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Das Aussuchen der 20 geeigneten Leute, das Ordnen und Packen der nötigen Lasten, die Anordnungen für die Zeit unserer Abwesenheit und dergleichen dauerte einen ganzen Tag. Endlich war die kleine Karawane fertig, und ich freute mich, wieder in Bewegung zu kommen, einmal um der erhofften Entdeckungen und Arbeiten willen, dann aber auch, weil der Aufenthalt in dem Marangulager, in dessen nächster Umgebung sich nun so viele Wochen lang die Erfremente von einigen 60 Vegetariern angesammelt hatten, der Fliegenschwärme und anderer Umstände halber nicht mehr zu den erquickendsten gehörte. Daß ich deshalb meine tägliche Abendwanderung etwas über die nächste Umgebung ausdehnte, wäre mir beinahe noch schlecht bekommen. Als ich nämlich am lezten Abend in stille Betrachtungen versunken saß, hörte und sah ich plötzlich auf 20 Schritt im Mondschein einen Leopard heranschleichen, der es offenbar auf mich abgesehen hatte. Gänzlich unbewaffnet, wie ich war, konnte ich nur ein großes Geschrei erheben, um ihn zu verscheuchen, und mich eilig zurückziehen. Meine Leute glaubten entsegt, ich hätte einen Geist gesehen, und ich hütete mich, den wahren Sachverhalt zu beichten; mein Ansehen wäre durch die urwüchsigste Heiterkeit für immer vernichtet worden.

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VI.

Durch das Bergland Ugueno.

ine der häufigsten Fragen, die in Europa an den heimgekehrten Reisenden gestellt werden, lautet: Wie finden Sie sich eigentlich in Afrika zurecht?" Antwort: „Natürlich auf den Pfaden der Eingeborenen." Unausbleibliche zweite Frage: Wie wissen Sie denn aber, ob Sie auf dem richtigen Weg gehen?" Stereotype zweite Antwort: Natürlich durch die Führer, die ich mir mitnehme." Darüber ist gewöhnlich der wißbegierige Fragesteller, der sich nach seiner, aus der modernen Afrikalitteratur stammenden lieben Gewohnheit gern von afrikanischer Wildnis etwas vorgraulen lassen möchte, höchst erstaunt und enttäuscht, daß es dort so natürlich zugeht, aber an der Wirklichkeit ändert das nichts.

Paviane auf Hyphaene - Palmen.

Von einer bewohnten Örtlichkeit zur nächsten führt in Ostafrika, wenn nicht besondere Hinderungsgründe vorliegen, ein Pfad, der je

nach der Benutzung mehr oder weniger ausgetreten ist, nie aber über die Breite einer menschlichen oder tierischen Fußspur hinausgeht, so daß selbst auf den meistbegangenen Pfaden, den sogenannten „großen Karawanenstraßen“, immer nur ein Mann hinter dem andern im „Gänsemarsch“ gehen kann. Für Geld (resp. Baumwollenstoff) und gute Worte begleitet vom Ausgangspunkt ein wegkundiger Eingeborener oder häufiger ihrer zwei, da sich einer allein auf dem Rückweg fürchtet die Karawane so weit, wie die freundschaftlichen Beziehungen seines Stammes reichen. An dieser Nachbarschaftsgrenze angekommen, sucht man sich andere Führer bis zur nächsten, und so fort bis zum Endziel der Reise. Oft auch finden sich Träger und Asikari in der eigenen Karawane, die, von früheren Reisen her genügend wegkundig, die Führerschaft übernehmen können. Das hat also keine nennenswerten Schwierigkeiten. Solche beginnen erst, wenn man seine Karawane nicht nur richtig führen will, womit sich freilich die meisten Reisenden begnügen, sondern auch die Route aufnehmen, topographische Aufnahmen machen will, denn dabei handelt es sich in erster Linie um das Erfragen und Feststellen der richtigen Namen aller gesehenen Örtlichkeiten, und dazu bedarf man eines eingeborenen Führers, der die Namen nicht allein kennt, sondern sie auch dem Fragenden nennt.

In den seltensten Fällen ist der Führer so dumm, daß er nicht die Bäche, Berge, Dörfer u. s. w., an denen er vielmals vorübergegangen ist, mit ihrem Namen zu nennen wüßte; und ist er wirklich so dumm, so pflegt er gemeinhin aus reiner Dienstfertigkeit Namen zu erfinden und sie als echt auszugeben. Solche Führer sind die schlimmsten. Viel häufiger hat man es mit Führern zu thun, die nach Negerart den Reisenden, dessen Thun und Wollen sie nicht verstehen, mit Mißtrauen betrachten und sich, wenn sie nebenbei gutmütig sind, einfach unwissend stellen, oder aber, wenn sie böswillig sind, wider ihr besseres Wissen falsche Angaben machen. Diese Kategorie ist aber im Lauf der Tage durch allerlei Kreuzfragen und rechtzeitig angebrachte Belohnungen zur besseren Einsicht zu bringen, so daß man immer noch leidlich gut mit ihr fährt.

Am seltensten und wertvollsten sind freilich die von vornherein einsichtigen Führer, die verstehen oder doch ahnen, was der Reisende mit seinen unaufhörlichen Fragen will, und falls sie selbst keine Auskunft geben können, bei der nächsten Gelegenheit einen anderen Eingeborenen fragen, ohne diesen mißtrauisch zu machen.

Da die Bewohner des Kilimandscharo-Gebietes, abgesehen von den Tawetanern, sehr wenig Kisuaheli verstehen, mußte ich mich immer auf Kisuaheli durch Muini Amani verständigen, der die Idiome der Wadschagga und Wagueno zur Genüge sprach und seine Fragen mit Geschick und Harmlosigkeit zu stellen wußte. Bis nach Ugueno mit uns zu gehen, konnte ich jedoch keinen der Wadschagga Mareales bewegen. Ihre freundnachbarliche Grenze nach dieser Richtung liegt vor Ugueno unten in der Ebene bei Kahe. Dorthin aber brauchte ich keine Führer, da mehrere von meinen Leuten den Pfad schon des öfteren gegangen waren, und ich selbst 1887, von Taweta nach Kahe wandernd, ein gutes Stück von ihm kennen gelernt hatte. Darum brachen wir am legten Oktober führerlos von Marangu nach Kahe auf.

Die Uguenokarawane bestand außer uns beiden Europäern aus 17 Trägern, 2 Soldaten, dem Hauptmann Abed, dem unentbehrlichen Muini Amani und 4 Somali; im Ganzen 27 Mann. Jm Moment des Abmarsches kam Mareale und brachte eine starke Ziege als Reisezehrung. Bis zum Landesthor führte uns sein hübsches, munteres fünfjähriges Söhnchen, das mit großer Würde die schwarzweiß-rote Karawanenfahne voraustrug und am liebsten bis nach Ugueno mitgewandert wäre, wenn ich es nicht mit einem freundschaftlichen Klaps heimgeschickt hätte. Aus den Bananenpflanzungen waren wir nun heraus, aber in dem von Schlingpflanzen durchwundenen Buschwald schlängelt sich der Pfad schattig bis zu 1150 m auf dem langsam abfallenden Terrain hinunter, wo der tief ge= schluchtete Mabungobach, der sich weiter unten mit dem von Marangu kommenden Mondjo zum Himo vereinigt, durchwatet und durchflettert werden mußte. Auf dem vielbegangenen Pfad liefen die Träger wie junge Hengste und scherzten über ihren rieselnden

Schweiß, mit dem nun all die schöne Milch und Butter von Marangu wieder verloren gehe. Der Wald wird offener und mehr mit Steppenformen untermischt, bei 1050 m traten wir in die Region der riesigen Halmgräser, wo eine Anzahl Maranguleute mit dem Schneiden und Binden der üblichen langen Grasbündel beschäftigt war, die zu Viehfutter, Lagerstreu und Dachdecken verwendet werden, und bei 900 m öffnet sich rasch die weite Baumsteppe, aus welcher 3 Meilen entfernt im Süden sich das breitschulterige Uguenogebirge mit seinem weiten, nach uns, nach Norden, geöffneten Kessel emporhebt. Links von ihm schillert der silbergraue Dschipesee, rechts dunkelt der Wasserwald von Kahe in der hellen Steppe. Aber zurück zum Kilimandscharo gewendet, trifft das Auge auf zwei ungeheure, zum blauen Himmel ragende weiße Cumuluswolken, in denen Kibo und Mawensi verborgen sind.

Nach Mittag näherten wir uns dem Lagerplay am Himofluß, wo wir vor zwei Monaten auf dem Marsch Taweta-Modschi genächtigt hatten, waren aber entrüstet über die Veränderung, die mit dem so lauschig unter großen Bäumen am kühlen Bachrand ge= legenen Lager vorgegangen war. Die 600 Mann starke Suahelikarawane, mit deren Proviantkäufern wir in Marangu üble Bekanntschaft gemacht hatten, war vor ihrer Massaireise vier Tage lang hier liegen geblieben und hatte das idyllische Erdenfleckchen in eine abscheuliche Kloake verwandelt. Auf dem rechten Ufer machten wir eine bessere Stelle zum Nächtigen ausfindig und hatten später zum Ersatz für das zerstörte Idyll eine überraschend reiche Ausbeute an Schmetterlingen, die wohl, gerade durch die Erkremente angezogen, in großer Arten- und Individuenzahl am steinigen, feuchten Bachrand herumgaukelten.

Am Morgen ließen wir den Himofluß links, den Modschiweg rechts und marschierten auf einem steinigen Pfädchen in die dürre Mimosensteppe hinein, die nun breit und schwach geneigt sich zur Kahe-Ebene absenkt. Ugueno lag in schwerem Regengewölk. Je mehr wir der Kahe-Ebene, in der uns ein sehr markanter Hügel als Richtungsweiser diente, nahe kamen, desto lebendiger wurde Gras

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