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§ 6. nur vergangener Gesellschaftsformen, sondern auch vergangener Rechtsrezeptionen. Die Verschiedenheit von Rechtssystemen, welche mitunter gar keine Vergleichungspunkte zu bieten scheinen, kann dann doch das möchten wir in Fortsetzung des Maine'schens ausführen durch die historisch vergleichende Methode soweit aufgeklärt werden, dass man gewissermassen in die Lage gesetzt wird, jene Rezeptionsschichten immer abzutragen. Dann bleibt statt der Verschiedenheit nur die Aehnlichkeit der zu vergleichenden Staats- und Rechtsformen. Maine hat diese seine Methode mit grossem Erfolg für die Erklärung des indischen Rechts genützt. Sie für das englische Staatsrecht durchzuführen, wird Aufgabe dieses Werkes sein. Wenn wir diesen Versuch wagen, so mögen nicht jene Vorarbeiten vergessen werden, welche aus der Schule Maine's in England hervorgegangen sind. Diese bewegen sich auf dem Gebiet der englischen Rechtsgeschichte und des englischen Staatsrechts.

Pollock und Maitland haben, von dem M a in e'schen Gedanken ausgehend, dass Rechtsvergleichung nur durch Rechtsgeschichte zu vollführen sei, denselben in sein vorzügliches Gegenstück gewandelt: die englische Rechtsgeschichte nur durch Vergleichung mit der deutschen Rechtsgeschichte zu betrachten und so zu erhellen. Treffend sagt daher Maitland („Why the history of English law is not written" 1888 p. 10f.) „History involves comparison". Sodann hat Dicey den Gedanken der Genealogie von Rechtsrezeptionen durchgeführt, indem er in der Frage der Verwaltungsgerichtsbarkeit und des Verwaltungsrechts und der individuellen Freiheitsrechte den Vergleich des englischen mit dem kontinentalen Rechte dadurch zog, dass er zuvor die Schichte der konstitutionellen Doktrin, wie sie sich auf dem Kontinent als Produkt der ersten 5 Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts herausgebildet hatte, einfach abtrug und dadurch die Gegensätze der Rechtssysteme blosslegte und erklärte.

Wir wollen mit jenem Gedanken der Genealogie von Rechtsrezeptionen das englische Staatsrecht zu erklären und darzustellen suchen. Hierbei gehen wir davon aus, dass wir im kontinentalen Staatsrecht, insbesondere im deutschen, im Vergleiche mit dem englischen zwei abgelagerte Rezeptionsschichten vorfinden: die Rezeption des römischen Rechts und die Rezeption der konstitutionellen Doktrin. Um die Vergleichpunkte zwischen dem englischen und kontinentalen Staatsrechtssystem herauszufinden, ist es notwendig, in der Dogmengeschichte bei jedem Institut jene beiden Rezeptionsschichten abzutragen. Der Grund und Boden, den wir dann vor uns haben, ist hier und dort der Vergleichung fähig und wert. Er ist dann: die deutsche Rechtsgeschichte.

Gelingt es so, die Dogmengeschichte für jedes Institut durchzuführen, dann wird man auch konstatieren können, dass innerhalb der englischen Entwicklung in einem und demselben Rechtsinstitut die verschiedensten Rechtsperioden noch zum Ausdruck kommen. Es ist eben niemals vom Fundament aus abgetragen worden. Die verschiedenen Stockwerke dieses Barokbaues können nur vom Standpunkt der Rechtsgeschichte aus verstanden werden. Bei der grossen Mannigfaltigkeit der Baukonstruktion hat natürlich der jeweilige politische Wind Gelegenheit, in das eine oder andere Stockwerk zu fahren und ihm neues Leben zu geben. Sein Wirken zu verstehen, macht nach Blosslegung des juristischen Fachwerkes keine Schwierigkeit. Es wird von uns im folgenden als heutige politische Bedeutung" oder „Kritische Würdigung bei jedem Rechtsinstitute immer gezeichnet werden. Halten wir aber daran fest, dass nur die Aufdeckung des juristischen Fachwerkes das Rückgrat für eine richtige politische Würdigung abgibt, um eine momentane, neue soziale Strömung richtig zu begreifen. Abgelehnt wird dadurch jene namentlich für das englische Verwaltungsrecht sich breitmachende Richtung, die vorwiegend von journalistisch veranlagten

Köpfen auf dem Kontinent betrieben wird. Sie betrachten das Common law noch als § 6. Brei von politischen Maximen und Rechtssätzen, weil sie weder in der englischen Rechtsgeschichte noch im positiven Recht zu Hause sind. Diese „Bädecker"-Betrachtung des englischen Staatsrechts, die immer nur nach dem Aktuellsten in England fahndet und hascht, die den politischen Wind, wie er gerade zur Zeit ihres Besuches durch das alte Bauwerk fährt, zu fangen sucht, sie bringt eben nach Hause nur das eine mit den Wind. Vor diesen politischen Windmachern werden wir uns zu hüten wissen!

II. Kapitel.

Korporationstheorie und Staat ').

1. Abschnitt.

Verbände und Korporationen.

Die englischen Verbandstheorien.

„Collective liability to punishment is assu redly no sign of incorporation." (Pollock and Maitland I. p. 66).

I. Im Anfange des deutschen Staats steht, wie Gierke gezeigt hat, die freie Genossenschaft, im Anfange des englischen Staats die Pflichtgenossenschaft oder der passive Kommunalverband. Der deutsche Staat zeigt während des Mittelalters das Schauspiel eines Kampfs von Genossenschaften untereinander, der englische zu gleicher Zeit, insbesondere seit der Herrschaft der Normannenkönige eine planmässige Verwendung der Kommunalverbände für Staatszwecke. Schwäche und Anarchie auf der einen Seite, kraftvolles Walten auf der anderen Seite bewirkt, dass im deutschen Reich die Genossenschaften, seien dies freie Gemeinschaften oder Herrnverbände, mit Rechten gegeneinander ausgestattet auftreten, während sie der englische

1) Literatur: Aus der älteren engl. Literatur: Coke: 10 Reports p. 1–35 a (Sutton Hospital Case.) Blackstone, Commentaries, vol. I, p. 467; Steward Kyd, A Treatise on the Law of Corporations 1794 (2 vol.); Madox, firma burgi 1726; Merewether and Stephens, history of Municipal Corporations 1835 (3 vol.) (in folg. als M. und St. kurz citiert), Grant, on Corporations 1850. Report of Commission on Municipal Corporations in England and Wales 12 pts. 1835-39. Aus der neuen Literatur: Pollock and Maitland, history of borough and the English Law 1895 I. 469-678 (kurz cit. P. und M.); Maitland, Domesdaybook and beyond 1897; Maitland, Township and Borough 1898; Gierke's Political Theories of the Middle Ages transl. with an Introduction by Fr. W. Maitland 1900; Maitland in der Law Quarterly Review 1900. Gross Gild Merchant 1890, 2 vol.; Round, the Commune of London 1899; Williston in Harvard Law Review vol. II, p. 105 ff. und 149 ff.; Brice, on the Doctrine of Ultra Vires 3a ed. 1893; Dicey, Introduction 6a ed. 1902, p. 90 ff. Aus der deutschen Literatur: Gierke, Genossenschaftsrecht vol. I–III; Heymann in Holtzendorff-Kohler's Rechtsencyklopädie Heft 20/21, S. 809 ff.; Hübner in der Savigny Zeitschr., 22. Bd., S. 432 ff.; meine Selbstverwaltung in jurist. und polit. Bedeutung 1898 (Jellinek und Meyer, Heidelberger Abhandlungen II 1) und mein Local Government in Verwaltungsarchiv 1901. Die von mir benutzten Quellenwerke, die Yearbooks, sind von mir am entspr. Orte nach der in der Heidelberger Universitätsbibliothek (Signatur B 7767) befindlichen Ausgabe citiert. Desgleichen Calendars to the proceedings in Chancery in the reign of Q. Elizabeth ed. 1827-1832 (Recordcommission) vol. I—III.

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§ 7. Staat als Pflichtverbände zeigt, die von der juristischen Seite betrachtet, nur eines haben: Pflichten mitunter recht schwere.

An drei Punkten mögen wir diese Gegensätzlichkeit zwischen der deutschen Genossenschaft und der englischen Pflichtgenossenschaft erkennen:

1. Die freie deutsche Genossenschaften anerkennt keinen Herrn. Sie setzt und handhabt Recht und Fond, sie verleiht Würden, sie verfügt über das gemeinsame Gut. Sie zeigt sich jedem ihrer Angehörigen als kraftvoller Herrscher, der in verschiedener Weise seinen Sonderwillen zeigt. Sie übt Rechte aus als Gesamtrechte, d. h. Rechte, die ihr als Gesamtheit zustehen und von ihr und ihren Angehörigen ausgeübt werden. Durch diese Ausübung von Gesamtrechten und Gesamtpflichten wird die „Einheit in der Vielheit", wie sie Gierke bezeichnet, gesetzt.

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In der angelsächsischen Zeit sind wohl Ansätze hiezu da. Denn die Angelsachsen haben Genossenschaft" aus der germanischen Heimat mitgebracht (s. z. folg. insb. Maitland Domesday book and beyond A. A. O. 129 ff. 172-219 341 ff.). Im Domesday book, dem zur Zeit Wilhelm des Eroberers angelegten Grundbuch, das noch ganz die Verhältnisse der angels. Zeit wiederspiegelt, finden wir Eintragungen, welche auf genossenschaftliche Gesamtrechte" hinzudeuten scheinen. So D. B. I. fo. 213b: „Hanc terram tenuerunt homines villae communiter et vendere potuerunt", also hier das Gesamtrecht einer Dorfgenossenschaft; an anderer Stelle finden wir das Gesamtrecht einer Markgenossenschaft (D. B. II 339 b): „In huntret de Coleness est quaedam pastura communis omnibus hominibus de huntret." Aber mit Recht weist Maitland darauf hin, dass damals schwerlich der Gedanke eines Eigentumsrechts in unserm Sinne, losgelöst vom Imperium vorhanden gewesen sei, dass gehören" wohl nur im Sinne von herrschen gemeint gewesen sei. Er zeigt mit vorzüglichem Scharfsinne, wie selbst damals einem freien selbsttätigen Wesen der Dorfgenossenschaft wenig Spielraum zur Entfaltung übrig gelassen war, weil sie alles, selbst die Besteuerung im Nachbarverbande automatisch nach einem Lastenplane vollzog, der die Gemeindelasten nach der Grösse des Grundbesitzes ein für allemal abstufte; desgleichen die gemeinsame Bewirtschaftung und Ausnützung der Allmende, kurz alles, worin sich die Genossenschaft betätigte. Alles war, um Maitlands Ausdruck zu gebrauchen, „Automatismus", geknüpft an den Grundbesitz im Nachbarverbande oder Zusammenwirken der Genossen, nach Massgabe des Grundbesitzes „Realismus“. Dies also zu den Zeiten der Angelsachsen, wo die freie Genossenschaft auf ihrem Höhepunkt in England stand! Als die Normannen ins Land kamen, wurden den freien Genossenschaften Herren vorgesetzt. Die freien Genossen zu Unfreien, „villani“, („villein“) herabgedrückt. An Stelle des freien Genossenschaftsverbands, wie er namentlich im Osten Englands zur Zeit der Angelsachsen noch bestand, tritt manor, der „Herrenverband", im Gierke'schen Sinne.

Die Städte, boroughs, waren selbst zur Zeit der Angelsachsen keine freien Genossenschaften, sie waren für die Zwecke der Landesverteidigung von Staatswegen eingerichtet. Sie waren künstlich geschaffen, nicht urwüchsig oder um mit Maitland zu reden (A. a. O. p. 219): the borough does not grow up spontaneously; it is made" .. Die Normannenkönige verstanden es nun, mit Hilfe der Gemeinbürgschaft des angelsächsischen Erbteils die vorhandenen Ansätze der Genossenschaftsbildung für ihre Zwecke zu nützen. Wie, das haben wir an anderer Stelle (s. meine Selbstverwaltung a. a. O. S. 177-235) nachgewiesen. Nur Pflichten, Genossenschaftspflichten, blieben als Ueberreste der ehemals freien Genossenschaften. Nur soweit blieben die alten Genossenschaften dem Rechte bekannt, alles übrige der Genossenschaftsbildung wurde aus dem Rechte gewiesen und fristete bei Gilden, Dorfgenossenschaften, Städten etc. sein Leben als Bestandteil der „Sitte" (custom) fort.

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Von der freien Genossenschaft finden wir daher im Mittelalter Englands keine § 7. Spur. Vor allem keine Gesamtrechte der Genossenschaft. Wenn unter den Normannenkönigen der Gesamtheit" Rechte verliehen werden, so ist dies nur Kollektivbezeichnung zur Abkürzung der Ausdrucksweise. In Wirklichkeit werden nur Sonderrechte den Individuen verliehen, welche die Gesamtheit bilden. Wenn den Angehörigen des Marktfleckens Northampton oder Cambridge im Mittelalter Eigentum und Rechte verliehen werden, wie dies z. B. John durch seine Charter getan, dann sind so und so viel Individualrechte geschaffen, niemals ein Gesamtrecht (S. Maitland Township & Borough a. a. O.; Pollock & Maitland history I a. a. O.). Nur Gesamtpflichten kennt seit der Zeit das englische Recht, kollektive liabilities", welche den Kommunalverbänden auferlegt werden und welche, wenn nicht erfüllt, zu Strafe führen. Wegen schlechter und falscher Urteile der Grafschaftsgerichte wird die Grafschaft gestraft; für Missetaten, die sich in der Hundertschaft ereignet haben, die Hundertschaft, für unpünktliche Erfüllung der Gesamtbürgschaft (Frankpledge) die Landgemeinden, das townsship oder Villa. Ja selbst die Städte, wenn und soweit sie sich Gerechtsame vom Könige als „Franchises erkaufen, sind weit entfernt davon, wirklich Korporation in unserem Sinne zu sein. Dieses zusammengelesene Bündel von Privilegien hat nichts von der Kraft der deutschen einheitlichen Genossenschaftsgewalt. Diese Privilegien sind jederzeit gegenüber dem gemeinen Recht des Landes ein quantité négligeable: jeden Augenblick kann sich der König darüber hinwegsetzen und setzt sich darüber hinweg. Bedeutsam werden diese Privilegien für das Recht, wo sie zugleich die Kehrseite von Pflichten Kollektivpflichten tragen. tragen. Wenn eine Stadt von dem König das Privileg erhält, die königlichen Gefälle innerhalb des Stadtgebiets durch eine Pauschsumme abzukaufen, da haften die Bürger kollektiv dafür, ebenso wie sie für die schlechte Ausübung ihrer Privilegien kollektiv gestraft werden. Aber „collective liability to punishment is assuredly no sign of incorporation." Gesamtverantwortlichkeit und Gesamtpflicht ist noch kein Zeichen von Korporation oder einer freien Genossenschaft. Eher das Gegenteil.

2. Die starke Zentralisation in der Gerichtsgewalt gibt aber in England auch keine Veranlassung zur Ausbildung von Sonderrechten, wie das Stadtrecht, Hofrecht etc. in Deutschland. Hier bildete jede freie Genossenschaft ihr Sonderrecht. Aber selbst in herrschaftlichen Verbänden (Gierke, Genoss. R. I. p. 131) gestaltete sich durch Herkommen, Verträge und Vergleiche der Inbegriff der den Verband beherrschenden Normen, bis endlich ein wahres Recht daraus wurde, das dem Volksrecht an Fertigkeit und Festigkeit vollkommen gleichstand. Nichts von alldem in England; die auf dem Manors, den Gutshöfen der Lords, ausgebildeten „Manorial Customs" zerfliegen wie Spreu im Winde vor dem Urteilsspruch der königlichen Gerichte, sofern sich ein freier Mann darüber beschwert und werden auch von den Reichsgerichten immer als Sitte, als soziale Regel, angesehen, niemals als ein dem Common law gleichwertiges Recht.

Aber auch die freien Landgemeinden und Städte, soferne sie zu verwalten und zu richten haben, verwalten, richten und erlassen Statuten nur für ihre Angehörigen. Niemals mit der Autorität des Common law und nur soweit sie dies durch ihre Gerichte durchsetzen können. Und üben sie diese ihre Gerichtsbarkeit, wie sie teils in den Stadtgerichten, teils in den Gildegerichten geübt wird, in einer dem Könige missfälligen Weise, dann erscheinen in dem gegebenen Momente der König oder der Sheriff oder einer der reisenden Richter und wirft alle ihre Urteilssprüche über den Haufen. Dem Common law gegenüber sind jene Anordnungen nur untergeordnete soziale Regelung und Sitte! „Custom !" Daher konnte in England nie der Gedanke eines „Sozial

§ 7. rechts in Gierke'schem Sinne entstehen, eine rechtliche Normierung, die weder Privat- noch öffentliches Recht, d. h. staatlich gesetztes Recht, sondern bloss Verbandsrechte wäre. Diese Gierke 'sche Theorie, abgezogen von der Grundlage der deutschen Genossenschaft, die bei der mittelalterlichen Verbandsanarchie ihre Sitten als Rechte durchsetzen konnte, sie blieb in England nur das, was sie ursprünglich war: Sitte. Mochten auch Beleihungen mit Stadtrecht, d. i. mit der „good custom" einer Stadt, die sich auf Regelung des Handels und gewerblichen Verkehrs innerhalb derselben bezog, an eine andere vorkommen, so müssen wir uns stets vor Augen halten, dass solche Beleihungen mit Stadtrecht nichts mit ähnlichen kontinentalen Erscheinungen zu tun haben, denn immer ist es der König der die Erlaubnis dazu gibt, dass eine good custom einer anderen Stadt übertragen werde. Er lässt sich auch dafür gehörig zahlen. Sodann fehlt die auf dem Kontinent vorkommende Erscheinung, dass die Filialstadt der Mutterstadt in Gerichtsbarkeit unterstand. Die Mutterstadt behielt bloss in England ein konsultatives Votum (Cunningham Growth of English Industry and Commerce Early and Middle Ages p. 223 f.).

Eine Handelssitte, das Stadtrecht (custom) konnte sich auch zum Common law herauswachsen und ein solcher Prozess vollzog sich unter Edward III. dadurch, dass dieser eminent handelspolitisch begabte König lokale Handels- und Gewerbeeinrichtungen durch Gesetz auf das ganze Reich ausdehnte (Cunningham a. a. O. p. 263 f.). Aber solange dies nicht der Fall war, waren sie nur Handels sitte innerhalb der Stadtgemarkung. Zutreffend sagt Cunningham a. a. O. von dieser Edward'schen Gesetzgebung im Verhältnis zur lokalen custom: „The subjects, by adopting common usages in so many towns, had organised a body of customs on commercial and trading matters, and Edward only carried out what they had begun when parliamant gave to similar customs the force of law in all parts of the realm."

3. Gierke hat gezeigt (Genoss. R. II. 126 ff.), wie der mittelalterliche Gedanke des Gesetzes in Deutschland der Vorstellung einer objektiv bindenden Norm entbehrt, wie er in dem subjektiven Freiheitsbegriff stecken bleibt, sodass das Gesetz vorwiegend als „subjektives Recht", als „Freiheit" erschien. Es war ein Anspruch des Herrn oder der Gesamtheit gegen die Verbandsgenossen, eine Freiheit des engern Gebiets gegen das Reich, ein Privileg der Städte gegeneinander." Ganz das Gegenteil in England: hier erschienen selbst die den Städten (boroughs) verliehenen Privilegien, die einzigen, die überhaupt an Kommunalverbände verliehen wurden, nur als objektive Norm, als Gesetz, als Common law, sowohl den beliehenen Städten gegenüber, als auch den übrigen Städten des Reichs gegenüber. Wenn dann der König sie anerkannte, so geschah es nicht, um ein subjektives Recht der Stadt anzuerkennen, sondern weil das von ihm durch Charter gesetzte Recht, das Privileg, eben Common law war, welches er für gewöhnlich" als heilig erachtete.

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So stellt Deutschland im Mittelalter einen Kriegsschauplatz von Genossenschaften, England ein einheitliches Staatswesen mit über- und untergeordneten, vom Staate bewusst zu Staatszwecken verwendeten Kommunalverbänden oder Pflichtgenossenschaften ,,communae" dar. Wie nun am Ende des 13. Jahrhunderts der Staat selbst als grosse Commune", als grosse Grafschaft erklärt wird (s. darüber Kap.: juristische Natur des Parlaments), wie ferner seit Ausgang des 14. Jahrhunderts durch die Triebkraft der Amortisationsgesetze (seit Richard II.!) der Begriff der Korporation auf Städte und Innungen zur Anwendung kommt, wie dieser, kaum entstanden, von einer starken Königsgewalt gleich als Mittel der merkantilistischen Handelspolitik verwendet und von den Tudors und Stuarts gleich als Staatsanstalt genützt wird, soll in folgendem gezeigt werden. Dies bewirkt, dass die übrigen Kommunalverbände, die nicht Städte sind,

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