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des Common law ganz überflüssig erscheinen musste. Man glaubte damals an einer § 17. Wende der Rechtsentwicklung zu stehen und vernachlässigte ganz die Mittel zur Erhaltung des angestammten Common law. Die Staatssubventionen der Reporters hörten auf. Unter Jakob I. ward jener Versuch der Romanisierung des englischen Rechts gründlich abgeschlagen. Daher verteidigte der berühmte Francis Bacon (s. de augmentis scientiarum works V p. 104 ed. Spedding) wieder die Staatssubvention und in seinen Aphorismen sagt er: Let the Reporters be taken from the most learned council, and receive a liberal salary from the state" (p. 75). Auf diese Empfehlung erging zwar eine königliche Ordre im Jahre 1617 (Rymer's foedera vol. 17 p. 27), aber trotzdem schlief die Sache wieder ein, um niemals wieder zu erwachen. Nun bemächtigte sich die Privatunternehmung der Berichterstattung: die Buchdruckerkunst war nunmehr allgemein verbreitet.

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II. Die Reports als Privatunternehmen. Hervorragende Advokaten und Richter begannen, anfangs für ihren eigenen Gebrauch, Aufzeichnungen der wichtigsten Rechtsfälle, die ihnen in der Praxis vorkamen, vorzunehmen. Solche Sammlungen - mitunter Common places books genannt gingen dann im Manuskript, aus der Feder des Autors, von Hand zu Hand, bis sie schliesslich ein gewissenloser Standesgenosse auf seine Rechnung publizieren liess. Um dem vorzubeugen, sahen sich die Autoren jener Aufzeichnungen mitunter genötigt, selbst die Sache zu publizieren. So sind die Reports von Plowden (1585), von Burrow (1757/71) u. a. aber insbesondere die von Coke (1601) veranlasst worden. Letztere sind wohl die berühmtesten. Dass unter diesen Umständen die Genauigkeit der Aufzeichnungen viel zu wünschen übrig liess, dass Irrtümer vorkamen, die mit der Zeit sich zu Rechtssätzen umwandelten, ist klar. Der Hauptfehler lag wohl darin, dass die klaren, wirklichen Vorgänge vor dem Gerichtshof von den Privatansichten über Recht und Unrecht in dem betreffenden Rechtsfall beeinflusst wurden. Viele solcher Privatansichten sind heute zu unanfechtbarem Recht gewachsen, eben weil sie sich in die Form des wirklichen Ereignisses einzuschmuggeln wussten. Die Gerichtshöfe begannen sich daher bald der Aufsicht durch Licenzen über die Berichterstattung zu bemächtigen. Sogleich nach der Restauration der Stuarts erging eine Licenzakte, wonach alle sich auf Common law beziehenden Berichte nur mit Erlaubnis des Lord-Kanzlers oder der Richter veröffentlicht werden durften. Diese Licenzakte dauerte zwar bloss bis 1692 (Van Veechter a. a. O. p. 4), aber im 18. Jahrhundert gesellten sich, am frühesten die King's bench, am spätesten der Exchequergerichtshof, eigene Reporter bei. Die von diesen veröffentlichten Reports waren die „regularly authorised". Das will nicht besagen, dass die Reports nunmehr derart waren, dass die Richter sich für ihre Richtigkeit verantwortlich hielten. Dies bedeutete nur, dass die Richter den „Autorisierten" alles Entgegenkommen für die Zwecke der Veröffentlichung entgegenbrachten. Trotzdem wurde hiedurch ihre Zuverlässigkeit nicht sehr gefördert, denn eine Privatkonkurrenz war immer vorhanden. Mitunter gab es in einem Gerichtshof zwei autorisierte Rivalen von Reportern, daneben eine Unmasse billigen Materials von Privatsammlungen, das dementsprechend ungenau und unzuverlässig war. Dieser Zustand erhielt sich nun bis ins 19. Jahrhundert, bis 1863.

III. Die Reports als Standesunternehmen des Barreau. Da kamen nun in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Mitglieder des Barrean auf den Einfall, sich zu einer Vereinigung für die Veröffentlichung der Reports zusammenzutun. Unter der Anleitung des hervorragenden Reporters Daniel trat 1863 ein Komitee zusammen, das aus 22 Mitgliedern bestand, unter ihnen der Attorney-General und der Sollicitor-General. Es wurden 8 Beiräte gewählt, aus den 4 Gerichtsinnungen (Inns

§ 17. of Court) je 2 Serjeants und 2 Sollicitors, letztere von ihrer korporativen Vertretung, der Incorporated Law Society 1). Dies Komitee, das inzwischen zur Korporation durch königliche Charter gemacht worden ist, überwacht nunmehr eine einheitliche Ausgabe der Reports, die sog. Law Reports. Viel ist dadurch erreicht, namentlich Einheitlichkeit der Berichterstattung. Privatunternehmungen können dagegen nunmehr nicht aufkommen. Aber über die Weitläufigkeit der Berichterstattung wird auch gegenwärtig geklagt (Lindley a. a. O. p. 143 f.). Jedenfalls haben wir die Merkwürdigkeit, dass von der Zuverlässigkeit der genossenschaftlich genehmigten Berichterstattung Stand, Wohl und Wehe des englischen Rechts abhängt. Ein neuer Beleg dafür, dass eine soziale Gemeinschaft rechtsbildend, insbesondere gewohnheitsrechtsbildend vorgehen kann, denn selbst was unrichtig reportiert ist, kann doch mit der Zeit zum Rechtssatz auswachsen. Aber to put an end to the Reports is to put an end to the law of England!"

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Die Stellung des Richters 2).

I. Heute gilt für gewöhnlich der Satz Blackstone's, den wir oben zitiert haben, dass der Richter an Präcedenzfälle gebunden sei. Das war aber nicht immer SO. Wir können sagen: jedenfalls nicht vor Blackstone's Zeit. Der berühmte Coke sagt selbst, dass früher, d. h. vor ihm, selten Präcedenzfälle in Gerichten als Autorität zitiert worden sind. So heisst es von den Richtern in der Vorrede zu dem 10. Band seiner Reports, p. 21: Ii ( die Richter und Advokaten) vix unquam librum vel autoritatem nominatim produxerunt" und Coke selbst nennt als Zweck seiner Publikation von Rechtswegen nicht die Herstellung bindender Autorität für die Gerichte, sondern nur (pag. V): „Veras certasque horum judiciorum et sententiarum tum rationes tum causas... posteritati universae plane fideque divulgari“. Also nur das reine Streben nach Wahrheit ist Coke's Ziel.

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Blackstone führt nun die Dreiteilung der Gewalten ins englische Staatsrecht ein und da darf der Richter natürlich nur Recht anwenden, nicht selbst Recht schaffen. Das ist Sache der gesetzgebenden Gewalt. Der Richter wird so die ,Subsumtionsmaschine" der konstitutionellen Doktrin.

Die Bindung an den Präcedenzfall ist nur das Korrelat dieser Auffassung. Diese

1) Diese Society ist eine Standesvertretung der engl. Advokaten, Sollicitors, während die Standesvertretung der Barrister, der höhern Advokaten und Verteidiger durch die Inns of Court (der sog. Bar) besorgt wird. Während aber diese letzteren nur Clubs ohne juristische Persönlichkeit sind, ist die Inc, Law Society seit 1831 Korporation. Sie erhält aus Staatsmitteln eine Subvention, erlässt die Prüfungsordnung für die Zulassung von Anwälten und führt seit 1888 (sollicitors Act) die Listen der sollicitors, wodurch sie auch Organ für die Zulassung zur Anwaltspraxis geworden. Hingegen hat sie nicht das Recht, jemanden von der Advokatenliste zu streichen; das steht nur den ordentlichen Gerichten zu. Eine Disziplinargewalt, wie sie unsere Anwaltskammern haben, steht dieser Society nicht zu, zumal ein Zwang zum Beitritt für keinen Sollicitor vorhanden ist. Dies ist ein Uebelstand, der von Engländern lebhaft bedauert wird. Interessant ist, dass die spätmittelalterliche Scheidung des englischen Anwaltstandes in Barrister und Sollicitors ihr Seitenstück in der brandenburgisch-preussischen Verwaltungsgeschichte hat. Vor dem Kammergericht in Berlin durften zu Beginn des 16. Jahrhunderts auch nur zweierlei Arten von Anwälten fungieren, die Procuratoren (Verteidiger) und die Advokaten, die den Prozessstoff sichteten. S. Isa a csohn, Geschichte des preussischen Beamtentums 1874 I, S. 229.

2) Literatur: Pollock, First Book of Jurisprudence 1896 p. 275-328 und die dort citierten. Ferner: John. W. Salmond, The Theory of Judicial Precedents, Law Quarterly Review 1900, vol. 16, p. 367 ff.

wird im 19. Jahrhundert durch zwei Momente verstärkt. Einmal durch die bis zur Mitte § 18. des 19. Jahrhunderts aufgestellte Selbstbindung des Oberhauses, als höchsten Gerichtshofs, an seine eigenen Entscheidungen. Wie diese Regel zurückwirkt auf die allgemeine Bindung der Präcedenzfälle, ist aus der Meinung des Lord Cambpell (im Rechtsfall Bright v. Hutton 1852, 3. H. L. C. p. 391/2) zu ersehen: „Because according to the impression upon my mind a decision of this High Court, in point of law. is conclusive upon the House itself, as well as upon all inferior tribunals“1). Der zweite Umstand, der die engere Bindung des Richters an Präcedenzfälle herbeiführte, ist die konzentrierte Hierarchie der Gerichtshöfe, welche durch die Reformjustizgesetzgebung in den 70er Jahren (Judicature acts 1873 und 1876) eintrat.

II. Der Richter ist an die Präcedenzfälle gebunden, d. i. an die richterlichen Vorentscheidungen, die in ähnlichen Rechtsfällen ergangen sind. Diese Regel bedarf nachfolgender Ergänzung und Einschränkung.

1) Darf er also niemals Recht schaffen? Ist er also wirklich „Subsumtionsmaschine", wie es die konstitutionelle Doktrin will? Nein! der englische Richter gewiss nicht. Abgesehen davon, dass er doch, wie im vorhergehenden Paragraphen gezeigt wurde, durch Analogien und Fiktionen immer neues Recht schafft, so kann er dies auch dort tun, wo bisher Präcedenzfälle nicht vorliegen. Er kann sog. „Creative precedents" schaffen (s. Salmond a. a. O.). Er kann: jus supplere. Was ist aber die Quelle dieser neuen kreativen Entscheidungen, oder wie sie in der englischen Rechtsprechung genannt werden, dieser neuen rationes decidendi? Antwort: „Natural justice, practical expediency and common sense" (Salmond a. a. O. p. 389). Also die vielgeschmähte Natur der Sache", deren richtiger, allein zulässiger Kern ist, Quelle rechtschaffender richterlicher Tätigkeit zu sein 2).

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2) Binden wirklich alle Präcedenzfälle englischer Sprache den englischen Richter? Nein! nur die der oberen Gerichte in England. Diese sind „authoritative precedents". Also nicht die schottischen, nicht die irischen, nicht die nordamerikanischen Entscheidungen. Aber auch nicht die Entscheidungen des Privy council in Kolonialsachen. Diese letzteren binden wohl als Präcedenzfälle die Kolonialgerichte, nicht aber autoritativ die englischen Gerichte. All die letztgenannten Entscheidungen aber, irische, schottische, nordamerikanische und Privy council-Entscheidungen werden, wenngleich sie nicht bindend sind, als Autorität behandelt und mit dem grössten Respekt angesehen. Sie sind, wie die englischen Juristen sagen, zwar nicht „autoritativ“, aber persuasiv", d. i. überzeugungskräftig.

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3) Binden alle autoritativen Entscheidungen unbedingt, also absolut, d. h. selbst dann, wenn sie rechtsirrtümlich und widersinnig sind? Nein. Es ist folgendes Rechtens:

a) Alle Entscheidungen der oberen Gerichte binden absolut die niederen Tribunale. b) Das Haus der Lords, der oberste Gerichtshof des Reichs, ist absolut an seine eigenen Entscheidungen gebunden.

c) Ebenso der Court of appeal; früher die nach dem alten Gerichtssystem vor 1873 ihm gleichwertigen Appelhöfe, z. B. die Exchequer chamber.

Alle übrigen Entscheidungen sind nicht absolut bindend. Also nicht die Entscheidungen der niedern Tribunale gegenüber den obern und nicht der gleichgeordneten untereinander. Diese sind nur bedingungsweise bindend, d. h. wenn sie nicht gegen

1) Diese Regel der Selbstbindung des Oberhauses an seine Präcedenzfälle ist bestätigt neuestens durch die Meinung des Lord Halsbury im Rechtsf.: London Ld Tr. Comp. v. London County Council L. R. 1898 A. C. 375.

2) S. Bekker, Ernst und Scherz über unsere Wissenschaft 1892. S. 150 f.

§ 18. das Recht und offenbar gegen die Vernunft verstossen (s. Salmond a. a. O. p. 381). Sie erwachsen aber zur absoluten Rechtsverbindlichkeit dann, wenn sie lange Zeit unangefochten (not overruled) in Geltung gestanden haben (Pugh versus Golden Valley Railway Comp. 15 Ch. D. p. 334).

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4) Was ist an den Gerichtsentscheidungen rechtsverbindlich? Nur das Urteil und die Entscheidungsgründe, nicht aber Dikta der Richter, welche nur nebenher in Betracht kommen und mit den Tatumständen des Rechtsfalls in keinem Zusammenhange stehen („obiter dicta").

III. In Schottland hat sich die bindende Kraft der Präcedentien in ihrer eigentümlichen Hierarchie erst in neuester Zeit herausgebildet. Das schottische Recht stand nämlich seit dem 15. Jahrhundert stark unter dem Einfluss des römischen Rechts, wonach die Gerichtsentscheidung nur Recht schuf inter partes1) und nicht auf Fälle Dritter bezogen werden durften. Die neue Praxis steht aber ganz auf dem Standpunkte des englischen Rechts. So sagt die 19. Ausgabe (1895) von Erskine's Buch Principles of the Law of Scotland" (bk. I) § 17: There is a scale of authority from the house of Lords down to the humblest tribunal; a reported ground of judgement. not being a mere obiter dictum, expresed in one case by a superior court is binding in a similar case in an inferior court, unless and until is itself reversed or displaced by statute."

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IV. Die Stellung des englischen Richters ist selbst heute noch trotz der Bindungsregel die alte mittelalterliche, wonach der Richter ohne weiteres Recht schaffen konnte, um es zu supplieren. Es ist das alte mittelalterliche Arbitrium, das auch in langobardischen Rechtsquellen uns entgegentritt (s. Brie a. a. O. p. 264 Note 29), das freie richterliche Ermessen zur Ergänzung des bestehenden Rechts. Das sind eben auch heute noch die „Creative precedents" des englischen Rechts. Dass dies der mittelalterlichen Denkungsart entspricht und sich von dieser Zeit bis auf den heutigen Tag erhalten hat, zeigt die Stelle in Bracton's Rechtsbuch, welche alle Lücken des Rechts durch Entscheidung des Privy council supplieren lässt, fol 1b: „Si autem aliqua nova et inconsueta emerserint et quae prius usitata non fuerint in regno, si tamen similia evenerint per simile judicentur, cum bona sit occasio a similibus procedere ad similia. Si autem talia nunquam prius evenerint, et obscurum et difficile sit eorum judicium tunc ponanter judicia in respectum usque ad magnam curiam, ut ibi per concilium curiae terminentur". So bestätigt die englische Rechtsentwicklung die von Bülow (Heitere und ernste Betrachtungen über die Rechtswissenschaft. 1901 S. 94 ff.) gegen die herkömmliche Rechtstheorie festgestellte Ansicht, dass das Gewohnheitsrecht nicht aus dem allgemeinen Volksgeiste, sondern durch die rechtschaffende Tätigkeit des Richters entstanden sei und entstehe. Dass aber uns diese mittelalterlich-germanische Rechtschaffung des Richters auf dem Kontinent durch das römische Recht und durch die konstitutionelle Lehre der Dreiteilung der Gewalten ausgetrieben worden ist, soll noch weiter unten klargelegt werden.

2. Abschnitt.

Das Gesetz, Statute law.

Die Dogmengeschichte des englischen Gesetzesbegriffes 2).

Der englische Gesetzesbegriff ist erst seit dem 17. Jahrhundert ungefähr zu

1) S. Grey in Harvard Law Review vol. 9, p. 34 f.

2) Literatur: Introduction to the Statutes of the Realm at large. Ausgabe der

jener Vorstellung geworden, die die konstitutionelle Doktrin mit ihm verbindet: näm- § 19. lich zur allgemeinen das Leben des Individuums regelnden Norm. Bis zum 17. Jahrhundert war das englische Gesetz nur eine Art Urteilsspruch, judicium, und selbst heute haften noch Ueberreste dieser Vorstellung dem englischen Gesetzesbegriffe an. Die geschichtliche Entwicklung, die wir im folgenden geben wollen, wird zeigen, wie er allmählich sich von der alten judicium-Auffassung losringt. Jene Entwicklung zerfällt in 3 Abschnitte: die Entstehung der Urkundeneigenschaft oder formellen Beweiskraft des Gesetzes, die Entstehung der formellen Gesetzeskraft und die moderne Auffassung der liberalen Whig-Doktrin seit der glorreichen Revolution.

I. Das Entstehen der Urkunden eigenschaft oder der formellen Beweiskraft des Gesetzes (bis zur Zeit Eduard III.). Unter den Normannenkönigen und den ersten Plantagenets dürfen wir uns die Gesetzgebung nur als Ausnahme, hingegen die Regelung der Lebensverhältnisse durch Common law als Norm vorstellen. Die ganze Masse des Rechts war einheitlich, denn selbst das Gesetz war von dem gewöhnlichen Urteilsspruch nicht verschieden, war Rechtssatz und zugleich Rechtsprechung, die im High court of parliament vor sich ging. Der mittelalterliche Richter kennt keine Rechts- oder Gesetzeslücken. Er findet entweder das angewandte Recht in dem ungeschriebenen Common law oder beschafft es vermöge seines richterlichen Arbitrium, wie Bracton nach unserer vorhergehenden Ausführung dies festgestellt hat.

Dabei war es für diese neue Rechtssatzung gleichgültig, ob der Richter, der neues Recht schuf, im Volksgerichte (den county courts), oder im Königsgerichte (Privy council, Reichsgerichte) oder im Parlament, dem obersten Gerichte des Landes sass, zumal die beiden letzteren Arten von Gerichtshöfen damals nicht scharf von einander getrennt waren. Auch diese hier im Parlament gefasste Rechtschaffung war Urteilsspruch (judicium). Darauf weist vor allem der Name Assissa hin, der den Gesetzen damals gegeben wurde. So ergingen damals die Assize of Clarendon und die Assize of Northampton unter Heinrich II., welche den Mechanismus der Jury in England einführen. Aehnlich die Assize of Arms, welche die Wehrordnung feststellt, die Assize of forest, die Forstordnung und die Assize of measures, die Gewichtsordnung. All diese gehören in die Kategorie von Urteilssprüchen, obwohl sie neues Recht setzten. Das Wort Assissa bedeutet in dieser Anwendung die Sententia Assissa, welche der König erlässt (siehe Stubbs I. p. 614 Anm.). Dass alle Rechtssatzung damals als aus Rechtsprechung hervorgegangen aufgefasst wird, zeigt die bekannte Definition des Rechts von Bracton (de legibus Angliae fol. 1b): „Quod communi sponsione autoritate regis praecedente juste fuerit definitum et approbatum".

Eine charakteristische Eigenschaft zeigen alle Gesetze dieser Zeit, mögen sie nun Assizes oder Provisions heissen: der König hält sich an sie nicht gebunden. Vergebens protestieren die Grossen des Landes dagegen. Wie sollte er aber auch anders? Das Gesetz unterschied sich in nichts von einem Rechtsspruch. Dieser war nicht einmal urkundlich festgestellt. So nicht bis in die Zeit Eduard I. Von da ab beginnen die Statute rolls (das erste auf der Statute Roll ist das Statute of Gloucester aus d. 6. Reg.-J. Ed. I.). Sie waren zu dem Zwecke eingeführt, um den vom König im Parlament erlassenen Rechtssprüchen, wenn sie von allgemeiner Bedeutung waren, die Publikation in den Grafschaften durch den Sheriff zu sichern. Das erzählt uns für

Recordcommission 1810-1828; Stubbs II, p. 603 ff. und III, p. 477 ff.; Jellinek, Gesetz und Verordnung 1887, S. 3 ff.; Anson I, p. 231; Hearn p. 35 ff.

Handbuch des Oeffentlichen Rechts IV. II. 4. 1. England.

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