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Hand drückte. „Leb wohl, sehr wohl", sagte er betrübt lächelnd, „und komm im nächsten Jahr wieder, wenn du kannst." Ich antwortete mit dem tröstlichen ,,Inschallah, bwana, inschallah" und schied so zum zweitenmal von einem guten Freund, den ich wahrscheinlich niemals wiedersehen werde. Meine und meiner Leute beste Wünsche sind bei ihm. Er ist der einzige unter den Dschaggahäuptlingen, dem Alle, die ihn kennen gelernt haben, geraden Sinn, offenen Mut, Bescheidenheit und Liebenswürdigkeit in hohem Maße nachrühmen können; das Muster eines jungen Fürsten troß seiner schwarzen Haut.

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VIII.

Die Heimreise.

ie Heimreise!" Wie verschieden doch diese Vorstellung auf die verschie

denen Elemente der Karawane einwirkt. Uns Europäern ist's wehmütig ums Herz,

von unserm Forschungsgebiet scheiden zu müssen, Löwe mit Kudu - Antilope. wo wir so Manches errungen haben, wo aber noch so viel zu thun übrigbleibt; wir trennen uns

schwer von dem schönen Land, dem schönsten in ganz Ostafrika, und von seinen freundlichen, gastlichen Bewohnern. Und auf der anderen Seite die Träger? Sie träumen bereits von den Freuden der Küste und Sansibars, von den vielen Rupies, die ihnen dort ausgezahlt werden, vom süßen Nichtsthun und von ihren Mädchen. Käme es auf sie an, so wanderten sie jest Tag und Nacht fort, um bald ans Ziel ihrer Sehnsucht zu gelangen.

Wir steigen aber nicht direkt nach Taweta hinab, sondern ziehen vorerst nach Osten in die Marangu benachbarten und befreundeten Dschaggastätchen Mamba, Msai und Mwika, um noch ein Stück des südöstlichen Dschagga kennen zu lernen und auf diesem Umweg Taweta zu erreichen. Nahe bei Mareales neugerodeten Felderstrecken überschreiten wir den vom Mawensi kommenden wasserreichen Unabach, der in seinem Unterlauf sich mit dem westlicheren Ngona

vereinigt und in der Ebene als Himo zum Rufu fließt, später die tiefe Dschorroschlucht, deren Gewässer vermutlich oben in die Felder abgeleitet werden, und betreten damit die ersten Bananenpflanzungen des Häuptlings Mlavi von Mamba, von dessen Kriegern eine ziemlich große Schar hart am Weg um einen Pombekübel kauert und unsere Karawane scherzend zum Mitzechen einladet. Wir aber sind eilig und wandern in den einförmigen Buschwald hinein, der uns bis nach Mwika hin nicht wieder freigibt. Wiederum sind trockene Schluchten zu überschreiten, denen das Wasser im Oberlauf durch die Felder von Msai entzogen wird, und unter welchen die Muamboschlucht dadurch interessant ist, daß ihr weiter unten aus Quellen wieder Wasser zugeht, welches als der Habarifluß, der uns oft erquickt hat, zur Ebene läuft. Das nächste kleine Mwikabächlein ist das einzige Rinnsal, welches der schmalen Landschaft Mwika das labende Naß spendet. An seinem Ufer schlugen wir nach Mittag unsere Zelte auf und befreundeten uns mit dem Landeshäuptling Sombararia (Präfir ,,So" wie in Somiriali die Hoheitsform), einem trinkfrohen jungen Mann, der meine Erzählungen von Eisenbahnen, Dampfschiffen, Telegraph, Repetiergewehr und anderen Kulturschäßen mit hellem Jubel begleitete, aber offenbar vergeblich versuchte, dafür einen gleichen Enthusiasmus in seinem blöde dareinschauenden Gefolge zu erwecken.

Im Regen bei +8° Minimumtemperatur schliefen die Träger unter freiem Himmel, da sie zum Bauen von Grasdächern zu faul gewesen waren, im Regen verließen wir Mwika und damit Dschagga, und im Regen eilten wir bergab durch die überall jung sprießenden Grasflächen der Steppe, vorbei an den kegelförmigen Wadschimbaoder Fumvuhügeln, hinter welchen der Rombohäuptling Wadschimba haust, und an den Makessahügeln am Fuß des Kilimandscharo, wo vulkanisches Konglomerat sichtbar mit Gneis gemischt ist. Nach siebenstündigem Eilmarsch langten wir im Tawetawald am angeschwollenen, jest rotbraunen Lumifluß an, nach dessen mehrfachem Durchschwimmen mittels des Gletscherseils wir endlich die müden Glieder im Lager des Amerikaners Mr. Chanler ans trocknende Feuer strecken konnten.

Der folgende 1. Dezember war ein Sonntag und wurde sonntäglich angewandt zur Erholung vor dem Gewaltmarsch zur Küste. Unter den Tawetanern herrschte große Freude, denn man hatte wieder einmal die Massai, die in den letzten Wochen des öftern einen Einbruch nach Taweta versucht hatten, erfolgreich zurückgetrieben. Da die Massai jezt im Frühsommer überall für ihr Vieh frisches Futter fanden, waren sie in ihren Bewegungen nicht beschränkt, und deshalb war es auch sehr wahrscheinlich, daß wir in den nächsten Tagen sie selbst oder ihre Spuren in der Steppe finden würden. Die Tawetakrieger aber begingen ihren Sieg festlich mit Gesängen und Tänzen. Wenn die Sonne zur Rüste ging, führten sie auf dem offenen Play vor unserm Lager mit Kriegsgeschrei allerlei Evolutionen aus, bis sich ihrer eine genügende Zahl versammelt hatte. Dann marschieren sie in einer langen Reihe auf, die Mädchen, die bisher zugeschaut, stellen sich ihnen in einer zweiten Reihe gegenüber, und nun treten unter dem kurzstrophigen Chorgesang der Menge abwechselnd drei Mann vor die Kriegerfronte, springen mit Kniebeuge hoch in die Luft, schlagen dabei mit ihren rotfettigen langen Mähnen wie der Löwe mit dem Schweif einen furchtbaren Reif, schwingen Schild und Speer und werden von den Mädchen durch ein leichtes Hüpfen auf der Stelle bewillkommt und ermuntert. Das eigenartige Schauspiel dauert beim Mondlicht bis in die späte Nacht hinein.

Der Sonntag bescherte uns aber am Abend noch eine besondere Sonntagsfreude; denn als ich gerade meinen Tagebuchbericht abge= schlossen hatte, meldete Ali die Ankunft der Postläufer von der Küste mit Postsäcken für die Mission in Modschi und einem dicken Briefpacket für uns. Da saßen wir nun noch lang, umschnarcht von den Trägern, umsummt von Moskitos und umklungen vom fernen Geheul nächtlicher Hyänen, und lasen die engbeschriebenen Seiten, die in der winterlichen Heimat manche liebe Hand entworfen. Und aus Sansibar kam mir die hocherfreuliche Nachricht, daß von den 100 längst verloren gegebenen Warenlasten, die ich im Jahr 1888 mit der Karawane des Missionsagenten Mr. Stockes zum Südufer des Victoria Nyanza gesandt hatte, um daselbst neue Vorräte zu finden,

wenn ich mit meiner großen (später leider verunglückten) Karawane von Often her dorthin gekommen sein würde, ein großer Teil durch die dortigen Missionare angekauft worden sei. Aber was steht hier? Lese ich recht? Stanley ist mit Emin und Casati in Usagara und wird in 14 Tagen in Sansibar erwartet! Und wir werden etwa gleichzeitig in Sansibar ankommen. Welche verlockende Aussichten für die nächste Zukunft!

Die Postläufer erzählten aber auch, daß sie Massai bei den Wasferlöchern von Landjoro gesehen hätten, und führten uns dadurch unsanft zur Gegenwart zurück. Als wir in der Frühe aufbrachen, drehte sich alle und jede Unterhaltung der Leute um die Massai, und mit lautem Prahlen, aber der stillen Absicht, sich selbst Mut einzuflößen, lud Jedermann eine besonders große Pulverladung und eine besonders schwere Kugel in sein Gewehr. Dabei wußte ich nur zu gut, daß im Fall wirklicher Gefahr aus purer Angst kaum zwei oder drei von der ganzen Gesellschaft ihr Pulverrohr losknallen würden.

Vorderhand war es jedoch nicht leicht, aus dem Schuß Tawetas in die vogelfreie Oststeppe hinauszukommen. Das Schlupfloch im Landesthor war durch schwere Baumstämme verrammelt, die erst beiseite geschafft werden mußten, und im Wasserwald folgte ein den Pfad sperrender Verhau auf den anderen, Alles gegen die Massai. In 212 Stunden waren wir endlich aus dem 12 km breiten Waldband heraus und schritten im offenen Gelände weit aus, um die verlorene Zeit wieder einzubringen. Perlhühner und Frankoline huschten zu Hunderten über unseren Weg, aber kein Gewehr rührte sich, um nicht die Massai auf unsere Spur zu bringen. Kein Lachen, kein lautes Sprechen, kein Gesang erklang in der Karawane, nur die immer wiederkehrenden kurzen Warnungsrufe der Vorderen:,,shimo" (Loch) oder,,mawe" (Steine) oder „,miba“ (Dornen) an die Hintermänner unterbrachen von Zeit zu Zeit das Schlürfen der Schritte. Im Nordwesten traten noch einmal die höchsten Kuppen und Zacken des Kilimandscharo aus den Wolken und winkten uns ein stilles Lebewohl. Auch Ugueno sandte über den bleichen Dschipe-See herüber seinen lezten Gruß.

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