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wollte in Abrede stellen, dass vorzugsweise sie es gewesen ist, welche unser Volk vorbereitet und in Stand gesetzt hat, sich dem Drange der plötzlich über dasselbe hereinbrechenden grossartigen politischen Aufgaben gewachsen zu zeigen? Und wer könnte verkennen, dass nur die Pflege der idealen Güter das unentbehrliche Gegengewicht bildet gegen die Uebelstände, die aus dem fast übergewaltigen Vorwärtsdrängen der politischen Entwickelung hervorzugehen drohen? Die Presse zumal, die einen so hohen Beruf zu erfüllen hat, sollte diesen Punkt nie aus den Augen verlieren und sollte die intellektuellen und sittlichen Ausstrahlungen, die aus dem Kultus des Idealen in's Volk eindringen, vielmehr verstärken helfen, statt ihnen in den Weg zu treten. Man könnte auf den Gedanken kommen, als stände die Ueberhebung des Dilettantismus in einem natürlichen, wenngleich nicht klar erkennbaren Zusammenhange mit der vorgeschrittenen Geltung der Massen, die wir namentlich auf dem politischen Gebiete wahrnehmen. Nicht nur die Mittelstufe, sondern selbst die unterste Stufe der Bildung ist durch das Wahlrecht gegenwärtig zur Mitentscheidung in politischen Dingen zugelassen, ja berufen. Aber politische Rechte haben nichts mit Wissenschaft und Gelehrsamkeit zu thun und wenn wir näher zusehen, so zeigt sich auch hier, dass für den Dilettantismus kein Platz ist. Wie jung auch unsere Erfahrung auf diesem Gebiete ist, so hat sich doch bereits unzweideutig herausgestellt, dass die politische Arbeit in den gesetzgebenden Versammlungen wie in der Presse nur dann eine nutzbringende ist, wenn sie sich zur Berufsarbeit gestaltet; auch hier ist ein Fachwissen erforderlich, und niemand wird in Landtagen und Zeitungen zu Einfluss oder gar zur Führerschaft gelangen können, der sich nicht der politischen Arbeit als einem Lebenszwecke, widmet.

Nach allen diesen Erwägungen wird denn auch diejenige Gelehrsamkeit, welche sich um Shakespeare als um ihren Mittelpunkt bewegt, die ihr zukommende Stellung nicht überschreiten, wenn sie den Grad der Achtung für sich in Anspruch nimmt, welcher ihr als einem Fachwissen einerseits und als einem Bestandtheil unseres idealen Lebens andererseits gebührt. Und sollte sie sich wirklich in Einseitigkeit und Irrthum verloren haben, so würde es doch ganz anderer Kräfte zur Wiedergewinuung der rechten Bahn bedürfen, als solcher, die den Reihen des Dilettantismus und der Mittelstufe der Bildung angehören.

Scenen-Eintheilungen und Orts-Angaben in den Shakespeare'schen Dramen.

Von

Richard Koppel.

Während die Urheber von Bühnenbearbeitungen Shakespearescher Stücke in Bezug auf Sceneneintheilung und Ortsangaben sich den völlig veränderten Bühnenverhältnissen unserer Zeit entsprechend der grössten Freiheit bedienen, sind die Herausgeber selbstverständlich an die Originaltexte gebunden. Allein auch sie haben gewissen Forderungen des modernen Lesers ebenso Rechnung zu tragen, wie der Bühnenbearbeiter Shakespeare'scher Stücke den unabweisbaren Erfordernissen unseres Theaters und den Bedürfnissen unseres schauenden Publikums folgen muss. Namentlich sind es die ausserhalb des Contextes der dramatischen Rede stehenden und dieselbe ergänzenden Bühnenweisungen und vor allem die Ortsangaben, deren grosse Mangelhaftigkeit dem Herausgeber eine freiere Thätigkeit erlaubt, ja von ihm fordert.

Die Ortsangaben fehlen sowohl in den Quarto-, wie in den Folioausgaben fast gänzlich, wie wir denselben Mangel ja auch in den alten Ausgaben anderer gleichzeitiger Dramen finden. Dies entspricht der höchst einfachen und eigentliche Dekorationen nicht kennenden Shakespeare'schen Bühne. Denn nicht nur wurde auf derselben die die Handelnden umgebende Oertlichkeit als solche nicht eigentlich charakterisirt, sondern es ward, wo es nicht für die Handlung besonders darauf ankam, an den Schauplatz derselben gar nicht gedacht vom Zuschauer so wenig wie vom Dichter und es erzeugten sich aus dieser Indifferenz bisweilen thatsächliche

Widersprüche (wie in Much Ado about Nothing), wenn z. B. ein wirklich auf der Bühne sich abspielender Theil der Handlung an späteren Stellen erwähnt und geschildert, in den beiden Schilderungen aber über den Schauplatz desselben zwei verschiedene, einander widersprechende Angaben gemacht werden, und wenn dann zum Ceberfluss noch, bei näherem Zusehen diese Angaben sich als im Grunde für jenen Vorgang unmöglich erweisen.*)

Aehnliche, durchaus nicht vereinzelte Widersprüche konnten von dem Dichter wie von dem Publikum des alten Theaters übersehen werden, weil bei vielen Theilen der Handlung an eine bestimmte Räumlichkeit gar nicht gedacht wurde, da für das dramatische Kunstwerk der ideale Raum der Bühne an sich der abstrahirenden künstlerischen Phantasie ebenso genügte, wie für Darstellungen von Handlungen in einem Theile der Malerei und in der Reliefplastik die leere Fläche des Grundes genügt.

Auf dem modernen Theater natürlich sind jene Widersprüche nicht möglich, weil auf ihm für jede Scene eine bestimmte Räumlichkeit gedacht, und nicht nur gedacht, sondern mit Hinzuziehung der bildenden Künste dargestellt werden muss.

Aus letzterer Nothwendigkeit ergab sich auch für die modernen Herausgeber die Nöthigung, den einzelnen wechselnden Theilen der Stücke bestimmte Schauplätze unterzulegen, und sie haben sich vom ersten an dieser Nöthigung gefügt. Derselbe - Nic. Rowe - hat sich, auch wo er hierin, wie in den letzten Theilen seiner Ausgabe**) mit Sorgfalt vorgeht, mit vollem Recht in den Schranken grosser Einfachheit gehalten. Auch Pope hat im Wesentlichen lediglich nur wo bei seinem Vorgänger die Angaben vergessen sind, dieselben ergänzt, ihre Einfachheit hat er nicht vermindert. Theobald dagegen und später in noch weit höherem Masse Capell vervielfältigen diese Angaben bis in's Einzelste und Mannichfachste.

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Und in der That entsprang gerade aus der Einfachheit der alten, von Dekorationen nichts wissenden Bühne die Mannichfaltigkeit der Lokalitäten, welche der Dramatiker für die wechselnde

Eben solche Widersprüche finden sich in Bezug auf die Tageszeiten, die ja auf der alten Bühne fast noch weniger charakterisirt wurden als der Ort. **) Rowe's Sorgfalt in Bezug auf die Einfügung der Ortsangaben ist in seiner Ausgabe von 1709 im Fortschritt der Arbeit gewachsen; sie ist in den Tragedies grösser als in den Comedies und Histories. Die zweite Ausgabe von 1714 habe ich nicht zur Hand, doch scheint sie nach den Angaben der Cambr. Ed. in diesem Punkte kaum wesentliche Erweiterungen empfangen zu haben.

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Handlung in seinen Werken sich erlauben durfte; denn, ohne wie die modernen Bühnendichter durch die Hemmnisse und die Störungen gefesselt zu sein, welche die scenischen Verwandlungen des Schauplatzes auf unserer Bühne dem Laufe der dramatischen Darstellung entgensetzen, durften sie es einfach der Phantasie des Zuschauers überlassen, sich nach dem Gange des Stückes selbst oder nach den im Dialoge oder nur äusserlich gegebenen Andeutungen die einzelnen Theile der Handlung am rechten Ort zu denken, d. h. wo es auf einen Ort und den Wechsel desselben überhaupt wesentlich ankam.

Allein jene späteren Zusätze, die auch in den neueren und neuesten Ausgaben nicht wesentlich vermindert, zum Theil, wie z. B. von Dyce, sogar entschieden vermehrt worden sind, haben die Grenze des Nöthigen derart überschritten, dass dadurch eine der ursprünglichen Einfachheit ebenso wie unsren modernen Bühnenzuständen widersprechende, immer wechselnde Buntheit entstanden ist.

In derselben Weise wie die Ortsangaben ist auch die Sceneneintheilung bei einem Theil der Shakespeare'schen Stücke ganz, bei einem andern theilweise, den Herausgebern frei überlassen gewesen. Da, wo dies nicht der Fall ist, werden sich manche Fälle nachweisen lassen, in denen die Ausgaben unnöthig von den Anordnungen der Quellen abweichen; ferner eine Fülle solcher, in denen eine Scenentrennung der Folio in den Ausgaben ohne Noth mit einem Wechsel des Schauplatzes verbunden und durch denselben erklärt wird, während in der That die blosse Leerung der Bühne hierfür genügt. Da aber, wo die Scenentheilung den Herausgebern überlassen war, finden sich ausser vielen Fällen, in denen dieselben allzu mannichfachen Ortswechsel angeben, eine andere Zahl von solchen Stellen, an denen die Ausgaben Scenenerneuerung und Ortswechsel einführen, während nach genauerer Untersuchung der Quellen beiderlei Einführungen unstatthaft sind, da in den betreffenden Punkten der Absicht des Dichters nach die Bühne sich nicht einmal von Handelnden leeren darf.

Nach Anstellung einer durchgehenden Untersuchung der Shakespeare'schen Dramen geben wir in Folgendem die Aenderungen, die in den Ausgaben*) bezüglich der beiden Gegenstände unserer Besprechung als wünschenswerth erscheinen.

*) Wenn bei Ausstellungen, welche ältere Ausgaben betreffen, die neueren nicht genannt werden, so sind dies Fälle, in denen letztere keine wesentliche Verbesserung oder Veränderung eingeführt haben.

Den Anfang machen wir mit König Lear, dessen ersten Act die Folio in fünf Scenen eintheilt, indem sie wie im Wesentlichen überall, über den Schauplatz keine Angaben macht.

Die späteren Ausgaben seit Theobald nehmen nun hier, indem sie der Eintheilung der Folio folgen, *) bei jeder neuen Scene auch eine Ortsveränderung an, obgleich offenbar in der Folio die jedesmalige Bühnenleerung und die damit eintretende Pause in der Handlung die genügende Veranlassung sind, eine neue Scenennummer zu setzen.**) Sicher hat zwischen den drei letzten Scenen dieses ersten Acts allein die Bühnenleerung die Trennung dieser Scenen in der alten Ausgabe veranlasst, und wir dürfen hierin Pope folgen, der als gemeinschaftlichen Schauplatz derselben „The Duke of Albany's Palace" angiebt.

Die seit Theobald eingefügten und durch Capell ***) noch mehr ausgebildeten, gesuchten und unbedeutenden Veränderungen des Schauplatzes sind zwecklos und der Einfachheit der Shakespeareschen Bühne eben so fremd, wie sie dem ersten Erforderniss einer modernen Aufführung zuwiderlaufen.

Was Rowe's Anordnung anlangt, so ist sie zu sehr vereinfacht und ungenügend, denn er verlegt die 2. Scene der Folio, was nach den Worten des Textes unmöglich ist, an den Ort der 1. Scene und lässt, der Folio widersprechend, bei Bühnenleerung keine neue Scene beginnen, so dass er statt 5 nur 2 Scenen rechnet.

Das Richtige ist sicherlich, aus der Folio die Zahl der fünf Scenen beizubehalten und Pope im Wesentlichen folgend nachstehende Ortsangaben zu machen: 1. Lear's Palace. 2. Gloster's Palace. - 3. Before Albany's Palace. 4. The Same. 5. The Same. (Am Anfang der 5. Scene schreibt Pope mit Recht ,,Re-enter Lear.")

Den zweiten Act zeigt der Quellentext in zwei Scenen getrennt, und auch hier ist eine blosse Bühnenleerung die Ursache der

*) Pope, welcher, dem französischen Usus folgend, bei jedem wesentlichen Personenauftritt eine neue Scene zählt und z. B. für diesen Act nicht weniger als 17 Scenen rechnet, kommt in diesem Punkte ebenso wenig in Betracht wie die ihm hierin folgenden Hanmer, Warburton und Johnson.

**) Schon Steevens spricht dies aus (,,Advertisement to the Reader" vor der Ausg. von 1773, abgedruckt bei Sh. ed. Reed 93, I. p. 325) „A change of scene, with Shakespeare (most commonly) implies (a change of place, but) always an entire evacuation of the stage."

***) Wo wir die späteren Ausgaben nicht erwähnen, haben sie die Angaben der früheren (wie hier z. B. Capell's) im Wesentlichen unverändert aufgenommen.

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