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§ 16. Lage, unter bestimmten Voraussetzungen aus Ursachen auf die Folgen zu schliessen. Insbesondere gewähre die Rechtsfallsammlung diese Voraussicht. Das ist aber mit Verlaub viel zu wenig, um dem „case-law" noch den Charakter der Wissenschaft zuzusprechen. Wir haben auf dem Kontinent eben einen viel höheren Standard, seit Ihering uns gezeigt hat, was schon die alten Römer von der Rechtswissenschaft erwarteten. Wir verlangen von der Rechtswissenschaft Analyse, Konzentration und Konstruktion des Rechtsstoffes.

Doch ob wissenschaftlich oder nicht, eines steht fest und muss in diesem Zusammenhange hervorgehoben werden: durch dieses ständige Arbeiten mit Analogien wendet der Richter nicht bloss gegebenes Recht an, sondern schafft neues Recht. Auch in jeder andern wissenschaftlichen Forschung spielt die Analogie die Rolle eines hypothetischen Ermittelungsverfahrens im Dienste des induktiven Denkens" 1). Sie sucht unser Wissen zu erweitern. So auch in der Jurisprudenz. Daher sagt Regelsberger, der deutsche Jurist, von der Rechtsanalogie (Pandekten I. p. 160): „Ist, so kann man fragen, die Analogie überhaupt noch Rechtsanwendung? Fällt sie nicht in das Gebiet der Rechtsschaffung ? Sicher liegt sie auf der Grenze. . ." In England, wo das Verhältnis zwischen Gewohnheits- und Gesetzesrecht im Vergleiche zum Kontinent ein gerade umgekehrtes ist, liegt sie nicht mehr auf der Grenze, sondern schon auf dem Gebiete der Rechtsschaffung (s. darüber Thayer a. a. O.). Denn hier vollzieht sie sich ganz unmerklich, aber dennoch unter den Händen des vorwiegend mit Rechtsanalogien arbeitenden Richters. Durch Analogie der vorhandenen Tatbestände wird eine Rechtsregel aufgebaut, d. h. im Gerichtshof stillschweigend abstrahiert, nicht dauernd festgelegt. Denn ein Analogieschluss ist ein Schluss von Besonderem auf Besonderes, der logisch nur berechtigt wäre, wenn er durch einen dabei nicht ausgesprochenen und deshalb unbestimmt bleibenden generellen Satz hindurchginge" (Windelband). Dieser nicht ausgesprochene und deshalb unbestimmt bleibende) generelle Satz des Analogieschlusses ist im englischen Gerichtsurteil, die ad hoc für den konkreten Rechtsfall abstrahierte Rechtsregel. Sie ist aber nichts Bleibendes, nichts Feststehendes. Denn gleich darauf kommen neue Umstände auf, die eine neue Abstraktion und Entscheidung verlangen können. Die jetzt gefällte Entscheidung gibt mit den früher gefällten, im Analogieschluss kombiniert, die Abstraktion einer neuen Rechtsregel, eines „neuen, nicht ausgesprochenen und deshalb unbestimmt bleibenden generellen Satzes". Und so immer fort. Die Rechtsregel des Common Law ist daher nichts Bleibendes, nichts Feststehendes, sondern immer flüssig. Der englische Richter schliesst immer vom besonderen aufs besondere, der deutsche Richter vom allgemeinen aufs besondere. Der englische Richter arbeitet für gewöhnlich mit dem Analogieschlusse, der deutsche mit dem logischen Subalternationsschlusse.

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So kommt es, dass auf jenen Lebensgebieten, die im Zeitalter der Maschine und des Dampfes aufgekommen sind ich meine das Gebiet der Arbeiterfürsorge und des Arbeiterschutzes immer neue, fortwährend wechselnde Tatbestände auftauchen, wo neue Analogien immer neue abstrahierte Rechtsregeln schaffen, wo die Rechtsregel nicht recht Zeit hat, auszuruhen, sondern durch die Analogie zu immer neuen Kombinationen weiter angetrieben wird. Das ist dann nicht mehr Rechts anwendung durch den Richter, sondern Rechts schaffung. Treffend tritt dies in einer Enquête über die Haftpflicht der Arbeitgeber (employers liability), die in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts von dem Unterhause abgehalten wurde, hervor. Es wird einer der her

1) Ich habe mir diesen und den folgenden Satz aus den Vorlesungen des Herrn Geh. Rat Windelband über Logik mit Erlaubnis des Autors anzueignen erlaubt.

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vorragendsten Richter des Landes, Lord Erler, verhört (s. Thayer, a. a. O. p. 189). § 16. Die bisherige Rechtsprechung hatte die Rechtsregel erzeugt, dass der Arbeitgeber für die dem Arbeiter durch Verschulden seiner Arbeitsgenossen angerichteten Schäden hafte. Das Komitee des Unterhauses erklärt, das wäre ein Fall richterlicher Gesetzgebung. Lord Erler entschuldigt sich mit folgenden Worten: Was die Richter tun mögen und tun müssen, ist die Anwendung eines anerkannten Rechtssatzes auf neue Lebensverhältnisse, welche von Tag zu Tag entstehen, und es wäre unmöglich, anders das Recht zu sprechen. Denn jeder, der mit dem Rechte vertraut ist, weiss, dass die neuen Lebensverhältnisse, welche von dem Gerichtshof kommen, beinahe täglich auftauchen (what they may (= die Richter) do and must do, is to apply an admitted principle of law to the new combinations of fact, which arise from day to day; and it would be impossible that they could otherwise administer the law; for anybody who has been conversant with the law knows that new combinations of fact which have never brought before courts, are brought before them almost from day to day)". Welches Zeugnis könnte besser für diese richterliche Gesetzgebung auf dem Wege der Analogie-Arbeit sprechen, als die Tatsache, dass trotz Kodifikation auf einem bestimmten Lebensgebiet manches Gesetz derart von Spruchpraxis überwuchert erscheint, dass von dem ursprünglichen Gesetzestext nicht mehr viel zu sehen ist? Ein Beispiel hierfür ist die Sektion 17 des Statute of frauds. Dieselbe hat eine Spruchpraxis hervorgerufen, welche zu Rechtsregeln kondensiert, 14 mal so viel Umfang hat, als die ursprüngliche Gesetzesregel. Die Richter sehen daher jedes Gesetz nur eben so an, wie eine mehr oder minder prinzipielle Rechtsfallentscheidung, worin sie namentlich wegen der Abfassung eines englischen Gesetzes, das sich gerne an Details hält und selten zu allgemeinen Rechtsregeln aufsteigt, sehr bestärkt werden (s. darüber noch im nächsten Abschnitt). Dann arbeiten sie sich mit Hilfe der Rechtsanalogie zu neuen Rechtssätzen durch, über den Wortlaut des Gesetzes hinaus, und so entsteht jenes Gewebe von Sätzen der Spruchpraxis, welches mehr oder minder jedes englische Gesetz umgibt.

II. Arbeiten mit Fiktionen.

Diese sind seit altersher, wie wohl allgemein bekannt, ein beliebtes Auskunftsmittel des englischen Rechts. So verdankt das heutige englische Grundeigentumsrecht einer Reihe geschichtlich bedeutsamer Rechtsfiktionen (Taltarum's case unter Eduard IV.) seine heutige Gestalt. Weltberühmt ist die Fiktion geworden, wonach der Stuart Jakob II. abdiziert hätte, trotzdem er wirklich aus dem Lande verjagt wurde. Uns interessiert es weniger eine Aufzählung der Rechtsfiktionen zu geben, was übrigens unmöglich wäre, sondern eine juristische Würdigung dieser Fiktionen und die Frage, inwiefern sie speziell zur richterlichen Gesetzgebung beitragen.

Wir hören hier im allgemeinen nur ungünstige Beurteilung seitens der Engländer selbst. So sagt Bentham: „„Schwüre"", sagt ein Charakterdarsteller, „wären die Grundlage der englischen Konversation". „„Lügen"" hätte er noch hinzusetzen müssen, Lügen und Unsinn die Grundlage der englischen Judikatur. Im römischen Recht, in seinem Ableger, dem schottischen Recht, ist die Fiktion eine Verunstaltung des Antlitzes der Gerechtigkeit. Im englischen Recht ist die Fiktion eine syphilitische Krankheit, welche in jedem seiner Blutgefässe vorherrscht und daher in jeden Teil seiner Organe Fäulnis einführt“ (Bentham, Fragment on Government 235 u. 243 ed. Montague). Auch der Gegner Bentham's, der Forscher Maine (Ancient Law p. 27), bezeichnet das im englischen Recht vorherrschende Arbeiten mit Rechtsfiktionen als rohes, plumpes Handwerk.

$ 16.

Haben diese englischen Juristen, reine Theoretiker, wirklich Recht, oder sollen wir mit den praktischen Juristen Englands ungeteilt in das Lob der Rechtsfiktion einstimmen? Freilich, wenn man z. B. die bis in die neue Zeit festgehaltene Rechtsfiktion ansieht, wonach ein auf See geschlossener Vertrag, um vor englischem Gericht klagbar zu werden, die Fiktion nötig hatte, dass er auf der englischen Börse der Royal Exchange abgeschlossen sei, oder wenn man sich vergegenwärtigt, dass bis in's 19. Jahrhundert, um die Kompetenz eines Gerichts wie des Exchequer zu begründen, der Kläger fingieren musste, er sei Schuldner der Krone, um als solcher die Krone im Exchequer zum Einschreiten gegen seinen wirklichen Schuldner zu veranlassen (writ of quominus), so wird man beinahe geneigt sein, jenem scharfen Urteil der Theoretiker beizustimmen. Wenn wir nun aber die heute in den Gerichten gebräuchlichen Rechtsfiktionen, die gewissermassen zum täglichen Brot der englischen Juristen gehören, näher ansehen, so werden wir vielleicht zu einem andern Urteil gelangen. Abgesehen davon nämlich, dass diese so übel beleumundete Rechtsfiktion dem englischen Staate über manche Revolutionskrise hinweggeholfen, sind sie für die englische Rechtsprechung geradezu unentbehrlich. Sie ersetzen dem englischen Richter die Unterstützung, die wir unserm durch das wissenschaftliche Recht angedeihen lassen, und nützen ihm wirklich oft nur dazu, jene enge Schnürbrust, wodurch er an geltende Präcedenzfälle unbedingt gebunden ist, zu durchbrechen; so richterliche Gesetzgebung im edelsten Sinne des Wortes zu üben.

Von massgebenden englischen Juristen (s. statt aller Best, Treatise on the Principles of Evidence 6. ed. 1875 p. 313) werden die englischen Rechtsfiktionen in 3 Hauptgruppen eingeteilt. Vor allen kommen in Betracht solche, bei denen alte rückständige Rechtsformen mit neuem Sinn belebt werden, oder, wie Ihering sagt, WO residuäre Formen sich in repräsentative Formen oder Symbole umwandeln. Von solchen wimmelt das Recht, und dies ist ein besonderer Erfolg der Rechtskontinuität des englischen Rechts, der noch unten näher zu beleuchten sein wird. Sodann gilt als Rechtsfiktion, in England wie bei uns, die rechtliche Behauptung, dass gewisse Tatsachen vorhanden oder nicht vorhanden seien, trotzdem dies mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt. Diese rohe, grobe Rechtsfiktion, als welche z. B. die oben zitierte Fiktion des writ of quominus gebraucht wurde, begann mit der Abnahme des Formalismus seit den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts (insbesondere des Formalismus der writs, der im Prozess grösstenteils abgeschafft ist) im englischen Recht zu schwinden.

Die bedeutendsten sind im englischen Rechte aber die sog. „fictions of relations". Um einen bestimmten rechtlichen Effekt herbeizuführen, der nur auf einen bestimmten, im bisherigen Rechte fixierten Tatbestand folgt, wird dieser Tatbestand oder sein rechtliches Schema fingiert. Hierher gehört der Fall, wo die Handlung einer Person als Handlung einer anderen fingiert wird, z. B. rechnen die Engländer hierher die Haftung des Arbeitgebers für Verschulden seines Arbeiters. Sodann wo ein Ereignis, das durch eine bestimmte Ursache hervorgerufen wird, als durch eine andere Tatsache hervorgerufen fingiert wird. So gehört hierher, sagen die Engländer, die symbolische Besitzabgabe oder Verpfändung von Gut durch Uebergabe der Urkunde. Ferner zählen sie hierher die Fingierung von Orten der Rechtshandlung, z. B. jenen Fall, wonach Verträge auf hoher See, um in England klagbar zu sein, als auf der englischen Börse geschlossen fingiert werden. Schliesslich sehen auch als 4. Fall einer „Fiction of Relations" die Engländer die Fiktion der Zeit an, dass z. B. der Titel des Testamentsexekutors zurückbezogen wird auf den Tod des Erblassers, nicht wie zu erwarten wäre, auf den Zeitpunkt des Administrationscertifikates, womit die Erbschaftsverwaltung beginnt.

Bei der Aufzählung aller dieser Fiktionen wird es uns Kontinentalen sicherlich § 16. auffallen, dass neben der geringen Anzahl wirklicher eigentlicher Rechtsfiktionen diejenigen noch Fiktionen genannt werden, die bei uns Produkte des wissenschaftlichen Rechts sind, z. B. die Haftbarkeit des Arbeitgebers für durch Verschulden seiner Arbeiter hervorgerufenen Schaden, oder die symbolische Besitzabgabe oder Verpfändung. Die Engländer haben aber kein wissenschaftliches Recht zur Unterstützung des Richters, daher brauchen sie die Rechtsfiktion. Bei uns würde z. B., um denselben Rechtseffekt zu erzielen, die Wissenschaft hergehen, um die Wesensgleichheit oder Wesensähnlichkeit zwischen Arbeits- und Mandatsverhältnis juristisch zu begründen. Nichts von alledem in England. Man geht hier roher, aber praktischer zu Wege. Man redet sich nicht lange eine logische Wesensgleichheit zweier Rechtsverhältnisse ein, die vielleicht gar nicht existiert, sondern fingiert lieber, d. h. man gesteht aufrichtig ein solche Wesensgleichheit existiert nicht, aber wir nehmen in usum des betreffenden Falles an, dass ein ähnlicher Rechtstatbestand da ist wie der schon bekannte, auf den ja die Rechtsordnung die bekannten Wirkungen folgen lässt".

Diese Art mit Rechtsfiktionen zu operieren, hat ja viel rohes an sich, weil hier das wissenschaftliche Recht ganz ausgeschaltet wird. Aber sie hat sicherlich einen Vorzug. Es werden nicht phantastische Rechtskonstruktionen vorgenommen und Rechtsverhältnisse in ein Prokrustesbett gestreckt, wie das z. B. doch auf dem Kontinent mit der Lehre vom Wechsel der Fall war, der ja eine Zeitlang als emtio, venditio pecuniae aufgefasst wurde.

Das ist die eine Funktion der Rechtsfiktionen in England. Die andere ist, die! Schwerfälligkeit der Gesetzgebungsmaschinerie durch die Rechtsverbesserung zu kompensieren. Man weiss, mit welchen grossen Schwierigkeiten solche Rechtsverbesserungen im Rahmen der heutigen Gesetzgebungskörperschaft Englands zu kämpfen haben, namentlich wenn sie sich auf Privatrecht und Prozess beziehen (s. darüber im nächsten Abschnitt). Keine der beiden grossen Parteien hat ein Interesse daran, denn keiner ihrer Programmpunkte hängt damit zusammen. Ebenso schwer oder noch schwerer war es aber auch ein Jahrhundert früher, wo die alte landed gentry allmächtig war, irgend eine Neuerung und Verbesserung im Interesse der nichtherrschenden Klassen, z. B. die Leichtigkeit und Beweglichkeit des Handelsrechts gegen die Interessen der damaligen Agrarier durchzusetzen. Namentlich um gegen herr-| schende Interessen irgend eine Rechtsverbesserung im Sinne der Nichtherrschenden vorzunehmen, dazu dient die Rechtsfiktion in England. Still und unbemerkt ist ihr Walten, sie verletzt nicht augenfällig die' herrschenden Interessen und führt doch neues Recht ein. In diesem Sinne haben die englischen Richter und das sei zu ihrer Ehre stets hervorgehoben von der Rechtsfiktion immer Gebrauch gemacht. Wie dieses Operieren mit Analogien und Fiktionen nicht nur das Common law zu einem ewig fliessenden Borne des Rechts macht, sondern auch jede neue und umfassende Kodifikation in England verhindert, davon noch weiter unten.

Der technische Apparat des Common law: die Judicial Reports 1).

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Bei dieser oben gezeichneten Macht der richterlichen Entscheidung, die sich in

1) Literatur: Kent, Commentaries I, ch. XXI; Wallace, on Reporters 1882 (4a ed.), Daniel, History and Origin of the Law Reports 1884; Lindley, Law Quarterly

§ 17.

§ 17. England zu einer Art Gesetzgebung aufgeschwungen hat, ist es klar, dass man an die Sammlung der Spruchpraxis schon von Alters her gegangen ist. Aber eine technische Schwierigkeit hat auch die Sache seit Alters her bis auf den heutigen Tag: nämlich den Mangel schriftlicher Ausfertigung des Urteils im englischen Recht. Zwar wurde in der Mitte der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts im Zusammenhang mit der damals vorgenommenen Reform der Publikation von Reports, der Vorschlag dem Reichsgerichte und den höheren Gerichten unterbreitet, ihre Urteile doch schriftlich auszufertigen. Aber man nahm doch davon Abstand, weil das ganze englische Gerichtssystem mit seiner geringen Anzahl von Richtern, die man nicht noch mit Urteilsausfertigungen belasten dürfe, nicht dazu passte (Lindley a. a O. p. 145).

Aus dieser technischen Schwierigkeit, dass die Urteil nicht geschrieben waren, dass es also auf getreueste Wiedergabe der gesprochenen richterlichen Worte und der gesprochenen Urteilsbegründung ankam, ohne jede andere Unterstützung als mehr oder minder genaue Aufzeichnungen und Notizen über dieselben, aus dieser technischen Schwierigkeit ergab sich, dass man es mit verschiedenen Systemen der Berichterstattung versuchte. Drei verschiedene Versuche sind hier zu nennen:

1. die Veröffentlichung der Reports als offizielles Unternehmen,

2. als Privatunternehmen,

3. als Standesunternehmen des Barreau (Bar).

I. Die Reports als offizielles Unternehmen 1). In dieser Gestalt treten vor allem die Yearbooks aus der Zeit Eduard I. bis in die Zeit Heinrich VIII.

(bis 1535) auf. Im Anfange in gutem Normanisch-Französisch gehalten, verschlimmert sich ihre Sprache derart, dass sie am Ende dieser Periode geradezu als Sprachveranstaltung, als barbarischer Jargon zu bezeichnen ist. Ihre Drucklegung erfolgt seit 1561. Die beste Gesamtausgabe ist die Folioausgabe von 1678/79. Sie sind für die Geschichte des engl. Rechts von der allergrössten Wichtigkeit, aber bezeichnend für die Jugend der englischen Rechtsgeschichte ist, dass noch vor einem halben Jahrhundert der amerikanische Jurist Kent sagen konnte, ihre Veröffentlichung und Uebersetzung aus dem Norm.-Franz. ins Englische sei Mühe und Geld nicht wert.

Die Yearbooks sind offenbar aus Aufzeichnungen entstanden, welche offizielle und vom Staate bezahlte Reporter in den Gerichten vornahmen. Diese sind aller Wahrscheinlichkeit nach niemals in ihrer Tätigkeit von den Richtern kontrolliert, und ihre Aufsätze niemals revidiert worden. Das stimmt ganz gut zur rohen Arbeit, die sie leisteten. Dass sie vom Staate bezahlt werden mussten, ist für eine Zeit, in der die Vervielfältigung durch Druck fehlte, vollkommen klar. Unter Heinrich VIII. (1535) hörten sie plötzlich auf. Die vagesten Vermutungen sind zur Erklärung dieser Tatsache geliefert worden. Mir scheint die von Maitland (English Law and the Renaissance 1901, p. 77 f.) gegebene die treffendste. Unter Heinrich VIII. begann, wie schon oben gesagt, der Versuch einer Rezeption des römischen Rechts auf breiter Basis, ein Versuch, der zwar in der Folgezeit gründlich misslang, der aber bewirkte, dass Heinrich VIII. das „Reportieren" von englischen Gerichtsentscheidungen zur Festhaltung

Review; Brunner in Holtzendorff's Rechtsencyklopädie S. 329 ff., Soule, Yearbooks Bibliographie, Harvard Law Review XIV, p. 557 ff.; van Veechter in Harvard Law Review vol. 15, p. 1-26 und 109-118 und Maitland im Vorwort seiner Ausgabe der Yearbooks Ed. II. (1307-1309). Selden Society 1903, vol. I, p. XI-XX.

1) Die Eigenschaft dieser ersten Reports, der Yearbooks als „offizielles" Unternehmen hat neuestens Maitland a. a. O. p. XIV in Zweifel gezogen, ohne aber ein abschliessendes Urteil abgeben zu wollen.

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