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Uferwäldern der Wasserläufe und im Gebirge, sondern ihr Stamm ist ärmlich und rissig, ihre Äste sind knorrig und voll abgestorbener Zweige. Inseln und Bänder von undurchdringlichen Sukkulentendickichten durchseßen die Baumbestände nach allen Richtungen. Je weiter der Reisende nach dem Innern eindringt, je weiter er aus dem befeuchtenden Bereich des Meeres kommt, desto mehr findet er in der Organisation der Pflanzenwelt Schutz gegen Verdunstung ausgesprochen. Schon in der Nähe der drei Tagereisen von der Küste entfernten Tarohügel verschwinden die immergrünen Formen und überwiegen die Dornengewächse über andere Bestandteile. Gegen die Maunguberge zu geht der Trockenwald in einen nur drei Arten enthaltenden „Weißdornbusch“ über, an welchen sich jenseits der schmalen Scheidewand der Maunguberge unvermittelt die Baumsteppe anschließt, anfangs mit einzelnen Dornbusch- und Buschwaldparzellen untermischt, später, jenseits der Taitaberge, in ihrer ganzen trostlosen Offenheit. (Siehe Tafel 3.)

So teilt sich dieser Landstrich zwischen der Küste und dem Kilimandscharo im Wechsel der klimatisch-geognostischen Bedingungen in vier pflanzengeographische Regionen, welchen auch die sie mitbedingende größere oder geringere Wasserhäufigkeit entspricht. Bis Taro hin findet sich während der trockenen Jahreszeit doch an mehreren Stellen Regenwasser in Felslöchern und Sümpfen, zwischen Taro und Maungu fehlt es gänzlich, ebenso zwischen Maungu und NdaraTaita sowie zwischen Taita und Taweta, während auf der Höhe von Maungu und am westlichen Ndara-Abfall Regenlochwasser zu finden ist und in Taita sogar zwei fließende Bächlein vorkommen. Wenn es regnet, findet sich außerdem noch vor Maungu und zwischen Taita und Taweta Wasser in kleinen Sümpfen.

Daß in Ländern wie im mittlern Ostafrika, wo die Ebene sich über ungeheure Räume erstreckt und nur selten eine Bergform den Blick fesselt, die Physiognomie der Landschaft fast ausschließlich durch die Vegetation bestimmt wird, ist natürlich. Die Vegetation selbst aber erhält ihren individuellen Charakter überall viel mehr durch die Gestalt und Anordnung der Pflanzenteile, welche der Ernährung und

Hans Meyer, Kilimandscharo.

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Erhaltung der Pflanzen dienen, also der Blatt- und Holzteile, als durch die Form der Fortpflanzungsorgane, der Blüten und Früchte. Das war gerade jezt im Beginn der Vegetationsperiode recht auffällig. Mochten die Blüten an dieser Stelle ganz fehlen, an jener in zahlloser Menge prangen, groß oder klein, weiß oder farbig sein, so beeinflußte doch ihre Erscheinung das Charakterbild der Landschaft nur in geringem Maße.

Die blattlosen Holzgerüste dagegen bilden in ihrer Gesamtheit die Grundzeichnung des Bildes. Sie tragen deutlich den Stempel der klimatisch-geognostischen Ertreme, durch welche die vielen verschiedenen, den Wald zusammenseßenden Arten einander so ähnlich gestaltet werden, daß der Eindruck hervorgerufen wird, als habe man nur einige wenige Arten vor sich, wie sie in gemäßigten Klimaten die einheitlichen Bestände der Buchen- oder Eichenwälder repräsentieren.

Während so die Stämme und Äste das Skelett der Flora bilden, bekommt diese erst Körper durch die Blätter. Und zwar ist das den Verdunstungseinflüssen wenig Fläche bietende doppelfiederige Blatt und das durch seine dichtzellige Oberhaut vor zu starker Transpiration geschütte starre Glanzblatt in diesen Trockenwäldern vorherrschend. Immergrüne Wipfelbäume von der Mimosen-, Tamarindenund Olivenform, regengrüne Wipfelbäume von der Banyanen-, Sykomoren- und Weidenform, Zweigsträucher von der Oschur- und Sodadaform sehen im Großen den Wald zusammen; Zwergpalmen, Schlingepiphyten, Rohr- und Savannengräser, Zwiebel- und Knollengewächse bilden die bodennahen Nebenbestandteile, die sich an baumlosen Stellen mit Stamm- und Schlingeuphorbien, den mehlsackartigen Knollenstämmen der testudinaria, mit Kufurbitaceen und Aloes zu Dickichten von filzartiger Undurchdringlichkeit vereinigen.

Schuß vor Verdunstung ist das oberste Prinzip, nach welchem die sorgliche Natur diese Pflanzen organisiert hat; denn es gilt, sic vor der Wirkung einer vielmonatlichen Trockenzeit zu bewahren. Einigen Mimosen, den Banyanen und Sykomoren schenkt sie, wie erwähnt, siederige oder glänzende, starre Blätter und nimmt ihnen

bald nach der Regenzeit die krankenden Organe wieder ab, nachdem diese ihre Ernährungsfunktionen erfüllt haben, anderen gibt sie widerstandsfähigere Blattgebilde von mehrjähriger Dauer, die meisten Bäume und Sträucher versieht sie an Ästen und Zweigen, einige sogar auch an den Stämmen mit Stacheln und Dornen, welche die Rinde verdicken oder die Blattbildung beschränken, die Sukkulenten bekleidet sie mit einer die Verdunstung des aufgesammelten Saftes hemmenden Panzerhaut, die Gräfer und Zwiebelgewächse schüßt sie durch das Verlegen des perennierenden safthaltenden Organes unter die Decke des Erdbodens und dergleichen mehr. Überall Einrichtungen und Vorkehrungen gegen das Trockenklima.

Als ich vor zwei Jahren im Juli, also in der Trockenzeit, diese Wälder durchwanderte, war das Bild braun und grau. Jest war es auch keineswegs grün, denn auch die jungen Blätter haben einen grauen oder bläulichen Schimmer, und die abgestorbenen Gräser, Äste und Stämme machen sich breit, wo sie nicht durch Feuer oder durch die Termiten verzehrt werden. Aber trotzdem ging jezt vor dem Eintritt der Regenmonate ein Frühlingswehen durch die ganze Vegetation. Viele Arten sezen die ersten Blättchen an, andere treiben vor dem Blattansah erst ihre Blüten, wie die Erlen, Haselnüsse, Weiden und Obstbäume in den gemäßigten Zonen. An unseren Obstbäumen, auf deren empfindlichere Blütenknospen die Strahlen der Frühlingssonne stärker einwirken als auf die unempfindlicheren Blattknospen, ist dieses Frühblühen, wie schon Grisebach hervorhebt, weniger wunderbar als an den frühblühenden Pflanzen der afrikanischen Äquatorialländer, wo doch der äußere Wärme- und Lichtreiz das ganze Jahr hindurch derselbe bleibt. Die Bewegung scheint demnach hier innerlich geregelt zu werden im Hinblick darauf, daß die Befruchtung der betreffenden Arten vollendet werden muß, bevor die Pollen durch die folgenden heftigen Regengüsse zerstört werden können.

Dem gleichen Trieb folgen die Erdorchideen und Liliaceen, während die Gräser zuerst Blattsprosse und die Sukkulenten neue Astfortfäße hervorbringen. Sie haben ihr Feuchtigkeitsbedürfnis während der Trockenzeit teils aus unterirdischen, teils aus oberirdischen

Sammelbecken befriedigt und beginnen mit der ersten Ankündigung der Regenzeit ihre Vegetationsthätigkeit von neuem.

Nahe am Rande der Küstenterrasse ragen noch einige stolze Borassuspalmen über die niedrigen Waldbäume zum Himmel, gleichsam als äußerste Marksteine einer bessern Natur. Dann verschwindet die Palme, um erst wieder in den Taitabergen und am Kilimandscharo in anderen Arten aufzutreten.

Am Mittag unseres ersten Reisetages schlugen wir unser Lager an dem bis auf einige Wasserlöcher ausgetrockneten Moadjebächlein auf, wo ich auch vor zwei Jahren mit Herrn von Eberstein mein erstes Lager gehabt hatte. Ein paar große, dichtbelaubte Mangobäume, die wahrscheinlich aus den weggeworfenen Kernen von Früchten, welche Karawanenträger von der Küste gebracht, entsprossen sind und am Wasser, nicht zu fern vom Meer, noch ein ausreichendes Fortkommen gefunden haben, beschatteten unsere Zelte. An den Lasten gab es nach dem ersten Marschtag erklärlicherweise vielerlei neu zu ordnen und zu ändern. Die Träger fanden sich aber schnell darein, ebenso wie in die Maßregel, daß ich ihnen bei Ankunft am Lagerplatz alle Gewehre zur Verhütung von Desertionen wegnehmen ließ, und tanzten und sangen abends bei Vollmondschein wie besessen bis tief in die Nacht hinein.

Als ich nach köstlich kühler Nacht aus dem Zelt in den taufrischen Morgen hinaustrat, bemerkte ich zwei der gestern gemieteten RabaiLeute, die sich in aller Stille aus dem Lager zu entfernen suchten. Obwohl ihre Reislasten schon aufgezehrt waren, ließ ich sie des Prinzips halber von drei Somali ebenso still wieder einfangen und fernerhin in alten Petroleumkannen, die ich zum Zweck des Wassertransports in Mombassa gekauft hatte, schon jest Wasser für den Gebrauch auf dem Marsch mitschleppen. Aus den Büschen am Bachrand klucksten die wilden Perlhühner (Kanga), als wir uns in Bewegung setzten, und bald brachte Ali zwei fette Hennen für die Küche. Die ebene, graugrüne Waldwildnis der Landschaft Duruma mit ihrem gänzlichen Mangel an Ausblicken auf das Umland verschlang uns wieder für einige Stunden. Außer unserem Pfädchen und gelegentlich

einem Feßen Baumwollenzeug an einem Dornenast weist hier nichts auf die vorübergehende Anwesenheit von Menschen hin. Tiere des Waldes, wie in unseren nordischen Ländern, gibt es hier scheinbar gar nicht. Das große Wild scheut die Dickichte, wo sich ihm das Raubzeug ungesehen nähern kann, und sucht die offenen Baumsteppen auf; die Vögel aber werden erst bemerkbar, wenn sie nach Eintritt der regelmäßigen Regenzeit zur Paarung schreiten und ihre Stimmen erschallen lassen. Erst dann werden auch die Kerbtiere lebendig, die jezt, außer großen Tausendfüßlern, gänzlich zu fehlen scheinen. So weit ist aber die Jahreszeit noch nicht. Die Vorregen sind unregelmäßig, waren vor einigen Tagen morgens um 4 Uhr gefallen, dann ausgeblieben und seßten nun um 11 Uhr vormittags ein, um eine Stunde lang in einzelnen kurzen und heftigen Güssen anzuhalten.

Mit triefenden Gewändern erreichten wir den aus aneinander gereihten Löchern bestehenden Magungabach und lagerten an seinen stark alaunig schmeckenden Wassern unter einer Sykomore. Vor zwei Jahren waren mir hier fünf Mann auf Nimmerwiedersehen davongelaufen mit Koffern, die unsere wertvollsten Ausrüstungsgegenstände, wie Karten, Ferngläser, Wollkleidung und Anderes, enthalten hatten. Diesmal schien es ebenfalls zu einer kritischen Wendung kommen zu wollen, denn wie am Tag vorher, so ließ ich den Leuten auch diesmal wieder ihre Gewehre abnehmen und erregte damit einen Sturm von Unwillen unter denjenigen, welche sich mit Fluchtgedanken getragen hatten. Ein Haupträdelsführer veranstaltete eine große Deputation, um mich zur Herausgabe von Gewehren und Munition in diesem „gefährlichen Feindesland" zu bewegen. Ich machte mich jedoch in wohlgesezter Rede lustig über die angeblich Furchtsamen, bekam dadurch die Lacher auf meine Seite und hatte das Spiel gewonnen. Immerhin ließ ich die Somali in der Nacht scharf Wache halten und kontrollierte sie mehrfach bis zum Morgen.

Je weiter wir landeinwärts dringen, desto dürrer wird die Landschaft. Die Vorregen haben hier noch nicht viel von sich spüren lassen. Streckenweise haben frühere Grasbrände dem Boden eine tiefschwarze Färbung gegeben, so daß man mitunter an Humusbildung

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