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OBERLEHRER AM GROSSHERZOGL. FRIEDRICH-FRANZ-GYMNASIUM ZU PARCHIM.

BERLIN.

VERLAG VON TH. CHR. FR. ENSLIN.

1853.

Harvard College Library

Gi't of

Miss Mary . Blatchford.
Sept. 4, 1897

KD50254

Einleitung.

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Von dem Trauerspiele „Romeo und Julie“ gibt es zwei Ausgaben in Quart, die erste von 1597, die andere von 1599, die, ohne Zweifel vom Dichter selbst, vermehrt und verbessert" ist. Ausserdem findet sich eine Quart von 1609 und noch eine Quart ohne Jahreszahl. Die ältesten Gesammtausgaben der Shakspeare'schen Dramen in Folio sind aus den Jahren 1623 und 1632; später erschienen sie noch zweimal in Folio, 1664 und 1685.

Von der Folio 1632 ist in neuester Zeit ein Exemplar durch einen glücklichen Zufall in die Hände von J. Payne Collier gelangt; bei genauerer Durchsicht fanden sich in demselben Anmerkungen und Verbesserungen des Textes von Anfang bis zu Ende, in einer Handschrift, die zu der Annahme berechtigt, dass diese handschriftlichen Zusätze aus der Zeit kurz nach 1632 stammen. Die Verbesserungen sind zahlreich, und in sehr vielen Fällen heben sie so lange bestandene Schwierigkeiten in dem Texte des grossen Dichters auf eine so schlagende Weise hinweg, dass man keinen Augenblick im Zweifel ist, so nur könne der Dichter geschrieben haben und die bisherigen Lesarten der betreffenden Stellen wären blosse Schreib- oder Druckfehler, was um so wahrscheinlicher wird, wenn man sich erinnert, dass Bühnenspiele zu jener Zeit oft lange Jahre hindurch für die Zwecke des Theaters nur in Abschriften existirten, ehe sie zum Druck gelangten; diese handschriftlichen Vervielfältigungen waren aber oft nicht einmal Abschriften im eigentlichen Sinne des Wortes; viel

mehr entstanden sie nach dem Gehör, und wie leicht da die verwirrendsten Fehler entstehen können, sieht man ein. Wenn nun auch für das Trauerspiel Romeo und Julie die Ausbeute solcher Verbesserungen gerade nicht sehr gross ist, so ist doch in dem vorliegenden Bändchen Alles, was das Collier'sche Werk darüber liefert, benutzt worden. Im Uebrigen ist der Text meist nach der verbesserten Quart von 1599 gegeben. Diese unterscheidet sich von der ersten Quart so wesentlich und so vortheilhaft, dass man es sich gar nicht erklären kann, wie neuere Herausgeber sich noch nach der früheren richten können, da die grösste Wahrscheinlichkeit vorhanden, dass die Aenderungen von dem Dichter selbst herrühren.

Vergleicht man den Text der zweiten Quart mit dem der ersten, so zeigt sich darin ein so wesentlicher Fortschritt in der Schönheit und Fülle des Ausdrucks, dass eine Zwischenzeit von zwei Jahren zu einer so bedeutenden Ausbildung des Dichters nicht wohl ausreichen konnte. Nun lässt sich annehmen, dass der Dichter die Berechnung der Amme (I, 4) auf die erste Aufführung seines Stücks béziehe. Das grosse Erdbeben von 1580 war noch Jedermann in der Erinnerung; was ist natürlicher, wenn von der Bühne herunter gesprochen wird: 'Tis since the earthquake now eleven years als anzunehmen, dass bei der ersten Aufführung des Stücks wirklich erst 11 Jahre seit jenem Naturereigniss verflossen waren? Somit wäre denn das Stück, obgleich erst 1597 gedruckt, doch schon 1591 zum ersten Male aufgeführt worden, und zwischen der ersten Bearbeitung und ihrer Verbesserung wären acht Jahre verstrichen, während welcher der Dichter mehrere seiner grössten dramatischen Werke auf die Bühne brachte. So allein lässt sich erklären, wie es kommen konnte, dass diese zweite Bearbeitung so grosse Vorzüge vor der ersten haben konnte.

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Wenn wir den Quellen nachspüren, aus denen die Geschichte von Romeo und Julie geschöpft sein kann: so finden wir sie unter dem Titel „La Giuletta" zuerst erzählt von Da Porto aus Vicenza der 1529 starb. Es gibt eine Ausgabe von 1535 und noch eine andere ohne Jahreszahl. Wahrscheinlich ist diese die frühere und noch bei Lebzeiten des Verfassers gedruckt; jedoch lässt sich dies nicht mit Gewissheit entscheiden. Da Porto sagt, die Geschichte sei ihm von seinem Bogenschützen (Jäger?) Peregrino aus Verona erzählt worden. Douce will die wesentlichen Umstände der Erzählung als Grundlage eines griechischen Romans

aus der Zeit des Mittelalters, von Xenophon von Ephesus geschrieben, gefunden haben. Eine andere Erzählung ähnlichen Verlaufes existirt von Massuccio Salernitano, gedruckt im Jahre 1476. Boswell will die Geschichte weiter ins Alterthum hinauf gerückt wissen und meint, es möchte am Ende keine andere als die von Pyramos und Thisbe sein, die allerdings einige Aehnlichkeit mit der von Romeo und Julie hat. Aber auch die Geschichte von Hero und Leander, und wieder die andere von Tristan und Isolde behandeln eigentlich ganz denselben Gegenstand; die beiden aus dem Alterthume legen das Hinderniss, das die Liebenden finden, in sinnliche Schranken, durch welches sie aber die sittlichen symbolisch vorstellen; bei der späteren sind es geradezu sittliche Hindernisse, welche den Liebenden in den Weg treten. Mögen diese Sagen einen gemeinsamen Ursprung haben, oder unabhängig von einander entstanden sein, der in ihnen durchgeführte Gedanke ist derselbe: dass nämlich die Liebe, als die heftigste aller menschlichen Leidenschaften, alle Hindernisse überwindet, aber dabei auch den sicheren Untergang findet. Bandello erzählt dieselbe Geschichte von Romeo und Julie im zweiten Bande seiner Novellen (gedruckt 1554) und bemerkt, sie habe sich unter Bartolomeo Scaliger (della Scala) zu Verona zugetragen. Pierre Boisteau verarbeitete diese verschiedenen Quellen zu einem französischen Roman, von dem Painter 1567 in seinem Palace of Pleasure eine englische Uebersetzung herausgab. Aber schon 1562 bearbeitete Arthur Brooke die Novelle von Boisteau in einem englischen Gedichte unter dem Titel: The Tragicall Historye of Romeus and Juliet, written first in Italian by Bandell, and nowe in English by Ar. Br. Es ist wahrscheinlich, aber keineswegs bewiesen, dass schon vor Brooke's Gedicht ein englisches Schauspiel über denselben Gegenstand vorhanden war; Brooke sagt nämlich in der Vorrede zu seinem Gedichte: er habe denselben Gegenstand mit mehr Beifall auf der Bühne gesehen. Vor Shakspeare gab es ein spanisches Schauspiel von Lope de Vega, unter dem Titel Los Castlevies y Monteses, und ein anderes von Don Francisco de Roxas, betitelt Los Vandos de Verona, dann ein italienisches von Luigi Groto, betitelt Hadriana, die alle denselben Gegenstand behandeln; es bleibt daher zweifelhaft, ob Brooke ein englisches Schauspiel oder eins von diesen gesehen habe. Shakspeare aber scheint besonders das Gedicht von Brooke benutzt zu haben, da sich in seinem Drama manche sprachliche Anklänge aus jenem Gedichte finden.

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