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eutsch-Ostafrika ist bisher gegen Deutsch-Westafrika hinsichtlich

der geographischen Erforschung, der Grundlage aller Kultivationsarbeit, sehr im Nachteil gewesen. Während in den deutschen Schutzgebieten Westafrikas, besonders im Hinterland der Kamerunküste, auf staatliche Veranlassung und mit staatlichen Mitteln ein planmäßiges Forschungswerk ausgeführt wurde und noch wird, entbehrte das deutsch-ostafrikanische Schutzgebiet als Gesellschaftskolonie, im Gegensatz zu den westafrikanischen Kronkolonien, dieser staatlichen Vergünstigung gänzlich. Seit der ersten Begrenzung der Interessensphären sind dort nur von wenigen Beamten der kolonialen Gesellschaften die zum Vertragschließen unternommenen Reisen und die Bewirtschaftung von Stationen mit geographischen Erkundungen und wissenschaftlich verwendbaren Beobachtungen verbunden worden.

In Ostafrika mußte daher möglichst durch Privatunternehmung ausgeführt werden, was in Westafrika von Staats wegen geschieht, und deshalb stellte ich meine Person und meine Mittel in den Dienst der geographischen Erforschung von Deutsch-Ostafrika und habe in drei Expeditionen mein Bestes zu thun versucht, um die geographisch interessantesten und für die Kultivation wichtigsten Gebiete des Landes unserer Kenntnis näher zu bringen. Daß in beider Hinsicht das bis zu 6000 m aufgetürmte Kilimandscharo-Gebirge, welches alle Klimate der Erde auf seinen weiten Abhängen vereint, im Vordergrund steht und nach ihm die von der Küste zum Kilimandscharo sich hinziehenden Bergketten von Usambara, Pareh und Ugueno,

welche aus den sterilen weiten Steppenebenen als glückliche grüne Inseln emporragen, das ist selbstverständlich.

Daneben erschien es mir fast als eine nationale Pflicht, daß der Gipfel des Kilimandscharo, wahrscheinlich des höchsten afrikanischen und zweifellos des höchsten deutschen Berges, der von einem Deutschen (Rebmann) entdeckt und von einem Deutschen (von der Decken) zuerst näher untersucht worden ist, nach allen Bemühungen englischer Reisender doch zuerst von einem deutschen Fuß betreten werde. Probleme, welche der bündigen Lösung harrten, bot der Kilimandscharo noch in großer Fülle; insbesondere über den geologischen Bau des alten Vulkanriesen, über die klimatischen Verhältnisse dieser isolierten Gebirgsmasse und über die Beschaffenheit und die Formen von Eis und Schnee unter dem afrikanischen Äquator waren Aufschlüsse zu erwarten, die von allgemeinem Interesse sein würden.

Als ich im Herbst 1886 Europa verließ, um mich zunächst in Südafrika mit afrikanischem Leben und Arbeiten vertrauter zu machen, war ich kein Neuling im Reisen mehr. Ich war weidlich auf den Fels- und Eisspißen der europäischen Alpen umhergeklettert, hatte in Nordindien an den Hauptketten des Himalaya geweilt und in Südindien und Ceylon die tropischen Kulturen eingehend kennen gelernt; ich hatte in die Krater der Vulkane Javas hinabgeschaut, war in den Urwäldern der Philippinen monatelang umhergestreift, hatte die Gewässer von China und Japan befahren, in Kalifornien und Meriko Kreuz- und Querzüge gemacht und mich nachgerade in jegliche Lage des Reiselebens zu schicken gelernt. In Südafrika durchzog ich die Kapkolonie, hielt mich längere Zeit auf den Diamantenfeldern von Kimberley und den Goldfeldern von Transvaal auf, streifte im Drakengebirge von Natal umher und reiste schließlich an der unendlich langen Mosambikküste entlang nach Norden, bis ich im April 1887 im meerumgürteten Sansibar anlangte.

Hier begann meine erste ostafrikanische Expedition. Die Jahreszeit war der großen Regen wegen sehr ungünstig, und die umfangreichen Trägeraushebungen, welche Stanley für seinen Zug zu Emin Pascha und Graf Teleki für seine Reise nach dem Samburu - See.

vorgenommen hatten, erschwerten die Formierung meiner Karawane außerordentlich. Schwere Malaria machte mich wochenlang bettlägerig. Dennoch konnte ich im Juni 1887 mit nahezu 100 Mann und begleitet von dem Freiherrn E. A. von Eberstein, der als Beamter der Deutsch- Ostafrikanischen Gesellschaft im Dschaggaland einen geeigneten Stationspunkt aussuchen sollte, von Mombassa aus ins Innere ziehen. Ein 14tägiger Marsch durch die wasserlose Steppe brachte uns nach den üblichen Fährlichkeiten an den Fuß des Kilimandscharo nach Taweta, wo wir den vom Kilimandscharo zurückkehrenden Grafen Teleki und Leutnant von Höhnel antrafen und aus ihren Erfahrungen gute Lehren zogen; und einige Tage später langten wir in der Landschaft Marangu, einem der kleinen Dschaggastaaten, an, die zwischen 1100 und 1800 m Bergeshöhe sich gürtelförmig um die Südhälfte des Kilimandscharo herumlegen und die Kulturzone des Gebirges bilden. Dort ließ ich beim Häuptling Mareale den größeren Teil meiner Karawane zurück und stieg mit Herrn von Eberstein und wenigen Erprobten in weiteren fünf Tagemärschen durch die Urwaldregion und die weiten Grasfluren oberhalb des Urwaldes zu dem fast ganz vegetationslosen, 4400 m hohen kleinen Sattelplateau zwischen den beiden Kilimandscharo - Gipfeln, dem westlichen größeren Kibo und dem östlichen kleineren Mawensi, hinauf.

Daselbst blieb ich mit Herrn von Eberstein allein und unternahm. am Morgen des zweiten Tages die Besteigung des noch 1600 m über unserm Biwak steil aufragenden schneebedeckten Kibokegels. Bald betraten wir die ersten Schneefelder, und auf ihnen vollzog sich der Anstieg verhältnismäßig rasch, bis bei 5000 m Höhe allmählich leichtes Schneetreiben einseßte und weiterhin plößlich mein Gefährte erschöpft zusammensank. Eine Strecke kletterte ich allein fort, sah mich aber schließlich vor einer ca. 30 m hohen Eiswand, die allem weiteren Vordringen Einhalt gebot. Es war die untere Grenze der Eishaube, die dem Oberrand des Kibokraters aufliegt, und der, wie ich nun erkannte, ohne den Apparat eines Bergsteigers gar nicht beizukommen war. Der beginnende dichte Schneefall trieb mich bald zu meinem Gefährten zurück und uns beide rasch zum Biwak am Kegelfuß hinunter,

von wo aus wir nach mannigfachem Messen, Beobachten, Photographieren und Sammeln am dritten Tag wieder nach Marangu hinabstiegen. Der Gipfel des Kilimandscharo war auf dieser Reise nicht erreicht, aber der Kibo war bis zum Eisrand bei 5500 m erstiegen, die kompakte Eisbedeckung des Berges selbst nachgewiesen, das Hochplateau mit seiner Hügelreihe aufgenommen, eine große Zahl von Messungen und photographischen Aufnahmen gemacht und das Hochgebiet sowie das Tiefland möglichst abgesammelt. Mein kurz nach der Reise herausgegebenes Bilderwerk Zum Schneedom des Kilimandscharo, Leipzig 1888", gibt über diese Expedition Auskunft.

Nachdem sich Herr von Eberstein von mir getrennt hatte, um seinem Auftrag nachzukommen, schlug ich die Route Taweta-KaheAruscha südlich vom Kilimandscharo ein und folgte dem Lauf des Rufuflusses bis hinab nach Pangani zur Küste, indem ich den beiden Stationen der Deutsch- Ostafrikanischen Gesellschaft Mafi und Korogwe einen kurzen Besuch abstattete, von denen freilich keine irgendwelche Aussicht auf gedeihliche Entwickelung zu haben schien. Denselben Eindruck erhielt ich von den Stationen Dunda, Madimola und Ufungula am Kingani, die ich später von Bagamoyo aus auf einer Reise durch Usaramo besuchte. Nennenswerter Handel existiert in diesen menschenarmen Gegenden nicht, und zur tropischen Kultivation sind diese äquatorialen Steppengebiete durchaus ungeeignet; die koloniale Zukunft Ostafrikas liegt in der Küste und in den Berggegenden. Die genannten Stationen sind inzwischen aufgegeben worden.

Nach Europa heimgekehrt, faßte ich bald den Entschluß, eine zweite Expedition zu unternehmen, um die ostafrikanische Interessensphäre in ihrer ganzen Breitenausdehnung zu durchreisen. Mein Plan ging dahin, auf der Gebirgskette Usambara - Parch-Ugueno von der Küste zum Kilimandscharo zu wandern, die Besteigung des Berges noch einmal mit besserer Ausrüstung zu versuchen, dann westwärts zum südlichen Victoria Nyanza weiterzureisen und von dort bis an den nunmehr von Stanley erforschten letzten großen Nilsee Muta Nsige mit seiner schneegebirgigen Umgebung vorzudringen. Die ganze Reise sollte zwei Jahre dauern.

Zur Reisegesellschaft fiel diesmal meine Wahl auf den österreichischen Geographen Herrn Dr. Oskar Baumann, dem von Westafrika her eine große afrikanische Reiseerfahrung zur Seite stand. Nach mehrmonatlicher gewissenhafter Ausrüstung der Erpedition landeten wir im Juli 1888 in Sansibar und gingen sofort an die Bildung einer 230 Mann starken Karawane. 100 Lasten verschiedenster Handelsartikel schickte ich mit der Unjamwesi-Karawane des bekannten Missionsagenten Stokes direkt zum Südufer des Victoria Nyanza, um dort später die Lücken in meinen Vorräten wieder ausfüllen zu können.

Als wir Ende August mit der vollzähligen Karawane von Pangani ins Innere aufbrachen, waren zwar schon überall an der Küste kleine Reibereien zwischen Europäern und Arabern vorgekommen, aber an einen wirklichen Aufstand dachte Niemand. Hinter der deutschen Station Lewa trennte ich mich von dem großen Troß, der für unsere Bergtour zu schwerfällig gewesen wäre, schickte denselben unter bewährter Führung auf dem üblichen Karawanenweg am Panganifluß entlang mit dem Auftrag, in Gondja am Parehgebirge mich zu erwarten, und stieg mit Dr. Baumann und 60 Mann von der Missionsstation Magila aus in die Usambaraberge hinauf, die wir nun in dreiwöchiger Reise als erste Europäer von Süden nach Norden durch die ganze Längenerstreckung durchzogen, aufnahmen und absammelten. Daß dieses nur eine Tagereise von der Küste entfernte, durch weite Thäler leicht zugängliche, durchschnittlich 1300 m hohe Bergland, welches mit einem milden Klima gesegnet, großenteils von dichten Wäldern bedeckt, von einer arbeitsamen und friedfertigen Bevölkerung bewohnt ist, zu allererst für europäische Kultivation in Betracht kommen muß, war die wichtigste Erkenntnis dieser Reise.

Jenseits Usambara eilten wir dem Ort Gondja zu, wo wir unsere Hauptkarawane zu treffen hofften; sie war jedoch nicht da. Sie sei, so sagte man uns, auf ihrem Marsch vom Häuptling Sembodja in Masinde aufgehalten worden, habe sich aufgelöst und sei mit Zurücklassung aller Lasten zur Küste zurückgekehrt. Ich brach sofort nach Masinde auf, wurde aber auf dem Marsch dahin von meinen sämt lichen Trägern verräterisch verlassen, so daß ich schließlich allein mit

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