Imatges de pàgina
PDF
EPUB
[merged small][ocr errors][merged small]

BIOGRAPHISCHE NACHRICHTEN.

4

BIOGRAPHISCHE NACHRICHTEN.

3

William Shakspere1 stammt aus einer Familie, welche in Warwickshire, einer Grafschaft des mittleren Englands, nachweislich schon im vierzehnten Jahrhundert in vielfachen Abzweigungen ansässig gewesen ist, ohne dass, so viel sich bisher hat ermitteln lassen, irgend ein Mitglied der Familie vor unserem Dichter sich zu irgend einer höheren Lebensstellung emporgearbeitet hätte. Wo wir Shaksperes irgendwie in städtischen, kirchlichen oder gerichtlichen Documenten verzeichnet finden, da gehören sie entweder dem mittleren Bürgerstande in den Landstädten oder dem Stande der kleineren Pächter und Gutsbesitzer auf dem Lande an. In letzterer Stellung befand sich auch der Grossvater unseres Dichters, Richard Shakspere, ein Pächter des angesehenen und begüterten Robert Arden in dem Dorfe Snitterfield; und auch Richard's Sohn, Henry Shakspere, ist dort wohnen geblieben, während ein zweiter Sohn, John Shakspere, etwa um das Jahr 1551 nach der drei englische Meilen von Snitterfield entfernten, am Flusse Avon gelegenen Stadt Stratford übersiedelte. In dem folgenden Jahre 1552 finden wir ihn daselbst wohnhaft in derselben Strasse (Henley Street), in welcher ihm zwölf Jahre später sein ältester Sohn, unser Dichter, geboren werden sollte. Welches Gewerbe John Shakspere zunächst in Stratford betrieben, ist ungeviss. Aus den verschiedenen, von einander abweichenden und doch theilweise gleichzeitigen Angaben scheint sich nur so viel mit einiger Sicherheit herauszustellen, dass er mit dem wechselnden Betriebe städtischer Hantirungen, in denen er nacheinander sein Glück versucht haben mag, andauernd einen landwirthschaftlichen Betrieb verbunden hat. Nur so lassen sich die Angaben der städtischen Register in Stratford, die ihn im Jahre 1556 als Handschuhmacher (glover) und auch als Landbesitzer (yeoman) bezeichnen, vermitteln mit den Traditionen Aubrey's, dass er ein Metzger, und mit denjenigen Rowe's, dass er ein bedeutender Wollhändler gewesen. Jedenfalls war John Shakspere bereits im Besitze zweier Häuser in Stratford, beide mit einem Garten und das eine auch mit einem Stück Ackerland versehen, als er im Jahre 1557 durch Heirath diesen Grundbesitz nicht unbeträchtlich vermehrte. Seine Frau, Mary Arden, Tochter jenes Robert Arden, dessen Pächter Richard Shakspere, John's Vater, gewesen war, stammte aus einer altangesehenen Familie und brachte ihrem Gatten Ländereien und einiges Geld, sowie auch einen Antheil an dem Familienbesitze in Snitterfield zu. Von dem Jahre seiner Verheirathung an bekleidete John Shakspere verschiedene Ehrenämter in der städtischen Corporation von Stratford, deren Höhepunkt er mit dem von 1568 bis 1569 verwalteten Amte eines Amtmanns oder Bailiff erreichte. Im Jahre 1571 wurde er zum ersten Alderman erwählt. Während dieser ganzen Zeit scheint er sich in guten Umständen befunden zu haben, und noch im Jahre 1575 spricht der Ankauf zweier Häuser in Henley Street, ausser demjenigen, das er schon in dieser Strasse besass, für die Fortdauer einer gewissen Wohlhabenheit. Auf eine Abnahme dieser günstigen Verhältnisse in späteren Jahren, etwa seit 1578, scheinen verschiedene Umstände hinzudeuten, welche aus den städtischen Registern sich ergeben: so die Verpfändung und theilweise der Verkauf des von Mary Shakspere eingebrachten Heirathsgutes; die geringere Veranschlagung oder endlich der gänzliche Ausfall des Beitrages, den John Shakspere zu den städtischen Abgaben zu leisten hatte; die Streichung seines Namens aus der Liste der Aldermen, in deren Versammlung er seit längerer Zeit nicht erschienen war; endlich sein Ausbleiben bei dem sonntäglichen Gottesdienst. Indess steht dahin, ob alle diese Notizen nicht auch eine andere Deutung, als die hineingelegte, vertragen, ob John Shakspere nicht aus anderen Gründen, etwa einer augenblicklichen, vorübergehenden Geldverlegenheit, die erwähnten Ländereien hypothekirt und verkauft haben mag, ob er nicht aus anderen, persönlichen Gründen sich von der Betheiligung an städtischen Angelegenheiten zurückgezogen und, von seinen landwirthschaftlichen Interessen in Anspruch genommen, von städtischen Verpflichtungen sich Ïosgemacht. Jedenfalls scheint eine eigentliche Verarmung zu keiner Zeit gedroht zu haben, da laut einer späteren gerichtlichen Erklärung John Shakspere die im Jahre 1578 verpfändeten Ländereien bereits im Jahre 1580 wieder einzulösen versucht hat und da er fortwährend, so viel man weiss, im ungestörten Besitze seiner beiden Häuser in Henley Street geblieben ist.

8

In dem einen jener Häuser in Henley Street, der Tradition zufolge, ist unser Dichter im April 1564 geboren. Nach dem Taufregister waren ihm zwei Schwestern, Joan und Margaret, getauft im September 1558 und m December 1562, vorangegangen, von denen die ältere wahrscheinlich nur wenige Monate gelebt hat, die jüngere benfalls früh gestorben ist. Fünf andere Geschwister folgten auf William: Gilbert, getauft im October 1566, Joan m April 1569, Anne im September 1571, Richard im März 1573-74, Edmund im Mai 1580. Wie von seinen Geschwistern, ist auch von William nur der Tauftag, nicht der Geburtstag, verzeichnet in dem Register der Stratorder Pfarrkirche, und zwar folgendermassen: 1564, April 26, Gulielmus filius Johannes Shakspere. Als seinen Geburtstag giebt die Tradition den 23. April, den Jahrestag seines Todes, an.

Zwischen dem Vermerk seines Tauftages und dem folgenden, auf seine Verheirathung bezüglichen Docunente aus dem Jahre 1582 findet sich in dem Leben unseres Dichters eine Lücke, welche sich nur durch Ver

muthungen nach Massgabe der Ueberlieferung ausfüllen lässt. So ist es wahrscheinlich, was Rowe erzählt, der junge William die öffentliche Schule seiner Vaterstadt, welche dort seit der Regierung Eduard's IV. besti und jedem Stratforder Bürgersohne unentgeltlichen Unterricht ertheilte, besucht und dort so viel Latein, mar überhaupt verstanden, gelernt habe. 10 Zweifelhafter schon erscheint, was Rowe hinzufügt, dass die beschrit Verhältnisse des Vaters ihn gezwungen hätten, den Sohn vor der Zeit aus der Schule zu nehmen, damit dersele ihm zu Hause bei seinen Geschäften zur Hand gehe, also als Wollhändler nach Rowe's Auffassung. Wenn Bavs daraus Shakspere's geringe Kenntniss des Latein herleitet, so steht das im Widerspruch mit Aubrey's Beat dass Shakspere ziemlich gut Latein verstanden und in seinen jüngeren Jahren Schullehrer gewesen sei." Dereche Aubrey will freilich aus einer andern Quelle wissen, dass Shakspere nach seinen Schuljahren eine Zeitlang in Metzgerhandwerk seines Vaters betrieben habe eine Version, welche in Dowdall's Briefe aus Warwicks theilweise bestätigt wird. 12 So viel lässt sich mit einiger Sicherheit aus diesen verschiedenen Notizen entreize, dass der junge Shakspere, aus der Stratforder Schule entlassen, sich zunächst keine selbständige Existenz begru det, sondern mehrere Jahre lang in dem väterlichen Hause und Geschäfte welcher Art nan letzteres and wesen sein mag als Gehülfe und Theilhaber fortgelebt hat. In diesem ursprünglich vielleicht proviserste Verhältnisse scheint auch keine Veränderung eingetreten zu sein durch die Verheirathung des noch min rest. Jünglings im Herbste des Jahres 1582 ein Datum, das ein neuerdings in Worcester aufgefundenes Documa festgestellt hat, 13 wenngleich weder der Hochzeitstag noch der Ort, wo die Feier vor sich ging, sich bisher laye entdecken lassen. Die Frau unseres Dichters, Anne Hathaway, laut der Inschrift ihres Grabsteines acht Jahre Liz als er, war die nachgelassene Tochter eines wohlhabenden Landmannes, Richard Hathaway, aus dem Dorfe Shery in der Nähe von Stratford, der mit Shakspere's Vater befreundet gewesen zu sein scheint. Das älteste Kind Ehe, Susanna, wurde im Mai 1583 in der Kirche zu Stratford getauft.14 Später folgte noch ein Zwillingspr Hamnet und Judith, getauft ebendaselbst im Februar 1584-85.15

Nicht lange nach der Geburt dieser beiden jüngeren Kinder muss Shakspere seine Familie und sein schäftigung in Stratford verlassen und sich nach London begeben haben. Ueber die Veranlassung zu diesem Sch dem entscheidendsten in dem Leben unseres Dichters, hat Rowe, ohne Zweifel nach Betterton's Mittheil eine Version, 16 welche aus einer anderen Quelle bei Davies bekräftigt wird. 17 Ihr zufolge war der junge Sister mit anderen jungen Leuten auf Wilddieberei in einem Park des Sir Thomas Lucy bei Stratford ertappt us halb strenge bestraft worden. Die Erbitterung des Edelmanns wurde durch ein Spottgedicht 19 des junge spere auf ihn dermassen gesteigert, dass der Dichter, um weiteren und schlimmeren Verfolgungen zu entgens gerathen fand, mit Zurücklassung seiner Familie, nach London auszuwandern.

-

18

Die Glaubwürdigkeit dieser Anekdote leidet einigermassen durch den von Malone gelieferten Nachvė dass Sir Thomas Lucy in Charlecote damals keinen Park besessen hat. Aber auch davon abgesehen muss es fallend erscheinen, dass die Macht und der Einfluss eines benachbarten Landedelmannes weit genug ging, in Stratford ansässigen Bürger und Familienvater zu einem so extremen Schritte, wie die Aufgabe aller se heimischen Verhältnisse war, und zu einer Flucht auf's Gerathewohl nach London drängen zu können. Wh scheinlich hat die Tradition zwei oder vielmehr drei gesondert dastehende Thatsachen irgend eine, immeĆ mögliche und circulirende, Wilddiebgeschichte aus Shakspere's Jugendzeit, ein Zerwürfniss zwischen einigen gern in Stratford und dem Sir Thomas Lucy,19 Shakspere's Uebersiedelung nach London - in einen Cansalers gebracht, der ursprünglich nicht vorhanden war. Viel grössere innere Glaubwürdigkeit hat Aubrey's Bed dass er nach London gegangen sei, weil er eine natürliche Neigung zur Poesie und Schauspielkunst in sich spürt habe.20 Solche Neigung in ihm anzuregen und zu entwickeln, bot sich schon in Stratford vielfacher A dar durch die verschiedenen Londoner Schauspielertruppen, welche auf ihren Kunstreisen durch die Proving in Shakspere's Vaterstadt wiederholte Vorstellungen gaben.21 Zugleich fand er Gelegenheit, mit den Scha lern 22 solche persönlichen Verbindungen anzuknüpfen, wie sie ihm für sein erstes Auftreten in der Hauptstadt in doppelten Eigenschaft eines Schauspielers und Schauspieldichters die Wege bahnen und von vornherein eine Stellung begründen konnten. Wahrscheinlich schloss sich Shakspere schon sogleich bei seiner Ankunft in Lei die sich nicht viel später als 1586 setzen lässt, derjenigen Schauspielertruppe an, als deren Theilhaber er immer erscheint der Truppe, welche, unter dem Patronat erst des Grafen Leicester, später der Königin and it Oberkammerherrn stehend, im Jahre 1575 unter der Direction des James Burbadge ihr Theater in Blackirs baut hatte. In welcher Eigenschaft Shakspere bei diesem Theater zunächst eintrat, ob, wie die Tradition z unwahrscheinlich berichtet, in der untergeordneten eines Theaterdieners, 23 ob zuerst als Schauspieler oda arbeiter und Zustutzer älterer Dramen für seine Bühne, oder auch sogleich als Verfasser eigener Dramen, dar fehlt uns jeder Nachweis, wie uns auch die Nachrichten über Shakspere's eigene Leistungen als Schauspieler spärlich und widersprechend zufliessen. Jedenfalls muss er sich im Verlauf weniger Jahre 25 zu einer Ste emporgearbeitet haben, in der er nach dem Zeugnisse des sterbenden Schauspieldichters Robert Green: : Jahre 1592, alle Nebenbuhler auf dem Gebiete des Dramas überflügelt hatte. Greene's Zeugniss, das bald dau verstärkt wird durch das von Henry Chettle, ist in dieser Hinsicht für Shakspere's holie Geltung und B da schon in der ersten Periode seiner dramatischen Thätigkeit so entscheidend, dass es sich leichter verschm lässt, wenn ein anderes, oft citirtes, gleichzeitiges Zeugniss, von Edmund Spenser in seinen Teares of it Muses, wegfallen muss.27

Für das Ansehen, welches Shakspere auch ausserhalb seines Berufskreises genoss, sprechen in den be folgenden Jahren 1593 und 1594 die Widmungen der damals im Druck erscheinenden Gedichte Venus Adonis und Lucrece an den Grafen Southampton, einen grossen Gönner der Poesie und des Schauspiels haupt, und Shakspere's insbesondere.28 Gleichzeitig erhellt der gedeihliche Flor seiner Truppe, ohne Zweifel nehmlich durch seine Mitwirkung und Betheiligung, aus dem Umstande, dass die Gesellschaft zu dem Blackf theater, das sie bereits besass, ein zweites erbaute: das Globustheater, so benannt von seinem Abzeichen, er Hercules, der die Weltkugel trägt. Es lag in Bankside, jenseits der Themse, dem eigentlichen Londen gegenim

« AnteriorContinua »