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stellt, aber m. e. unrichtig mit der durch Shakespeareschen szenenwechsel verursachten zerstreuung des interesses begründen will, ganz einseitig und postulathaft gesehen, nicht verinnerlicht und notwendig erfließend. Rehbach scheint mir, da er selber sagt, daß die haupthandlung«, nämlich die beschämung der Cleopatra, erst im 4. akt beginnt, bei seiner erörterung die begriffe von "plot" und "action" oder selbst "business" zu vermengen. Von Ibsen hat Shaw letzteres, das geschehen auf der bühne in weitgehendster weise verwerten gelernt; schon die eigentümlichkeit seiner ebenso dramatischen wie epischen bühnenanweisungen sorgt für große lebendigkeit in der darstellung, aber >handlung ist weit mehr und bedarf immer der innigsten beziehung zum charakter der figuren. Und hier scheint mir der bisher übersehene springende punkt zu sein: Shaws >held ist kein mensch, sondern infolge des postulats ein zukunftstypus. Es ist m. e. nicht angängig, solche gestalten mit denen Shakespeares zu vergleichen, ebenso unangängig, beide dramen selber miteinander zu vergleichen. Shakespeare ist in den beiden Römerstücken, mit denen Shaw wetteifern will, tragiker, Shaw kann es nie sein. Denn sein >held << muß ein erwünschtes postulat durchsetzen, er ist entwicklungsunfähig und kann vor allem nie tragisch enden, da ja der moralisierende Puritaner sich ad absurdum führen würde, wenn er sein ideal untergehen ließe, dem er höchste 'virtue' unerschütterliche mannhaftigkeit verliehen. Der dramatiker Shaw strebt eben, wie Rehbach ja sattsam gezeigt hat, nach »weltverbesserung durch didaktik, deshalb und da unterschreibe ich Rehbachs urteil vollständig paßt Shakespeare nicht in sein system. Er mag dann immerhin, wenn auch ganz relativ, ein »besser als Shakespeare für sich in anspruch nehmen: in wirklichkeit fühle ich es als ein unrecht, so inkommensurable dramatische größen miteinander zu vergleichen. Soviel wir aus Rehbachs recht tiefer und eindringlicher erörterung auch lernen können, für Shakespeare selber kann daraus wenig zu gewinnen sein, da er zu einem "Play for Puritans" weder befähigt war, noch es sein wollte, da ihm denn doch auch stoßkräftigere dramatische und szenische mittel zur verfügung standen als dem seien wir ehrlich trotz aller tricks nicht für die bühne, sondern fürs lesen arbeitenden nationalen jungdramatiker Shaw.

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Von sonstigen beiträgen verdienen besondere erwähnung: die nekrologe (auf den hochverdienten Paul von Bojanowski, auf den

hoffnungsvollen, auf dem felde der ehre gefallenen Anglisten B. Neuendorff, dessen sogar Engländer trauernd gedenken

· Paten

ist wohl druckfehler für Paton, den seinerzeitigen direktor der University College School in London und auf den bahnbrechenden regisseur von Shakespeares stücken J. Savits), ferner aus der »Theaterschau berichte über eine Frankfurter Antonius und Kleopatra - aufführung, über Hamlet am Grazer stadttheater, welch letztere in der >>Statistischen übersicht der aufführungen merkwürdigerweise fehlt; dann die inhaltsreiche bücherschau, in der ua. A. Brandls besprechung von Graves' 'Act-Time' zu skeptischerer beurteilung des erreichten gelangt als ref. (in Engl. stud. 50, 142 ff.), die zusammenfassenden, z. t. sehr ausführlichen referate M. Försters, die namentlich zur realienliteratur und namenkunde der fne, zeit viel selbständiges beisteuern (ein sehr kompliziertes metheglin-rezept fand ich auch bei Ch. Butler in seiner >> Feminine Monarchie 1634).

Der 52. jahrgang des jahrbuches ist nicht mit dem anspruchsvollen titel eines jubiläumsbeitrages ausgestattet, dennoch ist inhalt und form der gediegenen philologischen, ästhetischen, historischen und dramaturgischen aufsätze derart, daß sich eine eigens für den 300. todestag Shakespeares verfaßte publikation mit hohen ehren damit sehen lassen könnte. Und das alles während eines krieges, in dem eine mit aus Shakespeares werk geflossene kultur zerschmettert werden soll von denen, deren landsleute seinen namen vielfach eitel im munde führen! In diesem von vielen Engländern auch gerne auf geistiges gebiet hinübergespielten bruderkrieg der erben von Shakespeares gütern darf die deutsche Shakespearegemeinde, deren berufene vertretung in einem bande wie dem vorliegenden des dichters wesensart verkündet, ruhigen gewissens ins feindliche lager Henry Richmonds worte hinüberrufen :

'Abate the edge of traitors, gracious Lord,

That would reduce these bloody days again,

And make poor England weep in streams of blood!'
Albert Eichler.

Graz, im April 1917.

Shakespeare Studies by Members of the Department of English of the University of Wisconsin. To commemorate the threehundredth anniversary of the death of William Shakespeare, April 23, 1616. Published by the University. Madison, 1916. 300 ss.

In einem würdig ausgestatteten bande bringt hier eine amerikanische hochschule dem dichter in aller bescheidenheit ihre wissenschaftliche huldigung dar, von dem es s. 16 heißt:

Thou art so great that thou wilt not despise,

This book we've wrought thee under alien skies.

Als poetischen gruß zu beginn finden wir acht Sonnets on the Self of William Shakespeare von W. E. Leonard, reflektierende lyrik in Shakespeares sonettmetrum; sie bezeugen ihres verfassers warme und tiefe verehrung für den unsterblichen in einer reihe feinziselierter, zuweilen den philologen vielleicht etwas zu sehr verratender bilder.

Ein dutzend streng philologischer, literarhistorischer, ästhetischer oder metrischer aufsätze folgt; sie erweisen sich sämtlich als von wissenschaftlichem geiste und sachlicher liebe zum gegenstande durchdrungen und stehen kritisch auf der höhe der durchschnittsbeiträge des Jahrbuches der deutschen Shakespeare-gesellschaft. Die stilistisch und zumeist auch methodisch feinen abhandlungen umfassen Shakespearefragen aller art, aber auch themen der fne. zeit überhaupt. Wir überblicken sie in der reihenfolge des buches:

F. G. Hubbard, Locrine and Selimus, eine prioritätsuntersuchung in sachen der anregung der anonymen verfasser dieser beiden stücke, in der alle bedeutenden schwierigkeiten der dramenchronologie für die jahre 1585 bis 1595 erkannt und zum teil auch gelöst werden. H. baut auf Tiecks entdeckung auf, die dieser, wie Brotanek 1900 in seinem abdruck von Tiecks notizen (Anglia, beibl. 11, 202 ff.) nachgewiesen hat, nach 1811 aufzeichnete, daß Locrine starke entlehnungen aus Spensers Complaints zeigt, eine entdeckung, die unabhängig davon 1901 von Crawford publiziert wurde. Letzterer fand aber derartige parallelen auch im Selimus und verfocht nun die ansicht, daß dieses drama für den Locrine als quelle jener plagiate in betracht käme. H. kam auf grund langjähriger untersuchungen zur umgekehrten, schon 1905 von Koeppel (Sh.-jb. 41, 193 ff,) begründeten ansicht, die auch Cunliffe (Cambr. Hist. Engl. L., V 95 ff.) teilte. Hier legt er nun eingehend seine beweise vor. Sie besitzen hohen wahrscheinlichkeitswert. So wenn er die komische szenë der schilderung einer bösen sieben in den beiden dramen als ursprünglicher in Locrine IV 2 ansieht, wo Strumbo stehende komische figur ist, während im Selimus (v. 1873 ff.) eigens ein sonst nicht mehr hervortretender

clown hierfür eingeführt wird; wenn er sämtliche entlehnungen des Selimus aus den Complaints mit einer einzigen ausnahme schon im Locrine nachweisen kann, während letzterer viel mehr aus Spensers kleinerer dichtung nimmt, Selimus hinwiederum die Faerie Queene tüchtig plündert; wenn er einen beleg beibringen kann, in dem Locrine zwei Spensersche stellen mit eigenen versen verquickt, Selimus diese beiden Locrine-partien jedoch wieder entzweiteilt und gesondert verwertet; wenn er eine aus Greenes Menaphon entlehnte und mit Locrine-versen ausgeweitete stelle ziemlich genau im Selimus findet. Diese, die bisherigen quellenforschungen von Crawford, Koeppel und Ch. Collins sehr wesentlich ergänzenden kritischen vergleichungen verwendet H. aber auch zu einer genaueren datierung des Locrine und geht darin über Gaud (Mod. Phil. 1, 409) hinaus. Er zeigt nämlich, daß Locrine einen vers aus dem am 8. August 1591 vollendeten, von R. Wilmot in blankverse umgeschriebenen Tancred and Gismunda kopiert, so daß also dieser tag und 1594 (eintragung in Stat. Reg.) nun den spielraum bilden. Entgegen Collins spricht sich H. gerade wegen der zahlreichen parallelen gegen die annahme einer gemeinsamen verfasserschaft der zwei dramen aus, die schon fast allen Shakespearevorgängern zugeschrieben worden sind (vgl. s. 31 f.). Was H. über die parallelstellen, ihre wichtigkeit und bisherige unvollständigkeit zu sagen hat, ist sehr bemerkenswert,

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J. F. A. Pyre, Shakespeare's Pathos, Das ästhetisch wichtige problem der rührung bei Shakespeare wird als einer seiner künstlerischen grundtöne behandelt und dadurch auch historisch der vom dichter oft bewährte instinkt für die wirkung aufs publikum als das bei unserem vielfach geänderten gefühlsstandpunkt (gegenüber Bassanios, Valentines, Malvolios, ja auch Prosperos verhalten [gegen Caliban] u. dgl.) maßgebende erwiesen. P.s definition seines gegenstandes ist klar und ausreichend: "The 'pathetic' mood... is one of the general modes of feeling, or complex states of emotion awakened by representative art, and 'pathos' is a quality of the representation by which this effect is produced."

Diese rührung erfolgt am häufigsten durch mitleid, aber nicht bloß durch dieses, sondern durch die gleichzeitige erweckung von wirklicher sympathie mit anmutigen oder bewunderungswürdigen zügen des leidenden menschen (s. 43). Dieses gefühl ist also stark mit lust gemischt, und die rührung entspricht ihrem wesen gemaß dem verhältnis von mitleid zu dieser zuneigung,

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dankbarkeit, bewunderung, freude usf. Sh.s pathos ist oft zur vertiefung seiner melancholie verwendet, beide kunstmittel aber stehen wiederum zu seinem humor in innigen beziehungen. Sh. unterscheidet fein zwischen dem rührenden und dem erhabenen, und P. kann zeigen, daß der dichter niemals ein drama, ob ernst, ob heiter, in rührung enden läßt, sondern in der tragödie nach dem schrecken der katastrophe stets im beruhigenden gefühle des erhabenen. Von den formen unseres lebens sind es nun. besonders kindheit und frühe jugend, die Sh. zu rührender wirkung ausnützt (weshalb er zb. auch Jagos kind, das bei Cinthio eine wichtige rolle in der intrige spielt, als künstlerisch zu stark ergreifend und daher störend beiseite läßt); aber auch das hohe alter wird solchen zwecken, obschon nicht immer ganz ausschließlich, dienstbar gemacht, am vollendetsten im könig Lear. Mit Sh.s allgemeiner entwicklung nehmen dann auch die rührenden züge seiner heldinnen, die meist mutterlos dahinleben müssen, auffallend zu. Edle rührung erwecken einige unglückliche mütter, besonders Hermione und Volumnia. Als begleitumstände des pathos gibt uns Sh. meist momente der sammlung: Lesen, horchen auf musik, betrachtung, freundliches gespräch, erinnerung, wiederholung, vergleichen, planen, mahnungen, ahnungsvolle stimmung u. dgl. m., momente der wiedervereinigung oder des abschieds, eines glücksgefühls nach überstandenem kummer, der sicherheit nach gefahr, der erlösung von mühe oder schmerz usf., die in der tragödie zumeist in der ruhepause knapp vor der katastrophe liegen. Die äußerlichen umstände sind häufig musik, die organisch aus der handlung motiviert ist, blumen oder schlaf; in letzterem mischt sich pathos mit dem geheimnisvollen, namentlich in der nicht seltenen vorstellung von death's counterfeit. Auch im erwachen vom schlaf bedeutet K. Lear wieder einen höhepunkt in der handhabung der rührung. P. ist in der lage, in großen strichen feinere ausführung seiner darlegungen wäre nicht übel lohnend! die methodische verteilung der rührenden szenen und einen chronologischen fortschritt in der sicheren beherrschung der gesamtwirkung und der elemente in feinsten details, in der häufung und steigerung dieser szenen an geeignetem orte der dramen Sh. s nachzuweisen. Er zeigt Sh. s prinzip der katharsis im vergleich mit Heywoods A Woman kill'd with Kindness, die ahnungsvolle vorbereitung auf tragische katastrophen in 'relief-scenes' rührender art, die läuternd und

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