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der Formerfordernisse des Gesetzes, wozu er auf die Originalurkunden (das sind die § 23. im Victorian Tower resp. im Record office deponierten. S. oben und Ilbert p. 105) des Gesetzes zurückgehen kann. Hierbei muss er sich beruhigen und zufrieden geben, wenn das verfassungsmässige Zustandekommen des Gesetzes authentisch durch den Clerk des Parlaments bezeugt ist (Hardcastle a. a. O. p. 45).

Druckfehlern im Gesetzestext gegenüber ist der Richter auch nicht gebunden. Er kann sie aus eigenem Antrieb verbessern, wenn nicht zuvor die Regierung selbst die Verbesserung aus eigenem Antrieb vorgenommen hat, was sie auch ohne neues Gesetz einfach durch Verwaltungsakt, d. h. Anweisung an den königlichen Drucker vorschreiben darf (s. H. D. 1892, 4. Ser. vol I, p. 687 f.) Anders liegt allerdings die Sache, wenn Versehen im Parlamente, in einem der beiden Häuser selbst vorgekommen sind, z. B. eine Bill die königliche Zustimmung (royal assent) erhalten hat, ohne dass sie zuvor das regelrechte Verfahren der drei Lesungen in jedem Hause durchgemacht; oder wenn die Lords einer Bill die Zustimmung erteilt, die vom Unterhause ihnen übersendet, wobei das Unterhaus selbst aus Versehen eine Bill dahin geschickt, die eigentlich noch nicht die vorgeschriebenen Formalitäten der Lesungen durchgemacht hatte. In allen diesen Fällen ist immer ein neues Gesetz nötig, welches das Versehen aufhebt und gutmacht, gewöhnlich so, dass dem früheren formwidrig zustandegekommenen nachträglich die Formwidrigkeit genommen wird. (S. Report on Schoolmaster Widows Fund a. a. O. 1843 und die dort citierten Rechtsfälle, May p. 489 ff.) Aber auch dies ist reiner Verwaltungsakt in Form des Gesetzes. Denn der Richter darf die Gültigkeit des Gesetzes nicht weiter prüfen als bis zum authentischen Vermerk des Clerks, auf der Originalurkunde. Weiter zurück, namentlich in die Parlamentsverhandlungen, darf der Richter nicht eindringen. Also in formaljuristischer Hinsicht ist die Stellung der englischen Richter nur unbedeutend verschieden von der des kontinentalen Richters, dem auch nur ein sog. formelles Prüfungsrecht des Gesetzes zusteht richtiger ein Prüfungsrecht der formalen Kriterien des Gesetzes 1). Aber faktisch ist die Stellung des englischen Richters eine dem kontinentalen Richter überlegene. Faktisch steht der englische Richter über dem Gesetze und jenes Blackston'sche Hinterpförtchen ist wie geschaffen, ihm diese Stellung zu geben. Der Grund hierfür liegt in der Amendementsnatur des englischen Gesetzes.

II. Diese besteht eben darin, dass sich das englische Gesetz meist als Mosaikarbeit zu einem Ganzen fügen muss, dessen Hauptteil das Common law ist, oder besser gesagt der englische Gesetzgeber kann und will aus Gründen, die wir oben besprochen haben, nur das Common law amendieren, verbessern, er kann und wird nie den Gesetzesstoff in einer noch so spezialisierten Frage erschöpfen. Dies weiss der englische Richter. Er weiss, dass er es in der Regel

1) S. Laband, Deutsches Staatsrecht I. 527 ff. In den britischen Kolonien hingegen herrscht ein wirkliches materielles richterliches Prüfungsrecht von Gesetzen. Zwar bestimmt die Colonial Laws Validity Act von 1865 in s. 6 „the certificate of the clerk, or other proper officer of a legislative body in any colony, to the effect, that the document to which it is attached, is a true copy of any colonial law assented to by the Governor of such colony . . . . shall be prima facie evidence, that . . . . such law has been duly and properly passed and assented to." Also das Certificat eines Parlamentsclerks der Koloniallegislatur ist genügend, um die Vermutung zu begründen, dass das Gesetz gehörig zustande gekommen. Aber nur eine Vermutung, gegen welche ein Gegenbeweis geführt werden kann durch Zurückgehen auf die Verhandlungsprotokolle der Koloniallegislatur, vorausgesetzt, dass der Sprecher des einen oder andern Hauses derselben dies gestattet. Denn dieser kann auch die Einsichtnahme in die offiziellen Journals verweigern. Siehe W. H. Moore, The Constitution of the Commonwealth of Australia 1902 p. 176 f.

§ 23. mit einer Mosaikarbeit von Amendementsakten zu einem oder mehreren Common lawSätzen zu tun hat. Er weiss, dass die Legislative von vornherein darauf verzichtete, den Effekt des Gesetzes, das sie beschlossen, klar zu übersehen und es den Richtern sowie den Advokaten überlassen hat, zu bestimmen, was durch das neue Gesetz aufgehoben oder abgeändert würde. Er weiss ferner, dass der Gesetzestext, wie er beschlossen, nur einem Kompromiss seine Entstehung verdankt, einem Kompromiss, hinter dem man nicht viel juristische Weisheit suchen dürfte; er weiss auch, dass absichtlich mitunter Zweideutigkeiten und unklare Ausdrücke gewählt werden, um die Bill durchzusetzen. Er weiss schliesslich, dass die englische Gesetzgebung sich mit Vorliebe an Details hält und niemals zu allgemeinen Prinzipien oder allgemeinen Rechtstatbeständen aufsteigt, also um mit Ihering zu sprechen, eine bloss „lokalisierende Gesetzgebung" ist. So ist dem Richter die juristische Verarbeitung des konfusen Gesetzesmaterials überlassen, die ihm eine faktische Ueberlegenheit über den Gesetzesstoff gibt. Der Wille des Gesetzgebers, von dem der kontinentale Richter bis ins Mark durchdrungen erscheint, ist dem englischen Richter ein Phantom, eine Irrealität, die er wegen der hierbei zusammenwirkenden handelnden und feilschenden Interessen nur verachten gelernt hat. Daher die ironischen Aussprüche, die man aus dem Munde englischer Richter über englische Gesetze hört. So erklärt z. B. 1873 der Lord Chief Justice von England, dass die Licensing-Akt von 1872 eines der kompliziertesten, verworrensten Gesetze sei, denn der Gesetzgeber habe sich dabei etwas gedacht, aber was es wäre, sei für die Richter schwer zu entdecken. Sehr wohl!" fügt dem noch der Richter Blackbourn hinzu, ich stimme mit dem gelehrten Lord im Grundgedanken seiner Betrachtung überein, aber ich möchte nicht zugeben, dass diese Akt (die LicensingAct) das konfuseste Specimen von Gesetzgebung sei. Dieser Rang kommt, meiner Meinung nach, der Akte über öffentliche Gesundheitspflege (Public Health Act) zu.“ (S. Bont my a. a. O. p. 249.) Die beiden genannten Gesetze gehören und das ist besonders interessant zu den wichtigsten Gesetzeswerken der letzten 30 Jahre in England. Von dem Richter Baron Martin (gest. 1883) wird berichtet, dass er einem Barrister, der sich auf eine besondere Akte stützte, zurief: „Denken Sie nur nicht an dieses Gesetz, nehmen Sie es weg! Der es verfertigte, verstand nichts vom englischen Recht". Ob dieser Ausspruch er wird von zuverlässiger Quelle (A generation of Judges, by their Reporter, 1873, p. 87) bezeugt sich wirklich zugetragen hat, ist wenig von Belang. Er zeigt jedenfalls die Wertschätzung, die der Richter der modernen. englischen Gesetzgebung gegenüber bekundet.

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Die Verordnung (Subordinate legislation) 1).

Der Kampf um die königliche Verordnungsgewalt, wie er in der englischen Revolution zum Ausdruck kam und das Resultat dieses Kampfes im heutigen Recht wird an anderer Stelle dargelegt werden. Hier soll nur im allgemeinen das den Verwaltungsbehörden zustehende Verordnungsrecht, oder wie es in England heisst, die untergeordnete Gesetzgebung", d. h. die dem Gesetze untergeordnete, näher beschrieben werden.

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Auszugehen ist hiebei von dem durch die Revolution in England erstrittenen Grundsatz, dass jede Verordnung der Exekutivgewalt vom Gesetz ermächtigt sein muss. Wie man dazu gekommen ist und wie dieser Grund

1) Literatur: Statt aller: Ilbert a. a. O. p. 36–43 und p. 358 ff.

satz für das königl. Verordnungsrecht befolgt wird, soll im Kapitel über die Prärogative § 24. des Königs noch näher erörtert werden. Hier gilt es, die den Verwaltungsbehörden eingeräumten Ermächtigungen zu Verordnungen ins Auge zu fassen. Mit der alten liberalen Doktrin, wonach jede Verwaltungshandlung ausdrücklich im Gesetze vorgesehen sein müsse, war der moderne verwaltende Staat, wie ihn England seit der Mitte des 19. Jahrhunderts eingerichtet hatte, schlechthin nicht zu realisieren. Diese Fülle von Verwaltungshandlungen liess sich ja gar nicht übersehen, und selbst wenn dies möglich gewesen wäre, so blieb es doch noch zweifelhaft, ob zu jeder Ermächtigung, mochte sie auch noch so geringfügig sein, eine Parlamentsmajorität zu finden wäre. Deshalb wurden und werden seit der Mitte des 19. Jahrhunderts die Ermächtigungsklauseln zu Verordnungen, wie sie sich in modernen Verwaltungsgesetzen finden, ziemlich weitmaschig abgefasst und nur der Grundriss der Verwaltungshandlungen im Gesetze angedeutet. Die Verwaltungsbehörden erlangen dadurch viel weiteren Spielraum für die Anordnung allgemeiner Normen im Rahmen des Gesetzes. Während so die Machtbefugnis der Verwaltungsbehörden im Vergleiche zur Vergangenheit bedeutend erweitert worden, sind auch die Garantien dafür vermehrt, dass die wichtigsten Anordnungen, insbesondere solche, welche in die individuelle Rechtssphäre eingreifen, doch unter die Kontrolle des Parlaments gekommen.

Diese Garantien bestehen vornehmlich, abgesehen von der Kontrolle der öffentlichen Meinung, in folgenden Formen:

1) Eine Reihe von Verordnungen muss nach ihrem Erlasse auf den Tisch der beiden Häuser des Parlaments gelegt, also diesem letzteren zur Kenntnis gebracht werden. Eine andere Reihe muss eine bestimmte Zeit hindurch auf dem Tisch der beiden Häuser gelegen haben, ehe sie in Kraft tritt. Eine dritte Reihe von Verordnungen bedarf zu ihrer Wirksamkeit ausdrücklicher Genehmigung des Parlaments oder mindestens des Nichtwiderspruchs innerhalb einer bestimmten Frist.

2) Beinahe alle Verordnungen der Verwaltungsbehörden, die ,statutory rules', welche dem Parlamente vorzulegen sind, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit folgenden Verfahrens:

Ihr Entwurf muss 40 Tage vor ihrer Erlassung als zur öffentlichen Kritik bereitliegend angekündigt werden. Diese Ankündigung erfolgt in der London Gazette; soll sich die Verordnung auch auf Irland beziehen, dann geschieht die Ankündigung auch noch in der Dublin Gazette. (Rules Publication act, 56 u. 57 Vict. c. 66, ss. 1.) · Die Verordnung tritt mit jenem Zeitpunkte in Kraft, der in ihr selbst vorgesehen, oder wenn dies nicht der Fall ist, sofort. (S. I, 2.)

Ausgenommen von obigem Verfahren sind alle Verordnungen, welche in dem Parlament durch eine bestimmte Zeit aufliegen. Denn diese Kautel wird dann als genügend betrachtet. Sodann sind alle Verordnungen ausgenommen, welche sich auf Schottland beziehen. Schliesslich die des Ministeriums für Selbstverwaltung, des Handelsministeriums u. a. minderwichtige Anordnungen (s. I, 4).

Insbesondere können in dringenden Fällen die Verwaltungsbehörden auch ohue diese Maschinerie in Bewegung zu setzen, Verordnungen erlassen; doch müssen sie dann sofort den normalen Weg für dieselben einschlagen, widrigenfalls dieselben ohne weiteres ausser Kraft treten (s. 2).

Das Gesetz schreibt nur vor, dass es sich hiebei um Verordnungen handeln müsse, welche dem Parlament zur Kenntnis gebracht werden sollen. Welche aber von diesen gerade statutory rules' im Sinne obiger Prozedur sind, dies zu bestimmen überlässt das Gesetz dem Schatzamt im Verein mit dem Lord Kanzler und Sprecher des Unterhauses (s. 3, 4). Diese Behörden haben dies nun dahin bestimmt, dass „statutory

§ 24. rule diejenige sei, welche von einer kompetenten Behörde erlassen sei und Rechtssätze nicht bloss Dienst anordnungen enthalte. (s. 2 der Regulations abgedruckt bei Ilbert p. 362 sagt: Every exercise of a statutory power by a rulemaking authority, which is of a legislative and not an executive character, shall be held to be a Statutory Rule within section three of the Act and these regulations".) Man sieht, so nähert sich auch England der ihm bisher fremden kontinentalen Unterscheidung von Rechts- und Verwaltungsverordnung. Dies bringt eben der moderne Verwaltungsstaat schon mit sich.

Bezüglich der Publikation von Verordnungen schreibt die oben citierte Akte folgendes vor (s. 3): Wo für eine bestimmte Art von Verordnungen Publikation vorgeschrieben ist, da genügt nur die Mitteilung in der London Gazette, dass die Verordnung beim Kings Printer gekauft werden kann.

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Der Inhalt der Verordnung wird gedruckt und in einer Sammlung von Verordnungen, welche alljährlich erscheint, als ,the Statutory Rules and Orders revised" (erscheint schon seit 1890) veröffentlicht. Diese Veröffentlichung, die den „Revised Statutes“ analog ist, hat ebenso wenig die Bedeutung eines Verordnungsblattes im kontinentalen Sinne, wie die „Revised Statutes" die eines Gesetzesblatts haben.

Jedenfalls ist festzuhalten, dass dem englischen Recht der Grundsatz des kontinentalen Rechts fremd ist, dass Rechtsverordnungen zu ihrer Wirksamkeit im Gesetzblatte publiziert werden müssen. Das aber hat auch das englische Recht als Surrogat unseres Rechtssatzes: dass gewöhnlich die Absicht, Rechtsverordnungen zu erlassen, zuvor publiziert werden müsse 1). So nähert sich England, wie in vielen anderen Punkten, der kontinentalen Praxis.

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3. Abschnitt.

Die Equity 2).

,,Aliquando tamen super hoc ultimo casu in curia domini Regis de consilio curiae ita ex aequitate consideratum est." (Glanvilla VII. 1.)

Im allgemeinen.

Als dritte Quelle des englischen Rechts wird seit alters her die Equity (unsere Billigkeit, aber in sehr erweitertem Sinne!) aufgefasst. Sie hatte einst ihren eigenen Gerichtshof, den Kanzlergerichtshof, die Chancery, jetzt Chancery-Division des High Court of Justice, in der sie auch heute ihre vorwiegende, wenn auch seit der JudicatureAct von 1873 nicht ausschliessliche Anwendung findet.

Der Vergleich zwischen dem Kanzler als Vorsitzenden der Chancery und dem römischen Prätor, der den rigor juris milderte und gerne dem Rechnung trug, was aequum et bonum war, ist naheliegend. Aus dieser äusseren Aehnlichkeit und der Tat

1) Lokalverordnungen (bye-laws), Ortsstatuten müssen auch heute vor dem Richter noch erwiesen werden. Doch geniessen sie das Privileg, dass die gedruckte, mit Siegel des Kommunalverbands versehene Anordnung nach vorgeschriebener Publikation, prima facie evidence, d. h. eine Praesumtio juris vor dem Richter abgebe. Siehe z. B. die Public Health Acte von 1875, s. 181 ff. in Bezug auf Sanitätsanordnungen, welche das Modell für die andern Ortsstatuten geworden ist.

2) S. statt aller Kerly, history of Equity 1899 und die dort ausführlich citierte Literatur und jetzt auch Holdsworth a. a. O. I, p. 194--264 und Pollock, The Expansion of the Common Law 1904 p. 67 ff. und 107 ff.

sache, dass die Kanzler seit Beginn der Neuzeit ihre Rechtssprüche mit Parömien des § 25. römischen Rechts aufzuputzen pflegten, hat man sogar eine Zeit lang in England an eine Rezeption des römischen Rechts geglaubt. Neue und neueste Forschungen haben diese Annahmen als irrig erwiesen. Insbesondere hat Kerly dargetan, dass der vermeintliche Einfluss des römischen Rechts auf die materielle Equity (im Gegensatz zum Verfahren in Equity!) ein geringfügiger gewesen ist. Auch der ganze Rechtsapparat, welcher der Equity dient, war und ist von dem, den die Prätoren handhabten, insbesondere an zwei Punkten, grundverschieden. Vor allem hat der englische Kanzler niemals wie der römische Prätor von vornherein die Fälle und Klagen bezeichnet, die er annehmen wollte, er hat sich niemals, wie der Prätor, gleichsam von vornherein gebunden. Sodann ist die englische Equity in einem besonderen Gerichtshofe, der vorwiegend 1) ihrem Zweck dient, dem Kanzlergerichtshof gehandhabt worden. Der römische Prätor judizierte aber nicht bloss nach dem jus praetorium, das er setzte, sondern auch nach dem jus civile. Gerade diese beiden Grundverschiedenheiten leiten darauf den Anknüpfungspunkt für die englische Equity ganz wo anders zu suchen, nämlich im mittelalterlich-germanischen Grundgedanken: dem Königsrecht im Gegensatz zum Volksrecht 2). Auch dieses war, wie die englische Equity bestimmt, den rigor des Volksrechts zu mildern, aber noch mehr, das Volksrecht zu ergänzen; kurz die Lücken des Rechts auszufüllen. Wenn das Volksrecht nicht redete, dann redete das Königsrecht.

In England sitzen seit der Normanneneroberung die Curia Regis und, seitdem später die Curia in das Parlament und den königl. Staatsrat zerfallen war, diese beiden Gerichte, die in jedem einzelnen Fall, der nicht vom bisherigen Recht vorgesehen war, Recht setzen. Wie sich von der alten Curia Regis, dem Königsgericht, der Gedanke der Equity losringt und im Chancery-Gerichtshof bis auf die Gegenwart verkörpert hat, soll im folgenden gezeigt werden. Dabei wird uns klar werden, wie viel wir auf dem Kontinente dadurch verloren oder gewonnen haben, dass die fränkische Gerichtsorganisation so bald zerfallen ist. Vorzüge und Nachteile dieser ganzen Organisation eines königl. Billigkeitsgerichtshofes werden zutage treten.

Die Schicksale der englischen Equity lassen sich in Perioden aufteilen: die Periode des jus corrigere und jus supplere von Eduard III. bis Heinrich VIII., die des jus corrigere von Heinrich VIII. bis Karl II., und schliesslich die des jus supplere von Karl II. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, wo dann das System der Billigkeit erstarrt und an Sprödigkeit in nichts dem Common law nachgibt, bis dann im 19. Jahrhundert die konkurrierende Gerichtsbarkeit zwischen Equitygerichten und Common law-Gerichten durch die Judicature-Act von 1873 mit einer Fusion dieser Gerichte endigt. Mit einer Fusion der Gerichte aber keiner Fusion der Rechtssysteme! Common law und Equity bestehen nach wie vor aus Gründen, die noch weiter unten erörtert werden sollen. Die Common law - Gerichte haben nun auch wirkliche Billigkeitsbefugnis erlangt. Das werden uns die Ausführungen der nachfolgenden Zeilen zeigen.

Das Mittelalter: Das jus corrigere und jus supplere des Kanzlergerichtshofes. § 26. Nicht bloss Lücken des Rechts auszufüllen, sondern auch gegen Rechtsbruch der Untergerichte sowie der lokalen Volksgerichte den Untertan zu schützen, lag dem

1) Eine Common law - Jurisdiktion der Chancery gab es einstmals auch, doch war dieselbe im Verhältnis zur Equity - Jurisdiktion schon seit dem 14. und 15. Jahrh. ganz unbedeutend. 2) S. darüber Brunner, Grundzüge der deutschen Rechtsgeschichte 1901 S. 72 f.

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