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Der Türke, Araber und Perser vom gewöhnlichen Schlage begnügt sich mit einer Frau, und sehnt sich durchaus nicht nach einer zweiten daneben. „Viel Frauen, pflegen die Orientalen zu sagen, viel Kosten und viel Aerger!" und das ist in der That der Fall.

Die Frauen der Perser sollen, was wir darüber im eigenen Lande gehört haben, eine höhere Stellung als die türkischen einnehmen. Sie haben Schulkenntnisse nach ihrer Art, verstehen den Koran zu lesen und schreiben ihre eigene Sprache. Ja, es giebt Weiber unter ihnen, die sich durch eine besondere Gelehrsamkeit auszeichnen, die persischen Dichter lesen und sich selber in der edlen Dichtkunst versuchen. So ist z. B. die Mutter des Schah eine eben so kluge als gelehrte Frau, die sich auf das Lebhafteste für die persische Literatur interessirt. Bereits seit Jahren wird auf Befehl des Schah an einer mit prachtvollen Miniaturen gezierten persischen Uebersetzung von „Tausend und eine Nacht" gearbeitet, welche an Schönheit alles übertreffen soll, was bisher von den persischen Meistern in der Malerei und Kalligraphie geleistet worden ist. Das grofse Werk, das nur sehr langsam fortschreitet, ist ein Geschenk, welches der Sohn für seine erlauchte Mutter bestimmt hat.

Bei mancher Rohheit und Ungebundenheit im Innern des persischen Haremlebens, zeichnen sich einzelne Frauen durch sehr bemerkenswerthe Anlagen von Geist und Anmuth, durch natürlichen Scharfsinn und durch ein anständiges Zartgefühl aus. Die öffentliche Meinung giebt ihnen dieses ungetheilte Lob. Im Gegensatz dazu sind die Beispiele eines gelockerten und wüsten Familienlebens leider zu reich. Neben manchen ptolemäischen Freiheiten, die in einzelnen Stämmen gradezu Sitte geworden sind, fröhnen die Perser der griechischen Liebe und tragen dies anstandslos öffentlich zur Schau. Sie werden dadurch den Frauen zum Ekel, die sich ihrerseits zu entschädigen wissen, vor allen durch den häufigen und übertriebenen Genufs von Wein und von Arak oder Branntwein, der sich durch Geschmack und Schärfe nur wenig vom Spiritus unterscheidet. Die persische Khanum oder Frau, welche einen europäischen Arzt in Krankheitsfällen zu Rathe zieht, fragt gewöhnlich zuerst, ob sie auch Wein und Schnaps trinken dürfe. Das Familienleben bietet grauenhafte Schattenseiten dar. Trotz der bekannten Absperrung der Weiber, wissen die letzteren dennoch sich Zugang zu ihren Liebhabern zu verschaffen, wobei nicht das Wort Liebe, sondern Geld die Hauptrolle spielt. Die Kinder, um welche sich niemand kümmert,

sobald sie laufen gelernt haben, sehen von Jugend an die unzüchtigsten Scenen im Harem und hören ohne Schminke von den schmutzigsten Dingen reden. Die Perser selbst scheinen dies zu begreifen, da sie von allen Frauen, mit Ausnahme ihrer eigenen, wahre Zoten erzählen und mit einer gewissen Freude die scandalösesten Geschichten in die Oeffentlichkeit schicken.

Die Ehe ist oft eine erzwungene, und nebenbei sehr kostspielige. Von oben her wird diesem oder jenem vornehmen Perser eine Frau aufgebürdet, die er weder lieben, noch viel weniger achten kann. Einem mir bekannten angesehenen Manne unter den Persern wurde in dieser Weise aus dem Kadscharen-Stamme eine Frau gegeben, die er standesgemäfs zu unterhalten hatte. Seine eigene vortreffliche Gattin, mit der er seit langen Jahren glücklich zusammengelebt und bereits mehrere Kinder gezeugt hatte, ward er gezwungen nach einem fernen Dorfe in die Verbannung zu schicken.

Neben den rechtmässigen vier Frauen haben die Perser die Freiheit, sich auf eine bestimmte Zeit (von einer Stunde an bis zu 99 Jahren) eine beliebige Zahl von Weibern zu halten. Diese Art eine Ehe, oder richtiger gesagt ein Concubinat einzugehen, nennen sie sigèh kerdèn. Unter dem Schutze des religiösen Gesetzes hat diese Ehe eine Verbreitung und eine Bedeutung gefunden, welche von der europäischen Prostitution in keiner Weise verschieden ist, ja viel schlimmere Folgen für das innere Familienleben durch Verletzung des Ansehens der Frau mit sich führt. Dafs unter solchen Verhältnissen die Eifersucht der Frauen oft einen so hohen Grad erreicht, dafs sie dem Manne das Leben kostet, darf um so weniger Wunder nehmen, wenn man bedenkt, dafs die Leidenschaft in diesem Lande wie im ganzen Orient viel stärker hervortritt als bei uns im Abendlande, wo Natur, Erziehung, Verstand und das Gesetz die Pläne rachedurstiger Regungen zu dämpfen und zu unterdrücken wissen.

Die Unterhaltungen der Frauen aufserhalb des Harems beschränken sich auf gegenseitige Visiten (did u bâz-dîd), auf Besuche des Bades, auf Wanderungen nach Wallfahrtsorten und auf kurze Reisen über Land. Die Frauen unternehmen die letztgenannten Ausflüge zu Pferde. Obwohl tief verhüllt, wissen sie dennoch sich sehr geschickt, rittlings reitend, im Sattel zu halten und das Pferd zu führen. Sie reiten oft mit grofser Verwegenheit in langem Galopp und scheinen daran eine besondere Lust zu finden. Auf grösseren

Reisen lassen sie sich in sogenannte Kadschawèh's packen. Rechts und links auf einem Maulthiere oder einem Pferde hängt nämlich ein Holzgerüst, wie ein halber Vogelbauer aussehend, so grofs, dafs eine Frau in kauernder Stellung darin Platz findet. Da kriechen, je nach rechts und links, zwei Weiber hinein und lassen sich oft tagelang in der unbequemen Stellung tragen.

Um auf die Hochzeit zurückzukommen, so müssen wir erzählen, wie bei unserem Eintritt die Höfe des grofsen Hauses mit einer überaus vergnügten und ausgelassenen Menge angefüllt waren, die bereits seit einigen. Tagen im höchsten Entzücken über die glänzenden Tamaschá oder Vergnügungen der Hochzeitsfeier schwelgten. Der erste Hof, in den man uns zunächst einführte, war so dicht von den Zuschauern besetzt, dafs Kopf an Kopf stand und wir kaum einen Weg durch die Menge finden konnten. Am Eingang hatte sich die Musikbande der persischen Artillerie aufgestellt, die, befreit von dem Tactstocke ihres europäischen Kapellmeisters, einen Höllenlärm zum Besten gab. Er war auf persische Ohren berechnet und für uns Europäer gradezu unerträglich. In der Mitte des Hofes hatte man ein Gerüst, von allen Seiten sichtbar, als Schaubühne aufgeschlagen. Tänzer, in Weibertracht aus gelben und rothen Seidenstoffen, sowohl Kinder als Erwachsene, führten die Tänze der persischen Kunstgenossinnen auf, wobei sie die Täuschung durch langes Haar und stark aufgetragene Schminke zu erhöhen suchten. Ihre Leistungen waren ziemlich unzüchtiger Natur, allenfalls erträglich für die zuschauenden Männer im Hofe, aber nicht für die zahlreichen Weiber und Kinder, welche die Dächer der anstofsenden Häuser erfüllten und unter dem Zelttuche, mit welchem der ganze Hof überspannt war, neugierig nach dem Hofe und den Tänzern herniederguckten. Neben den Tänzern gaben Jongleurs ihre Kraftproductionen zum Besten, während verwachsene Zwerge, Hunde, Affen und ähnliche Figuren der persischen Volksschaubühne durch Possirlichkeiten ersetzten, was ihnen an Kunst und Geschicklichkeit zu leisten versagt war. Dazu die bunte, lachende Menge, das Pauken und Gerassel der persischen Musik, die schrillenden Freudenklänge überseliger Zuschauer, das allgemeine Lachen bei einer kindischen Narrensposse, das Schelten der Diener des Hauses, welche mit Stöcken Ordnung zu halten suchten, und man wird sich eine ungefähre Vorstellung von dem tollen Leben und Treiben im ersten Hofe machen können.

Uns schwindelte es fast im Kopfe bei so bunter Wirthschaft. Zum Glück fand uns der Intendant des Hauses sehr bald, um uns zu seinem Herrn, dem Schahzadeh, mit gehörigem Anstand zu geleiten. Die Menge machte endlich Platz und wir gelangten durch eine kleine Thür nach einem Nebenhofe, auf welchem es um vieles ruhiger und würdevoller herging. Auf einem niedrigen Gerüste, auf welchem kaum zwei Europäer Platz gefunden hätten, safsen acht persische Musikanten mit ihren Instrumenten, wobei noch für drei riesige Rosensträufse in ihrer Mitte hinlänglich Raum war. Die Musikanten spielten auf kleinen Violinen mit Metallsaiten, die mit einem kurzen Bogen gestrichen wurden, etliche auf kleinen Handpauken, und ein als Virtuos bezeichneter Perser auf einer Guitarre, die vor ihm auf dem Schoofse ruhte. Die Musik, sobald die Pauken schwiegen, war nicht übel; melancholisch, traurig, wie überhaupt die morgenländische Musik. Der Hof war mit Lampen und bunten Ballons geschmückt, die zur späteren Beleuchtung dienten, da selbst in der Nacht der Taumelbecher der Freude nicht von den trunkenen Lippen abgesetzt wurde. In einem Talar, der sich nach diesem Hofe hin öffnete, safsen auf Teppichen die eingeladenen vornehmen Gäste. Zwischen ihnen standen ganze Ladungen von Zuckerwerk und der Kaliûn machte, wie es Stand und Rang erforderte, die streng abgemessene Runde.

Wir blieben einige Zeit im Hause. Ein befreundeter Perser, der lange in Paris gelebt hatte, mit Sitten und Sprachen Europa's ziemlich vertraut führte uns über die Höfe nach dem Ausgange des Hauses zu. Verlegen bemerkte er: Messieurs, j'ai honte de vous faire voir ces barbaries! und reichte uns die Hand zum Abschied.

Die verschiedenen europäischen Gesandtschaften, welche in Teherân weilten, waren mehr oder minder persisch eingerichtet, d. h. was den Bau der Häuser, die Umgebung der Diener und die Annahme mancher Sitten anbetrifft.

Das Innere des Hauses und die Gärten der englischen Gesandtschaft, im Süden der Stadt, in der Nähe des Viertels der Bazare gelegen, zeichnen sich durch ungewöhnliche Pracht aus. Man sieht auf den ersten Blick, dafs hier die Vertreter einer Regierung residiren, welche ihren Beamten die Entbehrungen, die ein Aufenthalt in Persien nothwendigerweise auf

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