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literatur) urteilt vielleicht etwas zu abfällig über das werk, das ich für noch immer lesenswert halte, wie denn auch wiederholte neudrucke dessen popularität erweisen.

Frankfurt a. M.

Heinrich Mutschmann.

0. Steiger, Die verwendung des schottischen dialekts in Walter Scotts romanen. Gießener dissertation, 1913. X +86 ss.

Der verfasser hat seine aufgabe mit fleiß und geschick erfüllt. In der einleitung unterrichtet er den leser über Scotts verwendung des dialekts, indem er sämtliche romane genau durchgeht und dabei angibt, welche personen dialekt sprechen und in welcher art von szenen dieser vorkommt. Der hauptteil besteht aus einer sprachlichen untersuchung, die alter gepflogenheit gemäß in lautlehre, formenlehre, wortbildung, syntax zerfällt. Ein abschnitt über die sprechweise der hochländer ist beigefügt.

Das material ist natürlich nicht überreichlich vorhanden und nicht von genügender autorität, um neue ergebnisse von bedeutung zu ermöglichen. Doch hat der verfasser durch seine an ältere dialektarbeiten angelehnte untersuchung immerhin bewiesen, daß Scott mit großer treue die schottische sprechweise wiederzugeben verstand. Hier und da führt das material auch zu interessanten diskussionen.

Nachstehende bemerkungen möchte ich zum inhalt der dissertation machen, da sie von allgemeinem interesse scheinen:

§ 1. Es verdient angemerkt zu werden, daß schon Chaucer den dialekt als kunstmittel in der Reeve's Tale anwendet. Unter den neueren schottischen dialektschriftstellern gibt es doch manche, die Scott an geschicklichkeit in der darstellung und durch naturgetreue wiedergabe gleichkommen (§ 2).

§ 33. a für e in fellow ist dem einfluß des w in zweiter silbe zuzuschreiben. Die rundende wirkung erstreckt sich über das weg. Der fall gehört also zu § 30. - Vgl. auch die form yallow (yellow) in meinem 'North Eastern Scotch Dialect'.

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§ 43. vor und nach labialen wurde zu a >entrundet», nicht gesenkt. Bei jener ausdruckweise findet der vorgang zugleich seine phonetisch-organische erklärung.

§ 48. Bei dem worte chiel [tfil] mit [i] statt [ai] möchte ich jetzt an einfluß des vorderzungenlautes (front stop) denken, durch den eine differenzierung des vokals nach der hinteren reihe verhindert wurde. In dem falle müßte allerdings die diphthongierung

von ae. schon stattgefunden haben, ehe der vorderzungenlaut zur affrikata wurde.

§ 84. Der ausdruck 'hiatustilgend' als erklärung für das v in div 'do' besagt nichts. Es sollte eine phonetische erklärung gegeben werden. (Labialer gleichlaut.)

$ 57. Den anlaut in chop 'shop' hatte ich als dem worte cheap entlehnt erklärt, was Steiger »weit hergeholt< nennt. Vermischungen dieser art sind im Schottischen besonders häufig; auch meine ich mit cheap den ganzen wortkomplex: chap, chapman (chapman billies bei Burns), cheap obs. 'bargain' etc. So gewinnt die sache ein anderes aussehen.

§ 118. Es heißt, der sächsische genitiv werde in den dialekten in größerem maßstabe verwendet. Das trifft in gewissem umfange zu; doch haben wir für mindestens drei der angeführten sechs beispiele ganz gebräuchliche parallelbildungen in der schriftsprache: a day's darga day's work; nowte's feet neat's foot, neat's tongue, neat's leather; tae's length — (at) arm's length, etc.

$134. "Die sing. form des präsens verwendet die mundart auch im plural: mony does". - Das ist auch die erklärung, die Franz in seiner Shakespeare-grammatik §§ 155-56 für ähnliche erscheinungen gibt, und die Knecht, Angl. forschungen 33, s. 150 vorzieht. In den schottischen mundarten haben wir es doch offenbar mit dem alten, echten, sogenannten nördlichen purale zu tun. Vgl. Mätzner, Engl. gramm. 1880, I, §§ 361-62. Wyld, Short History of English, London 1914, § 329 erklärt die größere häufigkeit des s-plurals in der literatur des 17. jahrhunderts im vergleich zu den weniger zahlreichen fällen des sechzehnten als durch den schottischen einfluß des hofes bedingt.

$ 155: »In that ilka body grinds their ain... ist ilka body kollektiv gedacht und darauf dann der plural their bezogen.< Ich ziehe hier eine andere erklärung vor. Es handelt sich anscheinend um vermeidung der bildung his -or- her, wofür ja genug beispiele in der schriftsprache vorliegen: let every one do just what they like, etc.; siehe Sweet, New English Grammar § 2101; Jespersen, Modern English Grammar II, 5. 56.

Ein vortrefflicher index schließt das werkchen, das jeder, der sich mit neuenglischer sprachgeschichte befaßt, mit nutzen verwenden wird.

Frankfurt a. M.

Heinrich Mutschmann.

Walter F. Schirmer, Die beziehungen zwischen Byron und Leigh Hunt. Diss. Freiburg i. Br. 1912, Hof- und Universitätsbuchdruckerei C. A. Wagner.

Die (von mir bereits für die Geschichte der englischen romantik II 1 herangezogene) äußerst sorgfältige und gediegene abhandlung ist in inhalt und form von einer reife, die über das durchschnittsmaß wissenschaftlicher erstlingswerke hinausgeht. Der verfasser nimmt seinen standpunkt über der subjektiven Voreingenommenheit oder abneigung. Seinem ehrlichen streben, allen in frage kommenden persönlichkeiten das gleiche ma unparteiischer gerechtigkeit zuteil werden zu lassen, gesellt sich in wohltuender weise ein vertrauenerweckender kritischer scharfblick und umfassende sachkenntnis. So verfügt die schrift über alle vorbedingungen, um klärend und sichtend in die verworrenen und vielfach entstellten beziehungen jener drei menschen einzugreifen, die, ohne wahrhaft innere gemeinschaft, dennoch bestimmt waren, in entscheidender weise gegenseitig in ihr dasein einzugreifen: Byron, Shelley, Leigh Hunt - kein nach dem willen der natur am gleichen stamm gewachsenes kleeblatt, sondern drei durch die willkür äußerer lebensstürme zusammengewehte, im kern wesensfremde elemente, die keine mischung gaben.

Eingeschätzt nach ihren werken, die ihnen nachfolgen, erscheint Leigh Hunt überhaupt nicht als vollberechtigter dritter im bunde. Allein bei dem lebenden mochte der zauber seiner genialen, liebenswürdigen persönlichkeit von lauterster gesinnung und schwärmerischer begeisterungsfähigkeit den unterschied der dichterischen begabung ausgleichen. Im unmittelbaren verkehr bedeutete Hunts eigenart, sich von den geringfügigkeiten des alltags, für die er ein geschärftes und liebevolles auge hatte, unversehens zu weltund menschheitsgedanken und empfindungen aufzuschwingen, sicherlich eine anregung, deren unerschöpflicher reichtum für die geringere schaffenskraft eintrat.

Zwischen Byron und Leigh Hunt herrschte, sowohl hinsichtlich der inneren veranlagung als der äußeren einflüsse eine so durchgreifende verschiedenheit, daß sich von ihren maßgebendsten lebensanschauungen bis zu geringfügigsten ansichten widerspruch an widerspruch reiht. In Byron die allgewalt des dämonischen naturells, das, sich selbst höchstes gesetz, sich auch andern gegenüber mit der rücksichtslosen urnotwendigkeit des bergstroms oder des orkans auslebt stolz, verachungtsvoll, pessimistisch. Hunt, der

wesentlich kleinere, zahmere, von einem optimistischen idealismus getragen, der, als seines menschtums bestes teil, in ihm eine schlichte, innige nächstenliebe erzeugt. Sein arbeitsziel wird: freude verbreiten, die welt ein bißchen mehr in den sonnenschein rücken«. Der unverbrüchliche doppelglaube an den edelwert der menschheit und die gütige allmacht der vorsehung trägt ihn wie auf wolken durch die wirrnisse seines langen wechselvollen daseins, indes Byron seine kurze bahn himmelan stürmt mit leidenschaft - zerklüfteter, von nimmersattem ehrgeiz bebender seele.

Milden herzens gegen alle kreatur, schaut Hunt das verkehrte, tadelnswerte, allzumenschliche mit jenem lächeln des mitleids und des mitverstehens, das eine grundbedingung des echten humors ist. Byrons herbere laune nimmt dem übel gegenüber die form des ätzenden witzes, der messerscharfen satire an.

Dort das sonnige gemüt, hier die unfähigkeit zum glück; dort die liebevolle gleichmacherei, das überzeugte bürgertum, hier der aristokrat und egoist. Als gegensatz innerhalb des gegensatzes finden wir gleichwohl, daß Byron, der mann des jähen impulses, in moralischer gleichgültigkeit jedermann auf seine fasson selig werden läßt, während der wohlwollende Hunt als überzeugter kämpe für den grundsatz unumschränkter duldung zum fanatischen eiferer werden kann.

Byron, das bodenständige englische edelgeblüt, entfremdet sich der heimat und wendet sich als welten wanderer einem dem angeborenen nationalempfinden fremden kosmopolitismus zu. Hunt, der sprößling einer südamerikanischen familie, wird der könig der Cockneys, der typische und leidenschaftliche Londoner, dem das weichbild der stadt das weltall und ihr dunstkreis den umkreis des menschlichen glücks bedeutet.

Am schärfsten spitzt sich die gegensätzlichkeit ihres wesens natürlich in ihrem schrifttum zu. Byron, stets ins große, übermenschliche strebend, ist immer freskomaler, Hunt am besten als kleinmaler im liebevoll ausgeführten detail. Byron folgt als dichter ohne zweck und absicht der eingebung des augenblicks, die er gern als müssige kavalierslaune darstellt. Für Hunt wird. gerade sein bienenfleiß oft zum verhängnis einer geschwätzigen vielschreiberei, und er bekennt, hauptsächlich, wenn nicht aus schließlich, im hinblick auf die moral zu dichten. Dementsprechend wird Byron durch seine vorliebe für die metrische sprache als sohn Apolls gekennzeichnet, während Hunt, der idealtypus des journalisten, sich poetischer in prosa ausdrückt als in versen.

Bis in einzelne neigungen und geschmacksrichtungen herab läßt sich der gegensatz ihrer charaktere verfolgen. Byron ist der glühende bewunderer Popes, Hunt der begeisterte herold von Keats. Byron sieht in aristokratendilettantentum geringschätzig auf das theater herab, Hunt, der berufskritiker, ist von Schillerscher begeisterung für die schaubühne als moralische anstalt durchglüht.

Ein herzlicher zusammenklang, ja selbst volle gegenseitige wertschätzung war somit ausgeschlossen. Byrons meinung von Hunt äußert sich, unverfälscht durch rücksichten oder augenblicksstimmungen, vielleicht am echtesten in einem urteil aus dem jahre 1818, als der direkte verkehr beider männer eingeschlafen war. >Er ist ein guter mensch«, schreibt Byron an Moore, mit einigen poetischen elementen in seinem chaos, aber verdorben durch das Christchurch Hospital und ein sonntagsblatt, vom Surreygefängnis ganz zu schweigen, durch das er sich für einen märtyrer hält. Aber er ist ein guter mensch.<

Diesem tone der herablassung entspricht bei Hunt die unvollständige witterung von Byrons überlegenem genius. In der ersten ausgabe des Feast of the Poets (1814) kam Byron im text nicht vor, wurde aber in einer längeren anmerkung glimpflich behandelt 1). Die zweite fassung (1815) schob in dem absatz, der das sichtbarwerden eines kranzes über dem haupte jedes dichters schildert, folgendes nichtssagende wortspiel ein:

Lord Byron's with turk's cap & cypress was mix'd. Daraus machte die endgültige fassung das bissigere

and pepper-leaf Byron, surmounted with pine2).

Im persönlichen verkehr bedurften Byron und Hunt eines bindegliedes, das sie in Shelley fanden. Er vereinigte in seiner person genug von ihren widerspruchsvollen naturen, um jede verstehen zu können, zu jeder den schlüssel zu finden. Er erfaßte Byron mit dem ebenbürtigen geiste, Hunt mit dem herz der herzen<<. Byron achtete ihn, Hunt liebte ihn. Seine selbstlosigkeit lieh sich willig der undankbaren rolle des ewigen bittstellers und vermittlers in dem unnatürlichen dreibund zur herausgabe des Liberal, von dem, bei den völlig in der luft hängenden verhältnissen, nur Shelleys unfähigkeit im erfassen praktischer möglichkeiten ersprießliches erwarten konnte. Im letzten augenblick dämmerte sogar

1) Prose Works, edit. Prothero III 28 anm.

2) Hunt's Poetical Works, 1860.

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