Mittel Griechenland auftreten, vielleicht dem Eocän zuzuweisen sind, kann auch nur durch eine erneute genaue Aufnahme entschieden werden. Jedenfalls lässt sich kaum ein grösserer petrographischer Unterschied zwischen zwei Kalksteinen denken, als zwischen der grossen Masse der cretacischen, Oberen Kalke" im östlichen MittelGriechenland und den eocänen, Oberen Kalken" Aetoliens besteht. Es war ein verhängnissvoller Irrthum der österreichischen Geologen, diese verschiedenartigen Gebilde zu identificiren, bloss weil sie beide über Schiefer, bezüglich Sandstein lagern, ohne dass bewiesen war, dass diese Schiefer und Sandsteine (,,Macigno“) auch wirklich überall dieselben seien. Die Unterscheidung der griechischen Formationen muss sich nicht auf die indifferenten, fossilleeren und in verschiedenen Altersstufen sich wiederholenden Schiefer, sondern auf die petrographisch wie paläontologisch leichter zu sondernden Kalketagen gründen! Wo liegt nun die Grenze zwischen dem Eocän Aetoliens und der Kreide des östlichen Mittel - Griechenland, und wie verhalten sich an dieser Grenze die beiden Formationen zu einander? am Die Linie, an welcher die ätolischen Sandsteine an die Rudisten - Kalke des Ostens anstossen, verläuft in N-S - Richtung von Hypati im Spercheiosthale über Lidoriki nach Kisseli Golf von Korinth. NEUMAYR hat diese Linie an den genannten drei Stellen gekreuzt. Bei Hypati giebt NEUMAYR nur an, dass die Rudisten - Kalke dort nach W plötzlich „abbrechen" (1. c., p. 101), ohne sich über die Lagerungsverhältnisse deutlicher auszusprechen. Ich habe diese Gebirge nur von der etwa 6 km weiter nördlich vorüberziehenden Strasse Karpenisi-Lamia aus gesehen. Von dort aus scheinen mir die Rudisten - Kalke des Katavothra-Gebirges deutlich nach W steil unter die Sandsteine einzufallen. Bei Lidoriki bin ich nicht gewesen; NEUMAYR hat dort beobachtet, dass die Rudisten-Kalke des Elatovuno dort steil nach W unter die Schiefer einfallen. Da er aber von der Ansicht ausging, dass die Rudisten-Kalke jünger seien als die Schiefer, nimmt er hier eine Ueberkippung an (1. c., p. 103). Auf der südlichen Route über Kisseli sind die Verhältnisse durch zahlreiche Verwerfungen, welche, wie es scheint, die Küste des Golfes von Korinth begleiten, so verworren, dass ich bei meiner flüchtigen Durchreise zu keiner Klarheit über die Lagerung gelangen konnte. NEUMAYR geht wohl aus demselben Grunde auf diese Route nicht näher ein (1. c., p. 106). Es scheint also aus den Verhältnissen bei Hypati und Lidoriki hervorzugehen, dass die Kreidekalke wohl an einer grossen Flexur nach W unter die eocänen Sandsteine hinabtauchen. Jedenfalls kann diese Grenzlinie späteren Untersuchungen als besonders lohnendes Object empfohlen werden. Es ist recht wohl möglich, dass dort in den obersten Theilen der Rudisten Kalke an der Grenze gegen die Sandsteine Nummuliten gefunden werden. Die westlich dieser Grenzlinie bis zu den bereits besprochenen ätolischen Kalkalpen auftretenden Kalkpartieen müssen noch kurz erwähnt werden. Die Kalkkappe der Gulina gehört, soweit man von Weitem beurtheilen kann, dem eocänen Plattenkalke an. Die Vardussia habe ich von Palaeoxari (von SW aus) bei klarstem Wetter gesehen. Den Farben und Oberflächenformen nach scheint der von NEUMAYR als Oberer Kalk" bezeichnete östliche Kamm des Gebirges eocäner Plattenkalk zu sein, der die Schiefer überlagert; dagegen möchte ich die als Mittleren Kalk" bezeichnete Kalkpartie, welche unter den Schiefern liegt, dem Tripolitzakalk zurechnen. Die Oberen Kalke" bei Vitrinitza und Xylogaidara sind Plattenkalke. " Nördlich der Spercheiosebene setzt diese Grenzlinie nach N fort. Dort trennt sie freilich nicht mehr Kalk von Sandstein, sondern (bei dem Dorfe Kastri) einen halbkrystallinischen Thonglimmerschiefer im Osten, der dem Schiefer von Athen" ähnelt und bei Lamia Serpentin führt, von den eocänen Sandsteinen im Westen. Beide Gesteine besitzen so ähnliche Oberflächen-. formen, dass es leicht erklärlich ist, dass sie auf der österreichischen Karte als ein und dasselbe Gestein eingetragen wurden. Es scheint, dass wir in dieser Grenzlinie zwischen Kreide und Eocän eine tektonische Linie von der höchsten Bedeutung zu erblicken haben. Denn sie scheidet nicht bloss verschiedenalterige Formationen, sondern auch Gebiete verschiedener Streichrichtung: NNW-SSO-Richtung im Westen, von NW-SO über W-O bis SW-NO drehendes Streichen im Osten. Auf diese von NEUMAYR und BITTNER hervorgehobene Verschiedenheit im Streichen des östlichen und westlichen Griechenland, eine Verschiedenheit, welche sich weit nach Nord bis in das Centrum der BalkanHalbinsel hinein fortsetzt, wirft der Fund von Nummuliten in Aetolien und das dadurch bedingte Hinaufrücken der westgriechischen (Pindos-) Gebirge in das Eocän ein ganz neues Licht! Zum Schluss sei in einer kleinen Tabelle zusammengefasst. wie sich nach den im Vorhergehenden kurz skizzirten Befunden jetzt die Gliederung der vor-neogenen Schichtenreihe Griechenlands darstellt. Hauptmasse der Sand- Hauptmasse des Flysch. formation (Flysch). Pyloskalk (mit Rudisten Kalk von Akarnanien, Unter- Flysch. Eocin. Missolonghi, Klokova. Flysch. Tripolitzakalk, oberer Kalk des Gabrovo (Ta- liten). Gabrovokalk, unterer Obere Rudisten - Kalke (Provencien). 1) Die Eintheilung des Eocän in Ober-, Mittel- und Unter - Eocän bezieht sich nur auf die Abtheilungen der griechischen Eocänformation, ohne damit eine Parallelisirung mit bestimmten Stufen des Eocän in anderen Ländern mit Sicherheit aussprechen zu wollen. B. Briefliche Mittheilungen. 1. Herr SAPPER an Herrn W. DAMES. Ueber Erderschütterungen in der Alta Verapaz. Campur bei Coban (Guatemala), den 16. Februar 1890. Erdbeben sind eine ziemlich häufige Erscheinung in der Alta Verapaz (einem Departamento der Republik Guatemala), allein sie sind gewöhnlich leicht und richten auch bei heftigeren Stössen nur selten Schaden an, da die überwiegende Mehrzahl der menschlichen Wohnungen aus mit Blättern gedeckten Holzhütten bestehen und die Stein- oder Luftziegelhäuser der besser gestellten Bewohner fast ausnahmslos einstöckig sind. Ich würde daher an dieser Stelle nicht von diesen an sich unbedeutenden Vorkommnissen sprechen, wenn nicht manche der hierbei gemachten Beobachtungen der oft geäusserten Behauptung widersprechen würden, dass bei Erdbeben der erste Stoss stets der heftigste sei. Solches ist auch hier die Regel, von welcher aber auch Ausnahmen vorkommen: so zeichnete mein Vetter LUDWIG SAPPER in Chiacam (28 km östlich von Coban) ein am 17. Jan. 1890, 9 h. a. m. stattgehabtes, ziemlich heftiges Erdbeben auf, bei welchem unter den 5-6 Stössen der dritte der stärkste war. Und wenn man etwa die Möglichkeit einer Täuschung bei dieser von einem Einzelnen gemachten Beobachtung zugeben wollte, so ist dies ausgeschlossen bezüglich des Erdbebens vom 11. November 1889, 7 h. 45 m. p. m. Ich verspürte damals in Chimax (1 km nördlich von Coban) etwa 10 Secunden nach einem leichten, aber deutlichen Erdstoss einen zweiten heftigen, welcher von Osten zu kommen schien, und dieselbe Beobachtung machten gleichzeitig zahlreiche im deutschen Club in Coban anwesende Herren. (Hier wie dort schien das Erdbeben mit einem unterirdischen Geräusche verbunden zu sein, doch machte das alsbald beginnende Bellen der Hunde, sowie das Getöse des Blechdachs (in Folge der Erschütterung) eine sichere Feststellung unmöglich; in Chiacam, wo dasselbe Erdbeben zur gleichen Zeit verspürt wurde, war es gewiss nicht mit einem Geräusch verbunden, denn die sonst unaufhörlich ziependen Cicaden hielten im Moment des Stosses für einen Augenblick inne, sodass tiefe Stille eintrat; auch in Tactic (15 km südlich von Coban), wo das Erdbeben leicht auftrat, wurde nichts von einem Geräusch vernommen). Es ist nach diesem als unzweifelhaft zu betrachten, dass hier der erste Stoss eines Erdbebens nicht immer der heftigste sei, und angesichts der vermuthlichen Ursache dieser Erschütterungen ist auch kein Grund einzusehen, warum er es sein sollte, denn es ist ziemlich wahrscheinlich, dass die Erdstösse in der Alta Verapaz zum grössten Theile durch Einsturz unterirdischer Höhlen entstehen. Dafür spricht vor Allem die physikalische Beschaffenheit des Untergrundes, denn das Kalk- und Dolomitgebirge, welches hier vorherrscht, ist von zahlreichen Höhlen durchzogen, welche zum Theil (wie die berühmte Höhle von San Agustin Lanquin) ganz ausserordentliche Ausdehnung besitzen; das Verschwinden von Flüssen und Bächen ist hier an der Tagesordnung; ausserdem sind Erdfälle in erstaunlicher Menge vorhanden, und die Neuentstehung derartiger Gebilde (allerdings meist in kleinem Maassstab) ist gar nicht selten. Die Erdfälle sind oft von beträchtlicher Ausdehnung und zeigen bei genauerer Untersuchung gewöhnlich eine Anordnung in Zügen, welche zweifellos dem Verlauf unterirdischer Höhlen und wohl auch Wasserläufen entsprechen, denn die jährliche Niederschlagsmenge ist in der Alta Verapaz sehr bedeutend, und trotzdem macht sich hier häufig Wassermangel geltend. Die Erdfälle (in der Sprache des hier wohnenden Indianervolks „siguan" genannt) sind meist kesseloder trichter-, nicht selten auch schlotförmig und zeigen oft noch eine Oeffnung an ihrem Grunde; zuweilen (so in einem Siguan am kleinen Weg" zwischen Coban und Sta. Cruz) gelangt man durch diese Oeffnung zu einem Wasserbache; auch die Siguane im Chiacamthale stehen zweifellos in Beziehung zu unterirdischen Wasseransammlungen, denn bei Hochwasser füllen sich diese Erdtrichter von unten her durch die an ihrem Grunde befindliche Oeffnung mit Wasser, und es gelingt dann zuweilen, Fische mit rudimentären Augen darin zu fangen ein sicherer Beweis für das Vorhandensein ausdauernder unterirdischer Wasserbecken oder -Läufe. Bei einer so ausgedehnten Entwicklung von Höhlensystemen, welche durch die beträchtlichen Niederschlagsmengen dieser Gegenden eine wesentliche Förderung erfahren haben muss, ist die Entstehung von Erdbeben durch Einsturz an und für sich schon Zeitschr. d. D. geol. Ges. XLU. 1. 11 |