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Die Stadt selbst, auf einheimischen Karten Kwangtungsang-tsching (Hauptstadt der Provinz Kwangtung), von den Einwohnern gewöhnlich Sang-tsching (Provinzial-Stadt) genannt, ist von keiner sehr grossen Ausdehnung, und obwohl sehr bevölkert '), beruht doch ihre Wichtigkeit hauptsächlich in dem bedeutenden einheimischen und auswär

tigen Handel. Der von einer Mauer umgebene Theil der Stadt bildet nahezu ein Quadrat, das jedoch an der Nordseite von der geradlinigen Form abweicht, und wird durch eine von West nach Ost laufende hohe, massive Steinmauer in zwei Theile, die alte und die neue Stadt, getheilt, von denen die letztere die südlichere ist. Die äusseren Mauern sind theils aus Sand-, theils aus Backsteinen erbaut, etwa 30 Fuss hoch und 25 Fuss dick und mit Kanonen besetzt. Sie haben zwölf Thore: im Norden das Chinpih-Thor, im Westen das Chingse- und Taeping-Thor, im Süden die Thore Chuhlan, Yewlan, Tsinghae, Wooseen, Yungtsing und Seaounan, im Osten die Thore Yunggan, Chingtung und Seaoupih. In der inneren, die alte von der neuen Stadt trennenden Mauer befinden sich vier Thore, nämlich von Westen nach Osten die Thore Kweatih, Taenan, Wanning und Tinghae. Der ganze Umfang der äusseren Mauer beträgt ungefähr 53 Nautische oder 13 Deutsche Meilen. An dem nördlichsten Punkte derselben steht eine hohe, weithin sichtbare Pagode und eine ähnliche, noch grössere, die ,,Stadt-Pagode", im nordwestlichen Theil der alten Stadt. In der Nähe des Wooseenund Tsinghae-Thores, nicht weit von der südlichen Mauer, liegt der Palast des Vice-Königs, der im Herbst 1856 von den Engländern unter Sir Michael Seymour erstürmt wurde.

Sehr bedeutend sind die Vorstädte, welche den ganzen Raum zwischen der südlichen Stadtmauer und dem Fluss ausfüllen, im Südwesten einen grossen dreieckigen Raum einnehmen und im Südosten einen kleineren, wie jener am Fluss gelegenen Anhang bilden; im Norden fehlen sie dagegen gänzlich, nur einige kleine Hütten liegen dort in der Nähe des Hauptthores. An die südwestliche Vorstadt schliessen sich längs des Flusses die fremden Faktoreien mit ihren geräumigen Gärten und Waarenhäusern (Hongs) an, die aber leider im Dezember 1856 zum grossen Theil zerstört wurden. Ausserdem lebt bekanntlich eine beträchtliche Anzahl Chinesen auf dem Flusse selbst. ,Tausende von kleinen Fahrzeugen", sagt Heine, „deren jedes einer Familie als Wohnung und Heimath dient, liegen

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1) Über die Einwohnerzahl von Canton liegen keine sicheren Angaben vor; im Allgemeinen nimmt man sie zu etwa einer Million an. In dem zu Canton erschienenen,,Anglo-Chinese Calendar for the year 1847" wird sie zu 1,236,000 geschätzt, bisweilen wird sie aber viel höher, sogar zu drei Millionen angegeben (vergl. Illustr. London News, 31. Januar 1857).

längs dem Ufer hin, an Pfählen befestigt. Man giebt die Zahl derselben auf 60,000 an, was mir durchaus nicht übertrieben scheint'); sie sind in regelmässige Strassen abgetheilt und stehen unter scharfer polizeilicher Aufsicht.

Die ärmlichsten derselben sind ungefähr 15 bis 20 Fuss lang, aus Bambus erbaut, mit Bambus gedeckt, die Fugen mit einer Art von Cement ausgefüllt; als Bindemittel dient gespaltenes Rohr, womit die Planken, so zu sagen, zusammengenäht sind. Diese Boote werden meist von armen Fischerfamilien bewohnt und wechseln des Erwerbes wegen öfters ihre Stellen. Im Stern des Bootes steht gewöhnlich die Frau und steuert mit einem langen Ruder, das sie nach Art eines Fischschwanzes hin und her bewegt; im Vordertheile hilft der Mann mit einem ähnlichen Ruder, das er gelegentlich bei Seite legt, um sein, entweder aus Rohr oder Fäden von der Schale der Kokosnuss geflochtenes Netz auszuwerfen. In der Mitte befindet sich die Küche, zugleich der Aufenthaltsort der Kinder, von denen jedoch das jüngste entweder auf dem Rücken der Mutter oder dem eines der älteren Geschwister festgebunden ist. Sogar für einen kleinen Hausaltar von ungefähr 1 Fuss Grösse, mit einer brennenden Lampe davor, ist ein Plätzchen vorhanden. Diess ist jedoch nur die Canaille der ambulanten Flussbevölkerung; die FlussAristokratie bewohnt alte, unbrauchbar gewordene Dschunken, die oft sogar mehrere Stockwerke und einen geräumigen Landungsplatz haben, dem einige Zierpflanzen in Töpfen das Ansehen einer Art von Verandah geben. Dazwischen sieht man oft ein grosses, bunt gemaltes, reich vergoldetes Boot, Blumenboot genannt, aus dem hie und da eine gelbe, kurzfüssige Schöne aus ihren geschlitzten Augen verlockende Blicke wirft. Diese Boote sind der Aufenthalt jener Klasse des weiblichen Geschlechts, welche in Paris grössten Theils das Quartier notre Dame de Lorette bewohnt, nach welchem sie auch benannt wird.

Die ganz grossen Handels-Dschunken liegen mehr gegen die Mitte des Flusses, schwerfällige, ungeschlachte Dinger von bedeutender Grösse, hochbordig, wie Elephanten aus dem Wasser ragend, 20, 25 Fuss, auch noch höher, mit einem gewaltig breiten Stern, gleich dem eines altholländischen Linienschiffes, bunt bemalt und vergoldet, das Deck mit einem grossen Strohdache versehen, das die unbehülfliche Maschine noch unbehülflicher macht. Die Masten sind ungemein dick und aus einem Stück, haben an der Spitze eine Rolle, durch die ein schweres Seil von zwei bis drei Zoll im Durchmesser läuft, um das schwerfällige Mattensegel, gespreizt durch Bambus-Stangen

1) Der,,Anglo-Chinese Calendar for 1847" giebt die Zahl der als Wohnungen dienenden Fahrzeuge bei Canton zu 84,000, die ihrer Bewohner zu 252,000 an.

in Zwischenräumen von sechs bis acht Fuss, aufzuhissen. Das Vordertheil ist meist roth gemalt und hat rechts und links oft fünf Fuss grosse Glotzaugen, die ihnen das Ansehen von Riesenfischen geben, um Drachen und Seeungethüme, die nach Chinesischem Glauben das Wasser bevölkern, hinwegzuscheuchen. Gewöhnlich haben die grossen Handels-Dschunken eine oder ein Paar Kanonen, wegen der sehr häufig vorkommenden Fluss-Piraterien.

Etwas näher gegen die Stadt zu lagern, neben einem in der Mitte des Flusses erbauten Fort, auch einige KriegsDschunken, etwas schärfer gebaut als die Handels-Dschunken, auch nicht ganz so hochbordig. Sie führen gewöhnlich vier bis sechs Drei- oder Vierpfünder an den Seiten, einen oder zwei lange Sechs- bis Neunpfünder im Vorder- . theil, manchmal auch im Stern einige kleine Kanonen. Einige Gingals oder Wallbüchsen, mit sechs bis acht Fuss langem Lauf und zwei Zoll Durchmesser in der Mündung, drehen sich in Zapfen auf ihrem Gestelle, das an den Schiffsseiten befestigt ist. Die Mannschaft ist mit Luntenflinten, Lanzen, Schilden und Säbeln bewaffnet, doch tragen Viele auch noch Bogen und Pfeile. 25, auch 30 lange Ruder unterstützen die Segel."

Die hydrographischen Verhältnisse des Canton - Flusses (Gezeiten, Tiefe u. s. w.). Was die specielleren hydrographischen Verhältnisse des Canton-Flusses und namentlich die Tiefe des Fahrwassers in seinen verschiedenen Theilen und Armen betrifft, so sind Ebbe und Fluth, nach Horsburgh1), in und vor der Mündung des Canton-Flusses zu allen Jahreszeiten sehr unregelmässig. Als Regel kann angenommen werden, dass die nächtliche Fluth am höchsten während des Nordost-Monsun, die Tagesfluth am höchsten während des Südwest-Monsun ist. Um die Ostspitze der Typa-Insel (südlich von Macao) herum läuft die Fluth nach der Stadt Macao, von da längs der Küste nach Norden und über die Bai, bis sie oberhalb Lintin die Fluthwelle trifft, welche aus der Strasse zwischen Lantao und dem Festlande hervorkommt, worauf beide vereinigt in gerader Linie nach der Bocca-Tigris gehen. Die Fluthwelle läuft auf der Rhede von Macao bei Nordost-Monsun und ruhigem Wetter mit einer Schnelligkeit von etwa 21⁄2 Engl. Meilen, bei starkem Nordwind aber ist sie nicht wahrzunehmen. Die Ebbe zeigt dann eine Schnelligkeit von 3 Bei Lintin ist die Richbis 32 und 4 Engl. Meilen.

tung der Fluthwellen nahezu nördlich und südlich und die Schnelligkeit der Ebbe bei starkem Nordost-Monsun ziemlich dieselbe wie auf der Rhede von Macao, aber dort ist stets eine Fluthwelle von 1 bis 12 Meilen bemerkbar. Während der Höhe des Südwest-Monsun läuft die Ebbe

1) Anglo-Chinese Calendar for the year 1836.

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Auf unserer Karte haben wir die Tiefe von fünf und mehr Faden (1 Faden 6 Engl. Fuss), welche für die grössten Kriegsschiffe ausreicht, besonders abgegrenzt und durch einen dunklern blauen Ton bezeichnet, an den übrigen Stellen aber aus der grossen Anzahl von Sondirungen diejenigen eingetragen, welche die grösste Tiefe in dem jedesmaligen Flusstheile ausdrücken, also zugleich auch das Fahrwasser andeuten. Man sieht, wie das fünf und mehr Faden tiefe Wasser bei Hongkong überall dicht an die Küste herantritt, während es Lantao schon in weiterem Kreise umgiebt und von Macao über sieben Nautische. Meilen absteht. Es setzt den Hafen von Victoria in unmittelbare Verbindung mit Lintin, denn selbst die Strasse, welche Lantao vom Festlande trennt, hat 11 bis 25 Faden Tiefe. Bei Lintin wird es durch die lange, schmale Sandbank, welche sich nördlich und südlich dieser Insel anschliesst, in zwei Theile getheilt; der östliche Arm endet schon in der Ty-shan-Bai, der westliche zieht sich dagegen längs des Lintin-Sandes bis gegen dessen Nordspitze hin. Diese nur eine bis zwei Nautische Meilen breiten Streifen tiefen Fahrwassers abgerechnet, finden wir rechts und links vom Lintin-Sande drei und vier Faden Tiefe, aber schon wenige Meilen nach Osten und Westen die ausgedehnten Sandbänke, welche sich an die Ufer der Outer Waters anlehnen. Das nördliche Ende des westlichen tiefen Kanals liegt etwa 11 Nautische Meilen oberhalb Lintin; bis dahin können also grosse Kriegsschiffe gelangen. Zwischen der Bank, welche sich von Tycocktow herabzieht und die Insel Lankeet einschliesst, und der Nordspitze des LintinSandes beträgt die Tiefe nur 32 Faden, etwas weiter nördlich kommt man aber bald wieder in 4 und 42 Faden und vier Meilen unterhalb der Bocca Tigris abermals in das tiefe Fahrwasser von fünf und mehr Faden. Dieses erstreckt sich bis zur Zweiten Barre (22o 57′ N. Br.), nur an einer einzigen Stelle, gegenüber der Elliot-Insel, von der sogenannten Kleinen Barre mit 34 bis 4 Faden unterbrochen; es bildet aber meist nur einen schmalen Kanal, da es zu beiden Seiten von Bänken eingeschlossen und innerhalb der Bocca-Tigris durch die Wantong-Inseln

und deren Sandbänke, sowie durch einen isolirten, nur 18 Fuss hoch mit Wasser bedeckten Felsen, den DuffFelsen, in zwei Arme getrennt wird. Die Gewässer westlich von der Tiger-, Geefou-, Elliot-Insel u. S. w. sind noch nicht aufgenommen, wahrscheinlich aber bedeutend seichter als der Hauptstrom; auch die Kanäle, welche die Anunghoy- und Chuenpee-Insel östlich umfliessen, haben nur 1 bis 3 Faden Tiefe. Von der Zweiten Barre an führen zwei ganz schmale, die Zweite Bar-Bank einschliessende und drei bis vier Faden tiefe Kanäle nach dem, vier Meilen weiter oberhalb wieder beginnenden, tiefen Fahrwasser, das sich südlich der Ersten Bar-Insel hinzieht und bei der Dritten Flachen Insel endet. Aus ihm gelangt man westlich von der Ersten Bar-Insel auf die 3/4 bis 5 Faden tiefe Erste Barre und nach Überschreitung derselben abermals in tiefes Wasser, das von der Ersten BarBatterie bis nach dem Hafen von Whampoa hinführt. In dem Kanal nordöstlich von der Ersten Bar-Insel fällt die Tiefe auf zwei und einen Faden.

Die Mündungsarme des Tong-kiang, welche sich zwischen der Staunton-Insel und der Ersten Bar-Insel in den Canton-Fluss ergiessen, sind nur ein einziges Mal, im Mai 1857, von Englischen Booten befahren worden. Für die nur drei Fuss tief gehenden Chinesischen Dschunken hatten sie hinreichende Wassertiefe, aber die 7 bis 71⁄2 Fuss tief gehenden Englischen Kanonenboote liefen im EscapeCreek alle auf den Grund, und man musste zur weiteren Verfolgung der Chinesischen Kriegsschiffe zu kleinen Ruderbooten greifen, die bis zur Stadt Tungkuan hinaufgingen. Der ,,Hongkong", Lieut. Dent, fuhr dabei den Zweiten Bar-Creek hinauf und gelangte in den EscapeCreek), so dass die Verbindung dieser beiden keinem Zweifel unterliegt.

Der nördliche Flussarm zwischen Whampoa und Canton hat an manchen Stellen, namentlich, bei der KuperInsel, nur 14 Faden Tiefe. Alle Handelsschiffe gehen desshalb in dem ersteren Hafen vor Anker, und selbst die kleinen Passage-Dampfer, die regelmässig von Hongkong heraufkommen, ankern zwei Meilen unterhalb Canton, wegen der Gefahren, die der Fluss weiter oben bietet. Die eisernen Dampfer, die in Fällen der Noth bis zur Stadt selbst hinaufgeschickt wurden, gingen nicht tiefer als sechs Fuss, und obwohl im Jahre 1841 die Englischen Korvetten und Sloops bis zur Stadt gelangten, so geschah diess. doch mit solchen Anstrengungen, die nur der Krieg erfordert, und unter den grössten Schwierigkeiten und Gefahren 2).

1) Kapitän Elliot's Bericht in Illustr. London News vom 15. August 1857. 2) Sir John Fr. Davis, China, Vol. II, p. 156.

Dafür bietet die Blenheim-Passage ein viel günstigeres Fahrwasser. In ihrem östlichen Theile sinkt die Tiefe in der Mitte nicht unter drei Faden, an manchen Stellen, wie südwestlich von der Dänen-Insel und um die Südspitze der Franzosen - Insel herum, hat sie sogar fünf bis neun Faden. Auch in dem Arme zwischen der Honan- und Franzosen-Insel findet man überall wenigstens drei Faden, wiewohl ihre Einfahrt von Whampoa her durch eine seichtere Stelle erschwert wird. Erst südlich von der Changshan- und Haddington-Insel sinkt die Tiefe des Fahrwassers bisweilen auf 21⁄2 und 2 Faden und wechselt so zwischen 2 und 41⁄2 Faden durch die ganze Macao-Fort-Passage. Noch seichter ist die Elliot-Passage im Norden der Haddington-Insel, wo das Fahrwasser selten über 2, an manchen Stellen nur 11⁄2 Faden tief ist. Im FatschamCreek verringert sich die Tiefe bald auf 12, 1 und 2 Faden, so dass Kapitän Keppel am 1. Juni 1857 nur mit kleinen Booten die Chinesischen Dschunken daselbst verfolgen konnte. In diesem Flussarm soll die Chinesische Regierung Schiffswerften und eine grosse Menge Materialien zum Bau und zur Ausrüstung von Dschunken besitzen. Bei Canton selbst ist zwar der Fluss in der Mitte 3 bis 4 Faden tief, doch ist diess von geringem Belang, da beide Zugänge beträchtlich seichter sind.

Die wahrscheinlich unbedeutende Tiefe des Hongshan ist auf der Karte nicht angegeben, wiewohl ihn ein Dampfer der Ost-Indischen Kompagnie im Jahre 1841 befahren hat. Der mit ihm zugleich mündende, von Nordwesten herkommende Flussarm hat zwar 4 bis 6 Faden Tiefe, doch dürfte auch diess von keiner Bedeutung sein, da die Schiffe erst einen Kanal von 22 und 3 Faden Tiefe passiren müssen, ehe sie in denselben einfahren können.

Die Festungswerke am Canton-Fluss. Die Befestigungen am Canton-Fluss beginnen mit den berühmten Forts an der Bocca-Tigris. Sie sind mit Hunderten riesiger Geschütze besetzt und haben ein furchtbares, drohendes Aussehen, doch ist der Ruf ihrer Unbezwinglichkeit längst dahin, denn sie sind bereits mehrere Male von den Engländern genommen worden: zuerst) im Jahre 1841 durch Sir Gordon Bremer, dann im Jahre 1847 durch die Expedition unter Sir John Francis Davis, wobei 827 schwere Geschütze vernagelt wurden, und zuletzt im Herbst 1856 und Sommer 1857 durch Sir Michael Seymour. Auch sind sie in wunderlicher Weise erbaut. Längs des Wassers sind Batterien mit ungeheuren Schiessscharten errichtet, so dass die Mündungen der Geschütze etwa 5 bis 6 Fuss über den Wasserspiegel ragen; andere Mauern ohne

1) Nach einer Notiz in,,Illustr. London News" vom 17. Januar 1857 sollen sie schon vor 1841 durch Kapitän Maxwell von der „Alceste genommen worden sein.

Schiessscharten ziehen sich an den Bergen hinauf, doch in Folge dieses aufsteigenden Terrains ist das ganze Innere der Befestigungen, mit Ausnahme jenes kleinen Theils am Wasser, jedem feindlichen Feuer blossgestellt'). Nur die Forts auf den beiden Wantong-Inseln würden mit einer besseren als der Chinesischen Besatzung dem Eintritt feindlicher Schiffe in den Fluss wirksamen Widerstand leisten können. Die einzelnen Forts sind: östlich das ChuenpeeFort an der Westspitze der gleichnamigen Insel, ein Fort an der Kwan-Spitze im Süden der Anunghoy-Insel, und das Nord- und Süd-Fort am Fuss des Anunghoy-Pik, von denen das erstere vor der Einnahme im November 1856 mit 100, das letztere mit 120 Kanonen armirt war. Auf der gegenüberliegenden Tycocktow-Insel nimmt ein gleichnamiges grosses Fort, dessen 55 Kanonen im Herbst 1856 durch Kapitän Stewart vernagelt wurden, die Südostspitze ein; ein kleineres von 50 Kanonen liegt der südlichen Wantong-Insel gegenüber und ein drittes von 40 Kanonen befindet sich auf den inselartig aus dem niederen, überflutheten Lande nördlich vom Tycocktow-Berge hervortretenden Hügeln bei Scott-Spitze 2). Nord-Wantong war im November 1856 mit 100, Süd-Wantong mit 80 Kanonen armirt. Zu den Bogue-Forts kann man auch noch das an dem Nordostufer der Tiger-Insel errichtete zählen, an welchem die Schiffe, wegen der Towling-Bank am linken Ufer des Flusses, sehr nahe vorbei müssen.

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Oberhalb der Tiger-Insel trifft man keine Festungswerke bis zur Ersten Barre, wo sich am linken Ufer die grosse Erste Bar-Batterie erhebt, die im Jahre 1841 errichtet wurde, und gegenüber am rechten Ufer eine andere, bei weitem kleinere Batterie steht. Wichtiger aber ist der Punkt am Westende der Whampoa-Insel, denn hier wird der Fluss nicht nur durch eine Barrière von Pfählen abgesperrt, sondern auch durch drei Forts und vier Batterien an den Ufern vertheidigt. Die Forts sind: das HowquaFort auf der Westspitze der Whampoa-Insel, das NapierFort mit 22 Kanonen auf der Ostspitze der Kuper-Insel und das diesem gegenüber am linken Ufer gelegene Barrière-Fort mit 24 Kanonen. Von den Batterien stehen zwei von je 26 Kanonen am rechten Ufer, auf der Strecke zwischen den beiden genannten Inseln, eine dritte dem Howqua-Fort gegenüber, auf dem linken Ufer, und eine vierte von 12 Kanonen etwas weiter unterhalb an demselben Ufer. Dieser Punkt würde unüberwindlich sein, wären nicht die Forts ungeschickter Weise in vollkommen

1) Heine a. a. 0.

2) Dieses Fort ist auf der Admiralitätskarte nicht angegeben, es befindet sich aber auf einer Skizze der Bogue-Forts in ,,Illustr. London News" vom 31. Januar 1857, der wir auch die Kanonenzahl dieser Forts entnommen haben.

quadratischer Form gebaut, so dass sie, wenn sich ein Schiff einem ihrer Winkel nähert, kaum eine Kanone auf dasselbe richten können. Die Schiessscharten oder vielmehr Fenster sind fast gross genug für einen Lord Mayor'sWagen und mit hölzernen Thürflügeln versehen, die bei der Beschiessung reichliche Splitter für die Garnison liefern). Es kostete desshalb Sir Michael Seymour am 21. Oktober 1856 nur wenig Mühe, diesen stärksten Vorposten von Canton zu überwinden.

Seit der Entdeckung und Benutzung der BlenheimPassage durch die Engländer haben die Chinesen auch hier einige Festungswerke angelegt; so auf einer kleinen Insel in ihrer nordwestlichsten Strecke, der Macao-Passage, das Macao- oder Teatotum-Fort und weiter oben am linken Ufer derselben die Vogelnest- (Birds Nest-) Batterie, welche beide von Sir Seymour längere Zeit hindurch besetzt gehalten wurden. Im Fatscham-Creek hatten sie ebenfalls unweit der Hyacinth-Insel eine Batterie von 16 Kanonen errichtet, aber auch diese gerieth in die Hände der Engländer, als Kapitän Keppel daselbst die Chinesischen Dschunken zerstörte.

Canton selbst wird auf der Südseite durch vier Forts geschützt. Das wichtigste darunter ist das Dutch Folly auf einer kleinen Felseninsel mitten im Fluss. Mittelst seiner günstigen Lage beherrscht es nicht allein die Landungsplätze und die ganze Flussstrecke längs der Stadt, sondern auch einen grossen Theil dieser selbst. Erst nach bedeutenderem Widerstande gelang es Sir M. Seymour, sich seiner zu bemächtigen und von ihm aus den Palast des Vice-Königs zu beschiessen. An die südwestliche Vorstadt, jenseits der Faktoreien, schliesst sich das unbedeutende Shameen (Schamien-) Fort an; den Faktoreien gegenüber, auf der Nordwestspitze der Honan-Insel, erhebt sich das kleine Rothe Fort (Red Fort), dessen Mauern unten mit rother Farbe bemalt sind, und vor der Südostecke der Stadt, in dem Winkel, den der Canton-Fluss mit einem kleinen Kanale bildet, stand früher das French Folly genannte Fort, das aber Sir M. Seymour gänzlich zerstört hat. Ausserdem werden die Hügel im Norden der Stadt von fünf kleinen Forts gekrönt und die massiven Mauern der Stadt selbst sind mit groben Geschützen besetzt.

Wie man sieht, ist die Zahl der Festungswerke am Canton-Fluss bedeutend, und reichlich sind sie mit Kanonen bespickt; dass sie aber trotzdem kriegsgeübten Europäischen Schiffen den Zugang zu Canton nicht verwehren konnten, haben die mehrmaligen Kriege mit England hinlänglich bewiesen.

1) Sir John Fr. Davis, Memoir of the Neighbourhood of Canton and Hongkong (Proceedings of the R. G. S. of London, No. IX).

Die sogenannten „König Max-Inseln", Kerguelen, St. Paul, Neu-Amsterdam u. s. w., eine geographische Skizze der hauptsächlichsten Inseln im südlichen Indischen Ocean.

Von A. Petermann.

(Mit Karte, Tafel 1.)

I. DIE SOGENANNTEN,,KÖNIG MAX-INSELN". Seit Kurzem ist in vielen Deutschen Blättern eine angebliche Entdeckung neuer Inseln ausposaunt worden, welche im Indischen Ocean zwischen dem Vorgebirge der Guten Hoffnung und Australien belegen sind, und über welche Dr. G. Neumayer berichtet und sie zu Ehren des Königs von Bayern benannt hat. Seine Majestät wird sich aber für die ihm zugedachte Ehre bedanken, wenn er erfährt, dass diese Inseln von vielen Schifffahrern und Entdeckern vor Neumayer nicht bloss gesehen, sondern auch genau bestimmt, beschrieben und auf Karten niedergelegt worden sind, und dass diese wahren Entdecker, die bereits der Inselgruppe andere Namen gegeben, jene Ehre bestreiten können und sicherlich werden. In der That sind der wissenschaftlich-geographischen Welt diese Inseln bereits seit länger als drei Jahren bekannt, indem sowohl die Amerikanische als auch die Englische Admiralität in ihren offiziellen, allgemein zugänglichen, Schriften und Karten seit Juli 1854 wiederholt darüber Bericht erstattet hat. Wer aber über nautische Entdeckungen schreibt und dabei die Arbeiten der Britischen und Amerikanischen Admiralität ignorirt, würde ähnlich handeln, als wollte er über die Andes von Süd-Amerika berichten, ohne A. v. Humboldt und seine Forschungen einer Berücksichtigung zu würdigen.

Wir wollen damit nicht sowohl Herrn Neumayer einen Vorwurf machen, oder ihm etwas Unrechtes zur Last le

gen, als vielmehr an die Leichtigkeit erinnern, mit welcher über geographische Dinge ohne Sachkenntniss und Kritik geschrieben wird, während doch selbst für den Fachmann die Beherrschung der riesenhaft wachsenden geographischen Literatur und geographischen Wissenschaft überhaupt immer schwieriger und umfangreicher wird. Angesichts dieser Schwierigkeit darf es daher auch weder befremden, noch als rücksichtslos ausgelegt werden, wenn diese Zeitschrift, in ihrem Streben nach Unparteilichkeit und Wahrheit, dann und wann auf geographische Irrthümer aufmerksam macht und sich bemüht, dieselben zu berichtigen, Zweifel zu lösen, oder nicht allgemein bekannte Thatsachen vorzuführen.

Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1858, Heft I.

Der ausführliche Bericht von Dr. G. Neumayer, der bekanntlich auf Kosten des Königs von Bayern auf einer wissenschaftlichen Reise nach Australien und den SüdseeInseln sich befindet, lautet, nach der Australischen Zeitung,,Der Kosmopolit", vom 23. Juni 1857, wie folgt:

,,Auszug aus dem Journale des Schiffes,,La Rochelle", Kapitän Johann Meyer, und dem Abstract-Log, geführt von G. Neumayer am Bord desselben Schiffes auf einer Reise von Hamburg nach Melbourne, 10. Januar 1857. Durch Maury's Sailing Directions aufmerksam gemacht, welchen zu Folge am 25. November 1853 der „Oriental", ĮKapitän Heard, eine Insel passirte (auf 53° 10′ S. Br. und 740 15 bis 74° 40′ Ö. L.), wurde die verflossene Nacht mit verdoppelter Sorgfalt nach Land ausgesehen. Jede Gelegenheit wurde wahrgenommen, um die Schiffsposition so genau, als unter den gegebenen Verhältnissen nur immer möglich, zu bestimmen. Schon während des Nachmittags wurde die Lokal - Attraktion durch einen Kompass im Kreuztop bestimmt, dagegen konnte eine Beobachtung der Variation nicht gemacht werden, da das Wetter durchaus ungünstig war. Wir nehmen dieselbe desshalb so an, wie sie sich aus einer Reihe Beobachtungen ergab, welche früher an der Südküste von Kerguelen - Eiland gemacht wurden, nämlich zu 280 W.) Glücklicher waren wir dagegen mit den Beobachtungen, welche zur Berichtigung der Chronometer Nr. 568 und 831 (Delolme) dienen konnten. Beide wurden beständig verglichen, und wir geben hier nur die Bestimmungen, die sich auf den Chronometer 831 (Delolme) beziehen, da dieser bei den Beobachtungen, deren Resultate hier folgen, ausschliesslich beobachtet wurde. Am Abend des 9. Januar 1857 klärte es etwas auf, und wir konnten mehrere Distanzen zwischen Jupiter und dem Monde messen. Das Wetter war sehr unfreundlich und die See rauh; dessen ungeachtet wurde der Stand des Chronometers 831 zu + 7 M. 20 S. gegen Greenwich mittlerer Zeit gefunden, welches Resultat mit einer

1) Die Variation an der Stelle, von der Dr. Neumayer spricht, ist etwa 33° W.

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