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Am Nachmittag schlugen wir am einsamen Landungsplatz Bandarin wie vor zwei Jahren unser erstes Zeltlager auf afrikanischer Erde auf. Um die Zelte verteilten sich in kleinen Kochgemeinschaften (campi) von fünf oder sechs Mann die Träger und Asikari, entzündeten ihre Feuer und seßten die Kupferkessel an. Die Aristokraten der Karawane, die Somali, hockten seitwärts bei den aufgehäuften Lasten an ihrem Zelt und pußten ihre Gewehre. Das war wieder Afrika! Das waren wieder der rote Lateritboden, die dürren Dornenbüsche, das dürftige graugrüne Gras, die reine, trockene Luft, das Taubengirren und Zikadenzirpen des afrikanischen Festlandes, das waren wieder die Laute und die Stimmung des freien Karawanenlebens, wieder das aus spezifischem Negergeruch, Erdausdünstung, Holzfeuerrauch, Blütenduft und Steppenluft gemischte,,bouquet d'Afrique", Jedem unvergeßlich, der einmal in dieser Atmosphäre gelebt, gearbeitet und sie liebgewonnen hat.

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II.

Von Mombassa nach Taweta.

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ie ersten Tage einer ostafrikanischen Festlandsreise sind regelmäßig die lästigsten der ganzen Expedition. Die Freude an der freien, großen Natur, der Genuß der ungebundenen, selbstbestimmenden Lebensweise, die frohe Hingabe an das intensive wissenschaftliche Arbeiten werden geschmälert und getrübt, die Frische der Eindrücke wird geschwächt durch die beständige Sorge vor dem böswilligen Davonlaufen der Träger und durch die noch ungebändigte Zügellosigkeit der Leute. Sie toben sich in Schreien und wüsten Tänzen aus, solange es ihnen noch danach zu Mut ist.

Wenn erst die Mühen des Tagewerkes ihren Einfluß ausüben und die wasserlosen Märsche begonnen haben, legt sich der Übermut von selbst. Anfangs besitzt man aber durchaus keine Handhabe zur Zügelung der widerspenstigen Geister; man kennt die verschiedenen Charaktere noch nicht und hat die besseren Elemente noch nicht herausgefunden,

auf die man sich stüßen könnte. Läßt man von vornherein Strenge walten, so graut es den Leuten vor der Zukunft, und sie halten es für das Geratenste, sich ihr durch die Flucht zu entziehen, solange es noch Zeit und Gelegenheit ist. Und gerade die lähmenden Desertierungen waren jezt bei den herrschenden Kriegszuständen in größerem Umfang zu befürchten als früher. Ist man hingegen zu mild und lau, so verliert man alle Autorität von Anfang an, und die Ausreißer sehen erst recht keinen Grund ein, warum sie dem verhaßten Lastenschleppen nicht rechtzeitig mit ihren Vorschüssen entrinnen sollten.

Die Einhaltung des rechten Mittelwegs in der Behandlung der Leute ist deshalb im Beginn der Reise ganz besonders schwer. Manches habe ich in den ersten Tagen hingehen lassen, mit der innern Vertröstung auf spätere Abrechnung, und während ich anfänglich für ,,mema sana" (sehr gut) galt, zog ich später die Zügel straff und ward häufig sehr „mkali“ (scharf). Doch scheine ich den richtigen Ton getroffen zu haben, denn zur selben Zeit, da anderen Reisenden Dußende von Leuten davonliefen, hatte ich bei der Ankunft in Taweta nur drei Ausreißer zu verzeichnen, die mir schon in Mombassa als unsichere Kantonisten bezeichnet worden waren. Halbwegs zum Kilimandscharo waren die Träger und Soldaten bereits vortrefflich gehorsam, die Marschordnung musterhaft, der Ausfall der Expedition in dieser Hinsicht gesichert.

Lassen wir die Karawane bei ihrem Aufbruch Revue passieren und sehen wir uns die jungen Männer genauer an, von deren Thun und Lassen die Erreichung des Zieles wesentlich abhängt.

Die Hauptpersonen sind nach uns Europäern die beiden SuaheliNiampara (Hauptleute) und die Leibgarde der Somali. Leztere seien zuerst vorgeführt, weil sie an Tüchtigkeit den Suaheli weit überlegen sind. Ihr Führer ist der 26jährige Ali, der im Jahr 1888 meine Usambara-Erpedition mitgemacht hat und beim Überfall bei Pangani von Buschiris Sklaven mit uns gefangen, dann aber nackt ausgeplündert und davongejagt worden war. Er hat großen Einfluß auf seine Somalikameraden, ist in seltenem Maße einsichtig und energisch und hat sich bei vielen Gelegenheiten so ehrlich erwiesen,

daß ich ihm die Führung der Kasse und die Verwaltung der Vorräte, freilich immer unter Kontrolle, anvertraut habe. Sein offenes, frohes Gesicht nimmt sofort für ihn ein. Von heiterem Temperament, redet er im Kreise seiner Genossen etwas zu viel, vertritt aber stets das Interesse seines Herrn und wird deshalb von den Karawanenleuten als „bwana Ali“ gefürchtet. Sehr wertvoll ist sein großes Sprachtalent, mit dem er Englisch, Arabisch, Hindostanisch, Kisuaheli neben seiner Somalimundart gleich gut beherrscht.

Nach Ali ist Achmed, der Brave, zu nennen. Auch er steht in der Mitte der zwanziger Jahre, hat ebenfalls den Überfall bei Pangani mit mir durchgemacht und ist mir wegen seiner guten Charaktereigenschaften vor allen andern ans Herz gewachsen. Ein Muster von Gutwilligkeit und unverdrossener Pflichterfüllung, vollführt Achmed alles, was ihm aufgetragen wird, gründlich und gut. Ja, selbst was ihm nicht direkt befohlen wird, verrichtet er gewissenhaft, sobald es ihm erforderlich erscheint, und das will für einen Neger außerordentlich viel heißen. Er ist der einzige Mensch in der Karawane, der mir während der ganzen Reise nicht ein einziges Mal Anlaß zur Rüge gegeben hat. Immer war Achmed meine rechte Hand den rechten Arm brauchte ich selbst und da er leidlich Englisch, auch ein wenig Kisuaheli versteht, so ist er stets von allen Seiten in Anspruch genommen. „Achmed, wo ist dies? Achmed, wo ist jenes?" hört man von früh bis spät. Auf dem Marsch wandert er, mein Gewehr tragend, unmittelbar hinter mir, im Lager besorgt er mein Zelt, Bett, Wäsche und dergleichen, und beim Essen fungiert er als Oberkellner. Während sein Busenfreund Ali laut vergnügt ist, ist Achmed still vergnügt; Jedermann in der Karawane hat ihn gern.

Der dritte in der Reihe der Somali ist Mohammed Ali oder Arali. Er ist ein kleiner, sehr ruhiger Mann von 30 Jahren, unscheinbar und schmächtig, aber zäh und kühn, wo es gilt. Da er die zweijährige Samburu-Expedition des Grafen Teleki als „Boy“ mitgemacht hat, ist er ein großer Reisender und hat reiche Erfahrungen im Verkehr mit den Eingeborenen gesammelt. Ich habe ihm darum auch das Geschäft der wöchentlichen Verteilung von Warenrationen

(Poscho) an die Träger für die Beschaffung ihres Unterhaltes übertragen und ihm den schwierigen Einkauf von Lebensmitteln für uns Europäer und die Somali gänzlich überlassen und bin dabei sehr gut gefahren.

Von den übrigen Somali ist der hagere, fast nervöse, flinke Mohammed der beste, der langsame und verschlossene Bulhan der schlechteste. Der Koch Jama Seif schließlich hat bei den Rotröcken in Aden gedient und ist ein mutiger Kämpe, wo Gefahr ist, aber über Hühnerragout und Tomatensuppe erhebt sich sein gastronomisches Wissen und Können nicht.

An die Somali schließt sich als einziger ebenbürtiger aus der großen Zahl der Suaheli der 28jährige Panganineger Muini Amani an. Auch er hat an den Freuden und Leiden meiner Expedition von 1888 teilgenommen und sich schon damals sehr brauchbar erwiesen. Mit Dr. Fischer und mit arabischen Karawanen hat er ganz Ost= afrika bis nach Uganda bereist, Dußende der oftafrikanischen Dialekte erlernt und besißt überall eingeborene Freunde. Als Wegkenner trägt er in der Marschkolonne stets die Flagge voraus. Seine stahlharte Konstitution und zähe Willenskraft haben ihn allein unter all seinen Kameraden befähigt, mit uns beiden Europäern auf dem Kilima= ndscharo drei Wochen lang über 4000 m hoch auszuhalten; seine beste Eigenschaft aber ist die gutmütige Unverdrossenheit, mit der er jeden Auftrag, welcher Art er auch sein möge, übernimmt und erledigt. Doch will er als freier Mann, wie die Somali, vor allen Dingen als,,black gentleman" behandelt werden, eine Zartfühligkeit, durch welche die Suahelineger sich sonst nicht auszeichnen.

Im Rang weit über ihm, aber an Tüchtigkeit noch weiter hinter ihm steht der erste Niampara der Suaheli, der Sansibarmann Abedi. Als Sklave des einflußreichen Sultanssklaven Wadi Nasibu hat er großen Einfluß unter dem Sansibarvolk, aber nur wenig äußere Autorität. Faul, weichlich, verlogen, diebisch, feig, anspruchsvoll, eitel: das sind die Eigenschaften, welche ihn zum Urbild eines Sansibarnegers stempeln. Aber ich brauche ihn, weil er mir dem Inder Sewah Hadschi gegenüber mit seiner Person für den Bestand der Karawane

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