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Exkursion nach den Bädern und dem Neuen Vulkan von Chillan in Chile,

im Spätsommer 1862 gemacht von Dr. R. A. Philippi.

Nebst Originalkarte und 3 Ansichten (s. Tafel 8).

Auf dem Rückweg von Valdivia nach Valparaiso begriffen liess ich mich von einem Freunde, dem Dr. Franz Xaver Tocornal, Sekretär unserer medizinischen Fakultät, bereden, mit ihm eine Exkursion nach den heissen Bädern von Chillan zu machen und den ,,Neuen Vulkan" zu besuchen. Leider war ich dazu durchaus nicht vorbereitet ich hatte nicht einmal einen Taschen-Kompass bei mir und die Zeit, welche ich auf diese interessanten Gegenden verwenden konnte, war nur kurz, dennoch glaube ich, dass eine Nachricht über dieselben nicht ohne Interesse sein dürfte, da dieser Theil der Cordillere noch von keinem Naturforscher besucht ist und, wie der Leser sehen wird, über die physische Beschaffenheit derselben einige wohl nicht erwartete Aufschlüsse giebt.

Wir verliessen das Dampfschiff den 22. Februar im Hafen von Tomé, der im nördlichen Ufer der Bai von Talcahuano gelegen ist, und waren erfreut über die Handelsthätigkeit, die wir hier antrafen; es lagen nicht weniger als zwölf Schiffe in demselben, um Weizen zu laden, denn für diesen Artikel und die unter dem Namen Mosto de Concepcion bekannten vortrefflichen Weine ist Tomé wohl der Hauptausfuhrhafen und als solcher viel bedeutender als Talcahuano, ungeachtet es weit jünger und erst seit wenigen Jahren Puerto mayor ist. Auch das Städtchen scheint bereits bedeutender als Talcahuano. Es führt von hier eine ziemlich gute fahrbare Strasse nach Chillan und im Sommer pflegen dorthin einen Tag um den anderen Kutschen zu gehen, aber nicht mit grosser Regelmässigkeit, so dass wir den folgenden Tag im Ort bleiben mussten. Ich benutzte diese Musse zu Exkursionen in die nächste Umgegend und nahm zuerst den Weg nach Concepcion. Derselbe führt kurze Zeit am Strande entlang bis zur grossartigen Mühle von Bellavista, die am Ausgang eines lieblichen, grünen Thälchens liegt, um dann das Plateau zu ersteigen, welches ein Paar hundert Fuss hoch ist und steil in die See abfällt. Seine Abhänge sind dicht mit Gebüsch und ziemlich verkrüppelten Bäumen bewachsen, namentlich Boldo (Boldoa fragrans), Avellano (Guevina Avellana), Palo santo (in Valdivia Tineo genannt, Weinmannia trichosperma Cav.), Laurel (Laurelia aromatica Spr., schätzbares Nutzholz), Radal oder Rabral (Lomatia obliqua R. et P., eine Proteacee mit schönen, gleichsam lackirten Blättern), Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1863, Heft VII.

Peumo (Cryptocarya Peumus Nees), Arrayan (Eugenia apiculata Hook.), ferner Euxenia grata Cham., Eupatorium glechonoides Less., Aristotelia Maqui l'Hérit., Chilco (Fuchsia macrostemma R. et P.), Murtilla (Myrtus Ugni Mol.) und einer Ribes - Art, die längst die Früchte verloren hatte. Von den Felsen hingen die dichten Büsche des Yelmo (Helm, Decostea scandens R. et P.) herab und in den kleinen Wasserrissen wuchs der Ceu (Coriaria ruscifolia), Blechnum hastatum, Phegopteris spectabilis und Lomaria chilensis. Fügt man zu diesen Pflanzen noch eine Baccharis, die Calceolaria integrifolia Murr., C. dentata R. et P., Francoa sonchifolia Cav., Tupa Feuillei Don., Eryngium paniculatum Lar., Gnaphalium paniculatum Colla, Proustia glandulosa DC. und eine Puya hinzu, so hat man ein ziemlich vollständiges Bild der Vegetation dieser Abhänge. Im Ufersande wuchsen in grosser Häufigkeit der Neu-Seeländische Spinat, Tetragonia expansa, die kosmopolitische Salsola Kali L., die Pichoa (Euphorbia chilensis Rich.), ein drastisches Purgirmittel, Rumex maricola Remy, Ambrina multifida L., Polygonum maritimum L., Calystegia Soldanella L. Von Bellavista an fand ich auch in grosser Menge ein Cynoglossum, das ich für neu gehalten und C. molle genannt habe. Das Plateau ist durchaus granitisch und scheint sich in der Richtung nach Concepcion mehrere Stunden weit auszudehnen, es ist fast ganz so beschaffen wie das, welches man antrifft, wenn man auf dem Wege von Valparaiso nach Santiago den Alto del Molino überschritten hat, und zeigt denselben harten, kahlen, rothen Boden. In den Felsenspalten war Asteriscium chilense Cham. et Schl. häufig und zu den früher erwähnten Bäumen gesellten sich einzelne Lingue (Persea Lingue Nees), Naranjillo (Villarezia mucronata R. et P., die Citrus chilensis Mol. sic!), Mardoño (Escallonia pulverulenta Pers.), Salvia (Sphacele campanulata Benth.). Der häufigste Baum war aber der Roble, die echte Fagus obliqua Mirb., auf deren Zweigen bereits die reizende Sarmienta reptans R. et P. häufig war, deren scharlachene Blumen eine Deutsche Dame in Valparaiso sehr passend mit Puffärmeln verglich. Auch der Chupon (Bromelia sphacelata) und die Copígue (Lapageria rosea R. et P.), unstreitig die schönste der Chilenischen Blumen, deren Kultur in den Gärten aber höchst schwierig ist, zeigten sich hin und wieder. Schon

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waren aber die Blätter dicht mit rothem Staub bedeckt, die Blumen verblüht, und da die meisten Bäume verstümmelt oder angebrannt waren, so bot die Vegetation einen ziemlich traurigen Anblick. Ich sah sehr wenige Insekten, ein Paar Schmetterlinge aus dem Geschlecht Hipparchia oder Satyrus und die Chilenische Hummel, Bombus chilensis Spin. 1) Diese frass eifrig den Blüthenstaub der Tupa, da es keine nektarführenden Blumen gab; sonst stellt sie dem Honig in den Glocken der Copígue eifrig nach, wobei sie sich die Mühe, in die Blume hineinzukriechen, spart, inIdem sie in den Grund derselben von aussen ein Loch beisst. Ist diess Instinkt oder Überlegung? Von Vögeln sah ich kaum etwas Anderes als ein Paar Mimus thenca Mol. Wenig zufrieden mit der Ausbeute dieses Spazierganges kehrte ich nach der Stadt zurück und nahm den Weg nach Chillan, um zu sehen, ob die Hügel im Norden noch blühende Gewächse darböten. Nachdem ich die grossen Mühlen von Neu-Kalifornien und Cullen passirt, stieg ich in die steilen, dicht mit Gebüsch bewachsenen Hügel, fand aber bei der vorgerückten Jahreszeit Nichts mehr in Blüthe. Ich beobachtete dieselben Species wie auf den Hügeln im Süden, aber ausserdem die Lomatia dentata R. et P., den bis 10 Fuss hohen, strauchartigen Senecio denticulatus DC., der in Valdivia Palpallen heisst, die Gaulteria Poeppigii DC., den Quiloquilo (Mühlenbeckia sagittifolia Ort., welche meines Erachtens dieselbe Pflanze mit Polygonum tamnifolium ist), eine oder zwei Arten Chusquea, ab und zu einen Olivillo (Aegotoxicon punctatum R. et P., das in der Provinz Valdivia Palo muerto heisst). Die Salsilla (Herreria stellata R. et P.) und Mutisia ilicifolia Cav. kletterten in den Gesträuchen, hatten aber auch bereits sogar die Samen verloren, eben so wie Libertia caerulescens Kth., und nur von der Cassia frondosa Ait. konnte ich noch welche sammeln. Der Wurzelstock der Libertia, die in der Provinz Valparaiso Trique heisst, ist nach den Erfahrungen des Dr. Segeth ein vortreffliches Heilmittel, namentlich in der Wassersucht, und sie verdiente wohl mehr Beachtung, als ihr zu Theil wird. Bei dieser Gelegenheit will ich bemerken, dass der Thekel Molina's, die als Chaerododia chilensis Herb., Strumaria chilensis Mol. aufgeführte Pflanze, nichts Anderes als eine Libertia und vielleicht dieselbe L. caerulescens ist. Der ebene Rücken der Hügel, der sich allmählich in die Hochebene verliert, war unstreitig früher mit schönem Wald bedeckt, der jetzt durch das Feuer in wenig fruchtbare Äcker verwandelt ist; einzelne verstümmelte und geschwärzte Stämme, die den Flammen widerstanden haben, beweisen die Üppigkeit des ehemaligen

Waldes.

1) Ich habe sie kürzlich durch Herrn Gouverneur Schythe aus der Magellan-Strasse bekommen.

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Auch den folgenden Tag gab es noch keine Kutsche, aber wir bekamen ein zweirädriges Wägelchen bis zum Örtchen Rafael, wo der Herr Dr. Francisco Urrejola wohnt, ein Freund meines Reisegefährten, von dessen Gefälligkeit wir Weiterbeförderung hoffen durften. Der Weg steigt lange und allmählich, bis er die Höhe des wellenförmigen Granitplateau's erreicht, welches hier, wie es scheint ausschliesslich, die sogenannte Küsten-Cordillere bildet und etwa 1000 bis 1200 Fuss mittlere Höhe haben mag. Die Landschaft bietet wenig Merkwürdiges. Hie und da sieht man in einem Thälchen einen kleinen Wald von Roble und die verstümmelten Stämme, die überall auf den Feldern herumstehen, zeigen an, dass früherhin ein dichter Wald das ganze Küstengebirge bedeckte, wie er es heute noch im Araukaner Land und in der Provinz Valdivia thut, ehe vor nicht sehr entfernter Zeit der Mensch denselben vernichtete, um auf dem Boden ackern zu können. Das Erdreich ist im Allgemeinen wenig fruchtbar, wie alles dasjenige, was aus der Verwitterung des Granites in Chile. hervorgeht, und man schlägt den Mittelertrag des Weizens nur auf das siebente Korn an, dennoch lässt sein Anbau Rechnung, weil die Fracht einer Fanega (circa 180 Pfund) bis zum Hafen nur 1 Realen (circa 7 Sgr.) kostet, so dass es möglich ist, die Konkurrenz mit den weit fruchtbareren Gefilden im grossen Längsthal Chile's und am Fuss der Anden auszuhalten. Die Ernte war schon vorbei, man war beschäftigt, das Getreide nach dem Hafen zu führen, und wir begegneten an diesem Morgen Hunderten von Karren, welche diesen Hauptstapel-Artikel Chile's transportirten. Dieselben sind sehr klein, so dass man nur 6 Fanegen ladet, die Räder sind aus einem einzigen Stück Holz gemacht und man spannt zwei Ochsen davor, die fast so klein wie Ziegen sind. Diess kommt daher, weil die Landleute hier die verwerfliche Sitte haben, bereits die zweijährigen Kälber anzuschirren.

Herr Urrejola empfing uns mit Chilenischer Liebenswürdigkeit und Gastfreundschaft und nach dem Frühstück konnten wir in seinem Wagen die Reise fortsetzen. Die Gegend bleibt lange dieselbe, doch bemerkt man ab und zu grosse unbebaute Strecken, hauptsächlich mit dem 2 bis 3 Fuss hohen Romero (Baccharis rosmarinifolia Hook., linifolia Meyen) bedeckt; von Zeit zu Zeit erscheint ein kleiner Weinberg und bei den spärlich zerstreuten Hütten der Inquilinos kleine Felder von Vits-Bohnen (porrotos 1) oder frejoles), mit deren Ernte die Leute gerade beschäftigt

1) In Pierer's Universal-Lexikon, III, S. 102, steht: ,,Borota, eine wichtige, gesunde und nahrhafte Speise der Chilener, aus den Samen von Dolichos glycinoides" u. s. w., was ganz falsch ist. Es sind einfach Vits-Bohnen und der Reisende, von dem die Notiz herstammt, hat offenbar ganz falsch Boroto für Porroto gehört; Dolichos glycinoides ist in Chile unbekannt.

waren. Bald erscheint der Espino (Acacia oder richtiger Vachelia Cavenia Mol.), der bei Tomé nicht vorkommt, der Palqui (Cestrum Parqui) wird häufig und die Felder sind mit der niedlichen Boisduvalia Tocornali Gay bedeckt. Die hübscheste Blume aber ist der Habranthus chilensis Poepp., der zwei oder drei scharlachrothe, selten schwefelgelbe Glocken trägt und selbst aus dem härtesten, dürrsten Boden aufspriesst. Öfter erblickt man schon die schneebedeckten Gipfel der Cordillere, unter denen sich die Sierra Velluda und etwas links davon der Vulkan von Antuco auszeichnen, und als wir einen ziemlich steilen Abhang, die Cuesta de Carocoles, hinabgefahren waren, befanden wir uns im Thal des Itata, welches hier Legua breit ist; es ist fast reiner Sand und bringt nur Espino, Palqui, Weiden (Salix Humboldtiana W.) und ab und zu einen Culén (Psoralea glandulosa L.) hervor. Wir kamen ohne Schwierigkeit durch den Fluss, indem das Wasser kaum bis an die Achse der Räder ging, und erreichten Stunde später das Wirthshaus Chonchoral oder Quinchamali, wo wir über Nacht blieben. Dasselbe liegt in geringer Entfernung vom Rio Nuble auf sandigem, aus der Zersetzung des Granits hervorgegangenem Boden und ich fand in der Nähe vor Dunkelwerden ein Paar interessante Pflanzen, namentlich einen hübschen unbeschriebenen Haplopappus.

Die Hydrographie der grossen Flüsse Chile's zeigt eine merkwürdige Eigenthümlichkeit, welche das Nachdenken des Geographen und Geologen in Anspruch nimmt. Der Rio bueno, Biobio, Itata, Maule, Rapel zeigen dasselbe Flusssystem: ein Hauptfluss läuft fast genau von Ost nach West, der Rio bueno, Rio de la Laja, Rio Nuble, Rio Maule, Cachapoal; seine Hauptzuflüsse kommen von Süden, Rahue, Rio Vergara, Itata, Longomilla, Tinguiguirica, laufen von Südost nach Nordwest und ergiessen sich in den Hauptfluss, kurz bevor dieser das Küstengebirge durchbricht. Letzteres begreift sich, da das grosse Längsthal Chile's sich etwas von Ost nach West senkt, aber da es zugleich sich allmählich von Chacabuco bei Santiago (circa 2000 Par. Fuss Meereshöhe) nach Süden senkt, bis es bei Puerto Montt unter den Meeresspiegel tritt, so sollte man erwarten, dass die Hauptnebenflüsse von Nordost nach Südwest flössen, während gerade das Gegentheil Statt findet. Was mag wohl die Ursache dieser Erscheinung sein?

Den anderen Morgen früh fuhren wir weiter und erreichten Chillan gegen 9 Uhr. Vom Itata an befanden wir uns bereits im erwähnten grossen Längsthal, aber erst in der Nähe des Ortes Chillan fanden wir ein schwarzes und fruchtbares Erdreich, indem es hier nicht durch Zerstörung des Granits, sondern aus den verwitterten Porphyren und

vulkanischen Gesteinen der Anden entstanden ist. Dennoch war der Anblick des Landes nicht erfreulich, der Boden war fast ohne Vegetation, trocken, verbrannt, oder Stoppelfelder, und beinahe die einzigen Pflanzen, welche der Hitze des Sommers widerstanden hatten, waren der Madi (Madia sativa Mol.) und Eryngium arvense mihi. Der Himmel war etwas bedeckt, dennoch erblickten wir mit ziemlicher Deutlichkeit die schneebedeckte Cordillere, im Norden den riesigen Descabezado de Maule, dann den Cerro Azul, den Longomilla, gerade vor uns den Nevado de Chillan, im Süden den Antuco und die Sierra Velluda, ein grossartiges Schauspiel! Der Neue Vulkan, welcher während zwei Monate ausgeruht hatte, war seit vier Tagen wieder in Thätigkeit getreten und wir sahen am Nordabhang des Nevado von Zeit zu Zeit eine kleine Wolke sich erheben, welche, wie man uns sagte, in der Nacht Feuer zu sein scheint.

Um 11 Uhr setzten wir die Reise weiter fort in einem leichten Wägelchen und von dem Unternehmer der Diligencen zwischen Chillan und Tomé, einem Schotten, gefahren. Der Weg zu den Bädern führt nicht, wie die Karte von Herrn Claude Gay fälschlich angiebt, auf der Nordseite des Chillan-Baches entlang, sondern auf der Südseite dieses Gewässers, welches man gleich hinter der Stadt überschreitet. Sogleich findet man Rollsteine von Lava und vulkanischem Tuff, die bis zu dieser Entfernung, etwa 20 Leguas vom Alten Vulkan von Chillan, durch die von der hohen Cordillere herabströmenden Wasser geführt sind. Bis zu dem ersten Pferdewechsel, der etwa 7 bis 8 Leguas von Chillan in den sogenannten Vegas de Sáldia liegt, erstreckt sich die grosse Längsebene Chile's. In der Nähe der Stadt ist Alles Garten und Anbau und alle Wege sind mit Lombardischen Pappeln bepflanzt, aber bald zeigt sich viel unbebautes Land, grösstentheils mit niedrigen Sträuchern bedeckt, namentlich mit dem oben erwähnten Romerillo, mit Chacai (Colletia crenata Clos) und später mit Pichi (Fabiana imbricata oder biflora). Die häufigsten krautartigen Pflanzen sind: Boisduvalia Tocornali Gay und B. concinna Spach, Boopis leucanthema Poepp., Madi, Euphorbia depressa Torr. Ich bemerkte auch die Imperata cylindrica P. B., welche in Süd-Europa, Nord-Afrika, am Senegal und in Ost-Indien wächst. Man sieht nur wenige, einzeln oder gruppenweis stehende Bäume; es sind lauter Roble, die ein fremdartiges Ansehen bekommen haben, indem man ihnen die Seitenzweige gestutzt hat, ich weiss nicht zu welchem Zweck. Die Bevölkerung ist schwach und man sieht nur einzelne zerstreute Wohnungen, bevor man nach dem neuen, jetzt in der Anlage begriffenen Ort Pinto kommt (zu Ehren des Intendanten der Provinz, Oberst Jose Manuel Pinto, so genannt), welcher etwas westlich von Sáldia

liegt. Hier waren wir fast am Fuss der Cordillere, welche

wir jedoch selten ein Mal zu sehen bekamen wegen des starken Höhenrauches, den die Waldbrände verursachten; ich konnte ein Mal nicht weniger als 15 Waldbrände zugleich sehen.

Im Wirthshaus von Sáldia erfuhren wir mehrere Nachrichten über den Neuen Vulkan.' Den 3. August 1861 hatte man in Chillan und in der Umgegend ein leichtes Erdbeben gespürt und unmittelbar darauf auf dem Cerro nevado ein grosses Feuer entdeckt, welches alle Nächte brannte und an dessen Stelle man bei Tage eine dicke Rauchsäule sah. Das Wasser des Nuble-Flusses blieb Anfangs ziemlich klar, bis es nach Verlauf von zwei Monaten plötzlich trübe wurde. Die Lava, die aus dem Neuen Vulkan herausfloss und sich in das in seinem oberen Theil mit Schnee und ewigem Eis bedeckte Thälchen von Santa Jertrudis ergoss, hatte diess Thälchen verstopft, die durch das Schmelzen des Schnee's entstandenen Gewässer hatten einen See gebildet, der zuletzt seinen Damm durchbrach, worauf das Wasser mit fürchterlicher Gewalt das Thal hinabstürzte, Felsblöcke, Bäume und was es im Wege fand mit sich fortriss und nun den Nuble, in den es sich ergiesst, mit Erde und Schlamm erfüllte. Das Wasser dieses Flusses blieb beinahe einen Monat trübe und zeigte sich während einiger Tage von rother Farbe, es starben fast alle Fische im Fluss und man verkaufte sie sehr wohlfeil, bis sich die Meinung verbreitete, dass der Genuss dieser Fische schädlich sei. Das Volk schrieb diesem Wasser fabelhafte Eigenschaften zu und sagte sogar, „die vulkanische Asche des Vulkans habe das Flusswasser in Lauge verwandelt und man könne ohne Weiteres mit diesem Mote enthülsen". (Man kocht allgemein in Chile Weizenkörner mit Aschenlauge, wodurch die Häute vom Korn abgehen, und verkauft den so enthülsten und nachher ausgewässerten Weizen unter dem Namen „Mote" als Nahrung für die ärmere Volksklasse.) Später hatte das Wasser des Nuble wieder sein gewöhnliches Ansehen bekommen, aber seit der neuen Eruption des Vulkans war es wieder trübe geworden. Auch der Bach von Chillan und der Renegado, welcher von den Bädern kommt, waren öfter trübe geworden, wenn der Vulkan viel Asche ausgeworfen hatte. Weder die heissen Quellen der Bäder noch der Schwefelberg erfuhren durch diesen Ausbruch eines neuen Vulkans die mindeste Veränderung.

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Wir erreichten nun gleich den Fuss der Cordillere und stiegen allmählich hinan, immer noch im Thal des Chillan. Die Abhänge waren mit Bäumen bedeckt, die aber zu weit von einander abstanden, als dass man sie Wald nennen könnte; es waren hauptsächlich Roble (Fagus obliqua Mirb.), Peumo (Cryptocarya Peumus Nees), Lingue (Persea Lingue

Nees), Boldo (Boldoa fragrans Juss.), Litre (Litrea caustica Miers), Avellano (Guevina Avellana Mol.), ab und zu ein Laurel (Laurelia aromatica Spr.) und ein Mayten (Maytenus boaria Mol. 1)). Die häufigsten Sträucher sind: Pichi (Fabiana), Mayu (Edwardsia chilensis Miers), Adesmia propinqua Clos, Senecio glaber Less. Bald befanden wir uns an 500 Fuss über dem Bach und der Abhang nach demselben hin wurde immer steiler, die Bäume wurden immer häufiger und es zeigten sich einige Schlingpflanzen, der Quilmay (Echites chilensis DC.), die Copígue und besonders der Canelillo (Cornidia integerrima Hook.; in Valdivia ist der Name Canelillo unbekannt), dessen Blüthensträusse vor dem Aufblühen in Brakteen eingeschlossen sind und wie weisse Flintenkugeln aussehen. Ich bemerkte auch hie und da einen Litrecillo (Litrea? crenata Ph.), den Gayul (Citharexylon cyanocarpum Hook. et Arn.; der Name Gayul ist in Valdivia unbekannt), den Radal (Lomatia obliqua R. et P.), die Leptocarpha rivularis DC., Eugenia apiculata DC. und Chusquea Coleu? Desv., aber weit kleiner als in Valdivia. Aus dieser Aufzählung der Pflanzen ergiebt sich schon, dass die Vegetation sehr verschieden von der der Provinz Santiago ist und dagegen fast ganz mit der der Provinz Valdivia übereinkommt, denn nimmt man Litre, Litrecillo, Mayu, Pichi, Peumo und ein Paar andere Pflanzen aus, so sind die Gewächse dieselben wie in Valdivia. Häufig war der Wald durch gerodete Stellen und Felder mit Hütten unterbrochen und die Gegend sah bisweilen fast ganz so aus wie die bei Daglipulli in jener südlichen Provinz. Wenn man urbar machen will, so haut man nur die Sträucher und kleineren Bäume um und lässt die grösseren, dickeren Stämme stehen. Ist nun das abgehauene Holz trocken, so zündet man es an und verbrennt es; die grossen Stämme verbrennen nicht, aber sie sterben ab, indem ihre Oberfläche verkohlt wird; sie bleiben viele Jahre als schwarze Ruinen stehen und zeigen nur die grösseren Äste, bis auch diese verfault von den Stürmen abgebrochen werden und zuletzt nach vielen Jahren auch der Stamm fällt. Das durch die Asche gedüngte Erdreich ist im ersten Jahre sehr fruchtbar, so dass man oft vom Weizen das 30. und 40. Korn erntet, aber diese Fruchtbarkeit nimmt in den folgenden Jahren rasch ab. Seit drei oder vier Jahren ist in diesen Gegenden ein Europäisches Unkraut, das früher. in Chile ganz unbekannt war, Cirsium lanceolatum L., sehr gemein geworden und hat von den Einwohnern den Namen Cardillo, Distelchen, bekommen.

1) Molina hat den Blüthen dieses Baumes fälschlich zwei Staubfäden zugeschrieben und daher finden wir ihn zwei Mal im Prodromus von Decandolle aufgeführt, ein Mal als Maytenus chilensis und dann als Boaria Molinae unter den Oleaceen, vol. VIII, p. 299; die botanischen Beschreibungen Molina's sind ohne allen Werth, voll der gröbsten Irrthümer.

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