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herrlichen Rei „der Matrone der Städte" nur noch in den Büchern und Ueberliefernngen bestand.

Die gewifs sehr verdienstvollen Aufnahmen der Ruinenstätte, welche neuerdings und während der Zeit unseres Aufenthaltes in Persien ein französischer Ingenieur-Offizier, der Hauptmann Bennes ech, ausgeführt hat und deren Veröffentlichung bald zu erwarten steht, beweisen, dafs Rei in der That von Mauerringen umgeben war, die man mit grofser Kenntnifs der Wirkungen künstlicher Vertheidigungswerke meist in vorspringenden Winkeln angelegt hatte. Nachgrabungen und zufällige Funde auf dem weitausgedehnten Trümmerfelde von Rei haben wenig Beiträge zur Aufklärung geschichtlicher Dunkelheiten der Stadt gegeben, da sie sich meist nur auf mohamedanische Reliquien untergeordneter Bedeutung beschränken.

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Der Mai darf wie bei uns so auch in Persien als der schönste, blüthenreichste, blumenduftigste Monat des ganzen Jahres betrachtet werden. Die Sonne ist bereits warm, doch immer noch erträglich, wenn nicht Geschäfte und Pflicht zu Wanderungen auf der schattenlosen Hochfläche veranlassen. Gegen Ende des Mai entwickeln sich starke Winde, welche vom Süden und Westen herwehen und mit massenhaftem Staub über das Land herfegen, oft mit orkanähnlicher Gewalt, so dafs selbst starkstämmige Bäume nicht lange Widerstand leisten können. Der feine Staub setzt sich auf dem Körper, auf den Kleidern, auf Stoffen und Möbeln, in Fensterritzen und Oeffnungen, mit einem Worte in den verborgensten Winkeln und Ecken fest und überzieht die erreichbaren Gegenstände mit einer dicken Schmutzdecke. So furchtbare, den Himmel verfinsternde Staubwolken habe ich (und zwar in der Epoche der Khamsin d. h. der „Fünfzig“ (Tage) nach Ostern, also ziemlich gleichzeitig) auf meinen Wanderungen nur noch in Aegypten erlebt, in den Städten wie in der Wüste, in Begleitung drückender, beängstigender Schwüle. Der Wind, meist in der Richtung von Westen

her wehend (in dem persischen Kalender von 1860 ist der Tag des 8. Mai als Haupttag angegeben), erhebt sich gewöhnlich zwei oder drei Stunden vor Sonnenuntergang, nimmt allmählig an Heftigkeit zu und hört meist nach einem Gewitter auf, das sich am Elburs entladet und schwache Regenwolken nach der Ebene Teherans hin führt. Dann tritt ein kühler schwacher Wind ein, der die Luft in der angenehmsten Weise reinigt.

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Am 22. Mai brachte der Gärtner unseres Serai die ersten reifen Kirschen und Aprikosen nebst schönen Blumensträufsen als unterwürfigstes Pischkesch in unser Lager" in der grofsen Halle des Schlofsgartens. Das Obst war in zierliche Körbchen, die kunstvoll aus Zweigen und Blättern geflochten waren, niedergelegt, umgeben von Blumen und Blüthen, die in der geschmackvollsten Weise miteinander verbunden waren. In solchen Dingen entwickeln die Perser eine erstaunliche angeborene Kunstfertigkeit. Sie verstehen es, derartige Gaben in der artigsten, für das Auge gefälligsten Weise zu schmücken und herauszuputzen, und sind glücklich, wenn ihnen eine Zusammenstellung von Früchten und Blumen schön gelungen ist. So prachtvolle Rosensträusse, als allerwärts in den Bazaren von Teherân gewunden werden, dürften in den Grofsstädten Europas nur aus den Händen von Kunstgärtnern hervorgehen.

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Bei Darbringung solcher Pischkesch trugen die Perser stets eine grofse Demuth und übertriebene Bescheidenheit in Blicken, Stellung und Worten zur Schau. Sie brachten in ihren Reden nie das Wörtchen män „ich“ an, sondern ersetzten dasselbe durch bendèh „der Knecht" oder „Sclave“. Wie in diesem Falle, so ist überhaupt die persische Sprache wie geschaffen zum Ausdruck der Höflichkeit und Artigkeit. Man wird niemals einer höher stehenden Person, nein!" erwiedern, sondern kheir das Glück!" oder ikhtiar darid Ihr habt den Willen!" oder ähnliche schickliche Ausdrücke anwenden. Eine Anrede wird immer mit den Worten beginnen ärz mikünèm ki ich bitte um die Erlaubnifs zu....“ Wenn Einer frohe Nachrichten oder Briefe in dem Augenblick eines Gespräches mit einem andern erhält, so wird der letztere artig genug sein zu bemerken: tscheschm-e-ma rauschèn unser Auge leuchtet". Ja nicht einmal das gewöhnliche Zeitwort machen“ (kerdèn) wird der niedriger Stehende dem Vornehmen unterschieben, sondern dafür fermudèn „befehlen“, nemudèn „bezeigen“, sakhtèn bewirken" anwenden und schon dadurch seine geringere Stellung dem andern gegenüber andeuten.

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Während der Zeit unseres Aufenthaltes im Garten vor dem Thore von Schimran, in welche die glückliche Ankunft des Militär-Attaché's der K. Mission, des jetzigen Hauptmannes Hrn. v. Grolman fällt, der allein und ohne alle Anfechtung auf Eisenbahn, Dampfschiff, Telega und Courier-Klepper die grofse Reise von Berlin bis Teherân zurückgelegt hatte, und am 30. Mai Abends wie eine Zaubergestalt in unsern erstaunten und erfreuten Kreis ganz unerwartet eintrat, hatten wir hinlänglich Mufse und Gelegenheit, die ersten Würdenträger des persischen Reiches und das Personal der europäischen Vertretungen am Hofe des Schah zu Teherân kennen zu lernen.

Die hohe Perserwelt befand sich zwar nicht in der besten Stimmung. Ein Tschapar hatte am 10. Mai die Schreckenskunde nach Teherân gebracht, dass die Armee des Schah, eine Truppe von 40,000 Mann, von den Turkomanen in Khorassen vollständig geschlagen und aufgerieben worden sei und dafs man gar nicht wisse, wo sich die Führer derselben befänden. Man suchte in Teherân diese Kunde zu vertuscheln, doch bald hatte sich der Bazar dieser Hiobspost bemächtigt und so manche Lästerzunge zog spöttisch über das neueste Ereignifs der persischen Geschichte einher. In den höheren Sphären fanden Versammlungen und Berathungen im Meschferèt-khaneh statt, die, wie gewöhnlich, mit dem weisen Troste endeten, dafs inschallah! - die Sache nicht so schlimm sein würde.

Die sämmtlichen Minister des persischen Hofes befanden sich grade in einer solchen Versammlung, als die preufsische Mission in der guten Absicht gekommen war, den Einzelnen in der Behausung einen Besuch abzustatten. Merken wir uns vorläufig ihre Adresse, da wir später das Glück haben werden, die Persönlichkeiten, darunter so manches „Mark im Rückgrat der Vollkommenheit" genauer kennen zu lernen.

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1. Mirza-Said - Khan, Minister der auswärtigen Angelegenheiten, mit dem Titel: Motemmin-es-sultan welchem die Behandlung der auswärtigen Politik mit Ausschliefsung jeder Einmischung eines andern zusteht. Die Herren Gesandten der. befreundeten Mächte haben hinsichtlich ihrer Geschäfte und Anliegen mit keinem andern als Hochdemselben zu verkehren (Persische Regierungs-Zeitung, Kabinetsschreiben des Schah vom Tage des 30. August 1858; vergl. Wiener Zeitung vom 20. November 1858).

2. Mirza-Muhammed- Khan, Chef der Armee (Sepahsalar-Emir asker). Als Kriegsminister führt selbiger den Titel: Emir-el-omra. „Sämmtliche

K. reguläre Infanterie-Regimenter, die gesammte reguläre und irreguläre Reiterei, die K. Stückgiefserei im ganzen Umfange, die Inspection des Arsenals im ganzen Umfange, die Inspection der Artillerie und des Fuhrwesens (!), so wie die Inspection des Monturwesens der K. Armee", gehört zu seiner Amtswirkung.

3. Mirza-Jussuf, Minister der Finanzen, mit dem Ehrennamen Mustifi-el-memalik. „Alle auf die Buchführung und Kontrole bezüglichen Geschäfte werden Hochdessen selbstständiger Leitung mit Ausschliefsung jeglicher Einmischung eines andern anvertraut bleiben."

4. Ferrukh-Khan, Minister des Innern, mit dem Titel Emin-eddauleh. Die Ausdehnung seiner amtlichen Thätigkeit ist durch folgende Vorschrift bestimmt: „Die Ehrenbezeugungen sämmtlicher Staatsdiener und, in den Versammlungen, den Vorrang vor allen andern zu geniessen, bei den allgemeinen Audienzen sich eines Ehrenplatzes zu erfreuen und bei festlichen Gelegenheiten die unterthänigste Ansprache an Se. Majestät zu halten, die Verwaltung des K. Hofes zu führen, für den Glanz und die Pracht desselben zu sorgen und darüber Sr. Majestät Rechenschaft zu geben; bei der Ernennung der Gouverneure der Provinzen die Instructionen für deren Verwaltung von Sr. Majestät entgegenzunehmen und denselben zu ertheilen, so wie an ihre Regierungssitze abzuordnen, desgleichen bezüglich der Abberufung derselben. Schuldbriefe des Staates, welche mit dem K. Siegel ausgefertigt werden, unpartheiisch und ordnungsgemäss bei der Kriegskasse oder der betreffenden Landeskasse anzuweisen und Se. Majestät zu unterbreiten, damit sie die Allerhöchste Signatur erhalten und dann bei der Kasse erhoben werden; endlich alle Angelegenheiten, welche nicht die, eigenen Ministern übertragenen Geschäfte des Heeres, der Kontrole, des Aeufseren, der Justiz und der Stiftungen berühren, wie die Angelegenheiten der K. Prinzen, des Kultus und seiner Diener, so wie der öffentlichen Bauten."

5. Abbas- Quli-Khan, Justiz-Minister, mit dem Titel Mu'temid-eddauleh Hochderselbe wird in der Allerhöchst vorgezeichneten Weise mit strenger Genauigkeit und voller Unpartheilichkeit die Rechte der Unterthanen aller Stände ohne Unterschied zu wahren bestrebt sein und die Behandlung dieser Angelegenheiten wird keinem Andern als ihm allein zustehen. Sämmtliche Gerichtshöfe in den Kronlanden sind dem obersten K. Gerichtshofe untergeordnet."

6. Mirza-Fezl-ullah, Minister der Stiftungen und Fonds, unter dem Ehrentitel Nasr-el-mulk. „Da die Kapitalien, Stiftungen und Fonds, welche sich auf eine hohe Summe belaufen, unverkürzt den betreffenden Interessenten zuzukommen sind, so wird Hochderselbe mit der ihm eigenen Fachkenntnifs und Rechtlichkeit darüber zu wachen haben."

7. Mahmud-Khan, Minister der schönen Künste und des Handels, mit dem Titel Nazir-el-mulk. Derselbe ist zugleich Chef der Kavallerie.

Die genannten Minister, zu denen noch der bereits oben erwähnte Unterrichts- Minister, der Prinz Ali-Quli-Mirza zu zählen ist, bilden nebst einigen Prinzen und Kammerherren den Reichsrath. Präsident desselben war (der gegenwärtig in London als Gesandte weilende) Mirza - Dscha fer-Khan, betitelt Muschir-ed-dauleh, der Vater unseres Teheraner Mebmendârs.

Da wir die persische Sitte nicht kannten, nach welcher ein beabsichtigter Besuch eine Viertelstunde vorher angesagt und eine Antwort erwartet werden mufs, so blieb dem Gesandten vor den leeren Wohnungen der aufgeführten Grofswürdenträger nichts anderes übrig, als nach europäischem Brauch die Karte zurückzulassen. Die Perser scheinen dies übel vermerkt zu haben, wenigstens dauerte es eine Zeit lang, ehe sie unserem Eltschi gegenüber liebenswürdig wurden. Merkwürdig genug war ein Ehrenbesuch, den der Eltschi in Begleitung des Gesammtpersonales unserer Gesandtschaft dem Hakim oder Gouverneur von Teherân, einem Schahzadeh, Onkel des Schah, in seiner Behausung abstattete. Selbiger safs nicht im Diwan der Weisheit, sondern auf den Teppichen der Fröhlichkeit, da in seinem Hause die Hochzeit seines Sohnes nach ächt persischer Sitte in ausgedehntester Weise gefeiert wurde.

Obgleich wir kein Recht haben, in die Geheimnisse der persischen Eheverhältnisse einzudringen, so können wir doch ohne Gefahr erzählen, dafs es allen Persern nach dem Gesetz gestattet ist, vier rechtmässige Frauen, aber nicht mehr, zu halten. Das Ehebündnifs, welches sie mit denselben eingehen, hat auf die Lebenszeit Gültigkeit, wenn nicht der Ausnahmefall einer Trennung der Ehe eintritt. Trotz dieser Erlaubnifs, den Harem mit höchstens vier Weibern anzufüllen, ist die legitime Vielweiberei in Persien, wie in der Türkei eigentlich nur auf die reiche Welt beschränkt.

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