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terten Fenstern nach der Hofseite hinaus, hingen ohne Auswahl viele europäische Kupferstiche und Holzschnitte unter Glas und Rahmen in langer Reihe nebeneinander. Scenen aus dem Kriegsleben des grofsen Napoléon, Seestücke, Landschaften, Feuersbrünste u. s. w. In einem kleinen, halb finstern Nebengemache wurden uns prachtvolle, mit Edelsteinen und Perlen reich besetzte Waffenstücke, Schmuckgegenstände und sonstige Reliquien Sultan Mahmud's II. gezeigt. Ein orientalisches Kalemdan oder Schreibzeug strotzte vor lauter Glanz und Herrlichkeit.

Nach dem nahegelegenen Winterpalast hinaufreitend, der sich an derselben Stelle befindet, wo früher der Palast der byzantinischen Kaiser stand (erst neulich sind dessen letzte Ueberreste gänzlich zerstört worden und liegen nun als aufgethürmte Schutthaufen da), begegneten wir der sogenannten Säule des Theodosius. Es ist dies eine Kolonne jonischer Ordnung mit Kapitäl, die zum Andenken eines Sieges über die Gothen hierselbst aufgerichtet wurde.

Man wird mir vergeben, wenn ich den Versuch aufgebe, den Leser im Geiste durch die geschmacklosen Räume des Winterpalastes zu führen. Alles ist leer, öde, unheimlich. An die Zeiten schneller orientalischer Gerichtspflege erinnert der grofse Vorhof. Dort, in jener offenen Halle, safsen die Richter, welche ihre Todesurtheile fällten, die sofort in der Halle des Thores ausgeführt wurden.

Könnten die Beile und Schlachtmesser reden, welche in der Nische symmetrisch aufgestellt sind, sie würden von mancher blutigen That erzählen, deren Schauplatz der Friede bringende Eingang zum Palast des Grofsherrn gewesen ist. Personen geistlichen Standes, deren Blut nach einer Vorschrift des Korans nicht vergossen werden darf, wurden nie von der Schärfe des Beiles berührt, sondern in einem grofsen eisernen Mörser zu Brei gestampft, um den Buchstaben des Gesetzes zu umgehen. Noch vor einigen Jahren war dieser fatale orthodoxe Mörser den Blicken der Oeffentlichkeit ausgestellt.

In der nahe gelegenen Kirche der heiligen Irene haben die practischen Türken eine eigenthümliche Umänderung getroffen. Dieselbe ist nicht etwa, wie die Aja Sophia, zu einem mohamedanischen Gottestempel verwandelt, sondern zu einem Zeughause umgeschaffen. Von oben bis unten ist sie mit Flinten, Pistolen, Säbeln und anderen Waffenstücken gespickt. Alte Rüstungen, Helme, Schwerter, Kettenpanzer, Hellebarden,

Büchsen, Armbrüste führen uns meist in die Zeiten von damals, als Wien von den Türken belagert wurde, hinein. In einem besonderen Kasten sind die goldenen und silbernen Schlüssel der türkischen Festungen ausgestellt, so wie in wohlverschlossenen Wandschränken die mit Leder überzogenen, mit türkischen Schriftzügen geschmückten Schwerter der ersten Khalifen. Und über allen diesen Werkzeugen des Mordes und Krieges thront hoch am Bogen der Apsis, hell leuchtend auf vergoldetem Grunde, das Zeichen des Friedens: das christliche Kreuz!

Eine andere an die Kirche stofsende Abtheilung des Arsenals enthält in zwei durch einen Hof getrennten saalartigen Räumen das der Obhut türkischer Soldaten anvertraute Museum. Interessirte uns auch weniger eine Sammlung von Höllenmaschinen und alten Waffen, oder die Glocke aus der Aja Sophia, oder die drei mächtigen eisernen Ringe der Riesenkette, mit welcher die Byzantiner den Hafen der Stadt absperren liefsen: so zog dagegen das Museum der Antiken unsere besondere Aufmerksamkeit auf sich. Dasselbe enthält eine Anhäufung von Alterthümern der alt-griechischen, römischen und ägyptischen Zeit, ohne Ordnung willkührlich nebeneinander aufgestellt, die in verschiedenen Theilen des grofsen türkischen Reiches, besonders in Klein-Asien, aufgefunden und nach Konstantinopel geschleppt worden sind. Nicht wenige Denkmäler tragen wohl erhaltene Inschriften. Unter den Sculpturwerken war eine Diana das besterhaltene Stück. Ein Medusenhaupt, aus dem Tempel von Ephesus, ist merkwürdig genug wegen der deutlich sichtbaren Spuren alter Malerei. Selbst ägyptische Stelen und Mumien haben eine Stelle in dem Museum des Grofsherrn, dem sogar der Hof als Sammelplatz antiker Denkmäler seine Dienste bieten mufs. Zu den grofsartigsten gehören unstreitig die mächtigen Porphyr-Sarkophage aus den Zeiten der byzantinischen Glanzherrschaft, an Gröfse und Umfang den berühmten Apis-Sarkophagen des Serapeums bei Memphis in Aegypten in nichts nachstehend.

Nach so vielen Eindrücken verschiedenster Natur wandten wir uns dem Endziele unserer heutigen Wanderung zu, zur Aja Sophia, dem beneidenswerthen Juwele Konstantinopels.

Bereits im 6. Jahrhundert wurde unter Justinian der Bau begonnen. Anthemius von Tralles vollendete ihn und anno 538 wurde sie feierlichst eingeweiht. Zwanzig Jahre später stürzte, in Folge eines Erdbebens, die im Halbkreis geformte Kuppel ein. Isidor nahm den Bau von neuem

wieder auf und stellte sie in byzantinischem Stile so her, wie wir sie heute zu sehen die Freude hatten. Die ursprüngliche Form derselben ist das christliche Kreuz; auf den vier Eckpfeilern ruht die ungeheure Wölbung. Um der neuen, in Form einer halben Ellipse ausgeführten Kuppel mehr Festigkeit zu geben, stützte sie Isidorus durch eine zwischen die Pfeiler je im Norden und Süden eingeschobene Mauer mit Doppelsäulen.

Wir traten durch die sogenannte Büfserhalle ein. Bereits hier überrascht die Schönheit des Stiles, und die allenthalben durchschimmernde Pracht und Herrlichkeit wirkt mächtig auf den empfänglichen Beschauer. Kostbare Marmorplatten in allen Farben und Zeichnungen bedecken die Wände. Malereien in Mosaik - Arbeit, auf Goldgrund ausgeführt, glänzen an der Decke. Da wo sich menschliche Figuren befanden, wurden dieselben von den Türken übertüncht. Von den fünf Eingangsthoren liegt das Hauptthor der Büfserhalle gegenüber. Die Thür der letztgenannten ist alt, von Metall, etwa einen halben Zoll dick. Von dem christlichen Kreuze darauf hat man den Querbalken weggemeifselt.

Die Kuppel erhebt sich 120 Fufs über dem Fufsboden. Auch hier haben die alten schönen Mosaiks von den Händen fanatischer Türken, vielleicht noch zum Glücke, das Schicksal verborgener Gröfsen durch gemeine Maurer-Tünche erfahren müssen. Die prächtigen Porphyrsäulen sind aus dem Tempel von Baalbek, die von Verdantico aus dem Tempel von Ephesus genommen. Die ganze innere Kirche ist mit prächtigen Marmorplatten geschmückt, sogar der jetzt nicht sichtbare Fufsboden. Sämmtliche Teppiche, welche den letzteren bedecken, liegen in einer schiefen Richtung gegen die Axe der Kirche; wiederum aus dem Grunde, um die vorgeschriebene Richtung nach Mecca beim Gebet genau inne halten zu können. Zu der Galerie, welche ursprünglich für die Frauen bestimmt war, führt eine gepflasterte Wendeltreppe, Raum genug gebend, dafs ein Reiter zu Pferde hinaufzusprengen im Stande wäre.

Trotz der mannichfachen Veränderungen, Verunstaltungen und mohamedanischen Decorationen vor allen sind dazu die mächtigen runden Scheiben an den Pfeilern zu rechnen, mit den Namen des Propheten und seiner unmittelbaren Nachfolger in grofsen arabischen Buchstaben, macht der herrliche Gottestempel einen überwältigenden Eindruck.

In der Moschee sahen wir zahlreiche Gruppen betender Mohamedaner,

darunter auch Frauen, diese jedoch abgesondert von den Mannsbildern, auf dem Fussboden gruppenweise hockend und knieend.

Um die Aja Sophia zu sehen, bedarf es eines besonderen Firmans, der durch Vermittlung der betreffenden Gesandtschaften zu erhalten ist. Der Firman so wie die Trinkgelder für den heutigen Besuch der Kirche und Schlösser kostete über 50 Thaler. Natürlich waren die Empfänger dieser Summe damit noch lange nicht zufrieden gestellt. Wir sind bereits im Orient.

V. Kapitel.

Beim Sultan.

Es ist stets ein eigenthümlich ergreifender, fast möchten wir sagen banger Augenblick, der uns Söhne des Staubes vorbereitet vor einem Manne zu stehen, dessen geheiligtes Haupt die königliche Krone schmückt. Und nun gar vor dem allmächtigen Beherrscher der Gläubigen, dem grofsen Padischah in Stambul, zu dem noch vor zwei Jahrhunderten die Abgesandten der mächtigsten Fürsten Europa's nur in jener Stellung erscheinen durften, die dem griechischen Sprachgenius die Bildung des klassischen лoоçzvrεir entlockte, und welche wunderbar genug, obgleich auf das freiwilligste die neueste Geschichte in den kaiserlichen Hallen zu Fontainebleau am 29. Juni dieses Jahres wiederholt sah.

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Der K. Gesandte erhielt die Ehre einer Einladung vor dem Sultan zu erscheinen am 24. Februar. Hr. Graf von der Goltz und Fuad Pascha sollten den würdigen Vertreter Preufsens im schiitischen Teheran dem sunnitischen Sultan vorstellen. Wir anderen schlossen uns als Begleiter des Gesandten an. Graf Lynar, Attaché der preufsischen Gesandtschaft in Konstantinopel, verlieh der bescheidenen Begleitung einen besonderen Glanz.

In dem neuen am Ufer des Bosporus gelegenen Palast des Sultans, Dolma - baghtsche, sollte die Audienz Statt finden. Wir alle waren voller Spannung und Erwartung.

Zwei grofse Kutschen führten uns den weiten Weg zum Palast; die

Länge liefse sich gern ertragen, hätten die Pflastersteine nicht die Unhöflichkeit gehabt, den eingeschlossenen Frengi en grande tenue die jämmerlichsten Stöfse von allen Seiten auszutheilen. Erst wackelten die vierrädrigen Kasten durch die Strafsen Pera's, dann sanken dieselben in die tiefkothige Chaussée ein, welche an der Kaserne der Garde-Artillerie vorbeiführt und rechtsum bergab zum Meeresgestade und zum Palast des Sultans abbiegt.

Ich bin diesen Weg gern zu Fufs gegangen, da er, sehr ähnlich der Landstrafse auf dem Karst vor Triest, mit einer reizend schönen Aussicht über Land und Meer hin endet. Wer hätte Konstantinopel gesehen, ohne des Abends von Bellevue aus das Panorama auf das blaue Meer und die gegenüberliegende bergige asiatische Küste in seiner ganzen Herrlichkeit. und Schöne tief bewundert zu haben! Im rothen Flammenschein strahlen die glitzernden Fenster Scutari's der untergehenden Sonne den feurigen Scheidegrufs zurück. Wie dunkle Nachtgestalten erheben sich aus der Todtenstadt zahllose Cypressen, und schauen mit ihren düsteren Kronen in den abendlichen Himmel hinein. Endlich sinkt die Sonne, Nebel und Nebel steigen langsam aus dem feuchten Bette des Meeres in die Höhe und bedecken die Landschaft mit einem halbdurchsichtigen Schleier. Aber die abendliche Dämmerung macht ihnen den Kampf streitig, und bald hüllt die Königin Nacht Berg und Meer mit undurchdringlicher Finsternifs. Dein Herz wird still und ruhig, die ganze Natur ist ein Schweigen, nur das Rauschen der nassen Welle tönt von der Brandung lauter und immer lauter zu dir hinüber.

Und, unbelauscht, in der heiligen Stille einer Nacht am Bosporus, wendest du dein Auge wehmuthsschwer nach dem leuchtenden Abendstern. „Grüfs mir die Lieben in der Heimath!" rufst du ihm zu, und strahlender scheint er zu funkeln, als habe er den Grufs des Einsamen verstanden. -

Bald befanden wir uns am Eingange des Palastes. Die Wache am Thore erwies den Gästen ihre militärischen Honneurs nach türkischer Weise, und wir wurden von einem Kammerherrn des Sultans nach einem Wartezimmer geführt, das eine Treppe hoch in einem Vorgebäude gelegen war. Die Fenster gingen nach dem Meere hinaus; die brennende Sonne hatte die Farbe aus den aufgestellten Sophas und Lehnstühlen bereits tüchtig ausgesogen, und die Feuchtigkeit des Meeres zwei grofse Spiegel mit Blindheit geschlagen. Die Luft war kalt und rauh, ein feuchter Wind.

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