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Der Kibo, vom Kibolager (4330 m) aus SO. gesehen.

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zum Mittellager am Muëbach absteigen konnten. Langsam sahen wir sie hinter den Lavarücken verschwinden.

Nun waren wir allein im Kibolager, wir beiden Europäer und der Neger Muini Amani. Während sich der lettere sogleich zum Feuermachen und Suppenkochen anschickte, machte ich, da es gerade Mittag war, eine Breitenbestimmung unseres Lagerplazes und ge= wann damit den ersten festen Punkt für alle folgenden Peil- und Itinerar - Arbeiten. Nach dem erwärmenden Mahl wanderte ich über die asphaltharte, vulkanische Schlammebene nordwärts zu den drei am Ostfuß des Kibo gelegenen Aschenhügeln, den „Drillingen“, hinüber, an deren Südseite 1887 unser Zeltchen gestanden hatte, und fand dort noch die Splitter eines Siedethermometers, das uns damals beim Höhenmessen zu unserm großen Leidwesen zersprungen war.

In dem Sattel zwischen den „Drillingen“ und dem in der Mitte des Plateaus gelegenen Roten Mittelhügel" waren wie überall, wo auf dem Plateau an geschüßten Stellen noch Kräuter wachsen, die Spuren eines großen Spalthufers zahlreich. Im Jahr 1887 war ich der Tiere selbst nicht ansichtig geworden, diesmal aber bemerkte ich nördlich vom „Roten Mittelhügel“ drei getrennte, je 6-8 Stück zählende Rudel von Elenantilopen, die langsam umherspazierten und die vereinzelten Gras- und Krautbüschel pflückten. Daß sie hierher nur vorübergehend als Gäste während der wärmeren Tagesstunden von unten heraufkommen, ist wohl sicher anzunehmen. Dauernd aber hält sich ein kleiner Steinschmäßer in diesen unwirtlichen Höhen auf, von dem uns später am Zelt ein Pärchen durch seine unglaubliche Zutraulichkeit überraschte, indem die Tierchen die ihnen vorgelegten Fleischstückchen unmittelbar vor unseren Füßen wegpickten. Das gefährliche Raubtier Mensch war ihnen gänzlich unbekannt.

Der spätere Nachmittag wurde durch die Vorbereitungen zur ersten Kibobesteigung in Anspruch genommen, zu der wir uns in früher Morgenstunde aufmachen wollten. Der Kibokegel lag etwa 212 km von unserm Lager entfernt, auf seiner ca. 6 km breiten Basis 1680 m hoch über unserm 4330 m hohen Standpunkt aufgetürmt. (Siehe Tafel 10.) Auf seiner rechten Hälfte liegt nur ein schmaler,

blaugerändeter Eiskranz oben auf seinem horizontalen Oberrand, die steilen Felswände und Lavarücken sind dort ganz schnee- und eisfrei, auf der linken Hälfte aber reicht der Eismantel in einzelnen Zungen fast bis zur Kegelbasis herab, unten überall zerrissen und steil abstürzend, und in der Mitte, uns zugekehrt, streckt sich eine breite Eiszunge zwischen zwei hohen, weitauslaufenden Felsmauern in das von diesen eingefaßte Thal hinein, deren Zerrissenheit ebenfalls wenig einladend aussah. Wo aber der linke Felsrücken in zwei Drittel der Bergeshöhe an das Eis ansett, schien die Neigung des Eismantels weniger schroff, das Eis weniger zerrissen zu sein als anderwärts, und von dort war allem Anschein nach die höchste Schneekuppe auf dem Südrand des Berges auf dem kürzesten Weg zu erreichen.

Unsere Absicht ging infolgedessen dahin, auf der genannten nach Südosten auslaufenden Bergrippe zur Schneelinie aufzusteigen und von ihrer Grenze aus das Klettern auf dem Eismantel zu beginnen. Der Weg war weit, die Arbeit voraussichtlich sehr schwer. Und die bange Ungewißheit, was der nächste Tag bringen werde, ließ uns beide in der Nacht nur wenig zu der doch so nötigen Ruhe kommen.

Von 1 Uhr ab schauten wir alle Viertelstunden bei Streichholzflackern nach der Uhr; um 123 Uhr krochen wir aus dem Zelt. Die Nacht war kalt und stockfinster, von dem erhofften Mondlicht keine Spur. Rasch waren die Rucksäcke übergeworfen, die Eispickel erfaßt und die Laterne angezündet.,,Kuaheri" („Lebwohl"), rief ich unserm in seinem Felsspalt schlafenden Muini zu; „Kuaheri, bwana, na rudi salama" (Lebwohl, Herr, und kehre heil zurück"), klang es aus dem Loch zurück. „,Inschallah" (So Gott will"), bestätigte ich meinerseits, und fort ging es in die kalte Nacht hinein.

Solange wir uns auf flachem Terrain bewegten, hatten wir nur die herumliegenden Trümmer zu meiden. Bald aber kamen wir an einen tief eingeschnittenen Kessel am Fuß des Berges, an dessen schroffer Innenwand wir mit größter Vorsicht entlang klommen, bis wir die Trümmerhalde im Grund des Kessels betraten, die uns lang= sam über ein Chaos von Blöcken bergan führte. Es war eine verzweifelte Kletterei in dunkler Nacht. Mehrmals kamen wir zu Fall

und riffen uns die Glieder wund, aber das Marienglaslaternchen nahm keinen Schaden, wenn es auch jedesmal verlöschte und durch das Wiederanstecken im Nachtwind unsere Geduld auf eine harte Probe stellte. Purtscheller, welcher die Führung hatte, hielt sich meines Erachtens zu weit rechts, nach Norden, ich drang auf mehr westliche Richtung, weiter bergauf zur Mitte des Kibo; als aber der Morgen des 3. Oktober dämmerte, öffnete sich plößlich in schwindelnder Tiefe zu unseren Füßen das Thal, dessen südlicher Begrenzungswall unser Ziel gewesen war. Es blieb nichts anderes übrig, als an den schroffen Wänden hinabzuklettern in die schuttbedeckte Mulde und jenseits an den Felsklippen wieder emporzusteigen. Das unerwartete Hindernis kostete uns fast eine Stunde der besten Tageszeit.

Nach kurzer Rast traversierten wir die steilen Schutthalden des Thales, ließen dabei die lezten Spuren von Blütenvegetation in etwa 4700 m Höhe hinter uns, passierten um 1/27 Uhr einen massigen Lavaquerriegel in der Thalmitte und trafen an der erstrebten südlichen Thalwand gegen 7 Uhr auf die ersten Schneeflecken unter dem Schuß der Felsen in 5000 m Höhe. An der nördlichen Thalwand ziehen sich im Leeschutz des Antipassates gesellige Schneefelder von hier ab bis zu der von oben drohend ins Thal herabhängenden Eiszunge (5360 m) hinauf. Dort fließt das Schmelzwasser in zwei kleinen Bächen ab, die schnell im Geröll verrinnen. Der Blick über die von mächtigen Blöcken übersäeten Schuttkegel zur Eiswand hinauf und hinab ins Thal, das weit unten nach Süden abbiegt, und an den jäh sich hebenden Thalwänden entlang, an denen die Erosion wunderliche Lavawindungen und Höhlenformen hat zu Tage treten lassen und stellenweise Schrammen und Glätten auf Gletscherschliff hindeuten, während von Zeit zu Zeit das Rauschen des Windes und das Prasseln von rutschendem Schutt die nimmer ruhende Thätigkeit der Naturkräfte verrät, ist von ganz eigenartigem Reiz.

7 Uhr 20 Minuten standen wir endlich auf dem Rücken der Bergrippe, die wir uns gestern als geeignete Aufstiegroute ausersehen hatten, und begannen nun keuchend über festen Fels und losen Schutt hinweg der steilen Erhebung des Kammes zum Eis hinan zu folgen.

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