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Die Stellung der Regierung zum Budget.

I. Die vom Parlament votierten und in der Appropriationsakte aufgenommenen einzelnen Geldbewilligungen bilden keine dem Ministerium auferlegte Verpflichtung, das Geld auch wirklich auszugeben. Sie sind nur ein Maximum für die Regierung, das nicht überschritten werden darf. Innerhalb dieses Maximums hat die Regierung freien Spielraum, nach freiem Ermessen vorzugehen (Sir George Lewis in H. D. vol. 165, p. 1109: „a Vote in Committee of supply was in the nature of a maximum. It was not incumbent on the Government to spend the whole account, which they were empowered to spend"). Wenn aber Kontrakte infolge des Budgets eingegangen worden sind, wie z. B. im Falle des Panopticum, das Bentham aufführen lassen wollte, wofür die Geldbewilligung gemacht wurde, dessen Bau aber nachher unterblieb, dann kann jedenfalls Entschädigung verlangt werden All das sind Schranken des freien Ermessens der Regierung, die durch objektives Recht begründet sind und Individualrechte nicht tangieren, aber auch nicht begründen.

II. Wie steht es mit dem Rechte der parlamentarischen Budgetverweigerung? Kann das Parlament das vorgelegte Budget verwerfen und die Einnahme- und Ausgabe-Wirtschaft des Staates zum Stillstand bringen? Oder ist, wie Gneist behauptet, sowohl eine Steuerverweigerung als auch eine Ausgabenverweigerung des Parlaments juristisch ausgeschlossen? Denn dass eine Steuerverweigerung schon deshalb ausgeschlossen sei, weil die Appropriationsakte einen eigentlichen EinnahmeEtat und eine Steuerbewilligung nicht kennt, sondern dies in besonderen Gesetzen, den früheren Inland Revenues Acts, den jetzigen Finance Acts geschieht, ein Einwand, den Gneist verwendet ist kein Einwand, der den Kern der Sache trifft. Denn diese Finance Acts ergehen doch auf Grund von Resolutionen, die in Anknüpfung an das vorgelegte Budget im Committee of ways and means gefasst werden. Die Frage verschiebt sich also nur um ein Stück zurück und es ist noch zu sehen, ob denn im Committee of ways and means eine Steuerverweigerung möglich ist? Darauf die Antwort sicherlich: Ja. Eine solche Steuerverweigerung, wenngleich sie sich wegen der parlamentarischen Regierung seltener ereignen wird, kam z. B. 1852, als Disraeli Finanzminister war, vor (s. Northcote p. 180). Das Ministerium resignierte.

Mit dem Gneist'schen Hinweis darauf, dass eine Reihe von Staatsausgaben unabhängig vom Appropriationsgesetze sich vollzöge, weil sie auf den Consolidated fund als permanente Ausgaben angewiesen, und dass auch der grösste Teil der Staatseinnahmen, nämlich zwei Fünftel derselben als ständige Einnahmen durch Gesetz vorgesehen seien, ist gar nichts gesagt. Wenn man nämlich zu einer Uebersicht über das Verhältnis der permanenten zu den alljährlich bewilligten Staatseinnahmen) und Ausgaben gelangt 2), so wird man finden, dass diese ein für alle Mal permanent erklärten Staats1) Staatseinnahmen in Grossbritannien, aufgestellt nach dem Return, relating to imperial Revenue 1902, Nr. 285, p. 8 f.

§ 89.

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Davon sind die alljährlich zu bewilligenden Staatseinnahmen Property and Income Tax:

34 236 000

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Summe der alljährlich zu bewilligenden

Verbleiben für die ständigen Einnahmen

4 433 000 38 669 000 103 289 000

2) Financial Statement 1902/1903 (C. P. 1902 Nr. 141 p. 2 ff.). Das Verhältnis der

§ 89. ausgaben aus den Consolidated fund heute ein Fünftel der gesamten Staatsausgaben bilden. Und die Tendenz geht dahin, sie zu vermindern1). Bezüglich der andern vier Fünftel ist die Regierung vom Parlament, d. h. dem Unterhause und seiner Appropriationsakte abhängig. Aber auch die ständigen Staatseinnahmen, die ein für allemal durch Gesetz festgelegt dastehen und jetzt alljährlich 3 Viertel der gesamten Einnahmen ausmachen, sind doch nicht so ganz der parlamentarischen Gesamtkontrolle, wie dies Gneist annimmt, entzogen. Schon ein kurzer Einblick in die Art, wie der Finanzminister sein Budget eröffnet, kann uns darüber belehren. Er sagt gewöhnlich gleich zum Eingange seiner Budgetausführung: Z ist die Einnahme des Staats (revenue) und X die Ausgabe (expenditure). Zur Deckung der X £ brauche ich ausser den Z ständigen, durch Gesetz festgelegten Einnahmen noch eine parlamentarische Geldbewilligung (supply), die durch die Erhöhung der einen oder andern beweglichen, alljährlich zu bewilligenden Steuern zu decken wäre. Das Parlament möge diese Erhöhung genehmigen oder sonst andere Ergänzungssteuern bewilligen.

Auch haben wir im vorigen gezeigt, wie kunstvoll das Unterhaus durch Ausbildung eines eigenen Steuerrahmens mit dessen beweglicher, auf- und absteigender Ein

permanenten (Consolidated fund Services) zu den jährlichen bewilligten Staatsausgaben (Supply Services):

Table I. showing how the Amount issued from the Exchequer to meet the Expenditure in 1901--2 compares with the Estimated Expenditure (1) exclusive and (2) inclusive of Estimated War Charges.

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1) Bezeichnend sagt der Report on National Expenditure 1902 p. 231: The charges on the Consolidaded Fund apart from the National Debt, the Civil List and the Salaries and pensions of judicial officers, are Comparatively few. Many of them are temporary, and the number may be reduced without harm to the service“.

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kommensteuer, mit seiner great engine“, wie Gladstone 1853 die Einkommensteuer § 89. (income-tax) nennt, ein Netz geschaffen hat, wodurch es selbst den Endentscheid bei allen Steuerbewilligungen zu geben hat. Gerade auf die Bewilligung dieses Schlusssteines, dieser allgemein notwendigen Ergänzung, die nicht nur in Steuern, sondern auch mitunter in der Ermächtigung zur Aufnahme von Geldanleihen bestehen kann, kommt es besonders an. Seine richtige Berechnung hängt aber von der parlamentarischen Ueberwachung, auch der gesetzlichen permanent festgelegten Steuern und sonstigen Einnahmen ab. Daher wie Anson treffend sagt, ein Votum des Committee of ways and means zweierlei umfasst:

1. die Genehmigung der schon einmal gesetzlich festgelegten Steuern und Einnahmen als Grundvoraussetzung. Das Committee of ways and means kann jederzeit den Wert dieser Grundvoraussetzung eben umstürzen, weil es doch die Deckung des Gesamt bedarfs vorzunehmen hat.

2. Die Ergänzungsbewilligung in Gestalt von Ergänzungssteuern oder Eröffnung sonstiger neuer Einnahmequellen. Eins ist von dem andern eben deshalb nicht zu trennen, weil England sich diesen eigenartigen Steuermechanismus eingerichtet hat, nämlich: indirekte Steuern und einige direkte, welche zum grösseren Teil den Staatshaushalt decken. Dazu als Ergänzung ein jährlich in Bewegung gesetztes Ventil, die Einkommensteuer und eine oder zwei jährlich zu bewilligende indirekte Abgaben. Trotzdem nämlich diese Ergänzungssteuern in ihrer Gesamtsumme geringer sind als die permanenten Einnahmen, so fallen sie deshalb doch nicht minder schwer ins Gewicht. Vielmehr sind sie, finanzpolitisch betrachtet, noch wichtiger als die permanenten. Denn die Tendenz des Staatsbedarfs geht immer dahin, sich hart an die Grenzen der ständigen Einnahmen zu halten. Daher ist das Streben der Regierung nach jährlichen Extras ein sehr eifriges. Die Bewilligung derselben durch das Parlament ist eine sehr preziöse Ware, für die dasselbe mit sich handeln und feilschen lässt. Es lässt sich daher aus den gesetzlich dauernd festgelegten Staatsausgaben und -Einnahmen durchaus nicht, wie Gneist dies getan hat, deduzieren, dass in England eine parlamentarische Steuern und Ausgabe - Verweigerung nicht durchführbar ist. Gewiss wird sie nicht oft vorkommen, schon wegen der parlamentarischen Regierung. Aber sie bleibt dennoch, wie dies auch die herrschende Ansicht der Gelehrten in England ist (Dicey a. a. O. p. 391), die letzte juristische Waffe des Parlaments gegen die Regierung.

Kritische Würdigung, insbesondere die Rezeption des französischen Budget- § 90. rechts in England.

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I. Eines wird im Verlaufe der vorangegangenen Darstellung am englischen Budgetrechte aufgefallen sein, das lebhaft an das Mittelalter erinnert: die Tatsache nämlich, dass die englische Appropriationsakte bis auf den heutigen Tag von den Appropriations in Aid abgesehen vorwiegend Ausgabenbewilligung geblieben ist. Denn auch die mittelalterliche Geldbewilligung der Stände war bloss Ausgabenbewilligung, wie dies S to ur m, („le Budget“ 4. ed. 1900 p. 39), treffend hervorhebt.

Vom 18. bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts strebt das englische Recht danach, sein Budgetrecht zu modernisieren und dies gelingt ihm erst im 4. Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts mit Hilfe einer Rezeption des französischen Budgetrechts.

Die Appropriationsakte stellt selbst nach der glorreichen Revolution unter Wilhelm III., ja selbst unter Anna gar keine Details der Ausgaben auf, am allerwenigsten ein Detail staatlicher Jahres ausgaben, sondern bewilligt in Form einer kurzen oder längeren Gesetzesklausel eine Geldsumme, resp. eine Steuer und „appropriiert" sie, d. h.

§ 90. bestimmt sie für einen bestimmten Zweck in echt mittelalterlich-ständischer Weise 1). Jährliche Geldbewilligung in spezialisierter Form der Ausgaben zu machen, war seit dem 10. und 12. Regierungsjahr der Königin Anna (seit dem Frieden von Utrecht) regelmässig üblich geworden, aber nur für die Armee 2); für die Flotte wurde nur immer eine Bausch- und Bogensumme bewilligt. Die 3. grosse Klasse von Ausgaben für die Zivilverwaltung entzog sich, weil ebenfalls auf eine Bausch- und Bogensumme, die königliche Zivilliste, angewiesen, der parlamentarischen Spezialisierung. Aber auch jene Regel für die Armee erfuhr zum grössten Teile Durchbrechung. Denn von 1758-1782 war es infolge der zahlreichen Kriege, die England zu führen hatte, für die Regierung üblich geworden, ausser den spezialisierten Armeebewilligungen, beinahe alljährlich, sog. „Extraordinaries" zu verlangen, d. h. Nachtragsbewilligungen, die mitunter ja meistens beinahe so hoch wie die originären Bewilligungen waren. Hatsell, der verständnisvolle Ausleger parlamentarischen Brauches, sagt von ihnen (III, 211): „These was a degree of negligence or extravagance or both, in those, who had the conduct of this department, which rendered all the votes of the House of Commons, or Bills for appropriating the supplies ridiculous and nugatory".

Dazu kommt, dass während des ganzen 18. Jahrhunderts das Parlament absolut keine regelmässige Kenntnis davon erhielt, ob das Geld seinen Zwecken entsprechend verwendet wurde. Es bestand damals ja bis in die 30er Jahre des 19. Jahrhunderts 3) nur die administrative Rechnungsprüfung der geldspendenden Behörden durch die sog. Auditbehörde, welche der Treasury (Schatzamt) und dem Chancellor of the Exchequer untergeordnet war und nur die Tatsache der Zahlung prüfte, nicht aber ob das Geld auch zweckgemäss, d. h. der parlamentarischen Bewilligung gemäss verwendet wurde. Diese verfassungsmässige Rechnungskontrolle der Appropriation Audit" wurde erst durch 2. Wilh. IV. c. 40 (also 1832) eingeführt. Wollte das Parlament von Zeit zu Zeit sich selbst davon überzeugen, so setzte es besondere Commissioners of Public Accounts ein, die dem Parlament Bericht hierüber erstatten sollten. (Hat sell a. a. O. p. 192 und 3212 Parl. hist. IV. 334, 336.)

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Was aber dem Parlamente vollständig fehlte, war die Hauptvoraussetzung für jedes moderne Budgetgesetz, nämlich eine vollständige jährliche Uebersicht über die Jahresausgaben und Jahreseinnahmen. Diese erlangte das englische Unterhaus erst nach der Rezeption des französischen Budgetrechts insbesonders der Einführung der doppelten Buchführung (double entry) nach französischem Muster in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts.

Zwar pflegten schon seit der Zeit Wilhelms III. und der Königin Anna Jahresübersichten über „Public Income and Expenditure" dem Parlamente zuweilen vorgelegt zu werden, und sie finden sich auch mitunter in den Commons Journals der damaligen Zeit. Doch sie erschienen höchst unregelmässig. Vom Tode der Königin Anna) bis zum 20. Regierungsjahre Georg III. (1780) fehlten sie überhaupt. Aber selbst wenn sie vorgelegt wurden, waren sie vollkommen unübersichtlich, da die Einnahmen niemals den Ausgaben gegenübergestellt wurden, noch gegenübergestellt werden konnten. Solche „balanced accounts" beginnen erst 1822 auf Empfehlung des damals eingesetzten „Committee on Public Accounts" des House of Commons. Entsetzt ruft

1) S. aber z. B. die Appropriationsakte 6 Anna c. 27, wo schon teilweise „purposes" spezialisiert werden.

2) Hatsell1 III. p. 205.

3) S. Philippovich, Die Bank von England, S. 140 f.

4) S. Return on Public Income and Expenditure C. P. 1869 (Nr. 366) II. 326.

ein dem Unterhause damals vorgelegter Bericht (Return to an Order of the H. of C. § 90. 1816) aus: „owing to the confused state in which the Public Accounts were kept previous to 1800, no accurate view of the Income and Expenditure previous to that date could be made out". Wenn so nicht einmal die Fachmänner im Select Committee Einsicht in das Jahresbudget erlangen konnten, um so weniger das ganze Haus. Und in der Tat gibt es nichts Konfuseres und Unübersichtlicheres als eine öffentliche Rechnung, ein Public Account selbst nach 1800. Da waren keine Gesamt einnahmen und Gesamt ausgaben ersichtlich. Bei jeder einzelnen Einnahme (Steuer, Verbrauchsabgabe, Gefälle) standen als Appendix so und soviel einzelne heterogene Ausgabeposten, welche auf jene Einnahme angewiesen waren. Das ging so einige 50 bis 100 Seiten und noch mehr durch. Dann auf vielleicht ebensoviel Seiten der jährliche Handelsimport und -Export: Warengattung, -Gewicht und -Wert. Dies alles in einer Jahresübersicht, die die Grundlage des jährlichen Staatsvoranschlages, des Budgets wurde (Return 1869, a. a. O. S. 329). Da sollte. sich das Unterhaus zurecht finden! 1).

Die Gründe für die Unübersichtlichkeit der Public Accounts und den hieraus resultierenden Mangel der Einsichtnahme auf seiten des Unterhauses lag vor allem in der Tatsache, dass bis zum Jahre 1785 jede einzelne Einnahme in echt mittelalterlicher Weise dazu bestimmt war, gewisse auf sie radizierte Ausgaben zu decken, und unter einem separaten „head of Account" publiziert wurde. So gab es allein innerhalb der Generalrubrik "Zölle" (Customs) 1785 nicht weniger als 74 solcher verschiedener „Accounts". Die Einrichtung des Consolidated fund 1787 (durch 27 Geo. III. c. 13), wodurch alle Staatseinnahmen in eine Einheit vereinigt wurden, minderte das Uebel, hob es aber nicht auf.

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Der zweite Grund lag in der Tatsache, dass bis in die 30er Jahre des 19. Jahrhunderts hinein diese „Public Accounts" nur die Nettoeinnahmen, nicht die Bruttoeinnahmen aufwiesen, indem gewisse Ausgaben vorweg gleich von der Einnahmequelle weggezahlt wurden, ohne je überhaupt in den Public Accounts" ersichtlich zu sein. Sodann wurde die Staatsrechnung bis in die 30er und 40er Jahre des 19. Jahrhunderts nicht nach der in andern Staaten schon seit dem 18. Jahrhundert 2) üblichen doppelten Buchhaltung geführt. Dies in Verbindung mit der Zersplitterung der „,Accounts" in so und soviele Partikel bewirkte, dass eine wirkliche Ausgabe, also ein Minus, da und dort als Plus aufgeführt wurde, dass in überflüssiger Weise da und dort das Ausgaben- und Einnahmenniveau erhöht erschien, und die wirkliche Uebersicht, die nötig gewesen, dadurch vollkommen illusorisch wurde 3).

Dazu noch die Tatsache, dass bis ins 19. Jahrhundert zum Teil die Steuerbeamten Prozentsätze von den Einnahmen und keine fixen Gehälter erhielten, dass sie gewöhnlich die in ihren Händen befindlichen Geldsummen erst nach einer nicht allzukurzen Zeit in den Staatssäckel einlieferten, dass mitunter sogar Prozesse mit ihren Erben, wenn sie in der Zwischenzeit starben, wegen der Staatsgelder zu führen waren. Schliesslich last not least das Fehlen eines einheitlichen Verwaltungsjahres in den einzelnen Zweigen der Verwaltung! Erst das Drängen eines Finance Committee des Unterhauses, welches mit Tadel berichtet: „As the periodical accounts of the several branches of the Revenue and the annual account of Expenditure are made up

1) Bezeichnend für die Unübersichtlichkeit ist auch, dass als „Ausgaben" die Summen verzeichnet waren, welche die Treasury als „angewiesen" berichtete, s. Report on National Expenditure 1902 p. 228.

2) Report on Public Accounts in France 1831 p. 5 ff.

3) Ein hübsches Beispiel dafür im Return 1869 a. a. O. S. 329.

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