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rückt nur langsam fort, denn der Amur krümmt sich in seinem Laufe beständig und das Fahrwasser selbst erfordert ganz die Erfahrung eines Lootsen, der den Fluss genau kennt. Meist ist es tief, aber dicht neben 20 Faden tiefen Stellen finden sich Untiefen, die kaum von einigen Fuss Wasser bedeckt sind. Bei Kap Pronge rücken die Ufer etwas näher zusammen, dennoch hat der Strom eine grössere Breite, als der Mississippi bei New Orleans. Das rechte Ufer ist nach dem Flusse zu flach, während im Hintergrund niedrige, mit dichten Wäldern bedeckte Hügelreihen aufsteigen. Hier und da liegt mitten in der Niederung ein Giljaken-Dorf. Nikolajewsk liegt am linken Ufer des Flusses, während dieser nur auf der rechten Seite tief genug für Schiffe von einigem Tiefgang ist. Die Schiffe müssen daher mittelst Nachen ausgeladen werden.

Die Russische Regierung beabsichtigt, Nikolajewsk zum Sammelplatz Russischer Walfischfahrer zu machen, und muntert Russische Schiffe in jeder Weise zu diesem Geschäft auf. Wer die herrlichen Waldungen am Amur gesehen, begreift leicht, dass Nikolajewsk eine herrliche Schiffs-Station abgeben wird. Zudem finden sich ausser den reichen Kohlenlagern am Amur gute Kohlen unmittelbar an der Küste bei Dui an der Jonquiere-Bai auf der Insel Sachalin. Die dortigen Kohlen-Bergwerke werden bereits von den Russen in ziemlich ausgedehntem Maassstabe bearbeitet und können sich den besten Englischen Kohlen an die Seite stellen. Der fremde Kaufmann wird in Nikolajewsk mit der grössten Zuvorkommenheit empfangen und die Behörden thun Alles, um ihm in seinen Geschäften behülflich zu sein. Aber der Handel beschränkt sich bis jetzt nur auf Provisionen, Weine, Eingemachtes, Kleidungsstoffe, Eisenwaaren u. s. w., wofür allerdings bereits werthvolle Waaren, wie Pelze u. dergl., geboten werden. Der Handel muss also erst entwickelt werden, ehe Kolonisten sich nach diesem fruchtbaren Lande wenden können. Ist diess geschehen, so werden die günstigen Bedingungen, welche die Russische Regierung den Kolonisten. bietet, schon Ansiedler dorthin ziehen. Die Regierung wünscht Einwanderer und fördert sie in jeder Weise. Der Einwanderer und seine Nachkommen sind vom Militärdienst frei, er erhält Land und manche andere Begünstigung.

Auch in den Thälern der Quellflüsse des Amur, Schilka und Argun, hat der Unternehmungsgeist der Russischen Regierung in neuerer Zeit eine Entwickelung geschaffen, von der man in Europa kaum etwas ahndet; sie hat Maschinen-Werkstätten gebaut, die sich mit den Europäischen messen können. Eisen-, Silber- und Kupfer-Bergwerke werden betrieben und der Verkehr auf den Flüssen geregelt. Die Natur selbst scheint diesen Thälern eine grossartige Entwickelung vorbehalten zu haben. Dort kommen die Deutschen Laubhölzer, die man auf der ganzen Strecke vom Ural bis zum Baikal nicht findet, wieder vor. Man findet Buchen, Eichen, Linden u. s. w. Der Boden ist ausnehmend fruchtbar und bringt alle Getreidearten hervor; Häute, Leder, Wolle bilden Ausfuhr-Artikel, und was die Hauptsache ist, diese Produkte können leicht auf den Markt gebracht werden. In den Eisengiessereien und

Maschinen-Werkstätten, welche die Russische Regierung zu Petrowsk besitzt, wurde die ganze Maschinerie zu zwei kleinen Dampfern gebaut und zu Land nach dem nicht sehr weit entfernten Tschita gebracht. Dieses liegt an der Ingoda, auf der die einzelnen Theile hinab bis nach Schilka, am Zusammenfluss des Argun und Schilka, verschifft wurden. Dort wurden sie zusammengesetzt und die beiden im Russischen Asien gebauten Dampfer befahren jetzt den Amur. Ausserdem befindet sich in den dortigen Gebirgen ein Mineralreichthum, der sich mit dem jeden Landes der Welt messen kann. Die Silber-Berg

werke in Nertschinsk sind vielleicht die reichsten in der Welt. Auch Kupfer, Zinn und Zink finden sich in diesen Gebirgen, eben so ein sehr feinkörniger Granit, der zu Mühlsteinen benutzt wird, und Marmor ).

1) Die Triester Ztg. vom 27. November 1857 bringt folgende Nachricht: Von Nikolajewsk an der Mündung des Amur wird gemeldet, dass bei Eröffnung der Schifffahrt im vorigen Jahre daselbst sechs Amerikanische Schiffe mit Waaren im Werthe von 500,000 Silber-Rubel anlangten; Nikolajewsk wurde mit Lebensmitteln und Comfort versehen. Die dortigen Magazine bieten die schönste Auswahl von Japanischem und Chinesischem Hausgeräth, kostbaren Manilla- und HavannaCigarren, Zucker, eingemachten Leckereien, Pasteten, Obst, Austern, Seekrebsen, Ananas, Trauben, Rum, Porter, Weinen, Seiden- und Galanterie-Waaren und tausend andern Gegenständen, die auf dem Seeweg herangebracht und zu billigen Preisen verkauft werden, so dass den Russen der Einfuhrhandel vollständig von den Amerikanern entrissen wurde. Russischer Seits wird er von der Regierung natürlich begünstigt. Sobald ein Handelsschiff an der Mündung des Amur erscheint, wird ein Dampfer hinausgeschickt, um es über das Haff nach Nikolajewsk zu bugsiren. Leute zum Löschen werden sofort angestellt und die eingekauften Waaren auf Staatsdampfern kostenfrei nach Schilinsk befördert. Mit Ausnahme einiger Gegenstände ist die Aus- und Einfuhr aller Artikel frei gegeben. Nikolajewsk ist ein Freihafen im vollen Sinne des Worts. Trotz der dem Russen eigenthümlichen Unbeweglichkeit und Unentschlossenheit wächst die Zahl der Handeltreibenden auf dem Amur mit jedem Tage. Besonders ist es die Firma der Kaufleute erster Gilde Serebronikow & Simim, welche den Verkehr Sibiriens mit Europa und Amerika mittelst des Amur belebt und den Anfang gemacht hat zur Herstellung der Handels-Dampfschifffahrt auf dem Amur und der Schifffahrt um die Welt, theils auf eigenen, theils auf fremden, in Finnland, Hamburg oder London befrachteten Schiffen. Die Amerikaner beabsichtigen, einen Bugsir - Dampfschiffsdienst auf dem Amur bis nach Schilka und selbst bis Tschita zu organisiren. Da bis jetzt keine Konkurrenz zu besorgen war, so war der Handel auf dem Amur weder schwierig noch mit Risiko verknüpft, denn jegliche Waare fand Absatz, welchen Namen sie auch haben mochte. In Hongkong ist bereits eine Amerikanische Gesellschaft zur Betreibung des Handels auf dem Amur zusammengetreten. Die angekommenen Amerikanischen Kauffahrer brachten die Nachricht, die Engländer beabsichtigten, die Nordküste von Matsmai und den Hafen am Tatarischen Ufer in Besitz zu nehmen, welchen sie zwischen dem Russischen Kaiserhafen und dem Meerbusen Poswet entdeckt haben. Von hier aus wollen sie die Thatigkeit der Russen und ihrer Schiffe auf dem Amur beobachten. Die Politiker in Washington, so will es scheinen, haben nächst den Staatsmännern in St. Petersburg zuerst eine bestimmte Ahnung von dem Werthe der Russ. Besitzungen in Nord-Asien und von ihrer immensen und heute noch unberechenbaren Bedeutung für die Zukunft gehabt. Auf Veranlassung der ihm von der Central-Regierung zugegangenen Weisungen macht Herr Collins, der für die Amur-Gebiete vor 12 Jahren neu ernannte Amerikanische Konsul, seine Reise nicht zur See dorthin, sondern von St. Petersburg aus quer durch Russland und das ganze Sibirien. Es ist nicht näher bekannt geworden, wie viel Tage derselbe darauf verwendete; aber der jetzt in China mit den Unterhandlungen zwischen der Russ. Regierung und dem Kaiserhof zu Peking betraute Admiral gebrauchte auf derselben Strecke nicht mehr als 70 Tage. Es ist damit bereits erwiesen, dass Russland heute, in

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Die obige Skizze der Strasse von Bab-el-Mandeb und der Insel Perim ist der im Jahre 1836 erschienenen und vor Kurzem mit neuen Berichtigungen ausgegebenen Moresby'schen Karte des Rothen Meeres entnommen. Diese Karte, in vier Blättern und im Maassstabe von 1:700.000, ist bei Weitem die vollständigste und genaueste, die wir über jenes Meer besitzen, und das Resultat langjähriger Arbeiten Britischer Officiere. Bei der Erläuterung unserer Skizze können wir uns auf die thatsächlichen Verhältnisse beschränken, welche die Karte selbst veranschaulicht, da die ziemlich dürftigen Nachrichten über die Naturbeschaffenheit der Insel und ihrer Umgebungen aus der

Ansehung seines Sibirischen Besitzes, die kürzeste Verbindungslinie zwischen Europa und China in den Händen hält, und allerdings wäre die nähere Ausmittelung dieses hochwichtigen Verhältnisses allein schon die Sendung des Herrn Collins von Seiten des Kabinets von Washington werth gewesen. Indess zielte dasselbe bei dieser Mission noch auf durchaus andere Resultate. Im Grunde genommen findet eine jede Seeküste in der gegenüberliegenden das Kriterium ihrer kommerziellen Stellung ausgesprochen. Wenn das westliche Amerika, ungeachtet frühzeitig dahin gelangter Ansiedler, nicht recht auf den Bahnen der Kultur vorschreiten konnte, mindestens noch bis vor Kurzem nicht, so war diess in dem Mangel an Gegenländern begründet, mit denen ein Verkehr hätte eingeleitet werden können. China und Japan verschlossen sich gegen eine jede Annäherung und der Ost-Asiatische Russ. Besitz hatte kaum eine andere Bedeutung für den Handel als die Gestade des Eismeeres. Drei Ziele sind es daher frühzeitig gewesen, denen sich die Politik der Vereinigten Staaten in diesen Gegenden entgegen wendete: China zu öffnen, mit Japan Handelsverträge abzuschliessen und der Kultur zu dem Russ. Ost-Asien einen schnelleren und breiteren Zugang zu verschaffen. Von diesem Standpunkt aus muss man Pläne ansehen, wie denjenigen, welchen neulich der genannte Amerikanische Konsul aufs Tapet gebracht und der die Erbauung einer Eisenbahn vom Amur-Strom, und zwar von demjenigen Punkte aus, bis zu welchem er noch von Seedampfern befahren werden kann, nach Irkutsk bezweckt.

zu lesen

vortrefflichen Darstellung K. Ritter's (s. dessen Vergleichende Erdkunde von Arabien, 1. Band, 1846, S. 664 ff.) und den zahlreichen Auszügen aus derselben, welche in jüngster Zeit in den verschiedensten Blättern waren, als bekannt vorausgesetzt werden müssen. Die Strasse von Bab-el-Mandeb wird im Nordosten von dem Ras Bab-el-Mandeb (Berg an der Pforte der Gefahr), im Südwesten von dem Djebel Seajarn begrenzt und hat eine Breite von 13 bis 14 Nautischen Meilen (60=1° des Äquators). Etwas nordwestlich von der diese beiden Punkte verbindenden Linie liegt die nackte Felsen-Insel Perim, auch Mehun genannt. Sie ist von eirunder Gestalt, ihre grösste Länge, von WNW. nach OSO., beträgt 3, ihre Breite etwas über 2 Nautische Meilen. Sie ist ein unwirthliches Stückchen Erde, ein unfruchtbarer, kahler Fels ohne Wasser und fast ganz von Vegetation entblösst, aber an ihrer Südwestseite öffnet sich ein prachtvoller Hafen, 11⁄2 Naut. Meilen lang, 2 bis 2/3 Naut. Meilen breit und 7 bis 8 Faden tief, der an 40 Kriegsschiffe fassen soll. Sein Eingang ist nicht ganz 1/2 Naut. Meile breit, aber 16 Faden tief und sicher., Dieser Hafen und die eigenthümliche Lage inmitten der engen Strasse geben der Insel die hohe Bedeutung, welche England veranlasste, sie zu wiederholten Malen zu okkupiren. Der Besitzer von Perim ist auch der Beherrscher der Strasse von Bab-el-Mandeb. Zwar lässt die Insel zwischen sich und der Afrikanischen Küste eine 10 Naut. Meilen breite, zum Theil sehr tiefe Strasse, welche nur durch die InselGruppe der Brüder", von den Küstenbewohnern Agestin genannt, um 1 Naut. Meile beschränkt wird, aber die Klippen und Untiefen an der Afrikanischen Küste, so wie die eigenthümlichen Verhältnisse der Luftströmungen am Eingang ins Rothe Meer zwingen die Schiffe, sich in der Nähe von Perim zu halten, und die gewöhnlichste Fahrstrasse ist sogar die enge Durchfahrt zwischen Kap Babel-Mandeb und der Insel. In dem öfter von uns rühmend erwähnten Aufsatz über den Indischen Ocean im,,Nautical Magazine" (Oktober 1857, S. 540) lesen wir darüber Folgendes:

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,,Man fährt in das Rothe Meer durch eine von zwei Strassen ein, welche die ,,Grosse" und ,,Kleine Strasse" (Great and Little Straits) genannt werden; die erste wird durch die Afrikanische Küste und die Insel Perim, die zweite von dieser und dem Kap Bab-el-Mandeb gebildet. Die Kleine Strasse wird am häufigsten benutzt, da die Tiefe des Wassers es gestattet, nöthigen Falls in derselben vor Anker zu gehen. Nähert man sich dieser Strasse, so zeigt das Loth plötzlich eine Abnahme in der Tiefe des Wassers von 18 bis auf 8 Faden. Ein Fahrzeug, welches mit günstigem Wind in dieselbe einsegelt, sollte sich in der Mitte des Kanals oder etwas näher an die Insel Perim als an die Arabische Küste halten. Es ist in diesem Kanal keine Gefahr vorhanden, obwohl das Loth eine abwechselnde Tiefe von 13 bis 7 Faden zeigt. Ist ein Fahrzeug durch die Kleine Strasse hindurch und ungewiss, ob es Mocha vor Nacht erreichen kann, so sollte es bei drohendem schlechten Wetter von SW. unter dem Schutz des Kap Bab-el-Mandeb, nördlich von demselben, im Eingang der Strasse zu Anker gehen. Die See ist hier ruhig,

während ausserhalb eine hohe See steht und das Schiff von da mit grösserer Schwierigkeit Mocha erreichen wird.

,,Die Grosse Strasse, welche etwa 9-10 Meilen breit ist, wird im Westen von der Abessinischen Küste, im Süden durch die kleinen Inseln, die Brüder genannt, und im Osten durch die Insel Perim begrenzt. Längs eines schmalen Streifens auf beiden Seiten findet man Grund, in der Mitte aber erreicht das Loth denselben nicht bei 90 Faden. In einer kurzen Entfernung von den „Brüdern” und nahe an der Küste von Abessinien ist der Grund uneben, indem die Tiefe von 25 bis zu 13 Faden wechselt. Da man in der Grossen Strasse keinen Ankergrund findet, mit Ausnahme gegenüber der Insel Perim, der nordwestlichen Insel der Brüder und nahe bei der Abessinischen Küste, so wird die Kleine Strasse gemeiniglich zum Aus- und Eingang in das Rothe Meer vorgezogen. Mit einer guten Brise indessen und während der Nacht ist die Grosse Strasse vorzuziehen, und es würde dann unklug sein, die Kleine Strasse zu wählen. Sobald ein Schiff in die Grosse Strasse einfährt, sollte es sich nahe an der Insel Perim halten, wo es, im Falle der Wind fehlen und es gegen die Brüder hin getrieben werden sollte, guten Ankergrund finden kann. Betritt es die Grosse Strasse bei Nacht, sollte es in kurzen Gängen zum Westen von Mocha aufkreuzen bis zum Anbruch des Tags. Es kann sich dann nahe an der Abessinischen Küste halten in abwechselnden Tiefen von 15 bis 19 Faden. Es ist besser, zu laviren und oft zu wenden, als bei einer frischen Brise vor Anker zu liegen, was leicht den Verlust eines Ankers herbeiführen kann. In jenem Falle sollte aber ein Schiff sich hüten, über Mocha hinauszugehen; denn während der Zeit der herrschenden südlichen Winde läuft nördlich davon längs der Küste von Abessinien ein starker Strom. Das Weitere würde indessen zur Navigation des Rothen Meeres selbst gehören, für welche wir auf die ausgezeichneten Anweisungen von Horsburgh und Kapitän Moresby verweisen, welche dieses Meer oft besucht haben."

Die Kleine Strasse ist nur 123 Naut. Meilen breit und wird durch die kleine Piloten-Insel (Djebel Rahan), welche dem Kap Bab-el-Mandeb vorliegt, noch mehr eingeengt, so dass die hier durchgehenden Schiffe unter den Kanonen der Festungswerke passiren müssen, welche die Engländer, wie neuere Reisende berichten, seit ihrer zweiten Besitznahme vom 14. Februar 1857 auf der Insel anlegen. Es giebt diess wieder Zeugniss von der Umsicht und dem praktischen Blick der Engländer, die sich in den verschiedensten Regionen der Erde solche Schlüssel-Punkte anzueignen verstanden, wie z. B. Helgoland, Gibraltar, Malta, das Kap der Guten Hoffnung, Malaka, Hongkong u. a. Als Veranlassung zu der neuerlichen Okkupation der Insel betrachtet man wohl mit Recht die Aussicht auf den Durchstich des Isthmus von Sues, welcher Perim eine ungleich bedeutendere Wichtigkeit geben muss, als es gegenwärtig hat, und namentlich dürfte es von den Engländern als ein Vorposten von Indien betrachtet werden, dessen Zugänge sie von allen Seiten mit so grosser Vorsicht besetzt haben. Auch die erste Okkupation im Jahre 1799 geschah als Vorsichtsmaassregel gegen eine mögliche Unter

nehmung der Franzosen gegen Indien von Ägypten aus, und sie wurde erst 1801 wieder aufgegeben, als der letzte Anschein einer solchen Befürchtung verschwunden war.

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Dr. v. Heuglin's Reise in den Somali- und Danakil-Ländern, 1857. Von dem unermüdlich thätigen Reisenden Dr. v. Heuglin liegen uns zwei Briefe vor, die, an die zuletzt von uns veröffentlichten1) anschliessend, über desWanderungen und Forschungen vom Ende August 1857 bis Ende Januar 1858 Rechenschaft ablegen: ,,Aden, den 13. Oktober 1857. Hier eine kleine Skizze der Habab-Länder mit Karte, die sicherlich, so inkomplet sie auch genannt werden kann, für die Geographie Afrika's nicht ohne Interesse ist. Im Text habe ich bei Aufzählung der Flüsse Aïn-Saba, des Stroms von Barka und des Mareb weiter nichts über deren Lauf erwähnt; die nöthigen Notizen hierüber finden Sie auf der Karte selbst. Ich kehre von meinem Ausflug in die Somali-Länder morgen nach Kairo und von dort wahrscheinlich bald nach Europa zurück, wo wir uns wohl sehen werden. Von Massaua aus hatte ich zuerst die Bucht von Ädulis 2) und Dahlak, dann die Hauakil- und Amphila-Bai, Edd, Ras Bellul, Mocha, die Assab-Bai und Perim besucht, war dann nach Tedjura gegangen, in dessen Umgegend ich vier Wochen zubrachte, dann nach der Eissa-Somali - Küste, Saila und Berbera, von wo aus es mir gelang, einen Ausflug an die heissen Quellen von Dobar und nach dem „,Fliessenden Wasser" (Bio-gore) zu machen, und war weiter immer der Küste gefolgt bis Bender Gam, wo ich das Unglück hatte, verwundet zu werden, und mich eiligst genöthigt sah, hierher zurückzukehren. Die gefertigten Karten u. s. w. stehen später zu Ihrer Disposition. Nach Briefen aus Kairo war Herr von Neimans nach Konstantinopel gereist, um Genugthuung für verschiedene Unbilden zu verlangen, die er in Djedda erfahren hatte. Er hätte meiner Meinung nach besser gethan, nicht als Muselmann und Araber zu reisen, und ich glaube gewiss, dass man als Europäer in jeder Beziehung sicherer reist, als in der Verkleidung eines Türken. Von Ost-Afrika nicht viel Neues. Speke und

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Burton sind im Juli von Zanzibar ins Innere abgegangen. Ein gewisser Mr. Lambert, der sich längere Zeit auf Réunion (Bourbon) und Mauritius aufgehalten, soll den Versuch gemacht haben, den Sohn der regierenden Fürstin von Madagaskar auf den Thron zu bringen, wurde aber verrathen und gefesselt nach St. Marie gebracht, wo man ihn bedeutete, er möge, wenn ihm sein Leben lieb sei, sich nicht mehr in Madagaskar sehen lassen. Der besagte Kronprätendent soll eine Art Französischer Erziehung genossen und versprochen haben, im Falle er zum Zweck gelange, die Insel unter Französische Protektion zu stellen. Herr Lambert soll mit grossartigen Geschenken und Unterstützungen von auswärts seine Unternehmung betrieben haben, aber zu vorlaut mit seinen Plänen gewesen sein." In einer Nachschrift fügt Herr von Heuglin dieser Nach

1) Geogr. Mitth. 1857, S. 485.

2) Vergl. Stieler's Hand-Atlas, Nr. 45b, Hauptblatt und Carton, wo sich sämmtliche folgenden Orte mit Ausnahme des als Endpunkt der Reise genannten Bender Gam angeführt finden.

richt noch bei: „,Eben erfahre ich, dass Mr. Lambert als Französischer Konsul nach Aden designirt sei."

Kairo, 25. Januar 1858. ,,Am 2. Januar bin ich mit der Bombay-Mail nach einer Seereise von 7 Tagen glücklich in Suez und am 3. in Kairo angekommen. Über eine neue Nil-Expedition, die ich ohne Zweifel mitmache, bald Näheres. Ein Dampfboot wird eben für den Zweck in England konstruirt. Ein Gesandter des Sultan Hussein von Darfur an den Vicekönig von Ägypten ist vor vier Wochen von hier in sein Vaterland zurückgegangen. Er soll von Seiten des immer grossmüthigen Vicekönigs sehr reiche Geschenke für die schwarze Majestät mit sich führen. Ich selbst habe kürzlich eine Partie der für die Escayrac'sche Expedition angekauften Instrumente von seiner Hoheit dem Vicekönig zum Geschenk erhalten. Auf meiner letzten Reise habe ich fleissig gearbeitet und glaube, dass ich Ihnen mit der Zeit etwas Gediegeneres liefern kann, vorzüglich über die Danakil- und Somali-Länder."

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Freiherr Richard von Neimans', des Afrikanischen Forschers, Tod. Obgleich der unerwartete, schnelle Tod dieses Mannes durch die Tagespresse bereits im weitesten Kreise bekannt geworden ist, so ist es uns doch eine schmerzliche Pflicht, auch unserer Seits darüber Bericht zu erstatten, nicht bloss weil wir den Verstorbenen als einen der hoffnungsvollsten aller jetzt lebenden Reisenden betrachteten, sondern auch weil wir bei der ursprünglichen Veranlassung und dem Plane seines Unternehmens betheiligt waren, und weil derselbe diese Zeitschrift auserkoren hatte, um über den Fortgang desselben dem Publikum Rechenschaft abzulegen1), wesshalb wir auch voraussetzen, dass das traurige Schicksal des vortrefflichen jungen Mannes für unsere Leser nicht ohne Interesse ist. Am 5. April erhielten wir von dem Bruder des Reisenden, Karl Freiherrn von Neimans in München, die erste Nachricht von dessen Tode, nach Briefen der Agenten Herren A. Dumreicher in Alexandrien und G. Gwinner in Triest, welche eben erst eine beträchtliche Geldsumme an den Reisenden übermacht hatten. Bald nach Empfang dieser Nachricht kam uns von einem unserer geehrten Korrespondenten in Ost-Afrika, Dr. Th. Bilharz, Professor der Anatomie an der medizinischen Schule in Kairo, folgendes ausführlichere Schreiben, datirt ,,Kairo, 16. März 1858", zu:

,,Tief erschüttert melde ich Ihnen einen schweren Verlust, der die geographische Wissenschaft und unsere Nation

1) Die bisher von uns publicirten Berichte und Nachrichten sind: 1) Dr. von Neimans' Bericht über das Erdbeben zu Kairo am 12. Oktober 1856. (Geogr. Mitth. 1856, SS. 488 u. 489.)

2) Baron Dr. von Neimans' Reise nach Arabien. (Geogr. Mitth. 1857, S. 484.)

3) Der Handelsverkehr Alexandriens seit Mehemet Ali. Von Dr. Freiherrn von Neimans. (Geogr. Mitth. 1857, SS. 502-504.)

4) Export und Agrikultur Ägyptens. Von Dr. Freiherrn v. Neimans. (Geogr. Mitth. 1857, SS. 504-507.)

5) Neimans' Nachrichten über Vogel und projektirte Reise nach Darfur. (Geogr. Mitth. 1858, Heft I, SS. 40-42.)

(Siehe auch Th. v. Heuglin's Nachrichten über R. v. Neimans auf voriger Seite.)

getroffen hat. Freiherr Richard von Neimans ist gestern Abends 6 Uhr nach kurzem Krankenlager verschieden. Kaum hätte sein Leben unter tragischeren Umständen enden können. In vollster Jugendkraft, an der Schwelle einer grossen Unternehmung, zu deren erfolgreichen Durchführung er durch innere und äussere Eigenschaften, durch gründliche Vorbereitungen und günstige äussere Umstände in hohem Grade befähigt war, hat ihn ein jäher Tod hingerafft.

,,Da ich dem Verblichenen seit seiner Ankunft in Kairo besonders nahe gestanden habe, so fühle ich mich berufen, seinen Freunden in Europa, deren der treffliche Mann gewiss viele gehabt, eine kurze Notiz über seine letzte Lebenszeit zu geben, und bitte Sie, geehrtester Herr Doktor, derselben in Ihrer weit verbreiteten Zeitschrift einen Raum zu gestatten.

,,Richard von Neimans kam im Herbst 1856 in Kairo an, ungefähr zu gleicher Zeit mit den Mitgliedern der verunglückten Nil-Expedition, zu welcher er ein vielfach interessantes Gegenstück bildet. Er hatte sich aus den Problemen des räthselvollsten aller Welttheile eines der schwierigsten und gefahrvollsten erlesen: die Erforschung der Reiche Dar-Fur und Wadai. Ersteres war nur einmal und zwar in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, letzteres noch niemals von einem Europäischen Fusse betreten worden. Dar-Fur, von Mohammed Ali einer seiner schönsten Provinzen (Kordofans) beraubt, hat sich seither auf das Vorsichtigste gegen Ägypten abgeschlossen. Die Karawanen wurden sorgfältig überwacht, jeder Ankömmling heller Hautfarbe wurde zurückgewiesen oder, wenn er (als Überbringer von Briefen an den Herrscher des Landes) zugelassen worden war, zurückgehalten. Die Berichte, welche Neimans in Ägypten einsammelte, lauteten übereinstimmend über diesen Punkt. Er fasste daher den Entschluss, sich durch ein Empfehlungsschreiben des Scherif von Mekka einführen zu lassen, und unternahm zu diesem Zwecke im Frühjahre 1857 eine Reise nach Djedda. Trotz reicher Geschenke und gewichtiger Empfehlungsschreiben von Konstantinopel wurde er von dem Scherif mehrere Monate hindurch hingehalten, und als er endlich nahe daran war, sein Ziel zu erreichen, empfing er einen Brief von mir, worin ich ihm die Ankunft der Gesandtschaft aus Dar-Fur an den Vicekönig von Ägypten anzeigte. Dieses bestimmte ihn, sogleich zurückzukehren, und er überzeugte sich durch mehrere Unterredungen mit dem Gesandten, dass seinem Eintritte in Dar-Fur weiter keine Schwierigkeit entgegenstehen würde. Im Dezember machte er eine Reise nach Konstantinopel. Nach seiner Rückkehr war er mit den letzten Vorbereitungen zu seiner Reise beschäftigt. Die Abreise sollte in diesen Tagen Statt finden. Die Barke war gemiethet, die Kisten wurden gepackt. Doch sein Schicksal war anders beschlossen. Ungefähr 8 Tage vor seinem Tode hatte er sich mehrere Zähne ausziehen und einen plombiren lassen. Letzterer verursachte ihm während mehrerer Tage starke Schmerzen. Er achtete nicht darauf, sondern setzte sich durch angestrengte körperliche Arbeit beim Packen wiederholten Erkältungen aus. Den 11. März Abends verspürte er Schlingbeschwerden und Schwierigkeit im Kauen; am folgenden

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Tage Mittags konnte er keine Speise mehr zu sich nehmen, am 13. konnten die Kinnladen kaum zwei Linien von einander entfernt werden und die Sprache wurde undeutlich. Am 14. Morgens trat Steifigkeit des Nackens ein, welche sich mit grosser Schnelligkeit zu allgemeinem Starrkrampf (Tetanus) entwickelte, bis den 15. März Abends 6 Uhr der Tod seinen Leiden ein Ende machte.

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Was ärztliche Hülfe, was freundliche Pflege vermochten, ist redlich geschehen, und ich habe besonders die aufopfernde Theilnahme der Herren Dr. Rullmann aus Wiesbaden und Dr. Reil aus Halle zu preisen. Aber menschliche Hülfe war gegen das furchtbare Leiden unmächtig.

„Mit Richard von Neimans sinken grosse Hoffnungen in das Grab. Lange Jahre mögen vergehen, ehe ein körperlich und geistig gleich befähigter Reisender in diese Länder dringen wird. Er war von athletischem Körperbau, etwa 28 Jahre alt, von strotzender Gesundheit. Entbehrungen und Anstrengungen ertrug er mit Leichtigkeit. Er war körperlich sehr gewandt, ein ausgezeichneter Schütze. Er war ein scharfer Beobachter, umsichtig, welterfahren, von gediegenen und ausgebreiteten Kenntnissen, geistreich, von offenem, gewinnendem Wesen, von unbeugsamer Willenskraft und grosser Energie, voll Begeisterung für sein Unternehmen, auf das er sich durch jahrelange Studien und grosse Geldopfer vorbereitet hatte. In meteorologischen und astronomischen Beobachtungen wohl erfahren, mit Instrumenten und Büchern wohl versehen, im Besitze bedeutender Geldmittel, hinreichend bewandert in der Arabischen Sprache und Sitte, hätte ihm ein bedeutender Erfolg nicht fehlen können. Nun ruhen seine Gebeine in der Nähe seines grossen Vorbildes Burckhardt, dessen vergessene Grabstätte er im vorigen Jahre mit mir wieder aufgefunden hat, dessen Arabischen Namen (Ibrahim) er adoptirt hatte. Beide hat ein grausames Schicksal niedergeworfen, als sie eben im Begriffe waren, in das geheimnissvolle Innere Afrika's einzudringen. Burckhardt hat es Zeit gewährt, seinen Namen unsterblich zu machen, in Neimans hat es unerbittlich den Baum mit den Knospen geknickt. Und so ist denn der langen Reihe edler Deutscher Forscher, deren Gebeine von Hornemann 'bis Overweg, von Burckhardt bis Vogel die Afrikanische Sonne bleicht, ein neuer hinzugefügt. Er war ihnen ebenbürtig. Möge sein Andenken mit ihnen fortleben!"

Weiter erhielten wir auch von dem zur Zeit in Kairo weilenden verdienstvollen Forscher Th. v. Heuglin ein Schreiben, datirt ,,Kairo, 18. März 1858", dem wir noch Folgendes entnehmen: Unser armer Freund starb

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am 15. Abends 6 Uhr, am Vorabend seiner auf den 16. bestimmten Abreise in den Sudan, und wurde am letztgenannten Tage Abends 5 Uhr auf dem protestantischen Friedhofe zu Alt-Kairo beigesetzt. An ärztlicher Hülfe fehlte es vom Momente an, wo sich das Übel deklarirte, durchaus nicht. Zwei Schwedische und drei Deutsche Doktoren, alle Freunde des Verstorbenen, verliessen kaum sein Lager. Der Beerdigung wohnten natürlich alle die vielen Freunde und Bekannten des braven Neimans bei, das ganze Österreichische Konsulats-Corps, den GeneralKonsul in Uniform an der Spitze. So hat denn abermals

der Erforschung Afrika's ein Opfer fallen müssen, ein muthiger und unverdrossener Kämpfer für die Wissenschaft, auf dessen dereinstige Leistungen sein Vaterland hätte stolz sein dürfen. Friede seiner Asche!")

1) Ein Brief von Dr. Reil aus Halle, datirt ,,Alt-Kairo, den 18. März 1858", an Dr. Brugsch (,,die Zeit", 13. April) schildert den Verlauf der Krankheit ausführlich und giebt einen neuen Beweis davon, wie allgemein beliebt und geschätzt der Verstorbene war. Wollte der Himmel, es wäre eine Freudenbotschaft, die ich Ihnen aus Ägypten nachsende, nachdem ich Sie kaum von hier habe scheiden sehen! Leider ist es aber eine Trauerbotschaft, welche Sie eben so erschüttern wird, wie sie uns erschüttert hat und wie sie in weiteren Kreisen ein schmerzliches Aufsehen erregen wird! Denken Sie sich, unser allverehrter und geliebter Freund Baron Neimans ist nicht mehr! An dem zu seiner Abreise bestimmten Tage, den 15. d. M., Montag Abends 53, Uhr, erlag er, nach nur 36stündiger Krankheit, einer der seltensten und fürchterlichsten, dem Mundstarrkrampf, Trismus und Tetanus! Lassen Sie sich die näheren Umstände dieses tief erschütternden Ereignisses in kurzen Zügen einer Krankengeschichte auseinandersetzen. Während der letzten Wochen seines Aufenthaltes hier in der Pension zu AltKairo hatte sich Neimans, wie Sie wissen, viel und angestrengt mit den Vorbereitungen zu seiner grossen Reise beschäftigt, dabei viel des Nachts geschrieben oder astronomische Beobachtungen gemacht und sich so körperlich und geistig angestrengt, dass er seiner Aussage nach in einen nervösen, reizbaren Zustand verfallen war und an Schlaflosigkeit litt. Bei der Gewalt, sich zu beherrschen, merkte man ihm diess jedoch nicht an; nur schilderte er selbst seine Konstitution stets als eine nervöse, reizbare, mit seinen sonstigen herkulischen Körperzuständen nicht im Einklange stehende. Nicht unerwähnt darf ich lassen, dass er seit seinem 12jährigen Aufenthalt im Orient zweimal (1856-57 in Kairo und 1857 im August in Djedda) einen Typhus zu überstehen hatte. In der Woche, welche seiner Erkrankung vorausging, hatte er sich verschiedentlichen schmerzhaften Zahnoperationen, Herausziehen, Tödten der Nerven, Plombiren, unterzogen; die danach folgenden Schmerzen achtete er wenig, ritt vor wie nach in die Stadt, verhandelte mit vielen Leuten, packte seine Sachen und setzte sich dabei leicht bekleidet und stark transpirirend erweislich den Gelegenheiten zur Erkältung mehrfach aus. Donnerstag den 11. März Mittags klagte er zuerst über Beschwerden beim Schlingen, ritt aber gegen 4 Uhr in die Stadt, kehrte erst um 9 Uhr zurück und nahm anscheinend gesund, heiter und rauchend an unserer Unterhaltung Theil. Freitag den 12. März bestanden dieselben Beschwerden in etwas erhöhtem Maasse; nichtsdestoweniger packte er seine Effekten und verhandelte mit Leuten, die zu ihm kamen, konnte aber nichts essen. Sonnabend früh untersuchte ich und Rullmann, da er über vermehrte Schlingbeschwerden klagte, seinen Gaumen; der Mund liess sich hinlänglich öffnen, wenn auch nicht ganz, man bemerkte nur geringe Röthung des Gaumsegels, keine Geschwulst der Mandeln; Fieber war gar nicht vorhanden. Kataplasmen, Gurgeln von Malvendekokt und Einreibungen von Opodeldok wurden den ganzen Tag fortgesetzt. Ich sah ihn noch Abends 10 Uhr in seinem Zimmer, das er den ganzen Tag nicht verlassen hatte, und er war heiter, über Langeweile scherzend. Zahnschmerzen waren in den letzten drei Tagen nicht vorhanden gewesen. In der Nacht vom 13. zum 14. März, früh gegen 5 Uhr, weckte sein Pochen und Hülferufen den neben ihm schlafenden Wiener, so wie Dr. Rullmann und mich, die wir seit dieser Zeit bis zu seinem Tode ihn keine Sekunde gleichzeitig verlassen haben. Wir fanden ihn steif in Nacken und Rücken, mit fest verschlossenem Kiefer, höchstem Angstausdruck, geröthetem und schweissbedecktem Gesicht im Bett, konnten an der Diagnose des ausgebrochenen Tetanus und Trismus nicht mehr zweifeln und wandten im Moment Chloroform-Einathmung an, so wie starke Sinapismen auf Rücken und Nacken. Der sofort gerufene Dr. Bilharz, der ihn an den vorigen Tagen schon mit berathen hatte, stimmte dieser Behandlung vollkommen bei, die nun von uns drei in der Weise fortgeführt wurde, dass die Chloroformirungen dreimal bis zum andern Tag Vormittags fortgesetzt, auch am Abend des ersten Tags, in der folgenden Nacht und am anderen Vormittag je 1⁄2 Gran Morphium gegeben, Chloroform äusserlich aufgelegt wurde. Wenn auch diese Narcotica bald nach ihrer Anwendung einen Nachlass der tetanischen Steifigkeit, besseres Öffnen des Mundes, Nachlass der Schmerzen und

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