Imatges de pàgina
PDF
EPUB

Perser falsch berichtet, da es in ihrem Charakter liegt, den verschiedenen Secten Dinge aufzubürden, die eben so absurd als schmutzig sind.

Auf einem Felde hinter den genannten Dörfern, in der Nähe einer Tschaparkhaneh, machten wir die Bekanntschaft seltsamer Vogelscheuchen. Es ist eine Gewohnheit der wandernden Perser, von den Feldern die Früchte über und unter der Erde zu stehlen, um ihren Hunger ohne Geldkosten zu stillen. Der Mann, dem das in Rede stehende Feld gehörte, hatte ein sehr kräftiges Mittel ersonnen, um solche Diebe ein für alle mal unschädlich zu machen. In bestimmten Entfernungen von einander hatte er Stöcke in die Erde gepflanzt und oben daran Papierzettel befestigt, auf welchen Verwünschungen und Zauberformeln niedergeschrieben waren, um das böse Auge der Diebe von der verbotenen Frucht abzulenken. Wir können nicht sagen, ob sein Mittel von Wirkung war, jedenfalls war der Gedanke in seiner Art für uns neu und originell.

Die Sonne war eben hinter dem westlichen Horizonte in glühendem Abendroth verschwunden, als wir aus der engen Thalgasse heraustraten und bergabwärts in die Ebene von Teherân niederstiegen. Ein matter Anflug von Vegetation links von der Strafse hatte hingereicht, um an der grünen Stelle ein kleines Jagdschlofs (surkh-hesár „das graue Schlofs" genannt) erstehen zu lassen, das einem jagdlustigen Schahzadeh gehörte, der in der Nähe desselben, umgeben von seinen Dienern, Hunden und Jagdfalken, auf Teppichen und Decken safs. Er lud uns ein Platz zu nehmen, liefs uns Thee und Kaliûn reichen und war so höflich, uns seine kalte Küche als Abendimbifs zu präsentiren. Wir hatten seit 9 Uhr früh nichts genossen und nahmen dankbar die gebotene Kost an. Die Speise sah wie eine Wurst aus. Der Inhalt derselben bestand aus gequetschten Erbsen, die mit zerstofsenem Hühner- und Hammelfleisch vermengt waren, und bei unserem Hunger ganz vortrefflich mundeten. Der Prinz war leidend und elend; am Schlusse unseres gemeinsamen frugalen Mahles holte er eine Flasche aus der Tasche hervor, die ich anfänglich für eine persische Medicinflasche ansah, bis ich enttäuscht und anderer Meinung war, als er männiglich von uns in kleinen Gläsern einen ächt persischen Schnaps von der bekannten Stärke offerirte und sich hernach selber am edlen Arak gütlich that.

Bereits war der Vollmond am Himmel aufgegangen, um die anwesenden Perser durch eine plötzlich eintretende partiale Finsternifs nicht wenig

zu beunruhigen: ohne dafs unsere Zelte und Küche, welche mit der Karawane hinter uns zurückgeblieben waren, eintrafen. Wir borgten uns deshalb einen Teppich vom freundlichen Schahzadeh, legten uns einer neben dem andern auf denselben nieder, und schliefen so bis zum nächsteu Morgen unter freiem Himmel. Beim Erwachen, in der Frühe des anderen Tages, fand sich an der Stelle, wo Hr. Baron v. Minutoli seinen Kopf liegen hatte, eine drei Fufs lange, höchst giftige Schlange zusammengerollt vor, die uns nicht wenig erschreckte, aber bald in die grofse Spiritusflasche zu den übrigen Reptilien wandern mufste. Um fünf Uhr schlugen wir quer über die Felder die Richtung nach Rustemabad ein, das wir gleich hinter dem Dorfe Sultanabad nach einem Marsche von drei Stunden erreichten. Von Niaweran aus blitzten uns eine Menge weifser Zelte entgegen; der Balcon des Sommerpalastes war mit rothen Decken behängt, der Schah und sein Hof residirten also noch in dem genannten Dorfe am Fufse des Elburs.

XXII. Kapitel.

Allerlei vom Lande und aus der Stadt.

Unsere Abwesenheit von Rustemabad war durch kein besonderes Ereignifs bedauernswerth gewesen. Alles war seinen alten gewohnten Schlendrian gegangen, die Theuerung der Lebensmittel hatte zugenommen und mein Mirza stöhnte mehr als einmal das bekannte her tschèh ajèd sál-i-nô gujîm diregh äz pársál „Bei allem, was das neue Jahr uns bringt, da sagen wir, wie Schade um's verflossene Jahr!" Diese Rede ist ein Sprichwort der Perser und charakterisirt vollauf die von Jahr zu Jahr verschlimmerten Zustände. Der Mirza schilderte die Noth der Leute in den stärksten Farben, führte an, dafs es vornehme, aber heruntergekommene Familien gäbe, die alle vier Tage einmal Brot äfsen und sich sonst nur von Früchten und Wasser nährten. Er berechnete sehr genau die steigenden Preise und konnte sich kaum darüber fassen, dafs unmittelbar nach der Ernte ein Khelwar Stroh auf dem Lande 13 bis 14 Qrân, in der Stadt nur 11 Qrân

kostete. Man könne sich aber gar nicht wundern, da man gegen das Gesetz selbst in den höchsten Kreisen verstiefse und sich gröblich versündigte. Er führte als Beweis an, dafs z. B. der Mittelpunkt des Weltalls trotz der Trauerzeit des Moharrem, in welcher jede Art der Ehe untersagt ist, letzt hin von seinen Jagden eine hübsche junge Braut mitgebracht und dieselbe in den Rang der zweiten Frauen erhoben habe. So etwas müsse jedenfalls den Zorn Gottes hervorrufen und dem ganzen Lande zum Verderben gereichen. Meine Frage, ob die neue Haremsdame eine Bäuerin sei, erwiederte er mir: „Sicher, o Sahab („Herr", gewöhnliche Anrede der Perser an Europäer), ist sie eine Bäuerin, die weder lesen noch schreiben kann. Im Durchschnitt haben wir Perser gebildete Frauen nicht gern, weil diese sehr leicht Gelegenheit finden, Liebesbriefe zu schreiben, sich also auch in der Abwesenheit mit einem Liebhaber unterhalten können. Euer Diener möchte um alle Güter der Welt keine Frau haben, die schreiben, lesen, dichten könnte, und wenn sie eine Perle in der Muschel der Schönheit wäre."

Der Mirza erging sich noch lange darin, die Zeit zu bejammern, und mit theologischem Scharfsinn den Urgrund allen Unglücks in Iran herauszufinden. Vorläufig baten wir ihn, das Nächste zu erfassen und ein wenig auf die schlimme Nachbarschaft sehen zu wollen, welche seit einiger Zeit Rustemabad und die Strafsen dorthin unsicher und gefährlich machte.

In unserer Nähe campirten nämlich seit kurzer Zeit etwa 100 Manu Soldaten aus dem Luristan, der Gebirgslandschaft östlich vom Tigris auf dem persischen Gebiete zwischen Kirmanschah und Schuschter. Es waren das stramme aber wilde Burschen, welche durch ihre Diebereien und Räubereien die ganze Umgegend von Rustemabad in Schrecken setzten. Kamen in der Dunkelheit kleine Karawanen angezogen, um nach den Dörfern von Schimran Lebensmittel und Waaren aus der Stadt Teheran zu führen, so waren die Luren sofort bei der Hand, das Gepäck leichter zu machen. Auf Befehl des Schah sollten sie Gräben um den neu angelegten Köschk oder Kiosk in der Nähe von Rustemabad ziehen. Sie verwendeten ihre freie Zeit in der beschriebenen Weise, die ihnen als Soldaten wenig zur Ehre gereichte. Auch unsere Diener wurden vielfach von den wilden Gesellen geplagt; die Ruhe und Sicherheit für uns trat erst ein, als es unserer Wache gelang, nach tapferer Gegenwehr einen Luren einzufangen, der einen unserer Leute bei hellem Tage überfallen und eine Anzahl eingekaufter Le

bensmittel geraubt hatte. Er wurde gebunden vor den Eltschi geführt und seinem Chef mit einem entsprechenden Begleitschreiben überliefert.

Die nächsten Ereignisse, welche unsere mitwirkende Theilnahme beanspruchten, waren offizieller Natur. Am 15. August wurde von dem französischen Gesandten im Sommerlager zu Tedschrisch „la fête de l'Empereur" mit allem Glanze, der in Persien nur immer entwickelt werden kann, in üblicher Weise gefeiert. Die Hauptfeier des Tages fand am Abend Statt. Unter einem mächtigen Zelte, das man mit den Fahnen sämmtlicher in Teheran residirenden Gesandtschaften und der Standarte Persiens decorirt und inmitten des Gartens aufgestellt hatte, der mit Hunderten bunter Ballons erhellt war, vereinigte eine lange Tafel die in Teheran wohnenden Franzosen, einige angesehene Perser, an ihrer Spitze den Minister des Auswärtigen und den persischen General Dawud-Khan, ein armenischer Christ, und die Mitglieder der übrigen Gesandtschaften. Der persische Minister brachte in persischer Sprache einen Trinkspruch auf die Selamet oder das Wohl des französischen Kaisers, der französische Minister einen gleichen auf das Wohl S. M. des Schah's und dann auf die Gesundheit der übrigen Potentaten aus, deren Vertreter am persischen Hofe weil

Eine persische Regimentsmusik spielte neuerdings eingeübte europäische National-Hymnen recht wacker. Das Verdienst, die Perser in der kurzen Zeit von acht Monaten so weit gebracht zu haben, europäische Musikstücke auf europäischen Instrumenten auszuführen, gebührt dem braven Mr. Bosquet, Kapellmeister an der grofsen Oper in Paris. Unterstützt von einem jüngeren Fachgenossen, dem Sous-chef de musique Mr. Royon, hat der gewandte Musikkenner in Persien und an den Persern Unglaubliches geleistet. Die iranische Musikbande, sämmtlich Bauern, meistens sehr jung (ich sah mehrere zehn- bis zwölfjährige Knaben) spielte aber nach sonderbaren Noten. Dieselben waren nämlich durch die einzelnen Finger der linken Hand und deren Zwischenräume angegeben; der Musikdirektor hielt die Hand in die Höhe, zeigte den betreffenden Finger oder den Zwischenraum, und nun spielten die Musikanten den erforderlichen Ton mit vollkommener Präzision. Erst in letzterer Zeit ist es Hrn. Bosquet gelungen, seine persischen Musikschüler an geschriebene Noten zu gewöhnen. Dafs es einen eigenthümlichen Eindruck macht, von Persern „partant pour la Syrie", "god save the queen", die russische Nationalhymne und andere Melodien spielen zu hören, brauche ich kaum zu bemerken. Auch

hierin zeigten die Perser ihre geistigen Vorzüge und ihr angeborenes Talent in einer Weise, die ihnen eben so sehr zur Ehre gereichte, als sie andererseits doppelt schmerzlich empfinden läfst, dafs die räumlich grofse Entfernung von den Mittelpunkten europäischer Civilisation und die dermaligen Zustände einer allgemeinen Heranbildung des so begabten Volkes hindernd in den Weg treten.

Von der Mitte des Monats August an hatte die Temperatur angefangen, sich in der auffallendsten Weise abzukühlen. Obgleich die Zeit der Hitze noch nicht vorüber sein sollte, so merkte man dennoch das baldige Herannahen der herbstlichen Jahreszeit. Am Morgen pflegte die Sonne umwölkt zu sein, und nicht selten fiel ein wenn auch nicht lange anhaltender grofströpfiger Regen zur Erde nieder. Die reiche Fülle aller Obstarten, welche bis zur unvergleichlich schönen saftigen Weintraube hin, an den Bäumen in den Gärten der Dorfbewohner prangten, rief eine wahre Pischkeschmanie hervor. Diener, Soldaten, Fremde, alle beeilten sich, unserm Gesandten schön- und wohlgeordnete Früchte auf Tellern zu überbringen, natürlich stets in der Hoffnung eines baaren Dankes. Selbst auf den kurzen Spaziergängen, die uns die milder werdende Sonne in das Freie gestattete, verfehlten niemals die beschäftigten Landleute, sobald sie unserer ansichtig wurden, schnell aufzuspringen, um von den Früchten ihrer Gärten und Felder, und wenn es unreife sib-i-zemin oder Kartoffeln waren, dem fremden Wezir ehrfurchtsvollst anzubieten.

Der 24. August oder der 6. Sefer der arabischen Aera stand in dem persischen Kalender als „das Fest der Geburt der Hoheit des Königs der Könige" verzeichnet. Es war billig, eine besondere Feier desselben nach persischer Weise zu erwarten und gespannt auf das Kommende zu sein. Am Tage vorher erhielt in der That die K. Gesandtschaft eine schriftliche Mittheilung Mirza-Saïd - Khan's, der zufolge S. M. der Schah die fremden Gesandtschaften am nächsten Vormittag gegen zehn Uhr in seinem Sommerlager zu Niawerán empfangen würde.

Ein grofses, eine Stunde dauerndes Feuerwerk, welches vor Niawerân am Abend abgebrannt wurde, leitete die Feier ein. Am eigentlichen Tage des 24. war in Niaweràn alles in Bewegung. Bei unserem Einzug hatten wir die günstige Gelegenheit, das nomadische Feldlager des Schah um das eigentliche kleine Schlofs herum genauer kennen zu lernen. Es lässt sich dasselbe nicht besser beschreiben, als wenn wir es mit einer linnenen Stadt

« AnteriorContinua »