statt, und es ist wirklich rührend, diesen Klagegesang, dieses singende Weinen und Heulen mitanzuhören, zumal wenn es, wie es häufig geschieht, von Herzen kommt. Solche Häuser, in welchen ein Familienglied beerdigt worden ist, werden nach wie vor bewohnt, in einigen Gegenden des Eweerlandes werden sie jedoch verlassen und dem Einsturz preisgegeben. Unbestimmte Zeit nach dem Tode eines Mannes feiern die Hinterbliebenen ein Todtenfest. Diese Feier dauert zwei bis drei Tage lang und wird bei Einbruch der Nacht nicht unterbrochen. Sämmtliche Verwandte finden sich dazu im Hofe des Trauerhauses ein und bilden einen Kreis, in dessen Mitte unter Trommeln und Gesang Tänze aufgeführt werden. Da die Branntwein- und Palmwein-Flasche dabei sehr oft die Runde macht und Flintenschüsse den Lärm noch vermehren, so bekommt diese Trauerfeier einen förmlich infernalischen Charakter. angesehener der Verstorbene war, desto grösser dieses Todtenfest, da ohne dasselbe der abgeschiedene Geist von den Bewohnern der Unterwelt gar nicht aufgenommen werden würde, sondern auf einsamen Pfaden umherirren müsste. Die jenseitige Welt nennt der Eweer „Verbleibort" (dsiewe oder yoame, d. h. welche den Menschen fordert). - Noch verdient erwähnt zu werden, dass die Alten unter den Eweern gern vom Sterben als vom „Heimgehen zu den Vätern" reden; es erinnert das an das „Versammeltwerden zu den Vätern". Je Wir haben den Eweer in seinen Anschauungen begleitet bis zu seinem Eintritt in die jenseitige Welt; wir fragen nun, wie er weiter über das Verbleiben daselbst denkt. Wir begegnen hier dem Glauben an eine Wanderung der Seele und an eine Praeexistenz derselben. Wenn Jemand in die Unterwelt gewandert ist, dann kehrt er wieder auf diese Welt zurück, sei es, dass er in einem Vogel, oder in einem andern Thier, oder als Mensch wiederkommt. Wenn ein Kind eine physische oder psychische Aehnlichkeit mit einem Verstorbenen verräth, so wird angenommen, dass derselbe in diesem Kinde wieder in die Welt gekommen sei. Ein Geist, der seine Reise in diese Welt wieder antritt, bedarf eines Führers, welchen er belohnen muss. Wird ein Kind krank, so geben die Priester in der Regel als Grund davon an, dass sein Führer nicht genügend oder noch gar nicht bezahlt sei, was dann eben nachträglich geschehen muss und durch den Priester besorgt wird. Begriff, Ziel und Methode der Geographie und Von Dr. F. Marthe. Einem Werke gegenüber, das gross gedacht und durchgeführt ist, geziemt es sich, auch einen weitern, allgemeinern Standpunkt der Besprechung einzunehmen. Ueberdies enthält dasselbe den directen Anreiz zu einer solchen Betrachtungsweise. Die letzten Seiten desselben sind einer Erörterung des Begriffs und der Aufgaben der Geographie gewidmet, sie zeichnen gewissermassen, wie am Fuss einer Karte, den Maasstab, nach dem das Ganze gewerthet und verwerthet sein will. Wenn darin eine Herausforderung an alle diejenigen liegt, die über die theoretische Seite unsrer Wissenschaft gedacht haben, so nehmen wir dieselbe um so lieber auf, da wir seit längerer Zeit an einem Beitrag zur Lösung der hierbei in Betracht kommenden Fragen arbeiten. Versuchen wir es also, eine oft erhobene und in buntester Mannigfaltigkeit beantwortete Frage hier zu stellen, die Frage: Worin liegt das eigenartige Wesen der Geographie, das sie als Wissenschaft von andern Wissenschaften abscheidet? I. Die Unterscheidungsmerkmale eines als besondere Wissenschaft constituirten Zweiges menschlicher Erkenntniss können nur zweierlei Art sein, entweder materiale oder formale, d. h. sie liegen entweder in dem Stoff, der bearbeitet wird, oder in der Art, wie er bearbeitet wird. Fragen wir zunächst: Hat die Geographie einen ihr eigenthümlich zugehörigen Gegenstand des Wissens und Erkennens, und welchen? Den ersten Wink hierüber scheint ihr Name zu geben. Sie hat mit der Erde zu schaffen. Aber wie? Ist es diese als Ganzes, ohne Rücksicht auf etwaige Theile, mithin als Ganzes schlechtweg? Nun sicherlich kann Niemand Geograph sein, ohne von der Gestalt, Grösse, Dichtigkeit, den Bewegungen der Gesammterde etc. unterrichtet zu sein. Aber diese ist in dieser Beziehung nichts anderes als nach Herder's vielberufenem Ausdruck ein Stern unter Sternen, und seitdem die Sternkunde zu einer selbständigen, grossen Wissenschaft herangewachsen ist, fällt alles, was den Erdplaneten in seiner Gesammtheit anbetrifft, einzig und allein dieser anheim, kann und muss zwar Lerngegenstand des Geographen sein, nicht aber specifischer Lehrgegenstand der Geographie, gerade wie die Anatomie des menschlichen Körpers vom Physiologen oder Pathologen und deren Schülern zwar gekannt oder gelernt wird, nicht aber der unmittelbare Zweck ihrer Lehre ist. Es klingt paradox und ist doch wahr: Die Erde als theillose Einheit ist bei dem Stande der wissenschaftlichen Arbeitstheilung, wie er nun einmal geworden ist, nicht das Specificum der Erdkunde. Die sogenannte astronomische Geographie mag daher auf Schulen und in populären Handbüchern als integrirender Bestandtheil der Geographie angesehen und behandelt werden, die wissenschaftliche Auffassung der letzteren, die darauf hält, auf eigenem Grunde zu wohnen und zu bauen, muss jene einfach voraussetzen. Nun aber besteht die Erde aus Theilen, grossen und kleinen, der mannigfaltigsten Art. Vielleicht ist sie, nicht als Ganzes schlechtweg, sondern als Ganzes, das aus Theilen zusammengesetzt ist, Studium der Erdkunde; das thatsächliche Kennen dieser Theile einerseits und das Erkennen ihrer ursächlichen Verhältnisse andrerseits würde dann die elementare und die höhere wissenschaftliche Stufe dieses Studiums darstellen. In der That hier scheint sich sofort, was wir suchen, gefunden zu haben: ein specifischer Stoff für eine specifische Wissenschaft. Denn durchmustern wir den ganzen blüthen- und blätterreichen Ehrenkranz menschlicher Wissenschaften, wir sehen jede, soweit sie auf Objecte der unmittelbaren Sinneswahrnehmung gerichtet sind, auf ein irgendwie begrenztes Gebiet der irdischen Sinnenwelt sich concentriren. Der Platz für eine solche dagegen, die alle Sondergebiete des sinnlich-stofflichen Erdendaseins, das Ganze in seinen Theilen umspannen würde, ist vollkommen frei, und wer anders sollte ihn einzunehmen berufen sein, als eine Wissenschaft, die den stolzen Namen Erdkunde trägt? Noblesse oblige. Zwar bei genauerer Sicht entdecken wir eine Wissensart, die gleichfalls des gesammten Erdenstoffes sich bemächtigt und daher mit allen von stofflichen Erdendingen handelnden Wissenschaften Fühlung hat, die Chemie, aber wie doch? Nicht nimmt sie ja die Dinge, wie sie in unübersehlicher Formenfülle wirklich sind, sondern zerschlägt sie künstlich in wenige, freilich allerdlich seiende Elemente, die sie sogar noch über den Erdenrahmen hinaus in unendlichen Fernen aufsucht. Oder wir gedenken der Physik im weitesten Wortsinne, die wiederum auf ein Allerdliches ausgeht, das Erscheinen und Wirken von Kräften, aber auch wiederum mit diesen über die Grenzen des erdlichen Seins hinauszeigt. Substanzen und Kräfte des Erdlichen können in gleicher, den Gesammtplaneten berücksichtigender Allgemeinheit behandelt werden, aber nur wer dem auf Erden erscheinenden Product der kosmischen Mächte Kraft und Stoff, dem Körperlichen der Erde in seiner Formenmannigfaltigkeit, den Blick allein zuwendete, würde ebensowohl das Erdganze nach seiner sinnfälligen Seite erschöpfen wie andrerseits über die Grenzen desselben nicht hinausschweifen. Dies wäre Erdkunde in der ganzen Schwere des Wortes und zugleich eine von allen übrigen dem Gegenstande nach verschiedene Wissensart; sie wäre damit specifisch verschieden von jeder einzelnen, auf eine Theilgruppe des Erdkörperlichen beschränkten, insofern sie die andern über andere Körpergruppen lehrenden mitbefasste, sie würde aber von den subsummirten insgesammt sich in ihren Objecten specifisch nicht unterscheiden. Der Grundformen und danach Theilgruppen des Körperlichen auf Erden kennen wir sechs: die des Elastisch-Flüssigen in der Atmosphäre, des Tropfbar-Flüssigen im Wasser, des Gefesteten im Mineralreich, die drei organischen Stufen-Reiche der Pflanzen, Thiere, Menschen. Dies sind die sechs wahren constituirenden Erdtheile und zugleich nach höchster Wahrscheinlichkeit Repräsentanten ebensovieler Erdalter; von der Reliquie uralter Zeiten, dem planetarischen Veteran der Luft bis auf den jüngsten Spross der Mutter Erde, unser zur Herrschaft über die ältern geborenes eigenes Geschlecht. Mit diesen sechs Formenkreisen erdlichstofflichen Seins deckt sich der Erdplanet der Materie nach völlig. Ein etwaiger siebenter, der von den Physikern als Träger vielleicht aller sogenannter Naturkräfte vorausgesetzte Aether, darf als problematisch nach seiner materiellen Natur und kosmisch nach seiner räumlichen Existenz übergangen werden, ganz zu geschweigen eines achten Kreises eigenthümlicher Daseinserscheinungen auf Erden, der rein geistigen im Menschenreiche, die allerdings diesem seine Sonderstellung neben und über den fünf übrigen ertheilen. Erdkunde im höchsten Sinne des Wortes würde freilich auch diese Dinge mitbefassen, wie ja in der physicalischen Geographie factisch Aetherphänomene und in der historischen indirect das geistige Leben der Menschheit beachtet werden. Eine Entwickelung des Begriffs der Erdkunde aus dem Wortsinne führt also zu dem schmeichelhaften Resultat, dass sie das menschliche dingliche Wissen, man könnte beinahe sagen, sammt und sonders bedeutet, insofern ja nur Weniges, was von Menschen gewusst wird, sich, wie in der Astronomie, auf Dinge ausserhalb unseres Erdenkerkers ausschliesslich bezieht. Selbst ein Wagner jedoch, der vielwissend getrost gern Alles wissen möchte, dürfte vor der Last einer solchen Polyhistorie erschrecken. Dürfen wir sie einem redlichen Forscher, der immer nur weiss, dass er nichts weiss, aufbürden? Oder haben wir den Wortsinn des Namens unsrer Wissenschaft falsch gedeutet? Vielleicht. Unsere Sprache verbindet mit dem Wort Erde einen dreifachen Sinn, einen weitern, engern und engsten. Der erstere gilt unserem Planeten insgesammt und ist der von uns bis hierher allein in Betracht gezogene. Den engern erkennen wir in der durch Jahrhunderte währenden Proclamirung von Luft, Wasser, Erde, Feuer als den vier Elementen, wir erkennen ihn in dem noch bis heut gültigen Kunstausdruck der Geographie: Erdtheile, wir meinen ihn, wenn wir etwas auf die Erde" fallen sehen, wenn wir vom Erdboden, Erdreich etc. sprechen. Erde bedeutet hier das Feste überhaupt, in den „Erdtheilen" (die auch wohl zu,,Welttheilen" anschwellen) sogar nur das über den Ocean gehobene Feste, das Land mit seinen Einlagen des Flüssigen in Quellen, Seen, Strömen. Endlich den engsten Begriff Erde stellt die Mineralogie auf, indem sie selbst von Erden auf der Erde weiss, gewissen lockern Erscheinungsarten des Festen, wie Thonerde, Gartenerde etc. Ist nun etwa die Erde der γεωγραφία, Erdkunde oder Erdbeschreibung in dem ebenerwähnten mittleren Sinne zu verstehen? Befragen wir die Geschichte unsrer Wissenschaft, so finden wir, dass dieser Begriff in der That von Anfang an bis heute, ja heut mehr als je, eine grosse Rolle in derselben gespielt hat. Aber doch nicht die einzige. Vielmehr mischte sich von jeher auch jener erstgenannte, mehrumfassende mit ein. Und sehr natürlich! Der gefestete (immer den flüssigen mitbegreifende) Bestandtheil unseres Planeten reicht nach der unbefangenen Anschauung soweit, wie dieser selbst; ob hier mit oder dort ohne Wasserbedeckung, die Erdkugel schlechtweg erscheint uns zunächst als ein einziger grosser Körper im Zustande des Starren, Festen, oder umgekehrt die gesammte, grosse Masse des Erstarrten incl. aller Gewässer deckt sich uns wie räumlich so sachlich mit dem Planeten schlechtweg. Soweit in den Tagen der Kindheit des geographischen Wissens der Blick sich erstreckte, und wie er sich auch allmählich durch Entdeckungen erweiterte, immer fielen der höhere und der niedere Begriff des Substrats der Geographie, einer γῆ, terra, Erde etc. zusammen. Offenbar aber ist in allen Sprachen der niedere Erdbegriff, unser mittlerer, der ursprüngliche, weil der unmittelbaren Anschauung entnommen, der höhere planetarische nur durch Uebertragung entstanden. Indess wer nun die Geschichte der Erdkunde nicht kennt, würde gewaltig irren, wenn er meinte, dass dieselbe von Anfang her die Erkundigung und Schilderung des festen und des flüssigen Planetentheiles innerhalb des jeweilig bekannten Horizontes als ihre, wir wollen gar nicht sagen einzige, sondern hauptsächliche Aufgabe erkannt habe. Im Gegentheil dies ist eine Errungenschaft der neuern ja neuesten |