berlin.

Gustav Mai-Rodegg, Hamlet-entdeckungen eines schauspielers. 2. durchgesehene auflage. Berlin 1917, Oesterheld & Co.

Nach dem titel erwartete ich die arbeit eines schauspielers, dem die darstellung des Hamlet auf der bühne zum erlebnis geworden ist, und der nun, frei von jeder theorie, sich und uns über die aus der praktischen erfassung der rolle gewonnenen eindrücke rechenschaft zu geben versucht. Ein derartiges werk wäre gewiß von großem nutzen für die forschung, vor allem würde es den beweis liefern, daß viele von unsern schönsten und geistvollsten Hamlet-theorien bei der praktischen darstellung in nichts zusammenfallen. Doch davon steht in der arbeit nichts; der verfasser wandelt auf gewohnten wegen, er hat einen großen teil der vorhandenen literatur durchgearbeitet und baut darauf, nachdem er sich mit seinen vorläufern auseinandergesetzt hat, eine neue erklärung auf. Nach ihr besteht Hamlets aufgabe nicht darin, seinen verbrecherischen onkel aus der welt zu schaffen, er soll oder will nicht nur seinen vater rächen, sondern eine bella vendetta an dem mörder vollziehen. Eine solche hat angeblich durch die art ihrer ausführung und die zustimmung, die sie allseitig findet, eine über den rahmen der privatrache hinausgehende bedeutung und nimmt den charakter einer objektiven bestrafung an. In den italienischen novellen, auf die M.-R. sich stützt, ist allerdings oft von einer bella vendetta die rede; doch glaube ich nicht, daß es sich dabei um einen festen begriff handelt. Was die Italiener darunter verstehen, ist eine rache, die sich durch besondere treffsicherheit auszeichnet und dem betroffenen gerade die qualen zufügt, die er selbst vorher dem andern teil bereitet hat. Sie ist im letzten ende eine art talio, also gerade das gegenteil des objektiven strafvollzuges. Nehmen wir aber die erklärung des verfassers an, so wird Hamlet damit vor eine unmögliche, zum mindesten aber sehr schwierige aufgabe gestellt; die auslegung nähert sich also der von Werder und Conrad. Jedoch scheint diese ähnlichkeit dem verfasser nicht zum bewußtsein zu kommen, denn weder Werder noch Conrad werden von den sehr scharfen ausfällen verschont, die M.-R. unterschiedlos gegen die bisherige Shakespeare kritik richtet. Fanden wir bei den vorläufern einen handlungswilligen und handelnden Hamlet, so vollbringt er nach der neuen er klärung bereits in den beiden ersten akten eine beispiellose leistung genialer besonnenheit. Worin diese besteht, wird allerdings nicht gesagt, es sei denn in den beständigen fecht

übungen Hamlets, auf die M.-R., s. 53, mit besonderem nachdruck verweist. Er übersieht nur, daß diese stelle durch eine andere, II 2, völlig aufgehoben wird, in der Hamlet auseinandersetzt, daß er seine gewohnten übungen aufgegeben habe. Das ist gewiß eine kleinigkeit, aber sie ist typisch für das verfahren des verfs. Einzelne zitate aus Hamlet oder andern dramen Shakespeares werden herausgegriffen und in einem verallgemeinernden sinn verwendet, den sie nicht besitzen und nach dem zusammenhang nicht besitzen können. Auf diese art läßt sich alles beweisen, selbst, daß Hamlet eine bella vendetta zu nehmen berufen ist, obgleich der wortlaut der dichtung dafür nicht die geringste unterlage bietet. Ich glaube nicht, daß die forschung aus dem positiven teil des vorliegenden buches nutzen ziehen wird, und noch unerfreulicher ist der negative teil, in dem M.-R. sich mit seinen vorgängern abfindet. Es wird dort gegen verdiente gelehrte ein ton angeschlagen, der in den eigenen leistungen M.-R.s nicht die geringste berechtigung findet. Selbst von einem manne wie Hebler heißt es s. 25, daß seine von keinerlei sachkenntnis beschwerten behauptungen nur den dichter aushöhnen. Desto eifriger preist der verf. seine eigenen entdeckungen als etwas neues, noch nie dagewesenes oder erkanntes an. Auch das Vorwort Kohlers schlägt einen ähnlichen ton an, das gleich mit einem äußerst gehässigen ausfall gegen Löning als Shakespeareforscher und juristen einsetzt. Auf beiden gebieten bedürfen Lönings leistungen keiner verteidigung, der Koblersche ausfall richtet sich selbst.

Berlin.

Max J. Wolff.

Wilhelm Münch, Ein italienischer vorgänger Miltons. neueren sprachen. 1905.

Die

Der verf. glaubt nicht an vorbilder oder entlehnungen Miltons, höchstens an vereinzelten anklang an vorgänger. Einen solchen führt er vor; er heißt Erasmo di Valvasone und hat um 1590 ein epos geschrieben über den fall der engel: Die Angeleide. Verf. gibt den inhalt des gedichtes wieder und verweilt dann bei verschiedenheiten der beiden dichter. Einige gute bemerkungen macht er über den wirklichen, innerlich belebenden wert des Verlorenen paradieses. Verf. sieht ihn ganz richtig in der schilderung der seelenzustände der bösen engel, vorzüglich des satans. gegen fühle ich mich nicht überzeugt, wenn dies bedeutungsvollste des gedichts bei der erklärung der hervorbringenden notwendigkeit

Da

zur seite geschoben wird. Dem verf. dürften die prosawerke Miltons nicht genügend bekannt sein. Milton ist wohl doch zu sehr ein egozentrischer geist, um nicht aus eigenen persönlichen umständen die tiefsten töne seiner dichtungen zu holen. Die stärke Miltons ist doch der haß, nicht die liebe, viel weniger die menschenliebe. Ist je ein wort der liebe von Milton ausgesprochen worden mit dem feuer, das ihm stets gegenüber seinen gegnern zu gebote stand? Wenn Milton wirklich daran gelegen gewesen wäre, nur das unendliche weh um verlorenes, unendliches glück zu schildern, dann wären doch Adam und Eva in den vordergrund getreten, während sie jetzt beinahe interesselos einhergehen.

Ein anderer umstand ist dem verf. aufgefallen, m. e. ganz richtig, daß der teufel unter Miltons händen ganz über das maß des gewöhnlichen christentümlichen kollegen Gottes hinausgewachsen ist. Und richtig ist es auch, daß dies nicht individuell aus Milton, sondern individuell und universell aus Milton und seiner zeit heraus zu erklären ist.

Lund.

S. B. Liljegren.

NEUSTE LITERATUR.

Jack London, The Valley of the Moon. Mills & Boon, London, 1914. Pr. geb. 6 s. Tauchnitz Edition vols. 4493, 4494. Leipzig 1914. Pr. ungeb. 3.20 M.

Vor kurzem berichtete irgendeine literarische zeitschrift, daß der amerikanische schriftsteller Jack London der in Rußland zurzeit gelesenste autor ist. Ich wage nicht zu entscheiden, ob dies für oder gegen Londons dichterisches können spricht. Aber sicherlich hat er in seinen letzten schöpfungen nicht dazu beigetragen, seinen dichterruhm zu mehren. Von allen seinen büchern haben mir die Südseegeschichten trotz mancher mängel am besten gefallen als die wirklichkeitstreuen bilder eines frisch pulsierenden volkslebens, mag es auch noch so sehr die ungeschminkten triebe eines naturvolkes zeigen. Jedenfalls liegt bei Jack London der schwerpunkt seines schaffens immer im stofflichen, denn stets zeigt es sich, daß er die elementarischen seelenkräfte und die primitiven kulturzustände besser darzustellen versteht als seelisch komplizierte naturen. In dieser hinsicht ist London trotz mancher fehler, die sicherlich zum großen teil aus seiner unheimlichen fruchtbarkeit resultieren, ein starkes, ursprüngliches talent.

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Das zeigt sich auch in dem vorliegenden roman, der wiederum eine schöpfung von großer eigenart ist. Allerdings sind die geschehnisse nicht so ungewöhnlich, wie sie sonst in seinen büchern zu sein pflegen. Das buch schildert das leben einfacher, schlichter leute. Es erzählt von der liebe zweier menschen, die beide kinder von ansiedlern sind, die einst vom fernen osten her ins land gekommen sind. Sie sind in einer großstadt Kaliforniens groß geworden; sie ist eine fleißige plätterin, er ein tüchtiger, arbeitsamer fuhrknecht, aber beide sind wesen von geradem, einfachem charakter, die in ernster arbeit das ziel ihres lebens sehen. Ein inniges glück vergoldet diese ehe, bis ein gewaltiger streik mit all seinem unglück, mit seiner arbeits- und verdienstlosigkeit, mit allerlei gewalttätigkeiten und nöten ihren bund zu zerstören droht. Als das unglück immer größer wird, fassen sie den entschluß, der großstadt den rücken zu kehren und sich als farmer. irgendwo anzusiedeln. Sie wandern lange umher, ehe sie den ort ihrer sehnsucht finden, um sich als schlichte ansiedler ein neues. glück zu bauen.

Die handlung ist nicht konventionell, hat jedenfalls nichts verbrauchtes an sich. Aber die geschehnisse sind nur scheinbar einfach, Auf ihren streifzügen durch Kalifornien treffen sie mit menschen der verschiedensten gesellschaftsstufen und der mannigfachsten berufe zusammen. Dadurch ist ein milieu von denkbar, größter mannigfaltigkeit der typen geschaffen. Aber dabei hat London auch gelegenheit, den leser in die kultur des landes tiefer einzuführen und sie klarer widerzuspiegeln, als es irgendein anderes buch vermöchte. Man erfährt genaueres über die arbeitsbedingungen im lande, die großen syndikate und die lage der ansiedler, die sich in Westamerika eine neue heimat gegründet haben. Man erfährt, daß Romanen und Japaner durch ihre harte, unermüdliche arbeitsamkeit auf dem lande immer weiter vordringen, während die eingeborenen, die nachkommen der ersten ansiedler, in die städte abwandern und dort seelisch und körperlich zurückgehen. In der gegenüberstellung dieser beiden welten, dem freudlosen sklavendasein in der großstadt und dem freien, aussichtsreichen farmerleben möchte ich den hauptreiz des buches sehen.

Es ist üblich geworden, bei dichterischen erzeugnissen eine tendenz zu suchen. Ich glaube nicht, daß Jack London ein tendenzbuch hat schreiben wollen. Aber es liegt hier wirklich nicht fern, aus der handlung eine tendenz herauszuschälen, die etwa auf den

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