Imatges de pàgina
PDF
EPUB
[merged small][merged small][merged small][graphic][merged small]

an seinem stolzen Gang und seiner hohen Kopfhaltung schon aus der Ferne. (Siehe Tafel 7.) Leuchtenden Auges schritt er auf mich zu und,,Jambo, jambo, Dakta Maya, jambo sana; umefika sasa, uhalli gani?" („Willkommen, willkommen, Dr. Meyer, herzlich willkommen; nun bist du endlich da; wie geht es dir?") klang es herzlich aus seinem lachenden Mund. Wir schüttelten uns lang und kräftig die Hände, und kurz erzählte ich ihm vom bisherigen Verlauf meiner Reise und von meinen ferneren Absichten. „Das ist sehr schön; dann wirst du lange hier bleiben und wir werden uns sehr lieb haben. Nun ruhe aus, denn du wirst müde sein. Morgen früh komm in mein neues Haus." Das versprach ich ihm, und er ging nach wiederholtem Händeschütteln und lachendem ,,Jambo sana".

Das war freilich ein anderer Empfang als bei Mandara. In wenigen Minuten hatte Mareale auch die Herzen meiner Begleiter und Leute gewonnen, so daß troß der Mühen des Tages beim Verschmausen der alsbald eintreffenden Begrüßungsziegen die Stimmung allgemein eine gehobene war. Das war meinen Leuten sehr zu gönnen, denn in der Nacht wurden die ungeschützt im Freien liegenden Schläfer durch stundenlange Regengüsse schlimm durchnäßt und durchfältet.

Die erste Arbeit des Morgens war darum selbstverständlich der Hüttenbau. Aus den riesigen Bananenblattbündeln, welche die Maranguweiber herbeischleppten, entstanden in kurzem 14 kleine Hütten über die ganze Lagerwiese hin, für jedes ,,campi" eine, so daß wie mit Zauberschlag ein nettes, reges Dorf aus dem Boden gewachsen war. Unter einem Baum wurde in der Mitte ein größerer Raum für den Markt offen gelassen, und auf der einen Langfeite, wo unsere Zelte standen, ließ ich einen Zaun stecken zur Abgrenzung für uns Europäer und die Somali. In der Zwischenzeit machte ich mich mit Herrn Purtscheller an die Zurichtung der Geschenke für Mareale. Es ist beinahe komisch, was man alles verstehen, können und sein muß, um eine afrikanische wissenschaftliche Erpedition gedeihlich durchzuführen, und noch wunderbarer, was für schlummernde Eigenschaften und Fähigkeiten durch das Erpeditionsleben geweckt und ausgebildet

werden, von deren Eristenz man unter normalen Verhältnissen nicht die leiseste Ahnung gehabt hat. Daß man Geolog, Zoolog, Botaniker, Ethnolog, Meteorolog, Astronom, Photograph, Kartograph, Maler, Jäger, Arzt, Diplomat, Strateg, Nationalökonom, Kaufmann, Büchsenmacher, Tischler, Schneider, Schuster, Blechschmied, Koch u. s. w. sein muß, versteht sich von selbst; aber daß ich es bei dem stundenlangen Zurechtmachen der Mareale-Geschenke auch noch zum Nähmaschinenmonteur und zum Steppstichkünstler bringen würde, hatte ich mir nicht träumen lassen.

Als das Maschinchen glücklich in Ordnung war und die Stoffballen, Perlen, Taschenuhren, Revolver, Seidendecken, Armspangen, Feilen, Thee, Harmonikas, Masken, Glocken, Pulver, Schrot, Tabakspfeifen und Anderes mehr dazu gepackt waren, machten wir Mareale unseren Gegenbesuch. An seiner Wohnstätte waren in den verflossenen zwei Jahren große Veränderungen geschehen. Wo früher neben seiner bescheidenen Hütte ein offener Play gelegen hatte, steht jezt ein viereckiges, kastellartiges Steinmauerwerk von Doppelmannshöhe mit niedrigen Durchkriechlöchern, in welchem die Hütten seiner Weiber und Kinder eingereiht sind, und dicht daneben ein wirkliches Sansibarhaus mit Giebeldach, in welchem mehrere Räume durch teils indisches, teils europäisches Mobiliar zu ganz behaglichen Wohn- und Schlafzimmern eingerichtet sind, die nur den einen Fehler haben, daß sie, weil fensterlos, stockdunkel sind und deshalb wie die Dschaggahütten das Unterhalten eines qualmenden Feuers auf dem Boden nötig machen. Mehrere Suaheli haben ihm das Haus gebaut und sich mit dem Vieh und den Sklaven bezahlt gemacht, die Mareale in einem Krieg mit der großen Dschaggalandschaft Rombo erbeutet hatte.

Mit der ihm eigenen Liebenswürdigkeit empfing uns Mareale vor seinem neuen Haus. Er trug einen schönen arabischen Burnus über einem Suahelihemd und um die Stirn eine dunkelrote Baumwollbinde. Sofort wurde Bananenbier herbeigeschleppt, und nach mehrfachem Rundtrinken aus einer gemeinsamen Kürbisschale wurden die Geschenke vorgeführt und nach Gebühr bewundert. Das Entzücken war natürlich am lautesten, als ich meine Steppstichkünste auf der

Nähmaschine produzierte. „Diese Nadeltrommel (ngoma ma shindano) ist mir lieber als mein ganzes Haus, denn ich allein habe eine solche in ganz Dschagga, ein Suahelihaus hat aber auch Mandara“, rief Mareale begeistert, und um diese Versicherung wenigstens teilweise zu bekräftigen, ließ er mir sofort eine fette Kuh ins Lager abführen.

Seinen neugierig umherstehenden Weibern und Sklavinnen (surias) gefielen, wie überall, die Schmucksachen am besten. Während im Jahr 1887 eine Tochter Mandaras, die Marcale für 100 Rinder gekauft hatte, das Regiment im Haushalt führte, mehr vermöge ihrer Abstammung als um ihrer Schönheit willen, ist jetzt ein sehr hübsches 16jähriges Weib seine erklärte Favoritin. Aber auch die früheren Jahrgänge sind noch vorhanden und freuten sich, als ich sie wiedererkannte. Eine vor zwei Jahren aufgenommene Photographie derselben suchte ich ihnen allerdings vergeblich verständlich zu machen. Nur Mareale erkannte sich auf einer Sonderaufnahme sofort mit dem hellen Jubelruf,,mimi menyewe" (ich selbst") und bewies dadurch wiederum seine für einen Bantuneger ganz ungewöhnliche Intelligenz, denn außer an ihm habe ich noch an keinem anderen Neger die Fähigkeit gefunden, die auf einer Photographie dargestellten Personen oder Dinge plastisch zu sehen.

An der Ordnung im Hof und in den Feldern erkennt man den sorglichen Sinn und die selbstregelnde Hand des Hausherrn, an der furchtlosen Ehrerbietung, mit der ihm Jedermann begegnet, die feste und gerechte Amtsführung des Landesherrn. All das wird in Modschi vermißt.

Vor dem Hof hocken, liegen und stehen einige zwanzig bewaffnete Männer auf einem kleinen Rasenplay umher. Es sind teils Soldaten Mareales, die ihren Wachtdienst verrichten, teils ältere Massai (el morua), die Vieh verkauft und Eisendraht gekauft haben, teils Leute aus den Dschaggastaaten Useri und Rombo, die Mareale Freundschaftsgeschenke gebracht haben. Die Soldaten Mareales sind nur in kleiner Uniform", ohne Federkopfputz, Fellmantel und Beinbehang, aber mit ihren prachtvollen Speeren und frisch geordneten

Hans Meyer, Kilimandscharo.

7

Haarfrisuren, die in mehreren nach vorn und hinten fallenden kurzgeflochtenen Zöpfen bestehen, überglänzen sie die anderen dennoch. Die großen, runden Holzpflöcke in den Ohrläppchen und die fingerlangen Holzstäbchen in der oberen Ohrmuschel tragen die Useri- und Romboleute in gleicher Weise, die Spißfeilung der oberen Schneidezähne und das Ausbrechen der beiden mittleren unteren Schneidezähne geht durch ganz Dschagga. Die Unterhaltung ist nach Dschagga-Art mehr polternd als fließend. Jeweilig spricht nur Einer, er allein stehend im Kreis der Hockenden, mit erhobener Stimme wie in einem Vortrag, indem er mit seiner kurzen Holzkeule gleichsam den Takt schlägt; die Anderen hören zu. Oder es streiten sich zwei; die Anderen hören wiederum zu. In jeder Rede kommt als bündigste Versicherung und stärkste Bekräftigung der Ausruf,,Somiriali!" (So Fürst; „Beim Fürsten Mareale!") dugendmal vor. Redner von Talent in Wort und Geste sind sie fast alle, und wer kein Talent hat, bekommt in Dschagga bei dieser Art der öffentlichen Gesprächführung wenigstens Routine. Daneben kauert ein Trupp anderer männlicher Müßiggänger in der für die Wadschagga charakteristischen Hockestellung, in welcher die Kauernden, die sich dann regelmäßig zur größeren Erwärmung in ihre Gewänder bis an die Nasenwurzel einwickeln, fast würfelförmig wie ebenso viele nebeneinander gesezte altperuanische Mumien aussehen. Da die Arme und Hände mit in dem Zeugwürfel stecken und zum Gestikulieren beim Sprechen nicht dienen können, wächst die Lebhaftigkeit des Mienenspiels in der Unterhaltung ins Unglaubliche. Denselben Grund hat die Gewohnheit, zum Hinweis auf einen Anwesenden die Zunge lang und gerade auf ihn hin auszustrecken. Am lebendigsten sind die Maranguleute selbst, am ruhigsten die Gäste aus Rombo und Useri, die ja in viel bedrängteren Verhältnissen aufwachsen und leben als Mareales Volk.

Wie zu Useri, so unterhält Mareale freundschaftliche Beziehungen zu den größeren westlichen Dschaggastaaten Modschi (- Mandara ist sein Schwager und Schwiegervater), Uru-Salika und Madschame, ohne doch an dem Bündnis beteiligt zu sein, welches die Häuptlinge dieser Staaten, Mandara, Salika und Ngamine, mit

« AnteriorContinua »