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ihrem kleineren Anhang gegen Sinna von Kiboso geschlossen haben. Gegenseitige Freundschaft oder Feindschaft der kleinen Despotien hängt einzig von der Gesinnung und dem Interesse ihrer Häuptlinge ab. Und da es der Stätchen über zwanzig in Dschagga gibt, d. h. also in der zwischen 1000 und 2000 m Bergeshöhe den Süden und Often des Kilimandscharo umlagernden, bewohnten und bebauten Zone, so nimmt die Unruhe im Lande, das Bündnisschließen an der einen Stelle zum Kriegführen an einer anderen kein Ende. Unter Kriegführen sind natürlich keine offenen Gefechte und Massenkämpfe zu verstehen. Die Angreifer fallen möglichst unerwartet mit großem Geschrei über die Grenzbezirke des Feindes her und schleppen die Bewohner, die nicht rechtzeitig flüchtig werden konnten, als Sklaven davon. Die Hütten werden geplündert und niedergebrannt, und als wertvollste Beute das Vieh weggetrieben, die Pflanzungen aber nicht absichtlich geschädigt. Da der Wachtdienst überall gut eingerichtet ist und die meisten Landesgrenzen da, wo ihr Übergang am leichtesten ist, durch tiefe Gräben gesichert werden, sind unerwartete Überfälle eine Seltenheit. Meist bleibt dem Bekriegten Zeit, entweder seine Bewaffneten in überlegener Zahl auf die Beine zu bringen und dadurch den kundschaftenden Feind zum stillen Rückzug zu veranlassen, oder sich mit einem Teil seiner Habe in den Schuß des Waldes zu flüchten, so daß Blutvergießen nur ausnahmsweise vorkommt. Nach jubelnder Heimkehr erwartet der Sieger den Rachezug des Besiegten. Wenn dieser aber ausbleibt, wiederholt er seine Überfälle, bis im Land nichts mehr zu holen ist oder bis der Unterlegene sich den Frieden mit regelmäßigen Tributen erkauft. Im ersteren Verhältnis scheint Mareale als Sieger zu Rombo, im zweiten zu Mamba zu stehen.

Wenn zwei benachbarte Stätchen miteinander Krieg führen, ist der Verkehr zwischen entfernteren Landschaften durch ihr Gebiet hin= durch unterbrochen. Dann benußen die friedlich Verkehrenden entweder jenen Pfad, der unten am Fuß des Berges um den Ost- und Südkilimandscharo herumläuft, oder den schwierigeren Bergpfad, der oberhalb des Urwaldes sich in den Grasfluren von Osten über Süden nach Westen entlang zieht und hinunter durch den Urwald nach

jedem Dschaggastaat einen Seitenpfad abzweigt. Beide bin ich mit den Meinigen des öfteren gewandert.

Das ca. 800 qkm große Dschaggagebiet zerfällt, von Osten nach Westen gerechnet, in folgende Stätchen und annähernde Bevölke

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Die bienenkorbförmigen Hütten stehen meist zu zweien oder dreien nebst einer kleinen Vorratshütte innerhalb eines Palissadenzaunes auf einem Hof zusammen inmitten der Bananenpflanzung des Hofbesizers. (Siehe Tafel 8.) Ein dorfartiger Hüttenhaufe findet sich nur an Mareales eigenem Wohnplay. Da die verheirateten Söhne meist so lange in der Elternhütte wohnen bleiben, wie es der Raum gestattet, so kann man einschließlich Großeltern und Sklaven zehn Bewohner auf eine Hütte rechnen, wonach Dschagga etwa 4600 Wohnhütten außer den Vorrats- und Viehhütten haben würde.

Die obige Zusammenstellung ergibt aber eine durchschnittliche Bevölkerungsdichtigkeit von 60 Bewohnern pro Quadratkilometer, während doch die Ertragsfähigkeit des Bodens ganz bequem die doppelte und dreifache Zahl zulassen würde, sobald ganz Dschagga unter einer energischen Hand vereint sein würde. Wenn auch nicht dies, so scheint es ja, als ob der thatkräftige, umsichtige Sinna von Kiboso der zersehenden Kleinstaaterei im Westen ein Ende machen wolle, worauf vielleicht Mareale im Often seinem Beispiel nacheifern wird.

Mareales bisherige Lebensgeschichte läßt erwarten, daß er nicht auf dem status quo stehen bleiben wird. Als sein Vater als Häuptling von Marangu starb, war er 112jährig und wurde von seinem Oheim, der die Herrschaft usurpiert hatte, mit seiner Mutter des Landes verwiesen. Jahrelang hielt sich das Kind und der Jüngling

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in Modschi bei Mandara und bei Sinnas Vater in Kiboso auf, bis er, kaum 20jährig, einen Raubzug der Wakiboso nach Marangu führen konnte. Seines Oheims konnte er dabei zwar nicht habhaft werden, er trieb aber alles Vieh weg und hatte seinen Stammesgenossen gezeigt, daß er ein „ganzer Kerl“ war. So gelang es seinem in Marangu geduldeten jüngeren Bruder, heimlich zahlreiche Anhänger in Marangu selbst für Mareale zu gewinnen, eines Tages durch eine Revolte den Oheim zu vertreiben und Mareale in die Heimat zurückzuführen, wo dieser seine Stellung sofort durch eine Verschwägerung mit Mandara, durch Beutezüge nach Rombo und Heranziehen von Suahelikarawanen zu befestigen wußte. Der Bruder aber ließ später sein Leben, weil er auch gegen Mareale sein revolutionäres Thun fortsette; Mareale hat ihn wahrscheinlich erstechen lassen. Es liegt nicht außer dem Bereich der Möglichkeit, daß Mareale in Zukunft noch ein- oder das andere Mal vor seinem lieben Schwiegervater oder einer Vereinigung seiner Widersacher das Feld räumen muß. Das ist so Brauch in Dschagga, und auch Mandara hat wiederholt Land und Leute dem Feind lassen müssen, bis dieser nach der Plünderung wieder abzog. Aber Mareale ist nicht der Mann, der sich dauernd in die Rolle eines Besiegten findet und seinem „Thron“ entsagt, so= lange ihm das Leben bleibt.

In unserm Lager pulsiert das Leben am frühen Morgen, bevor die Wadschagga zur Feldarbeit gehen, und am späten Nachmittag, wenn die Tagesarbeit in den Feldern beendet ist, besonders rege. Mit hochgefüllten Bastkörben und dicken Bündeln kommen die Weiber und Mädchen zu Markt und halten unter dem Schattenbaum feil. Die Weiber sizen mit lang ausgestreckten Beinen auf dem flachen Boden oder stehen einzeln und immer schwaßend umher; die Mädchen neugierig und kichernd zu zweien oder dreien dicht hintereinander, indem das vornstehende die Arme über dem offenen Busen kreuzt, die hinten stehenden ihre Freundin eng um die Taille oder die Schultern fassen, um sich gegenseitig zu bedecken und zu erwärmen. Zu kaufen gibt es vier verschiedene Arten Bananen: in reifem Zustand zum Roh-Essen, in unreisem Zustand zum Kochen und Braten, in Mehl

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