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Vorwort.

Der Grund, warum eine wissenschafliche und vollständige Biographie Molière's in Deutschland ') noch nicht existirt, ist wohl weniger in dem geringen Interesse zu suchen, das unsere Nation für die französische Literatur besitzt, als in der Unmöglichkeit, eine solche Biographie ohne Gewissenlosigkeit zu schreiben. Wenn für den Historiker der Ueberfluss des Quellenmaterials oft noch hinderlicher ist, als der lückenhafte Zustand desselben, so ist eine kritische Biographie Molière's das Schwierigste, was sich schreiben lässt. Die Quellen fliessen so reichlich, wie kaum bei einem anderen französischen Dichter des 17. Jahrhunderts; aber woher fliessen sie? Die Zeitgenossen sind in ihren Aufzeichnungen und Aeusserungen sehr spärlich; bald verwirrt der Hass, bald, was für den Kritiker noch gefahrbringender, Begeisterung ihr Urtheil. Zudem ist die universale Bedeutung Molière's erst lange nach seinem Tode erkannt worden, und erst mit dem Beginne des folgenden Jahrhunderts hat man es unternommen, und zwar auf Grund unsicherer Traditionen und Berichte, die Biographie des Dichters zu schreiben. Ein luftiger Molière-Mythus, der für das schwächste kritische Fernrohr sich in eitel Dunst auflöst, musste die Lücken der Ueberlieferung verschleiern, und tausendmal wiederholt, von Autoritäten gläubig aufgenommen oder nur schwach bekämpft, nahm er allmälig die Stelle der Geschichte ein. Erst in unserem Jahrhundert beginnt man mit nie ermüdendem Eifer die urkundliche

1) Die Biographie Lotheissen's war z. Z. noch nicht erschienen (s. über dieselbe den Abschnitt »Bibliographisches «).

Forschung. Aber kann sie die Lücken der Tradition ausfüllen, kann sie jenes unsichere Quellenmaterial entbehrlich machen? hoffe, das Gegentheil zu erweisen.

Sehr lockend und verführend ist nun der Gedanke, eine Molière - Biographie von allgemeinem Interesse ohne gelehrten Apparat und kritische Beilagen zu veröffentlichen, wie wir eine solche Shakespeare-Biographie in dem trefflichen Werke Genée's haben. Aber ist das möglich, wenn man bei jedem Schritte den Boden unter den Füssen verliert, wenn man überall die Ueberlieferung ergänzen, berichtigen, bekämpfen muss, wenn die Auseinandersetzung mit vorgefassten Meinungen, denen die Namen von > Autoritäten<< Ansehen verschaffen, oft ermüdende Excurse fordert? Das hiesse, um mit Faust zu reden, »sagen, nicht weiss<, oder, Mephisto's Rath folgend, das Beste, was man weiss, nicht sagen!

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was ich

Es ist also eine rein wissenschaftliche Biographie das einzige, was die jetzige Molière - Forschung zu leisten vermag. Sie wird, auf die Kreise der Fachgenossen beschränkt, das Ignoramus et semper ignorabimus« nicht zu verschweigen brauchen, ohne darum das Interesse an des Dichters Person und die Neigung zu weiterer Nachforschung zu schwächen.

Ist dies aber der Zweck vorliegender Schrift, so ist der Ballast unnöthigen Quellenmaterials, der die französischen Darstellungen des Dichterlebens allzu sehr beschwert, von vornherein abzuwerfen. Wozu das Bekannte dem Kenner noch begründen, das Unsichere als unsicher nachweisen? Eine quellenmässige oder kritische Begründung kann nur da am Platze sein, wo die bisherige Ueberlieferung umgeändert, durchbrochen oder ergänzt wird. aber Quellennachweise und kritische Andeutungen zu geben, der Quellen und Kritik ignorirt und nur nach den Resultaten greift, hiesse die Zahl jener bändereichen, ungelesenen Werke, an denen unser deutsches Vaterland reich, überreich ist, unnöthig vermehren!

So hoffe ich, auf einem beschränkten Raume die sicheren Resultate der bisherigen Molière-Ueberlieferung und Molière-Kritik mit dem Wenigen zu vereinen, was ich selbst bisher erforscht habe oder doch erforscht zu haben glaube. Wenn die nachfolgende Arbeit von dem Fehler der Langenweile, des schlimmsten Feindes aller wissenschaftlichen Arbeiten, frei ist, wenn sie das Bewusstsein

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