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wehte durch Thür und Fenster. Wir rückten alle um den glühenden Mangal, der in der Mitte des Zimmers unter einem einfachen Kronenleuchter seinen Wärmeinhalt nur mäfsig ausstrahlte.

Ein türkischer Kabinetssecretair begrüfste die fremde Gesellschaft in der besten orientalischen Weise. Nachher kam der landesübliche Tschibuk und Kaffee. An den Röhren der langen Pfeifen und an den Tassen blitzten prächtige Diamantringe. So ging etwa eine gute Stunde Zeit vorüber.

Eine tröstende Unterbrechung der eingetretenen langen Weile gewährte die Erscheinung Fuad Pascha's, der sich heute in grofser Uniform zeigte, und neben seinen türkischen Decorationen Band und Stern des preufsischen Rothen Adler-Ordens trug. Mit lispelnder Stimme unterhielt er sich mit allen Mitgliedern der Gesandtschaften Preufsens, das Gespräch stets mit der höflichen Frage nach dem Gesundheitszustande einleitend. Neue Pfeifen wurden zum grofsen Schrecken in das Zimmer gebracht und vollständig ausgeraucht.

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Endlich wurde das Zeichen zum Aufbruch gegeben. Wie wir gekommen, so gingen wir die Treppe diesmal abwärts, und durchschritten einen kleinen Vorhof, in welchem eine Reihe türkischer Kawasse oder Polizeisoldaten aufmarschirt standen. In einem zweiten, gröfseren Vorhofe erwies ein Bataillon rothgekleideter türkischer Infanterie den fremden Gesandten die militärischen Ehrenbezeugungen. Endlich, immer in demselben langsamen Schritte, betraten wir den dritten, gröfsten Hof, eigentlich ein Garten, an dessen Ende sich die Eingangsseite des kaiserlichen. Schlosses von Dolma-baghtsche zeigte. Ein sanfter Regengufs beschenkte uns in reichlichster Weise, als wir die Mitte des Gartens etwa erreicht hatten. Wir standen am Fußse der Marmortreppe, welche zu der Vorhalle des Palastes hinaufführt. Auf jeder Stufe derselben, nach rechts und nach links hin, waren türkische Hatschiere aufgepflanzt. Ihr Kostüm sah seltsam genug aus. Sie waren in rothe, mit Goldschnüren und Tressen besetzte Röcke gesteckt, hatten hohe rothe Mützen auf dem Kopf, mit einem Federschmuck daran, der wie ein ausgespreizter Pfauenschwanz aussah, und lange silberne Hellebarden in den Händen.

Unter der Vorhalle wurden wir genöthigt die Ueberschuhe abzulegen. Wir traten in das Innere des Palastes und befanden uns in einem prachtvollen Marmortreppenhause, das in ein rosiges Licht gehüllt war, dessen blendender Schimmer von den rothgefärbten Scheiben des Glasdaches her

rührte. Das Ganze machte einen magischen Eindruck; mitten in so viel orientalischer Pracht war es wohl nicht möglich zu zergliedern, wo die Gesammtheit so zauberisch wirkt.

Nachdem die Treppe erstiegen war, begaben wir uns durch eine kleine Säulenhalle nach einem grofsen Saale, in dessen Mitte, in der Nähe eines helllodernden Kaminfeuers, S. M. der Sultan allein, ohne Diener noch Kammerherren stand. Die ziemlich kleine Gestalt bedeckte ein kurzer Mantel. Sein Gesicht, von einem mäfsig dichten Bart beschattet, hatte einen krankhaften, leidenden Ansdruck; die Farbe war gelblich, der Glanz der Augen matt, erloschen. Selbst seinen Füfsen schien die feste Haltung zu fehlen. Der einfache dunkelrothe Fefs bedeckte das Haupt, das Band und der Brillantstern des Schwarzen Adler-Ordens glänzten auf dem schwarzen Rocke. Unter der an Edelsteinen und Perlen überreichen Agraffe, welche den Mantel unter dem Halse zusammenhielt, drängte sich ein Diamant-Nischan in Form eines Sternes hervor.

Als die vorgeschriebenen Ceremonien erfüllt waren, d. h. beim Anblick des Sultans nach jedem dritten Schritte eine Verbeugung gemacht war, befanden wir uns nur in geringer Entfernung vom Padischah. Seine Figur blieb unbeweglich, doch entwickelte sich im Laufe der freilich sehr ceremoniellen Unterhaltung ein freundlicher Zug auf dem Gesichte des Sultans, der in so steifen Formen, als die vorgeschriebene Hofetiquette am türkischen Hofe erheischt, wohlthuend wirkte. S. M. sprach so leise, dass auch nicht ein Wort von den zu verstehen war, was er zu Fuad-Pascha sagte. Der letztere, sich stets verbeugend, übertrug die Worte des Sultans in die französische Sprache.

Bereits hatte die Unterhaltung etwa eine Viertelstunde gedauert, da entfernten wir uns rückwärts schreitend unter tiefen Verneigungen, bis wir durch den herabfallenden Vorhang der Thür vom Sultan getrennt waren. So lange wir ihn sehen konnten, stand der Beherrscher der Gläubigen immer noch steif und unbeweglich da. Abd-ul-Medschid ist, seitdem

dies geschrieben, in das Grab gestiegen.

Die Treppen hinab begleitete uns die Erinnerung an den leidenden Sultan, den besonders in der letzten Zeit häufige Fieberanfälle sehr geschwächt haben. Es war ein besonderes Glück, dafs wir die Ehre haben durften, S. M. zu sehen.

Rosensorbet, der in schönen Porzellan-Gefäfsen mit Deckel und Ser

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Abreise von Stambul. Das schwarze Meer.

Trapezunt.

vietten in einem kalten Nebenzimmer angeboten wurde, bildete den Schlufs der Audienz. Männiglich durchwanderten wir die nassen Höfe, stiegen in die Wagen, hüllten uns dicht in die Mäntel ein, und Einer brummte ganz leise in den Bart hinein:

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Den Aufenthalt in Konstantinopel beschlossen wir am letzten Tage des Monates Februar mit einem Diner beim persischen Gesandten Mirza-HusseinKhan. Unter den eingeladenen Gästen befanden sich aufser den Mitgliedern der preussischen Gesandtschaft: der frühere türkische Seraskier Namik Pascha, der freundliche, heitere Kiamil Pascha, früher türkischer Gesandte in Berlin, ein Tscherkessenfürst Ismael-Beg, General in russischen Diensten, in einer weniger malerischen als reichen Tracht, und der erste Dragoman der österreichischen Internuntiatur, Baron Schlechta. Das Diner war europäisch; doch tranken die anwesenden türkischen und persischen Herren, mit Ausnahme eines einzigen, keinen Tropfen Wein. Obgleich zwei europäische Diener bei Tische servirten, so standen dennoch viele persische Bätscheh" neugierigen Blickes in der Thür. Wenn die Zimmer durch die langen, rings umherlaufenden Diwans den Charakter des Türkischen hatten, so zeigte sich die Eigenthümlichkeit des Persischen in den zahlreichen Blumenvasen und Glasglocken, welche die brennenden Kerzen umgaben. Die Fülle schöner Früchte und süfser Leckereien bis zum Zuckerwerk hin gab uns einen Vorgeschmack der persischen Gastmähler, die uns in Teheran erwarten sollten. Nach Tische wurde in dem grofsen Saale, woselbst sich das lebensgrofse, von einem persischen Künstler gemalte Oelbild des Schahynschah „des Königs der Könige" befindet, wacker geraucht. Cigarren, Tschibuks und Nargilehs, die drei Repräsentanten der europäischen, türkischen und persischen Rauchwelt, machten ohne Unterschied der Nation, die Runde. Da rauchte ein Europäer die persi

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sche Wasserpfeife, hier ein Türke die europäische Cigarre, dort ein Perser den türkischen Tschibuk.

Die Unterhaltung, belebt durch die Anwesenheit so verschiedenartiger Elemente, berührte alle nur möglichen Verhältnisse des Morgen- und Abendlandes. Wir selber suchten von den Persern über Persien Auskunft und Belehrung zu erhalten. Sie ward in geflügelten Worten mit jener Zuvorkommenheit und Vollständigkeit gegeben, welche den Perser, dem Fremden gegenüber, so entschieden auszeichnet.

Von den besten Wünschen für unsere Weiterreise begleitet, verliefsen wir spät in der Nacht das Hôtel des persischen Gesandten, fanden nach vieler Mühe vor der Thür unsere Ueberschuhe und legten uns zur Ruhe, um am nächsten Tage, dem 1. März, den Weg der Argonauten einzuschlagen.

Ein paar Dutzend Koffer und Kasten wanderten in der Frühe des genannten Tages auf den breiten Rücken türkischer Lastträger die Strafsen abwärts dem Hafen zu. Der Kawafs der preufsischen Gesandtschaft hielt mit seinem Stocke die gebührende Ordnung aufrecht, vermochte aber nicht die gellenden Töne der schreienden und zankenden Schiffer zu beherrschen, welche sich um unsere Personen und Koffer wie Räuber, die eine Theilung der Beute vornehmen, herumrissen. Eine obligate BakschischAusstreuung kupferner Münzen nach rechts und nach links hin verschaffte uns das Vergnügen, den stattlichen Schraubendampfer Trebisonde der österreichischen Lloyd - Gesellschaft in unseren Booten ohne Fährlichkeit zu erreichen.

Um 10 Uhr befanden wir uns am Bord des starken eisernen Schiffes mit Doppeldeck, von 400 Pferdekraft. Die Reisenden sind zu sehr an die Höflichkeit der unterrichteten und gebildeten Capitäne und Offiziere der Lloydschiffe gewöhnt, als dafs wir ein Recht haben dürften, ausnahmsweise den Seeoffizieren der Trebisonde ein besonderes Lob zu spenden. Wir bildeten die einzigen Passagiere erster Klasse, dagegen wimmelte das Schiff von einer zahllosen Schaar Mitreisender letzter Klasse, wie man sie in der Welt vielleicht nur hier zu sehen gewohnt ist. Stelle man sich vor eine bunte Versammlung armer, zerlumpter Nogai-Tataren, Türken, Griechen, Armenier, Perser, von sehr zweideutigem Aussehn, ein jeder in seiner besonderen Nationaltracht, meistens bis an die Zähne bewaffnet, die ohne Unterschied des Landes und Glaubens auf Ober- und Zwischen

deck campiren, viele in Begleitung ihres wohlverhüllten, ächzenden und jammernden Harems, und mit Sack und Pack ihr Lager à la turc auf etliche Tage und Nächte dicht nebeneinander aufgeschlagen haben, nur eine schmale Gasse dem arbeitenden Seevolke und den spazierengehenden Europäern gestattend.

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Dem stillen Beobachter dieses zusammengepferchten Menschenknäuels müssen tausend Dinge interessiren, die vor seinen Augen in ununterbrochener Folge der Stunden Gegenstand der Beschäftigung dieser Leute sind. Hier ist ein seekranker Harem genöthigt, den Schleier vor dem Gesichte zu lüften; der alte türkische Hausherr hat den grofsen blauen Regenschirm aufgespannt und sucht mit demselben, ihn nach allen Weltrichtungen hindrehend, die Reize seiner jugendlichen Frau vor unberufenen Blicken zu verbergen. Dort verzehren ein paar Tataren ihr bescheidenes Mahl, aus Brot, Salz und einem Bündel Zwiebeln bestehend; auf dem Erdboden sitzend, verschlingen sie mit ungewöhnlichem Appetite die Pyramidenkost, laden aber, ächt orientalisch gastfreundschaftlich, den vorübergehenden Muslim mit einem bismillah im Namen Gottes!" ein, an der Mahlzeit Theil zu nehmen. Ein Armenier packt seine kleine Familie sorgsam in Betten und Decken ein, hängt sich die zottige Burka windgerecht um, und versucht den gefüllten Tschibuk in Brand zu bringen. Ein paar Griechen haben in der Nähe des warmen Schornsteines Platz genommen und fangen ein Streit erregendes Kartenspiel an. In ihrer Nähe leert ohne Gewissensscrupel ein handfester Arnaut die wohlgefüllte Flasche, wischt mit der Hand über den genäfsten Bart und flucht im Stillen auf die Menschen, denen er heute und morgen nichts auszupressen im Stande ist. Dann greift er nach der drahtbespannten Laute und singt zu ihren Klimpertönen mit näselnder Stimme, so ein Lied, das Stein erweichen, Menschen rasend machen kann". Seiner Meinung nach ist aber der hehre Musaget ein Stümper gegen ihn. Schweigsam sitzt der Perser da, läfst die Perlen seines Rosenkranzes langsam durch die Finger gleiten und berechnet den Gewinn einer beabsichtigten kaufmännischen Unternehmung. Am häufigsten findet der Beobachter Gelegenheit auf schlafende Personen zu treffen, die Tag und Nacht über die Augen schliefsen und die Zeit der ganzen Seereise auf das angenehmste verträumen.

Das Schiff lag am Eingange zum goldenen Horn, zwischen Asien und Europa. Dunkle finstere Wolken bedeckten den Himmel, verminderten

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