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Der Kilimandscharo von Madschame (1410 m) aus SW gesehen.

BAINA

nach Westen gerichtete Zunge sogar die weiteste Erstreckung unter allen am Berg hinab hat. Dort sett im oberen Drittel des Kilimandscharo, unter der Basis des Kibokegels, der große Westkamm des Gebirges an, welcher weiter aus Osten gesehen, wo sein Ansah verdeckt ist, als eine selbständige Gebirgskette, die Schirakette, erscheint. Aus der dichten Bewaldung seiner unteren Hälfte steigt er in die Region der Grasfluren auf, und aus ihr in fast gänzlicher Vegetationslosigkeit zu einem zerrissenen Grat von Schroffen und Zacken, in welchem zahlreiche, von hellerem Gestein ausgefüllte Vertikalspalten auf einen einstigen selbständigen Eruptionsherd schließen lassen. Die mächtigen Lavafelder, welche die Landschaften Schira und Kibongoto bilden, verdanken wohl zum Teil dem Westkamm ihre Entstehung.

Während zwischen Madschame und dem Westkamm, also füdlich von ihm, noch eine größere Menge von Flüßchen und Bächen vom Berg herabkommen, um sich zum Weriweri zu vereinigen, fließt nördlich von ihm kein Gewässer mehr zur Ebene. Der Kibo-Abfall ist dort aschig und grafig wie an der Nordseite, Wald fehlt ganz, und die Eislinie zieht nordwärts zum Kraterrand hinauf, wo wir sie ja vier Wochen vorher untersucht hatten.

Unsere Arbeiten unterbrach das Erscheinen des Häuptlings, welcher gehört hatte, daß wir am nächsten Morgen aufbrechen wollten, und eine schmucke Kuh als Abschiedsgeschenk herbeiführen ließ. Einen alten Ziegenbock, den mir am Morgen sein stotternder ehrenwerter Bruder hatte anschmieren wollen, hatte ich zurückgewiesen. Ein Riesenstück Rindfleisch nahm aber Ngamine für sich selbst in Anspruch und schlug sich mit ihm, nachdem es oberflächlich angeröstet war, seitwärts in die Büsche, um nach Dschaggabrauch ungesehen von den niederen Sterblichen den fetten Bissen zu verschmausen, denn der „Manki“ ist halbgöttlicher Natur und irdischer Speise abhold.

Da Ngamine eine seltene Sammlung von elf verschiedenen, meist unbrauchbaren Schußwaffen besaß, auf die er sehr stolz war, machte ich ihm die Freude, das Dußend durch eine neue Spezies in Gestalt einer halbzerbrochenen einläufigen Lancasterflinte zu vervollständigen. Er schien jedoch meine wohlwollende Absicht mißverstanden zu haben,

denn als wir in der Frühe mit vielen Abschiedsschüssen abmarschierten, fehlte der Revolver des Niampara. Jedermann schwor, die Waffe nicht gesehen zu haben. Da verstieg ich mich zu der fürchterlichen Drohung, den Kibo Feuer speien zu lassen, und plößlich hing der verlorene Revolver an einem Ast.

Einen zweiten Beweis für die Vorliebe der Madschameleute für fremde Waffen erhielten wir ein paar Stunden später. Nachdem wir in der regnerisch grauen Morgenluft ohne Unterbrechung bergab bis zum Weriwerifluß gewandert waren, wo wir einige Tage vorher gelagert hatten, kam unser Uruführer, der unterwegs zum Bananenkauf zurückgeblieben war, in großer Aufregung nachgelaufen und klagte, daß ihm mit Gewalt seine lange Steinschloßflinte entrissen worden sei. Schon dachte ich an Rückkehr, als sich der Marangumann Mkumbo ins Mittel legte. Es stellte sich heraus, daß der Uruhäuptling Salika vor einiger Zeit zwei Madschameleute, die als geschickte Chirurgen bekannt waren, nach Uru eingeladen hatte, um seinen mündig gewordenen Sohn zu beschneiden. Dies war geschehen, aber die Operateure hatten die ausbedungene Zahlung nicht erhalten. Sie benußten deshalb jezt die günstige Gelegenheit und machten sich durch das Gewehr des Urumannes bezahlt, welches das Eigentum Salikas war. Der Beraubte wollte nun zur Entschädigung eines der arglos herumstehenden Kinder fesseln, um es als Geisel nach Uru mitzuschleppen, wurde jedoch an derartiger Selbsthilfe durch eine nicht mißzuverstehende Gebärde meiner rechten Hand gehindert, die ihn in schmerzliches Erstaunen versezte. Jedenfalls ist diese Art der Represfalien bemerkenswert.

Wiewohl die Karawane an der Zulast des Rindfleisches, das uns Ngamine gespendet, schwer zu tragen hatte, eilte sie doch, wie stets auf Rückmärschen, ohne längere Raft durch den offenen Buschwald zum Ngomberefluß hinab, wo wir am Nachmittag im Gewitterregen Lager schlugen. Im krokodilfreien, blockreichen Fluß nahm die ganze Gesellschaft ein erquickendes Bad, und später photographierte ich die steile linke Uferwand, welche sehr charakteristische Durchschnitte durch vulkanische Agglomerate aufschließt. Gegen nächtliche

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