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Die Seele

indischer und hellenischer Philosophie

in den Gespenstern

moderner Geisterseherei.

Von

Adolf Bastian.

Berlin.

Weidmannsche Buchhandlung.

1886.

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Vorwort.

Die Weltanschauung jedes ethnischen Kreises setzt sich zusammen aus zwei Factoren, im Product aus dem Multiplicant (als constanter Effect der geographischen Provinz) und dem Multiplicator, dem wechselnden Einfluss historischer Umgebung. Dem letzteren entsprechend, treten periodische Wandlungen in den Geschichtsepochen ein, und haben in der heutigen zu dem geführt, was man materialistische Weltanschauung zu bezeichnen sich gewöhnt hat, seit dem vorwiegenden Durchschlagen naturwissenschaftlicher Anschauungsweise, in der Welt als Vorstellung. Und sie, mit ihrer Wurzel in der Psychologie, hat deren inductiver Behandlungsweise jetzt gewärtig zu sein.

Der Gang der Kettengliederung ergiebt sich aus der „Geschichte des Materialismus", wo es in den Worten des Verfassers heisst: „Bei ungestört theoretischer Fortentwicklung führt der Empirismus (Baco's) zunächst zum Materialismus (Hobbe's), dieser zum Sensualismus (Locke's) und aus diesem entwickeln sich Idealismus (Berkeley's) und Skepsis (Home's) oder Kriticismus (Kant's)“.

Als dann Alles zersetzt und, im dialectischen Grau einer Identität vom Nichtsein und Sein, glatte Tabula rasa geschaffen war, begann auf dem Boden, aus dem bald altvertrauliche „Heimchen" (Spielgefährten der „Gütchen“ und „Hütchen“) hervorhüpfen sollten, erstlich zunächst der Spiri

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tualismus zu spuken und jetzt klopft der Spiritismus an die Lehrsäle akademischer Disciplinen, seinen Zutritt verlangend.

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„Nachdem Prof. Zoellner, der anerkannt ausgezeichnete Astrophysiker, in Gemeinschaft einiger ebenso ausgezeichneten Collegen der Leipziger und Göttinger Universität die Sache in die Hand genommen", (Namen, wie Fechner, W. Weber, Scheibner u. a. m. damit verknüpft sind), „kann es keine Frage mehr sein, dass der Spiritismus die Dignität einer wissenschaftlichen Frage angenommen hat", druckt (1879) Dr. H. Ulrici, o. ö. Professor der Philosophie in Halle (in der Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik“), und allerdings wird eine von drei oder, (in Zuziehung Tübingens durch H. J. von Fichte und Münchens durch Huber), von fünf Universitäten gestellte Frage, an der sich aus England die Royal Society durch Crookes, die mathematischen Lehrstühle durch Morgan betheiligt haben, eine Antwort wohl erwarten dürfen. Das Publicum hat nachgerade ein Recht darauf, zu wissen, woran es mit diesen Dingen ist" (bemerkt E. von Hartmann), zumal da es sich um Thatsachen handeln soll und Experimente zum Prüfen derselben. Es hiesse alle Erfahrungswissenschaft preisgeben, wollte man der Masse und dem Gewicht der Zeugnisse, die für die Thatsächlichkeit spiritistischen Phänomene vorliegen, nicht weichen" (erklärt Fechner). Die Tausende oder Millionen von Spiritualisten repräsentiren in ansehnlichem Umfang Männer, welche die Beweise für dieselbe immer wieder von Neuem selbst bezeugt, erforscht und erprobt haben, bis dass sie das, was sie für unmöglich hielten, schliesslich als dennoch wahr anzuerkennen sich gezwungen sahen“, bezeugt Wallace aus Selbsterfahrung, in Uebereinstimmung mit den bekehrten Mitgliedern in dem von der Dialectical Society" (1869) niedergesetzten Ausschuss. Auch an dem Glanz äusserer Anerkennung hat es nicht gefehlt, innerhalb buntstrahlig aristokratischer Kreise, die sich in Petersburg für Home geöffnet, und wie diesen mediumistischen Apostel empfing Kaiser Napoleon III „auch die Brüder Daven

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port" (s. Vogel) und horchte die Kaiserin auf die Orakel, wie sie aus der Geisterwelt redeten oder schrieben (mit der Geisterhand Napoleon's I, der ein kaiserlicher Kuss gespendet wurde). In derartig authentischer Evidenz l'avenir est donc au spiritualisme scientifique, et dejà une nouvelle aurore éclaire le monde" (s. Giustiniani).

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So ist es allerdings, der Schein neuer Zukunftsleuchte steigt am Horizont empor, mit der Hoffnung auf eine naturwissenschaftliche Psychologie zum Verständniss jenes Geisterreiches, das in der Carricatur der „Spirits" seine gläubigen Anbeter am Narrenseil umherführt, in Pater Hieronymus Gladich's Klopfereien bereits angemeldet (XVII. Jahrh.) und in Smertniza's Pochen längst herausgehört (bei den Wenden). In jeder die Zeit mächtig ergreifenden Bewegung läuft ein Aeffchen nebenher; neben der protestantischen Reform die pietistische Muckerei, neben dem politisch constitutionellen Liberalismus ein Icarismus (Cabet's) oder Système sociétaire" (Fourier's)) bis zur socialistischen Anarchie, neben den Kreuzzügen gottgeweihter Ritter die Kinderzüge (im Ultreialied), und heiligen Prozessionen folgt der Esel hinterher, zum Esels- oder Narrenfest.

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Und so sind wir wieder bei der Narrethei der „Seances", bei dem in Lüsternheit nach sensationellem Haut-gout gefühlten

1) „Les idées de Fourier doivent triompher" (s. Gatti de Gamond) in den „1620 existences, dont 810 intramondaires et 810 extramondaires", und als Vorläufer predigte sich (zur „Réorganisation de la société Européenne“) die „Religion saintsimonienne“ (auf Benjamin Constant's Rath) unter dem „loi-vivant" des Enfantinismus in Erwar tung der „Femme-Messie" (zum „Couple-Révélateur“). Auf Leroux' Zutritt (November 1831) begann die Agitation und „sind der Gesellschaft 800 000 Frcs. übergeben worden“ (s. Veit), aber im gleichen Jahre setzten schon die Schismen ein (mit der „Science nouvelle“), und „es scheint, als ob der Saint-Simonismus in wenigen Monaten alle die Phasen habe durchlaufen sollen, die sonst wohl in dem Entwicklungsgang einer religiösen Secte eintreten" (im beschleunigten Tempo eines mit Dampf und Electricität vorwärts getriebenen Zeitalters).

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