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§ 48. verwaltung in einer zentralen Behörde durch verschiedene Ausschüsse und Abteilungen der Curia regis zu bewältigen suchten. Bald fungierte diese Curia als Gerichtsbehörde für Untertanen, bald als Lehenshof, bald als Finanzgerichtshof, bald als Billigkeitsgerichtshof, schliesslich als oberste Verwaltungsbehörde und als Kronrat, der bei Erlassung der Landesgesetze mitwirkte. Diese Proteusgestalt der Curia regis lässt sich wenigstens auf folgende 3 typische Grundformen zurückführen 1), nachdem sich die Reichsgerichte bis zum Ausgang des 12. Jahrhunderts abgesondert hatten.

Da war vor allem das concilium ordinarium der permanente Kronrat bestehend aus den obersten Staatsbeamten und einigen geistlichen und weltlichen Baronen des Landes, die sich der königlichen Gunst besonders erfreuten. Es war die oberste Verwaltungsbehörde des Landes, das spätere Privy Council (der Staatsrat).

Wurde dieses concilium ordinarium bei besonders feierlichen Anlässen durch alle Barone des Landes verstärkt, so haben wir das magnum concilium vor uns; und wenn dann noch, wie in der späteren Zeit, die Commons bald vereinzelt, bald in repräsentativer Geschlossenheit dazu traten: das commune concilium der Magna Charta.

Trotz dieser Vielgestaltigkeit der Curia regis müssen wir festhalten, dass sie in der Zeit der Normannenkönige und ersten Plantagenets immer eine einheitliche Staatsbehörde blieb, trotzdem sie bald als oberster Gerichtshof des Landes, bald als oberste Verwaltungsbehörde, bald als Ständeversammlung in Erscheinung trat. Das rechtshistorische Problem, dessen Lösung zugleich für die Erfassung des englischen Staates von grundlegender Bedeutung geworden, ist die Frage, wie sich diese Ständeversammlung in ein repräsentierendes Staatsorgan umgewandelt hat.

Das Magnum concilium am Ende der Regierungszeit Johanns hatte vorwiegend eine wichtige Befugnis, die Zustimmung zur Besteuerung. Der König wollte Geld und brauchte hiefür die Zustimmung seiner Barone 2). Daneben waren die anderen Befugnisse des Magnum concilium, Verwaltungsgesetzgebungs- und richterliche Befugnisse von untergeordneter Bedeutung. (Stubbs II. p. 257.) Gerade aber an diesem Punkte der Steuerbewilligung setzte die weitere Entwicklung insbesondere die Entstehung des parlamentarischen Repräsentativgedankens einen mächtigen Hebel an.

Grundsatz des Common law war seit jeher, dass jeder Freie, abgesehen von den durch Lehensrecht vorgeschriebenen Auxilien (reliefs), sowie den Scutagien, d. i. den Ablösungssummen für zu leistenden Kriegsdienst, zu jeder Steuerabgabe freiwillig zustimmen musste. Nun wuchsen die königlichen Ausgaben wegen der Kriege mit Frankreich und Schottland, namentlich im 13. und 14. Jahrhundert. Dies verlangte immer mehr Steuern als bisher und brachte theoretische Fragen des Staatsrechts mit auf, mit denen man sich früher kaum beschäftigt hatte. Vor allem diese: bindet die Zustimmung der Barone, bloss diejenigen, die im Magnum concilium zur Besteuerung zugestimmt haben, oder auch die andern, die die Zustimmung verweigern? Das Majoritätsprinzip half damals nicht, weil es kaum rudimentär entwickelt war3). (S. Plehn a. a. O. p. 13.) Und dann die andere Frage: Wie weit konnte die vom Magnum concilium, d. h. von den geistlichen und weltlichen Baronen gegebene Zustimmung die im Rate nicht ver

1) S. Stubbs II. p. 298 f. und p. 252.

2) S. dazu Hearn, The Government of England 1867, p. 329 ff. und die Abhandlung von Plehn, der politische Charakter von Mathaeus Parisiensis in Schmoller's Forschungen Bd. XIV, S. 9 ff., wo gezeigt wird, dass dieses nicht, wie Gneist und Stubbs annehmen, erst seit Johann, sondern schon von altersher gegolten hat. Ueber die parallele Auffassung in deutschen Territorien s. v. Below, Territorium und Land 1900, S. 173 ff.

3) Voll ausgebildet in England ist es in der Zeit Elisabeth's suetudo Parliamenti. Siehe weiter unten Kap. „Lex et consuetudo Parliamenti“.

tretenen Volksklassen, die Freien der Städte, der Grafschaften und den niederen Klerus § 48. binden. Mit Vorliebe wurde dann die Zahlung der Steuer verweigert, wenn man nur die geringste Handhabe und hier gar das Nichtvertretensein beim Steuerbeschlusse für sich hatte. Um diesen theoretischen Schwierigkeiten, die aber für die Könige die grösste praktische Bedeutung hatten, zu entgehen, griff man zu allen möglichen juristischen Fiktionen und Konstruktionen. In der Zeit bis Johann hatte man es durch das System versucht, das wir das der Enqueten nennen möchten. Man unterhandelte mit den Baronen im Magnum concilium und erzielte einen Steuerbeschluss. Man verhandelte separat mit den Städten, den Sheriffs der Grafschaften, den Juden (Plehn a. a. O. S. 7), den Kaufleuten (Stubbs II. 412), dem Klerus, mit den letztern in Dioecesan- und Provinzialsynoden (Stubbs II. 205-208). Aber je mehr die Masse der im Magnum. Concilium unvertretenen Volksklassen wuchs, desto schwieriger wurde die nutzbare Verwendung dieses Enquetensystems 1). Namentlich in der Grafschaft kam eine Reihe von Volksklassen auf, an die man früher nicht gedacht hatte; die Domänenbauern der Krone, die Städte, die Freibauern, die allmählich sich aus der Leibeigenschaft (villenage) aufgearbeitet hatten, und die man jetzt nicht mehr als durch ihren Lord im Magnum concilium vertreten, fingieren konnte. Dazu kamen schliesslich die so hochbedeutende Klasse der tenentes in capite, die ein Lehen direkt von der Krone hatten und obwohl keine Barone, doch die spätere gentry bildeten. Das waren Faktoren, die man nicht ignorieren konnte und deshalb griff man höchst willkürlich zu juristischen Fiktionen. So wird im Jahre 1232 (Stubbs II. 254) in einer an die Steuererhebungskommission gerichteten Vollmacht ausdrücklich gesagt: „Sciatis quod archepiscopi ... etc., milites liberi homines et villani de regio nostro concesserumt nobis" . . ., trotzdem von einer Vertretung der villani, oder der Freibauern (Freeholders) im Concilium gar keine Rede war. Den vollendeten Ausdruck der juristischen Fiktionen für Steuererhebungszwecke gibt der Artikel 14 der Magna Charta: ein vom Commune concilium erlangter Steuerbeschluss bindet all diejenigen, welche geladen worden sind, auch wenn sie nicht erschienen sein sollten.

Kurz, alles drängt sich in die Frage zusammen: wie fasst man die communitates regni, die Kommunalverbände d. i. die ganze Bevölkerung des Reichs derart theoretisch zusammen, dass kein Teil seine Steuerverweigerung eventuell damit entschuldigen könne, er sei beim Steuerbeschluss nicht vertreten gewesen? Die Enquete als Rechtsfiktion hatte sich nicht bewährt. Da kommt in der Zeit Heinrich III. ein anderes Mittel auf. Siehe da die Grafschaften und die Grafschaftsgerichte! Hier hatte sich der Repräsentationsgedanke im Zusammenhang mit dem Jurysystem voll entwickelt 2). Hier war es beinahe Gemeinplatz geworden, dass die 12-Männer-Jury und das Grafschaftsgericht, die gesamte Bevölkerung der Grafschaft repräsentierten und nicht etwa den oder jenen Flecken, die oder jene Hundertschaft (Stubbs I. p. 664 ff.). Nichts lag nun näher als Spezialkommissionen in die Grafschaften zu senden und entweder in der Grafschaftsversammlung die Steuerbewilligung direkt zu erwirken oder indirekt durch Beteiligung der Jury zu der Steuereinschätzung die Zustimmung zur Steuer zu erlangen (Stubbs I. 619 ff.). Mit einer solchen Zustimmung der Grafschaftsgerichte oder der Einschätzungsjury erlangte man de jure auch die Zustimmung der gesamten Grafschaftsbevölkerung, auch wenn sie nicht im Magnum concilium vertreten war.

1) Eine anschauliche Schilderung dieses Enquêtensystems gibt Hearn a. a. O. p. 369 ff. und über die Konvention der Städte (Burghs) in Schottland, lange ehe eine wirkliche gemeinsame Vertretung aller Stände vorhanden war. S. Porritt a. a. 0. p. 64 f. Ueber ähnliches Enquêtensystem in deutschen Territorien v. Below a. a. O. S. 188, 196, 237.

2) S. meine Selbstverwaltung in politischer und juristischer Bedeutung 1898 S. 217 ff.

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§ 48. Aber sollte man auch dieses nicht entsprechend umbilden können? Das war die Frage. Schon seit den frühesten Zeiten hatte man sich bemüht, die im Magnum Concilium vertretenen Barone als communitas terrae, als Vertretung des Landes auffassen zu dürfen. In der Provisions of Oxford von 1258, wird „le commun“ and „la commune de la terre" bald zur Bezeichnung der im M. concilium vorhandenen Barone, bald als Bezeichnung der ganzen Nation gebraucht1). Am deutlichsten spiegelt dieses Streben nach einem halbwegs vernünftigen Identitätsgrunde von Baronenvertretung und Nation der berühmte Chronist Mathaeus Parisiensis wieder, der hier umso besser heranzuziehen ist, weil sein Sprachgebrauch ein viel mehr vollendeter Ausdruck für das Ringen des Volksgeistes nach einem geeigneten Gedankenausdruck ist, als eine damalige Rechtsquelle je sein könnte. Mathaeus Parisiensis gehört nämlich seiner politischen Anschauung nach (in der Zeit Heinrichs III.) zur ständischen Ritterpartei. Das damalige Magnum concilium, das Parlament von 1237, nennt er „universitas regni 2). Im Jahre 1259 nennt er dies Parlament regni communitas" 3). Aber dieser Sprachgebrauch ist in seiner Anwendung auf das Parlament nicht exklusiv. Auch die Bachelarii, die kleinern Barone, die keinen Sitz im Parlament haben, werden hierzu gerechnet). Ja alle Vereinigungen von Männern, welche sich zwar ausserhalb des Parlaments betätigen, aber im Interesse der Nation handeln, nennt er „,universitas regni". Und die gesamte Bevölkerung Englands wird ebenfalls von ihm als universitas regni popularis" bezeichnet. (Chr. Maj. V. p. 698: „Universitas enim regni popularis, etsi non nobiles ipsos, obsiderent".) Wir sehen hier deutlich, wie der Sprachgebrauch ringt, der Wirklichkeit nachzukommen. Noch ist die Universitas regni, wie sie das Parlament bezeichnet, himmelweit von der Universitas regni popularis, als was die gesamte Bevölkerung Englands gilt, verschieden. Denn erstere umfasst nur den Adel (Plehn a. a. O. 54). Aber der Sprachgebrauch scheint der tatsächlichen Entwicklung voraneilen und beide identifizieren zu wollen. Er markiert den damaligen Uebergangszustand, der nach einem guten Vernunftgrunde suchte, um das Parlament mit Fug und Recht als die universitas regni (identisch mit der Gesamtnation) nennen zu dürfen.

Da lag zu diesem Zwecke nun nichts näher als das ganze Reich als grosse Communitas, als Gesamtgrafschaft aufzufassen, das Parlament als grosses Grafschaftsgericht. Dadurch ging man einerseits nur einen kleinen Schritt gegenüber der schon angebahnten Steuerbewilligung in den lokalen Grafschaftsgerichten, wie sie bisher üblich war 5), weiter; andererseits 1) So in dem Krönungseide: Statutes of the Realm I p. 168

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Les queux la communalte de votre realm esluz" und die Provisions of Oxford von 1258
Ces sunt le vint et quatre ke sunt mis par la commune a treter de aide le Rei“ und dann
Ces sunt les duze ke sunt eslu par les baruns a treter a treis parlement par an oveke

le conseil le rei pur tut le commun de la tere de commun besoine". In der ersten Stelle ist: le commune den Baronen, in der zweiten der ganzen Nation.

2) Chr. Maj. III. 380.

3) Chr. Maj. a. a. O. V. p. 733 und 740.

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4) Chr. Maj. V. 83: Multi de militibus universitatis regnis, qui se volunt bachelarios appellari".

5) Wie naheliegend dieser Schritt der damaligen Zeit erschien, ergibt folgender, in den Yearbooks mitgeteilter Rechtsfall (11./12. Reg.-Jahr Edw. III. Yearbooks ed. Horwood p. 637): „Hier verweigert ein Abt die im Grafschaftsgericht bewilligten Steuern, weil sie nicht im Parlament und weil sie ohne seine Zustimmung bewilligt worden seien. Sire — sagt der Abt zu den Richtern, Vous veez bien, comment nous sume un Abbe et un des plus grantz de counte; et nad mie dit que la chose fut ordine en Parlement, one que nous sume a lassent". Also weil der Abt ein „Grosser der Grafschaft" ist und daher nicht der im Grafschaftsgerichte zustimmenden Bevölkerung zugerechnet werden kann, noch im Parlament selbst als Grosser des Landes" der Steuerauflage zugestimmt hat, verweigert er ihre Zahlung.

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hatte man nun den Vorteil, dass durch diese Fiktion die gesamte Bevölkerung des § 48. Reichs ohne irgendwelche Ausfluchtsmöglichkeit als im Parlament vertreten gedacht wurde. Wie das lokale kleine Grafschaftsgericht vollkommen die Bevölkerung der lokalen kleinen Grafschaft repräsentierte, so das Parlament als Grafschaftsgericht die grosse Grafschaft des Reichs, die „communitas communitatum“ 1).

Eduard I. schuf das Modell eines solchen Parlaments als grossen Grafschaftsgerichts im Jahre 1295. 2 gewählte Ritter von jeder Grafschaft, 2 Bürger von jeder Stadt wurden ausser den grossen Baronen geladen. Erst von dieser Zeit an kann man das Parlament als eine Vertretung der lokalen Verbände, als Volksvertretung in diesem Sinne bezeichnen, während sie früher bloss Ständeversammlung war. Denn nun wird auch das Haus der Gemeinen als „communitas communitatum", als la commune, ebenso wie die gesamte Bevölkerung, bezeichnet. Das Parlament ist durch diese zur Zeit Heinrich III. begonnene, unter Eduard I. zur praktischen Tat umgesetzten Rechtsfiktion, repräsentatives Staatsorgan geworden2): nämlich durch die Fiktion, das Reich sei eine grosse Grafschaft, das Parlament das grosse Grafschaftsgericht. Der Ausdruck Parlament findet sich freilich schon früher, auch zur Bezeichnung der ehemaligen Ständeversammlung 3), so insbesondere zuerst in England bei unse

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1) S. auch Anson, Law and Custom I. S. 46/47, wo dieser Gedanke vermutungsweise ohne nähere Begründung angedeutet wird. Belege für die Uebertragung des Begriffs der communitas von der Grafschaft auf den Staat sind, abgesehen von den im Text gegebenen, (Lords Report S. 257, 274 und 309): ein Statut aus dem 7. und 8. Reg.-J. Heinr. IV. Dasselbe bezeichnet die Abgeordneten des Unterhauses als „attornati alias juxta marem vocati milites omnium et singularum communitatum et civitatum burgorum ac totius populi regni nostri Angliae, per universitates et communitates eorumdem communitatum et civitatum, burgorum et per totum populum eorumdem legitime constituti, woraus zur Genüge erhellt, dass das regnum Angliae, was seine Bevölkerung anlangt, als communitas communitatum angesehen wird, in dessen Bevölkerung die Bevölkerung der einzelnen Grafschaften ohne Rest aufgeht (Lords Report S. 355). Ferner wird Schottland wie eine Grafschaft als „communalty" zur Parlamentsvertretung herangezogen. Es soll durch den Lordlieutenant und den Chamberlain von Schottland bekannt gemacht werden, dass das gute Volk von Schottland sich versammle und „la communaltie de la terre et que entre eux toutz element certeyn nombre de gentz par venir de par meisme la comminaltie". -- Und die Abgeordneten von Schottland ao 1305 werden bezeichnet de par la dite communalte de la dite terre d'Escoce". (Lords Report S. 247.) Durham soll Abgeordnete entsenden gleichsam zum grossen Gerichte des Königreichs, Lords Report S. 377, wie der zitierte Report sagt: This act therefore preserved the original idea, that the legislative assembly was to be considered as a court, which seems never to have been abandoned". Siehe darüber auch Records of the Parliament holden of Westminster 1305, ed. Maitland 1893 (in Rerum Brit. Medii aev. Scriptores) Nr. 13, Nr. 387 und Nr. 487. Aus den beiden letztzitierten Stellen geht hervor, dass die Vertreter für Schottland nach Art einer Jury im Grafschaftsgericht über gewisse Tatsachen einvernommen werden: „Et que cest chose seyt vereye priouns a nostre seigneur le Roy que par anke de scons et les bons gentz de Escoce (que si sunt) voille enquere si ceste chose seyt vereye on noun". Der bedeutendste Ueberrest dieser Uebertragung des Begriffs Grafschaftsgericht auf das Parlament ist, dass heute jeder Engländer, der nicht Peer ist, commoner" heisst, während man im Mittelalter nur Grafschaftsangehörige so nannte, s. Rechtsfall Yearbooks, 7/8 H. 6 Nr. 84: „Et en case que il plede nient son fait et le communalte plede nient son fait, il sera charge ou comme communer ou comme singulier person, et nien pluis es tiel inconvenient en lun case quen l'autre." Schliesslich wird die notwendige Zustimmung des Parlaments zu Steuerbewilligungen unter Ed. I. und Ed. II. bald als assent of the whole kingdom“, bald als Zustimmung der „comites barones milites, libri homines et communitates comitatum regni" bezeichnet. (Lords Report S. 230 und 256.) 2) Stubbs p. 283 ff.

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3) Am frühesten bei Jordan Fantosme (Surtees Society vol. 11 p. 14), einem schottischen Geschichtsschreiber 1175, der den Lehenshof eines Schottenkönigs vor einer Kriegsfahrt als „sun plenier parlement“ bezeichnet.

§ 48. rem Mathaeus Parisiensis 1246 (Chr. Maj. IV. 518). Auch wird nach der Zeit von 1295, also nachdem man sich auch der Notwendigkeit eines repräsentativen Parlaments als wirklichen Staatsorgans klar geworden, doch zuweilen der Name Parlament auf blosse Versammlungen der weltlichen und geistlichen Barone angewendet (Stubbs II. 236), ja sogar das concilium ordinarium (der Vorläufer des heutigen Staatsrats) wird als Parlament bezeichnet. Diese Tatsache ist eben ein deutliches Zeichen dafür, dass wir uns diesen Bruch mit der Auffassung des Parlaments als Ständeversammlung nicht gar zu plötzlich vorstellen dürfen, dass nach wie vor noch zum System der Lokalbewilligung in den Grafschaften gegriffen wurde (s. oben Rechtsfall aus der Zeit Eduard III.), nach wie vor das Enquetensystem, das ist die besondere Ladung und Verhandlung mit gesonderten Ständen weiter erhalten wurde. Die Konvokationen des Klerus, die eben dem Parlamente auch noch heute tagen, sind deutliche Ueberreste dieses Enquetensystems, das sich neben der lokalen Repräsentation, welche das Unterhaus vorstellt, bis heute erhalten hat. Treffend sagt Stubbs: die heutige Verfassung sei eine Mischung von 2 Grundgedanken; der Konzentration einer lokalen Maschinerie und einer Ständeversammlung (Stubbs II. 169).

Auf jeden Fall war aber im Laufe des 14. Jahrhunderts der Repräsentativgedanke, d. h. die Anschauung, dass das Unterhaus das Volk vertrete, so fest in die Volksüberzeugung eingedrungen, dass, als im 3. Regierungsjahre Heinrich V. die auf Immunitäten wohnenden Freibauern die Beitragsleistung zu den Diäten der Grafschaftsabgeordneten verweigern, ihnen entgegengehalten wird, dass die letztern nicht etwa für eine Grafschaft oder Immunität sondern für das ganze Reich gewählt würden. („The Commons state among other Petitions, that the wages of knights ought to be levied as well within Franchise as without and pray that the sheriff's be authorised to levy those wages accordingly, excepting the Demesne Lands in the Hands of those Lords, Spiritual and Temporal, as well within franchise as without, who come to Parliament by authority of the king writs, considering that the said knights in every county are elected and come as well for the said Franchise as for the Rest of the said counties throughout the Kingdom.") (S. 1 Lord Report a. a. O. p. 366) 1).

So war der alten Ständeversammlung, dem Magnum concilium, die neue repräsentative communitas communitatum", das Haus der Gemeinen, angebaut, und ein neues Staatsorgan erstanden: das Parlament. Aber dieser Zusammenschluss war nur ein äusserlicher und die Geschichte von der Trennung der beiden Häuser in der Regierungszeit Richard II. ist nur eine formelle Loslösung zweier verschiedener juristischer Bestandteile, die innerlich nie geeinigt und gleich waren. Eine Weile lang hätte man glauben können, dass die ins Unterhaus als Vertreter der Grafschaften gesendeten Ritter sich dem hohen Adel, den Baronen viel leichter assimilieren könnten als den Städten. Das Gegenteil war aus mannigfachen sozialen und politischen Gründen der Fall und bedeutet einen charakteristischen Grundzug der englischen Volksvertretung, die Herausbildung der späteren gentry. Diese Stellungnahme der Ritter bedeutete die Erweiterung der an und für sich schon bestehenden Kluft zwischen der alten Ständeversammlung und dem neuen Anbau der communitas communitatum und führte zur Trennung der beiden Häuser. Fortan, d. i. seit Richard II., steht die communitas terrae, die „communaltie" dem alten commune oder magnum concilium gegenüber, das nun,

1) Esmein, Elements de droit constitutional 1903 p. 67, findet mit grosser Oberflächlichkeit erst bei Blackstone die Umwandlung der Grafschaftsabgeordneten in ein Repräsentativorgan im modernen Sinne. Obiges, schon aus der Zeit des 15. Jahrh. stammende Zeugnis ist ihm vollständig entgangen.

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