Imatges de pàgina
PDF
EPUB

richtsprotokoll vorhanden war, das für den Usus fori sprach. Als solches Gerichts- § 15. protokoll wurde dann die Statutenrolle in der Chancery ebenso aufgefasst, wie die gewöhnlichen Protokolle, Records der Gerichte oder die Rotuli clausi und patentes des Königs, die in Rollen zusammengefasst, in der Chancery lagen.

Es ist natürlich, dass in dieser Zeit eine Unterwertigkeit des Gesetzes gegenüber dem Gewohnheitsrechte, der lex terrae bestand. Denn diese wurde bei jeder Gelegenheit von den Bewohnern des Landes als heiliges Gut betrachtet, für dessen Hochhaltung die Magna Charta erstritten worden, das man niemals ausländischem Rechte zuliebe ändern wollte. Nolumus mutare (eigentlich „mutari" s. P. and M. I. 158 ff.) leges Angliae“, sagen die Barone Englands auf dem Parlament von Merton (1236).

Wir haben hier direkte Quellenaussprüche für jene Zeit, aus denen wir die Unterwertigkeit des Gesetzes gegenüber dem Gewohnheitsrecht erkennen. So wird des öftern in den Gerichten, sobald gegenüber dem Common law (ley commune) ein abänderndes Statut angeführt, dies als ley especial" bezeichnet 1). Aber auch durch andere Tatsachen leuchtet sie klar durch. Einmal gilt schon zu Bracton's Zeit der Satz, dass der König unter der lex des Landes, dem Gewohnheitsrecht, stehe. Den von ihm selbst gesetzten Ordinances gegenüber erachtet er sich nicht gebunden. Die andere Tatsache ist, dass der König sich selbst nicht an die Statutes, das sind damals die unter den Augen des Parlaments selbst zustande gekommenen königlichen Anordnungen, gebunden erachtet (siehe P. und M. I. p. 158 f.). Aus diesen zwei Tatsachen spricht deutlich die damalige Unterwertigkeit des Gesetzes gegenüber dem Gewohnheitsrecht.

Seit Heinrich V. entwickelt sich die von mir so genannte formelle Beweiskraft des Gesetzes, nämlich das Streben nach formeller Festlegung jeder Aenderung der lex communis, des Common law. Weil die Könige schwindelten und eine formell festgelegte Aenderung dann nach Gutdünken wieder abänderten, verlangten die Commons erstens, dass jede von ihnen eingereichte Petition schon als Bill ihre künftige Form an sich trage („billa formam in se continens"); zweitens, dass wenn sie einmal in dem Parlamentsrotul festgelegt sei, ganz genau so in die Statutenrolle (die in der Chancery lag) aufgenommen würde; drittens, dass ein solches Statut nur unter Zustimmung des Parlaments, nicht durch königliche Ordinance, d. h. durch königlichen Willen allein abgeändert werden dürfe.

Trotzdem nun auf diese Weise das Gesetzesrecht um einen Schritt nach vorwärts gekommen war und so eine Stufe mehr zur Ebenbürtigkeit mit dem Gewohnheitsrecht erklommen hatte, weshalb nun beide Arten von Recht nur durch Gesetz abgeändert werden durften, so wurde dennoch bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts das Gesetzrecht gegenüber dem Gewohnheitsrecht als unterwertig betrachtet. Massgebend hierfür ist ein Ausspruch des berühmten Coke (4 Rep. p. 71a): „Also when the Common law and Statute law concur, the Common law shall be preferred". Ja selbst 1744 trägt der nicht minder berühmte Kanzler Hardwicke die Ansicht vor (Atkins Reports of cases in Chancery I. p. 33): „A Statute very seldom can take all cases, therefore the common law, that works itself pure rules drawn from the fountain of justice, is for this reason superior to an Act of parliament". Also noch in der Mitte des 18. Jahrhunderts finden wir die Unterwertigkeit des Statute law ausgesprochen.

Aber nun hatte das Parlament seit der glorreichen Revolution die Zügel der

1) S. Yearbooks of Ed. II. ed. Maitland in Selden Society, London 1903 I, p. 108 und p. 31: Richter Herle: Vous ne estes mye eydé par la commune Ley ne par ley especial".

"

§ 15. gesamten Staatsgewalt in seiner Hand. Daher durfte das Statute law nicht mehr als unterwertig verkündet werden, weil es ein Produkt des höchsten Staatsorgans, des Parlaments war. Deshalb sagt Blackstone 1767 in seinen Kommentaren (I. p. 89) „Wo das Common law und das Statute differieren (gemeint ist ein dem Common law nachfolgendes Statut), da gibt das Common law dem Statute nach" („whereas the common law and statute differ the common law gives place to the statute"). Freilich lässt er auch ein Hinterpförtchen noch offen und zwar in seiner berühmten 10. Interpretationsregel zu Gesetzen. Darnach soll der Richter ein offenbar widersinniges Gesetz quoad hoc ausser Acht lassen („disregard quoad hoc" p. 91). Selbst heute noch kehrt aber die Unterwertigkeit des Gesetzes in der englischen Lehre der Gesetzesinterpretation wieder, denn diese ist, wie wir bald hören sollen, von dem Leitmotiv erfüllt, dass das Gesetz nur ein Amendement zum Common law darstellt.

II. Die partikulären Rechtsgewohnheiten (particular customs) Englands weisen ähnliche Züge des mittelalterlich-germanischen Rechtscharakters auf. Ja noch mehr! Man kann an ihnen jene spätmittelalterlichen Merkmale auffinden, die das kanonische Recht (s. dazu Brie a. a. O. S. 141 ff. und 171 ff.) und die Postglossatoren dem deutschen Rechtsbewusstsein auf dem Kontinent aufgedrängt haben: wir meinen die Notwendigkeit sog. „Erfordernisse" für den Nachweis eines Gewohnheitsrechts. Die Rechtsentwicklung ist in diesem Punkte in England und auf dem Kontinente dieselbe. Hier und dort handelt es sich um partikuläre Gewohnheiten, die allmählich einer strengeren Gerichtsund Verwaltungs-Zentralisation erliegen müssen. Hier und dort trägt dazu die kanonische Rechtsauffassung, die in England durch die Praxis der Chancery vermittelt wird, bei, indem sie besondere Erfordernisse aufstellt, gegen welche jede neuaufkommende Gewohnheit einen processus diabolicus durchzuführen hat.

Der erste mittelalterlich-germanische Zug, der uns hier wie in Deutschland begegnet, ist, dass die partikulare Rechtsgewohnheit nach Art einer Immunität, nach Art eines Privilegs, sich durchsetzen muss. Es wird gleichsam als subjektives Recht der Angehörigen einer Ortschaft aufgefasst, eben weil man im Mittelalter so schwer objektives und subjektives Recht scheidet (s. Gierke, Genossenschaftsrecht II. p. 127 f.). Schon aus der Zeit Eduard I. bezeugt dies ein Urteilsspruch. Hier beruft sich nämlich der Kläger um liegendes Gut auf eine Gewohnheit (usage), die dem ius commune zuwider ist. Der Richter weist ihn ab, weil er diese Gewohnheit nicht ersessen habe. Es heisst da (32 and 33 Eduard I. Yearbook ed. Pike p. 265 (Roll Series): Richter Bereford: „depuis que vos affermez vostre estat par un usage le quel usage est encountre commune dreyt le quel usage se comensa en un tort, par que il convent si vous voles aver estat par cette usage que vous le poez mayntein par long continuance de tems." Daher werden auch Verjährung, resp. Ersitzung und partikuläre Rechtsgewohnheit, Prescription und Custom in den Yearbooks durchaus nicht geschieden, ebenso wenig Custom und Privilege (z. B. Yearbooks, 10. Regierungsjahr Eduard IV. pl. 9), und diese mangelnde Scheidung ist dem englischen Recht bis auf den heutigen Tag eigen geblieben. Ferner wird auch heute noch unvordenkliche Zeit als Erfordernis der sich durchsetzenden partikulären Rechtsgewohnheit verlangt, und gefordert, dass sie auch besonders erwiesen werde, da der Richter sie nicht ex officio zu kennen braucht (s. Blackstone Comm. I. p. 75 f.).

Die rechtsverbindliche Kraft der partikulären Gewohnheit ruhte im Mittelalter nicht nur in ihrer äusseren Form (lange Zeitdauer, dauernde Uebung etc.), sondern in der allgemeinen Rechtsüberzeugung der Lokalität, was sich insbesondere darin äussert, dass seit Eduard III. nur geschlossene Ortschaf

ten, Kommunalverbände, solche partikuläre Gewohnheiten entwickeln konnten 1). Es § 15. hing dies eben mit der damals herrschenden Auffassung zusammen, dass das partikuläre Gewohnheitsrecht gleich einem Privileg oder einer Immunität juristisch nur an die Angehörigen der Kommunalverbände oder Gutsbezirke (Manors) geknüpft sein könnte. Daher auch die in den „Yearbooks" vorkommenden Bestimmungen, dass das Gewohnheitsrecht Fremde nicht binde, gleich wie die by-laws, Ortsstatute damals Fremde nicht banden. Als das Common law seit Eduard III. in Rechtsfallsammlungen aufgezeichnet wurde, war es für die partikuläre Rechtsgewohnheit immer schwieriger, sich durchzusetzen 2). Insbesondere kam jetzt der Einfluss des kanonischen Rechts auf. Wie unter dessen Einfluss für die Ortsstatuten (by-laws) Rationabilität verlangt wurde, so auch für die partikuläre Rechtsgewohnheit. So sagen die Richter unter Eduard IV. (Yearbooks 21, Eduard IV. pl. 50): Richter Brian: „Uncore les customes queux ils usont convient dester foundez sur reason. Et comment leur custome soient confirmez per estatute, tiels choses queux ils usont pour lour custome sils ne poient giser en custome par defence de reason, tiels usages ne sont confirmez car ceux ne sont customes eins male usage". (Ebenso Yearbooks 13, Edward IV. p. 51; 22 Ed. IV. pl. 25). Seit Edward IV. beginnt die Zahl der Erfordernisse eines partikulären Gewohnheitsrechts unter kanonischem Einfluss immer mehr zuzunehmen. Eine partikuläre Gewohnheit muss strikte interpretiert werden („per ce que la custom est prix strict" Yearbooks 5, Heinrich VII. f. 31), denn die kanonistische Rechtslehre lehrt den Satz, dass Privilegien strikte zu interpretieren seien. Blackstone zählt am Ausgang des 18. Jahrhunderts nicht weniger als 7 solcher Erfordernisse auf, denen man die kanonistische Scholastik deutlich anmerkt: Lange Uebung, Kontinuierlichkeit, Friedlichkeit, Rationabilität, Bestimmtheit, Notwendigkeitsüberzeugung, Widerspruchslosigkeit mit anderem, schon anerkannten Recht. Und das ist auch heute noch die herrschende Lehre.

Die Werkstätte des Common law.

Unter dem Einflusse der Dreiteilungslehre der Gewalten hat Blackstone die Rechtsregel aufgestellt (I. Comm. p. 69), dass der englische Richter nicht befugt sei, neues Recht zu schaffen, sondern das alte aufrecht zu erhalten und auszulegen („not delegated to pronounce a new but to maintain and expound the old one"). Darum glaubt man auf dem Kontinent heute, die Sache wäre wirklich so in England, und die Engländer reden es sich gerne selbst ein. Ist dies aber wirklich der Fall? Austin (Province of Jurisprudence vol. II. p. 265) bezeichnet jene Rechtsregel als kindische Fiktion. Und in der Tat es gibt in England das, was sowohl der alte Blackstone als auch die modernen Richter sich nicht getrauen auszusprechen. Es gibt in England eine stete Rechtserzeugung durch den Richter, oder wie die Engländer sagen, eine judicial legislation. Der Grund hierfür ist die strikte Gebundenheit des Richters an die Präcedenzfälle, welche sich in England im 19. Jahrhundert, wie wir in einem andern Zusammenhange weiter unten zeigen werden, im Anschlusse an jene Blackstone'sche Fiktion ausgebildet hat. Diese strikte Gebundenheit zwingt den Richter, mit Analogien und Rechts fiktionen zu arbeiten

1) S. Yearbooks 21 H. 6 fo. 38; 22 Heinr. 6. fo. 14; 21 Ed. IV. pl. 23 und Coke on Littleton p. 110 b.

[ocr errors]

2) Yearbooks 13 Ed. III. fo. 5: „Il est grand reason que vous soiez sans recours que de maintenir une chose que est encountre al commen ley." S. auch Lib. Assiss. 42 Ed. III. fo. 260.

§ 16.

§ 16. und macht gerade dadurch aus dem blossen Gesetzanwender einen wirklichen Gesetzgeber.

I. Das Arbeiten mit Analogien.

Der Respekt und die ehrfurchtsvolle Scheu jedes Richters vor dem Präcedenzfall veranlassen ihn in Verbindung mit dem Mangel beinahe jeder umfassenden Kodifikation sich nicht bloss an den Präcedenzfall bei seinen Rechtsentscheidungen, sondern beinahe ebenso strikte an die begleitenden Tatumstände zu halten. Kommt nun, wie ja das praktische Leben es sehr oft mit sich bringt, vor, dass ein neuer Tatbestand aufkommt, der sich unter die durch frühere richterliche Entscheidungen schon gehobelten Tatbestände nicht genau einreihen lässt, dann beginnt unter den Advokaten der Partei im Verein mit den Richtern ein Jagen und Fahnden nach „ähnlichen" Entscheidungen, d. h. Entscheidungen, in welchen der Tatbestand dem zur nunmehrigen Beurteilung vorliegenden wenigstens annähernd gleichkommt. Es beginnt demnach eine Jagd nach ähnlichen Tatbeständen und Rechtsanalogien, die von der auf dem Kontinent gebrauchten Rechts- und Gesetzesanalogie sich nur dadurch unterscheidet, dass sie erst am grünen Richtertisch präpariert, ein Geschöpf des guten Einfalls des Advokaten oder des Richters ist, und sich nicht durch die Rechtswissenschaft wie auf dem Kontinente, die hier ohne Leidenschaft für und wider einen bestimmten Rechtsfall unter wissenschaftliche Rechtssätze subsumiert, herausbildet. Treffend bezeichnet Paley in seiner Moral Philosophy (II. p. 289) dies mit folgenden Worten: „It is by the urging of different analogies that the contention of the bar is carried on". Durch Analogien wird der Kampf der Advokaten geführt, und es ist ein Kampf zwischen der schwachen und stärkeren Analogie. Der eine Rechtsfall, der analog herangezogen wird, passt nicht so gut auf den vorliegenden, wie der von der Gegenseite angezogene: folglich gibt der Richter der analogen Anwendung der letzteren statt. Nehmen wir ein die Sache veranschaulichendes Beispiel. Im Rechtsfall 1) Fletch v. Ryler wird die Frage aufgeworfen, ob ein durch einen Wasserbehälter und dessen Effusion auf einem Nachbargrundstück angerichteter Schaden dem Eigentümer jenes Wasserbehälters zur Last falle. Als Analogie wird ein Rechtsfall herangezogen, in dem der Eigentümer einer Flinte, die durch Unvorsichtigkeit losgegangen war, für haftbar erklärt worden, weil er es an der nötigen Sorgfalt habe fehlen lassen. Diese Analogie, von der beklagten Seite herangezogen, befriedigt offenbar den Gerichtshof nicht: es ist die schwächere Analogie. Sie schenken dem von der Gegenseite herangezogenen Rechtsfall grössere Aufmerksamkeit, wonach einmal entschieden wurde, dass der durch eine Feuerspritze angerichtete Schaden als dem Eigentümer derselben zur Last fallend erklärt wurde! Wie sonderbar mutet das uns kontinentale, durch die Wissenschaft geschulte Juristen an! Ohne auf die für uns doch sicherlich von der Wissenschaft zuerst behandelten und festgestellten Fragen, ob und wann selbst ohne kulposes Verhalten und ohne Mangel der Diligentia der Eigentümer einer schädigenden Sache für den Schaden aufkommen müsste, näher einzugehen, wird lieber nach äusserlichen Analogien gegriffen: eine Feuerspritze ist doch einem Wasserbehälter sehr ähnlich oder analog, jedenfalls ähnlicher als eine Flinte!

Komplizierter wird dieses Arbeiten mit Analogien da, wo sich Kläger und Beklagter jeder auf eine ganze Reihe von Rechtsfällen beziehen. Hier wird immer vom Gerichte wissenschaftlicher vorgegangen als in dem obigen Typus eines Rechtsfalles. So z. B. der Fall Musprett v. Gregory 2) (17 Q.B.D. 494, 1886). Da war die Frage

1) Ich entnehme dieses Beispiel den Ausführungen Thayer's a. a. 0.
2) S. dazu ebenfalls Thayer a. a. O.

[ocr errors]

strittig, ob das einem Salzhändler gehörige Boot zu jenen Gegenständen gehöre, die als § 16. notwendige Requisiten seines Erwerbs nicht der Zwangsvollstreckung unterlägen. Als solche gelten nämlich nach einer durch Baron Parke aufgestellten Regel: Things delivered to a person exercising a public trade to be carried, wrought, worked up or managed, in the way of his trade or employ". Der Beklagte sucht natürlich sich diese Regel zu Nutzen zu machen, indem er auf eine Reihe von analogen Fällen hinweist. Der Gerichtshof entscheidet: prima facie gehöre das Boot nicht zu den exekutivfreien Gegenständen. Um es als solches anzuerkennen, wäre die Anführung einer entsprechenden Reihe von Rechtsfällen nötig gewesen. Die vorgeführten Fälle, in denen Boote exekutivfrei waren, bekräftigten nur den Satz, dass dies Exekutionsprivileg nur für eine Spediteur- oder Transportgeschäft (Boot mit others main's good") bestehe. Die Richter empfänden vorläufig nicht das Bedürfnis, die Regel des Baron Parke so weit auszudehnen. Einst käme der Tag, wo vielleicht die öffentliche Meinung die Erweiterung des Exekutions privilegs verlangen würde. Vorläufig fühlten sie sich aber nicht berechtigt, solche Ausnahmen von der Zwangsvollstreckung zu schaffen.

Das Interessante an diesem Rechtsfall ist nur, dass er uns zeigt, wie hier ganze Reihen von Rechtsfällen gruppiert werden. Die eine Reihe zur Rechtsregel, die andere zur Begründung der Ausnahme. Freilich ist der kontinentale Jurist bei diesem Verfahren ein wenig verwundert. Zur Begründung der Ausnahmen hätte er vielleicht hier Rechtsfälle herangezogen, die das Exekutivprivileg aus dem Gesichtspunkt anerkennen, weil der Gegenstand in notwendigem Zusammenhang mit dem Erwerb des Schuldners steht. Nichts davon hier! Man sucht einfach nach Rechtsfällen, in denen Boote exekutivfrei erscheinen und findet, dass es nur solche Rechtsfälle sind, wo es sich um das Speditions- und Transportgeschäft handelt. Der praktische Sinn der Engländer weicht gern der allgemeinen Begründung einer Rechtsregel aus und hält sich lieber an den entscheidenden typischen Einzelfall.

[ocr errors]

So grosse Vorzüge nun dieses Arbeiten mit Analogien hat, insbesondere alle neuen Lebenserscheinungen jeden Augenblick zu erfassen gerne bereit ist und vor Begriffs 2 jurisprudenz wohl schützt, so sicher werden wir es jedenfalls nicht wissenschaftlich nennen; die Ansätze dazu sind ja in diesem Arbeiten mit Analogien vor dem Gerichtshof gegeben. Wir finden, um mit Ihering (Geist des röm. Rechts II, 2 3. Aufl. S. 333 f.) zu sprechen, eine Konzentration des Rechtsstoffes, d. h. die Aufdeckung der ratio decidendi wie z. B. in dem ersten von uns angeführten Rechtsfall. Wir finden auch zuweilen das Herausarbeiten des allgemeinen Tatbestandes und der allgemeinen Rechtsregel, wie in dem zweiten typischen Fall, also die sog. Analyse des Rechtsstoffs, wie Ihering sie nennt. Aber wie weit ist dies von wahrer Wissenschaft entfernt! Ich will ganz davon absehen, dass das wesentlichste der wissenschaftlichen Verarbeitung des Rechts nach Ihering's gutbegründeter Meinung, die sog. Konstruktion, fehlt, welche die Verfeinerung der Rechtsbegriffe erzeugt und sie den modernen Lebensverhältnissen anpasst. Aber auch jene von den Engländern vorgenommene Konzentration und Analyse des Rechtsstoffes ist nicht wirklich in dem Masse zu einem grossen Gebäude gezimmert wie bei uns, sondern fällt gelegentlich ab, wie Hobelspäne, bei der praktischen Arbeit des juristischen Handwerkes, der Advokaten und Richter. Das kann man doch nicht Wissenschaft nennen! Der hervorragende Rechtslehrer Pollock meint, das wäre Wissenschaft. In einem Aufsatz (Essays

in Jurisprudence and Ethics 1882, p. 239 ff.): „The Science of case-law" sucht er den wissenschaftlichen Charakter jener Arbeit vor den Gerichtshöfen noch zu retten. Er zeigt, dass dieses case-law" Wissenschaft sei, denn gemessen an den Standard jeder Wissenschaft, der Naturwissenschaft, sei man ebenso hier wie dort in der

« AnteriorContinua »