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5. Januar 1855: Bex in der Schweiz 4 Uhr 50 Min.; Nizza um 7 Uhr und 8 Uhr 30 Min. Morgens.

23. Januar 1855: Furchtbares Erdbeben zu Neu-Seeland; Stösse zu Kronstadt in Siebenbürgen um 111⁄2 Uhr Nachts.

24. Januar 1855: Konstantinopel 4 Uhr 50 Min. Morgens von O. nach W.; starkes Erdbeben in Kalifornien 10 Uhr Abends.

31. Januar 1855: Schemnitz in Ungarn und Postenza in Unter-Italien.

5. Februar 1855: Nizza 2 Uhr 15 Min.; St. Remo bei Genua 1 Uhr 50 Minuten Abends; Erdbeben in Kalifornien.

27. März 1855: Konstantinopel 11 Uhr Abends von O. nach W.; St. Remo 3 Uhr 20 Min. Abends.

28. März 1855: Brussa 8 Uhr Morgens äusserst heftiger Doppelstoss; Konstantinopel 10 Uhr Abends von O. nach W.; erneuerte Stösse zu St. Remo.

12. April 1855: Konstantinopel 1 Uhr Morg.; Konstantine 8 Uhr Morg.

5. Mai 1855: Erdbeben zu Ragusa; am Berge Olymp zerriss an diesem Tage der Boden an acht verschiedenen Punkten und aus einem dieser Risse sprudelte eine Quelle mit schwärzlichem, schwefeligen Wasser hervor; der Ausfluss der Lava am Vesuv, der am 4. Mai etwas nachgelassen hatte, begann am 5. Abends mit neuer Kraft.

11. Juni 1855: St. Remo und Ragusa.

29. Juni 1855: Zwei starke Stösse zu Tiflis; achtmal wiederholte Stösse zu Frascati bei Rom.

3. Juli 1855: Salonichi 6 Uhr Morg. von O. nach W.; Skutari 4 Uhr Abends von O. nach W.

18. August 1855: Visp 31⁄2 Uhr Morg., 11 Uhr Abends; Solothurn 22 Uhr; Konstantinopel und Brussa.

21. August 1855: Visp vor Tagesanbruch wenig merkbare Bodenschwingungen, dasselbe gegen 4 Uhr M. und 122 Uhr Ab.; Brussa und Konstantinopel 10 Uhr 30 Min.; Konstantinopel 5 Uhr Ab. von O. nach W.

26. August 1855: Visp 934 Uhr M., 42, 5 und 11 Uhr Ab.; Havre 6 Uhr; in Brussa wurden die Erdbeben wieder stärker.

12. September 1855: Visp zwischen Mitternacht und 2 Uhr Morgens zwei oder drei Detonationen, die von fern her zu kommen schienen, und schwache Stösse; Cilly in Steiermark 3 Uhr Morg.; Erdstösse zu Tauxigny, Doulus und Cormery (Dep. de l'Indre et Loire).

5. Dezember 1855: Truxillo in Süd-Amerika; Humboldts-Bai in Kalifornien; sechs Erdstösse in Süd-Frankreich von 62 bis 10 Uhr Abends.

5. Januar 1856: Brieg in Wallis 5 Uhr 50 Min. M.; Galacz 2 Uhr M.

12. Januar 1856: Erdbeben zu Lissabon, das auch in ganz Portugal gespürt wurde; auf beiden Ufern der Aar in der Schweiz; Meisenheim in Hessen - Homburg früh gegen 5 Uhr.

18. Januar 1856: Menado (Molukken); Banda von N. nach S.

28. Januar 1856: Benculen auf Sumatra von O. nach W.; Menado.

5. März 1856: Sieben heftige Erschütterungen zu Lecksand in Schweden zwischen 2 und 3 Uhr Abends; Erdstoss mit Detonationen zu Visp; Abends in Smyrna ein Stoss von S. nach N.

14. Mai 1856: Abends 10 Uhr in Moor in Ungarn von O. nach W.; zu derselben Stunde ein Erdbeben zu Pankratz, Hinterstoder und Vorderstoder in Ober-Österreich.

8. Juli 1856: Nachts 12 Uhr 16 Min. 54 Sek. heftiger Erdstoss zu Tiflis in der Richtung von NW. nach SO. Derselbe wurde auch in Troizko-Ssawsk, unweit Kiächta, auf einem Umkreise von 500 Quadr.-Werst verspürt. Die Bewegung des Stosses war dieselbe wie in Tiflis.

9. Oktober 1856: Metelin 4 Uhr M., 9 Uhr Ab. und um Mitternacht heftige Stösse, ohne die leichten Schwingungen in den Zwischenräumen; in ganz Savoyen, namentlich in Chambery, Morgens 2 Uhr ein heftiger Stoss. 6. Dezember 1856: Siebengebirge 9 Uhr 30 Min. Ab.; Illinois nach 9 Uhr Abends.

21. Dezember 1856: Schloss Tirol kurz vor 8 Uhr M.; Tiflis Mittags 12 Uhr.

27. Dezember 1856: Metelin und Smyrna um 3 und 5 Uhr Morg. von NO. nach SW.; Irkutsk und Kiächta 4 Uhr 6 Min. Morg.; im Drôme-Departement gegen 12 Uhr Morg.; ferner ein starker Erdstoss zu Lima in Peru.

Die Erfahrung, dass bei allen bedeutenden Erdbeben sich die Stösse nach ihrem ersten Auftreten mehr oder minder häufig wiederholen, finden wir auch bei den oben angeführten bestätigt, und zwar stand die Repetition der Stösse meist mit der Heftigkeit der ersten Erschütterungen und der Ausdehnung derselben in geradem und mit ihrer Entfernung von Vulkanen in umgekehrtem Verhältnisse. In den meisten Fällen waren die ersten Paroxysmen die heftigsten und die später auftretenden Schwingungen nahmen nach und nach an Intensität ab. Bei einigen Erdbeben jedoch traten die heftigsten Erschütterungen erst Monate nach dem ersten Stosse ein und wiederholten sich in abwechselnd gesteigerter oder verminderter Heftigkeit. Diess ereignete sich namentlich bei dem Erdbeben von Brussa. Der erste Stoss erfolgte hier am 28. Februar 1855; 24 Stunden lang nach demselben erzitterte der Boden fortwährend wie das Verdeck eines Schiffes und bis zum 31. März spürte man mit Ausnahme der Tage vom

18. bis 23. März, wo auch in den leichten Schwankungen des Bodens eine Pause entstand, jeden Tag mehrere Stösse, unter denen sich namentlich die vom 9., 23. und 28. März durch Stärke auszeichneten. In Konstantinopel erzitterte noch acht Tage nach dem 28. Februar der Boden beständig unter den Füssen und an den meisten Orten der Westküste Klein-Asiens fanden während der folgenden Tage andere weniger starke Stösse Statt. Vom 1. bis 10. April wurden die Stösse immer häufiger und am 11. April trat die unter allen heftigste Erschütterung ein. Schwächere Schwingungen folgten ihr das ganze Jahr hindurch, stärkere aber traten namentlich ein am 17., 18., 20., 22., 23., 26., 28. und 29. April, ferner am 16. und 29. Mai, 20. Juli, 18., 20., 21., 26. und 27. August, 9. September, 14., 15., 16. Dezember und noch am 9. März 1856 schreibt man, dass die Erschütterungen in längeren und kürzeren Perioden fortdauern und dass selten eine Woche vergeht, ohne dass eine stärkere Erzitterung an die Fortdauer einer ungesehenen, unberechenbaren Kraft mahnt.

Das auffallendste Beispiel von einem langen Anhalten der Erschütterungen liefert das Erdbeben zu Visp am 25. Juli 1855, wo die Erde vier Monate nach dem ersten Stosse gar nicht zur Ruhe kam und die letzten Mahnungen der unterirdischen Thätigkeit sich noch im Jahre 1857 fühlen liessen. Als weitere Beispiele solcher lange andauernder Erdbeben sind ausser dem schon oben erwähnten von Algier noch folgende anzuführen. Dem Erdbeben, welches sich am 5. August 1856 von Honduras bis Jamaika erstreckte, folgten innerhalb acht Tage zu Omoa in Honduras nicht weniger als 108 Stösse und am 27. August war die Erde noch nicht wieder ruhig. Vom 11. November 1855 bis zum 5. Januar 1856 zählte man bis zu 10 Erdbeben zu Murcia, Cartagena und namentlich in den Dörfern Librilla, Alhama und Inchola, die im Westen einer Dioritkette, Carrascoy genannt, gelegen sind. Die Kraft derselben, die in den ersten Tagen sehr bedeutend war, nahm nach und nach ab. Das Erdbeben zu Schemacha (Georgien) am 23, Juli 1856 Morgens 9 Uhr, das sich um 5 Uhr Nachmittags mit verstärkter Kraft wiederholte, dauerte acht Tage lang fort. Ein Erdbeben zu Ternate währte vom 14. bis 20. Juli 1855 und die Erschütterungen auf Rhodus und der Insel Chalki wiederholten sich nach dem fürchterlichen Stosse vom 12. Oktober 1856 einen ganzen Monat alle Tage.

Antheil der Atmosphäre. Was den Antheil der Atmosphäre an den in den letzten Jahren Statt gefundenen Erdbeben anbelangt, so ist derselbe wohl nicht wegzuleugnen; ob aber ausserordentliche atmosphärische Erscheinungen zugleich eintretende Wirkungen derselben Grundursache sind, oder ob starke Erdbeben an und für sich Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1858, Heft VI.

ungewöhnliche atmosphärische Erscheinungen hervorrufen können, und umgekehrt, darüber lassen sich bei dem jetzigen Stande unseres meteorologischen Wissens und den ungenauen und oft sich widersprechenden Beobachtungen bei dergleichen Erscheinungen nur Vermuthungen aufstellen. Die Aufgabe des Forschers beruht hier zunächst nur in der Kompilation vieler Thatsachen, die als Basis für später zu entwickelnde Gesetze dienen können, und der Satz Al. v. Humboldt's (Kosmos, 4. Bd. S. 222): „Da in der Natur unter wieder eintretenden ähnlichen Bedingungen sich Alles wiederholt, so muss man durch Nicht-Verschweigen auch des noch unvollständig Beobachteten die Aufmerksamkeit künftiger Beobachter auf spezielle Phänomene leiten", findet hier vollständig seine Anwendung.

Vor dem Erdbeben zu Brussa zeigte schon seit Mitte Oktober die dortige Witterung ungewöhnliche Veränderungen. Der Herbst, sonst gewöhnlich die schönste Jahreszeit, bis nahe zum Ende Dezembers war sehr regnerisch, so dass nur selten regenlose Tage den sonst tropischen Niederschlag unterbrachen. Im Januar fiel eine seit langen Jahren nicht gesehene Schneemasse von 3' Höhe, der wieder grosse Regenmassen folgten. Gegen die Mitte des Februar traten heftige Südwest-Winde ein, die übrigens den ganzen Winter und Herbst die herrschenden gewesen, und eine Wärme, die den Frühling mit einem Male brachte. Am 28. Februar trat nach mehrtägiger grosser Wärme mit Südwest-Sturm ein sehr heftiges Gewitter mit Schlossen ungefähr gegen 1 Uhr Nachmittags ein, dem dann gegen 3 Uhr der erste Stoss folgte.

Eine der am häufigsten bei Erdbeben auftretenden Erscheinungen ist das Vorkommen starker Windstösse, die entweder dem Erdstosse vorangehen oder denselben begleiten, und nach manchen Berichten kleinerer Erdbeben möchte man fast glauben, es sei der Sturm die primäre Erscheinung und die Erderschütterung, etwa in Folge des verminderten Luftdrucks, die Wirkung davon (Erdbeben von la Paz am 17. Oktober 1856). Aus der grossen Anzahl von Erdbeben, die in Begleitung starker Stürme auftraten, will ich hier nur einige anführen.

Das Erdbeben von Brussa trat nach mehrtägigen Südwest-Stürmen ein; in Konstantinopel legte sich der Wind plötzlich im Augenblicke des Stosses (derselbe Fall ereignete sich auch bei einem Erdbeben zu Innsbruck); in Smyrna fand die Erschütterung unter furchtbarem Sturme Statt. Unmittelbar nach dem Stosse vom 11. April erhob sich in Konstantinopel ein starker Windstoss mit Regen von WSW., aber von kurzer Dauer; zu Metelin folgte dem Erdstosse ein starker Windstoss von Süden, und in Adrianopel, wo das Erdbeben ebenfalls sehr stark gefühlt wurde, war es gleichfalls von einem starken Windstosse gefolgt.

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Bei dem Erdbeben von Algier war, als der erste Stoss zu

Bugia eintrat, der Himmel ganz heiter und der Meeresspiegel glatt und ruhig; mit einem Male erhob sich ein gewaltiger Wind, der über die Stadt hinbrauste, und auf den Bergen zuckten Blitze. Zu Candia trat am 12. Oktober 1856 plötzlich auf einen heftigen Windstoss eine Stille ein, während welcher der ungemein starke, 40 bis 50 Sekunden dauernde Stoss erfolgte. Ausser den schon oben angeführten Erdbeben von Zittau, Stanz und Erbach' im Odenwalde gehören noch folgende Tage hierher:

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1855. 12., 13., 19. und 22. April: Erdbeben zu Konstantinopel bei starken Südwest- Winden. 30. April: Erdbeben zu Kairo an der Ohio - Mündung, furchtbarer kreisender Orkan von Morgens 11 Uhr bis Nachts in der Südsee; zwischen Sorrent und Capri Nachts 10 bis 12 Uhr Gewitterstürme, denen in den ersten Morgenstunden des 1. Mai die Eruption des Vesuv folgte. 13. November: starkes Erdbeben zu Konstantinopel; furchtbarer Sturm mit Regengüssen im Lager zu Balaklava. 15. Dezember: Erdbeben zu Brussa, Konstantinopel und Wallis; furchtbare Stürme im Mittelländischen und Schwarzen Meere. 19. Dezember: am Vesuv öffnete sich Nachts an dem Krater von 1850 ein neuer Schlund, aus welchem ein Luftfluidum (fluidi aeriformi) die deckende Materie mit solcher Gewalt in die Luft schleuderte, dass die Steine in grosser Entfernung auf dem Abhange des Kegels niederfielen; Morgens 6 Uhr die niedrigste Ebbe, die seit 30 Jahren in Antwerpen vorgekommen war; Bora-Sturm in Triest; schwere Stürme in der Krim bei 19° R.; am 20. und 21. Dezember fürchterliche Nordstürme in ganz Italien mit Schneegestöber.

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1856. 5. Januar: Erdbeben zu Menado und Galacz, letzteres begleitet von heftigem Winde und Brausen; furchtbare Stürme im Atlantischen Ocean. 9. Februar: Erdbeben im grössten Theile der Schweiz; schwere Stürme an den Französischen, Englischen und Irischen Küsten. 21. Februar: drei starke Erdstösse in Palermo, ein starker Wind in gleicher Richtung wie die Stösse, von SO. nach NW., begleitete dieselben; tiefster Barometerstand in beinahe ganz Deutschland im Monat Februar; heftige Schneestürme in den Alpen; prächtige Feuerkugel zu Söderköping in Schweden. 22. bis 23. Februar Nachts: furchtbares Erdbeben in Klein-Asien, dasselbe hielt zwei Tage lang an und zerstörte Kharpont (Kargö), Samsun und mehrere andere Städte fast vollständig; zu gleicher Zeit furchtbarer Orkan im Schwarzen Meere, der in Konstantinopel allein 17 Minarets einstürzte. 13. Febr.: starke Stürme an der ganzen Südostküste Amerika's und am 14. und 15. Februar einige zwanzig Erdstösse in Kalifornien. 5. März: Erdbeben zu Lecksand, Visp und Smyrna;

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starker Sturm in der Gegend der Insel Öland; denselben und die folgenden Tage furchtbare Schneestürme in ganz Russland, an den Ufern der untern Donau und sogar in Klein-Asien. 10. März: Erdbeben in Unter-Italien;

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Bora in Triest; starke Stürme in der Nord- und Ostsee. 4. April: Stürme und Regenschauer in ganz NiederBengalen, Madras und Ceylon und am 6. und 7. April eine Reihenfolge von Erschütterungen in beinahe dem ganzen Umkreise des Pandschab und selbst zu Simla; dieselben Tage auch furchtbare Orkane mit Gewittern und Hagel in ganz Süd-Frankreich, Italien und Ost-Deutschland. 28. Mai Morgens 5 Uhr: ein Erdstoss zu Ternate, zu derselben Zeit thürmten sich in Simla (Vorder-Indien), eine seit Jahren dort ungewöhnliche Erscheinung, Wolkenmassen im Südosten auf einander; um 84 Uhr kam stark brausend ein furchtbarer Orkan über die Berge gezogen und sogleich nahm die Atmosphäre eine gelblichrothe Farbe an. Nach einer halben Stunde begann der Regen, mit Hagelstücken vermischt, herabzustürzen. Der Sturm dauerte zwei Stunden und war von Donnerschlägen und sehr heftigen Blitzen begleitet. 27. September: Erdbeben in Laibach; schwere Stürme im ganzen Mittelländischen Meere, an den Küsten von Frankreich, England und in der Nord-, und Ostsee; starker Föhnwind in der Schweiz. 28. August: starkes Erdbeben auf St. Thomas; schwere Stürme im West-Indischen Meere, namentlich an den Küsten von Cuba. 9. Oktober: Erdbeben zu Metelin und Chambery; entsetzlicher Hagelsturm zu Oran in Algier; heftige Stürme in Schweden und Norwegen. 17. Oktober: 30stündiger Orkan zu la Paz mit Erdstössen. vember: Erdbeben zu Galacz; furchtbare Stürme in ganz Deutschland; Gewitter in Antwerpen, mehreren Theilen Böhmens und Ungarns; entsetzlicher Sturm im Süden Frankreichs; starkes Nordlicht in Paris. 6. Dezember: Erdbeben im Siebengebirge und Illinois; schwere Stürme in der Nord- und Ostsee. Die Temperatur, die in Hamburg am 5. 11° unter Null stand, hob sich am 7. auf +10° R. 20. Dezember: Erdstoss in Mexiko; furchtbarer Orkan zu Vera-Cruz.

25. No

In Verbindung mit dieser Koincidenz der Stürme und Erdbeben könnte das Sinken des Barometerstandes stehen, welches man bei Erdbeben manchmal bemerkt haben will. Gerade bei den grösseren Erdbeben der verflossenen Jahre ist jedoch keine solche Erscheinung beobachtet worden, und von sämmtlichen während der Jahre 1855 und 1856 vorgekommenen Erdbeben sind mir nur folgende Fälle bekannt geworden, wo ein ungewöhnliches Sinken des Barometers in Verbindung mit Erschütterungen gebracht werden könnte. Das auffallendste Beispiel davon bieten der 26. und 27. Dezember 1856 dar. Am 26. De

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zember, wo früh 4 Uhr 30 Min. ein Erdbeben zu Irkutsk Statt fand, hatte man in Wien und Augsburg den niedrigsten Barometerstand, seitdem Beobachtungen existiren, nämlich in Wien 317,25" und in Augsburg 304,4"; in Calw erreichte derselbe den ungewöhnlichen Stand von 26" 1,53′′ und in Bern nur 25" 7". Den Tag darauf aber, am 27. Dezember, fanden die schon oben erwähnten Erdbeben zu Metelin, Smyrna, Irkutsk, Kiächta, im DrômeDepartement und zu Lima in Peru Statt. Ein starkes Sinken des Barometers bemerkte man ferner den Tag vor dem starken Erdbeben am 29. Dezember 1854 in ganz Nord-Italien und Süd-Frankreich. Bei dem Erdbeben zu Alten im Aar-Thale in der Schweiz am 8. Mai 1855 zeigte das Barometer an einem sehr einfachen Erdbebenmesser ein plötzliches Sinken von 24 Millimetern der QuecksilberSäule an. Nach dem Erdbeben von Lecksand in Schweden traten am 6. und 7. März zwei Nordlichter bei dauernd sinkendem Barometerstand ein. Den Tag vor dem Erdbeben zu Bustyahaza, Franzenthal und Kerekhagy in Ungarn, am 20. August 1856, war das Barometer stark gefallen und bei dem Erdbeben im Mittelländischen Meere zeigte das Barometer zu Kairo 07655, während es den Tag vorher 07634 zeigte; am 13. Oktober, wo sich das Erdbeben Nachts zwischen 10 und 11 Uhr in drei schwachen Stössen wiederholte, stand es 07629. Bemerkenswerth ist auch, dass in der Tabelle der Barometerstände für Rom von J. Schmidt (Eruption des Vesuv, S. 71) der 11. April, der Tag des Erdbebens von Brussa, mit dem tiefsten Stande des ganzen Monats bezeichnet ist, nämlich 330,7", und dass man zu Brussa und Konstantinopel die Beobachtung gemacht hat, dass die Erdbeben namentlich häufig bei Südwind, also relativ tieferem Barometerstande, eintreten.

Mag nun aber der Zusammenhang zwischen Erdbeben und Luftdruck problematisch sein oder nicht, so steht doch so viel fest, dass bei vielen Erschütterungen materielle Veränderungen in der Beschaffenheit der Atmosphäre vor sich gehen, welche mehr oder minder von Bedeutung werden können. Die letzten Jahre sind reich an Beispielen, dass Gasarten und Dämpfe, theils von niederer Temperatur, theils entzündet, bei Erschütterungen aus dem Erdboden entwichen. So bemerkte man bei dem Erdbeben von Algier einen sehr ausgeprägten Schwefelgeruch und ein Offizier sah in der Nähe von Djidjelli am Abhange eines Thales Flammen, die aus der Erde hervorbrachen, sich bis zu einer Höhe von vier bis fünf Metern erhoben und verschwanden. Diese Erscheinung dauerte etwa eine halbe Stunde. Ein Entweichen von Gas beweisen ferner das drei Tage lange Aufwallen des Meeres bei Djidjelli und die Irrlichter auf den Bergen von Oued-Missia. Im

Bezirke Kassamos auf Kandia entstand bei dem Erdbeben vom 12. Oktober 1856 an der Stelle einer Ortschaft ein See, der Schwefeldünste aushauchte. Auch in Ägypten zeigte sich bei demselben Erdbeben und in Brussa bei dem Stosse vom 28. Februar 1855 ein ausgeprägter Schwefelgeruch. Bei dem Erdbeben zu Wellington auf NeuSeeland am 14. Februar 1855 wurde eine grosse Anzahl Fische durch schwefelige Aushauchungen, die sich aus der Tiefe des Meeres erhoben, getödtet.

Erklärt wird durch das Aufsteigen irrespirabler Gasarten auch die Beunruhigung der Thierwelt, welche sich gewöhnlich kurz vor den grösseren Erdstössen kund giebt. Zu Algier wurden die Thiere durch die Stösse verschieden afficirt. Hunde stiessen ein klagendes Geheul aus, Schwalben entfernten sich augenblicklich, und einige Sekunden vor dem Stosse vom 22. August sah man ein Pferd seine Krippe mit den Zähnen ergreifen und sich steif in den Beinen halten, als wolle es sich gegen die Möglichkeit eines Sturzes schützen. Zu Bugia, einer Stadt, die von vielen Gärten durchschnitten wird, in denen sich viele Singvögel aufhalten, bemerkte man, dass acht Tage lang nach dem Stosse vom 21. August keiner mehr sang; sie fingen erst in der Morgenstunde des 29. August an, sich wieder hören zu lassen. In Philippeville soll ein Blinder sehend geworden sein (?), eine andere Person habe die Sprache verloren und ein Mann, der seit Jahren von einer Lähmung heimgesucht worden, habe sich plötzlich wie durch Zauberei geheilt gesehen. Diese letzte Erscheinung soll auch bei dem Erdbeben vom 25. Juli zu Lyon vorgekommen sein (wohl eine Folge der Erschütterung des Nervensystems durch den Schreck). Aus dem schon oben angeführten Berichte eines Offiziers der Afrikanischen Armee, der in der Nähe von Djidjelli arbeitete, erhellt, dass derselbe den Tag vor dem Erdbeben mit seinen Kameraden ein unbeschreibliches Unbehagen fühlte, so dass 35 Mann vom Arzte behandelt werden mussten. In Alexandrien erhoben vor dem Erdbeben vom 12. Oktober 1856 die Hunde und Esel ein fürchterliches Geschrei, dass fast alle Einwohner erwachten.. In. Kairo heulten und bellten schon zwei Stunden vorher die zahlreichen Hunde der Stadt und die Sperlinge zeigten sich während des Morgens sehr unruhig und verliessen um 11 Uhr die Gebäude. Vor dem Erdstosse zu Brussa am 28. April 1855 fingen um 8 Uhr 20 Minuten die Hunde fürchterlich zu heulen an und beinahe gleich darauf hörte man ein unterirdisches Geräusch, dem ein 20 Sekunden dauernder horizontaler Stoss folgte. Bei dem grossen Schweizer Erdbeben berichtet man von Grenoble aus, dass am 25. Juli dort Jedermann mehr oder weniger von einer unerklärbaren Unruhe eingenommen war; eine Menge fühlten

Herzübel, Schwindel und Blendung vor den Augen. Eine grosse Anzahl glaubte sich von Apoplexie befallen; Andere, welche sich zu Tische setzen wollten, wurden von Erbrechen überrascht, schwangere Frauen gingen zu Bett, in der Überzeugung, sie würden von den Wehen befallen. Hunde flüchteten zitternd zu den Füssen ihrer Herren, Pferde wurden unruhig im Stalle, Vögel flatterten ängstlich in der Luft und hörten auf zu singen. Ein Arzt will sogar in den Armen und im Kopfe eine mehrere Minuten anhaltende Empfindung gehabt haben, wie bei der Berührung eines elektrischen Apparats. Seit dem ersten Stosse zu Visp vermieden es die Schlangen sorgfältig, sich in Mauerrissen oder Geröllhaufen zu verkriechen, und auch die Schwalben vermieden ihre frühere Wohnstätte.

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Was den Einfluss der Erderschütterungen auf die Wärme der Atmosphäre anbelangt, so wird auch durch die Geschichte der letzten Jahre die Thatsache bestätigt, dass auf viele Erdbeben eine auffällige Abnahme der Temperatur erfolgt. Ohne die mannigfachen Berichte zu erwähnen, in denen gesagt wird, dass auf vorausgegangene Schwüle nach dem Erdbeben ein plötzliches Gefühl der Erfrischung folgte, eine Empfindung, die rein physiologischer Natur sein kann, will ich hier nur auf einige durch genaue Messungen konstatirte Erscheinungen dieser Art aufmerksam machen. Eins der auffälligsten Beispiele dieser Art liefert das schon mehrfach erwähnte Erdbeben von Lecksand in Schweden und Smyrna am 5. März 1856. Vor dem Erdbeben zu Lecksand hatte man wahrhafte Frühlingstage, während man den Tag darauf zu Upsala 20° Kälte bemerkte. In Smyrna, wo das Erdbeben gleichzeitig eintrat, fiel das Thermometer von + 17° R. auf +4° R. und dieselbe Nacht war die kälteste des ganzen Winters, da auf den Bassins sogar eine Eisdecke lag. Denselben Tag wehten auch bei furchtbarer Kälte in Ungarn und im ganzen südöstlichen Europa starke Schneestürme. Während des Erdbebens in Sardinien und Süd-Frankreich am 29. Dezember 1854 fiel das Thermometer auf + 1,6° und ein wenig vor Aufgang der Sonne war es 0°. Der Tag vor dem Erdbeben war schön und die Temperatur hatte die gewöhnliche Winterwärme. Auch zwei Tage nach dem Erdbeben behauptete die Temperatur eine Tiefe von - 1°, was ziemlich selten in dieser Jahreszeit zu Nizza vorkommt. In Marseille fiel bei demselben Erdbeben die Temperatur von 0° auf 1,5°. Nach dem Erdbeben von Tarsus in Klein-Asien am 16. Januar 1855 fiel die Temperatur bedeutend und stand bis zum 24. Januar beinahe immer auf 0,2° C. (eine ganz anomale Temperatur für den Süden Klein-Asiens) und auch eisige Regen hörten nicht auf, bis zum Februar zu fallen. Nach dem Erdbeben von Brussa, Konstantinopel und Ragusa, wo

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die magnetischen Störungen am Vesuv begannen, am 23. April 1855, trat in ganz Nord-Italien ein unerhörter Temperaturwechsel ein; in Mailand hatte man am 23. April nur +0,4° C. In der Nacht des Erdbebens zu Draguignan sank die Temperatur zu Marseille am 12. Dezember 1855 auf 8° 10"" unter 0. Am 15. Dezember 1855 hatte man bei Erdbeben zu Konstantinopel, Brussa und in der Schweiz, bei furchtbaren Stürmen im Schwarzen und Mittelländischen Meere in Riga 19° und in Moskau und dem Innern Russlands 30 bis 35° R. Am 18. Dezember 1855 fühlte man ein furchtbares Erdbeben zu Visp und sehr heftige Stösse in Smyrna. In Smyrna war der sonst um diese Zeit andauernde Regen noch nicht eingetreten, und während bis zur Mitte des Monats ein wahres Sommerwetter geherrscht hatte, ging am 16. das Thermometer innerhalb fünf Stunden von + 15° unter den Gefrierpunkt. Am 12. Januar 1856, wo Erdbeben in ganz Portugal, Hessen-Homburg und im Aar-Thale Statt fanden, trat zu Paris eine plötzliche Temperatur-Erniedrigung ein, auf der ganzen Pyrenäischen Halbinsel und in Süd-Frankreich bemerkte man fortdauernde furchtbare Regengüsse und in Balaklava sank das Thermometer von +10° auf

12° R. Bei dem Erdbeben zu Maskara in Algier in der Nacht vom 2. zum 3. Juli war bei starken Orkanen in Nord-Italien an vielen Punkten Deutschlands die Erniedrigung der Temperatur so bedeutend, dass es im Erzgebirge, Thüringen, z. B. Meiningen Eis fror. Zu Kiächta fiel bald nach dem Erdbeben vom 27. Dezember 1856 die Temperatur von 12° auf 25° R. Bei dem grossen Erdbeben im Mittelländischen Meere am 12. Oktober 1856 endlich fiel zu Kairo 20 Minuten nach der ersten Erschütterung das Thermometer von + 25° C. auf +23° C.

Auffällig sind allerdings nach den obigen Angaben zwei Erdbeben, wo gerade das Gegentheil, eine Erhöhung der Temperatur, eintrat. Zu Tiflis stieg nämlich während der Dauer der Erschütterung am 8. Juli 1856 das Thermometer von + 3,6° auf 4,9° R. (allerdings immer noch in Beziehung auf Jahreszeit und Geographische Breite eine sehr niedrige Temperatur) und auf das Erdbeben von Baltimore am 28. Juni 1855 folgte am 29. Morgens eine Temperatur von 72° F.; dieselbe stieg bis Nachmittags 3 Uhr im Schatten eines kühlen Lokals auf 92° und auf 120° in der Sonne und blieb auf dieser Höhe bis Abends 8 Uhr; die ganze Nacht war drückend heiss. Am 30. Juni stieg die Hitze bis auf 94° F. im Schatten und erst am 2. Juli milderte sich die Temperatur etwas.

In Verbindung mit dieser Temperatur - Erniedrigung könnte auch der Umstand stehen, dass häufig nach oder mit dem Erdbeben starke Schneestürme eintreten.

Ein

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