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XIV.

Zur Routenkarte im südlichen Kleinasien.

Von Dr. Gustav Hirschfeld, zur Zeit in Olympia.
(Hierzu eine Karte, Taf. VI.)

Der ungeheuere Landkörper Asiens streckt seinen westlichsten Ausläufer Kleinasien gleichwie eine Hand vor und Europa entgegen. Die Aufgabe, welche in dieser Lage des Landes liegt, hat in der Geschichte ihre Lösung gefunden: denn durch dieses Glied sind die frühesten historischen Lebensäusserungen der orientalischen und occidentalischen Welt also vermittelt worden, dass dasselbe zu beiden Erdtheilen in gleicher Weise zu gehören scheint, wie denn auch in seiner Gestaltung dieses Doppelleben nach Osten und Westen hin klar ausgedrückt liegt*) und in seinen Denkmälern zum Theil noch jetzt bezeugt ist. Darum ist das Interesse, welches sich an die Erforschung dieses Landes knüpft, so eigenartig, der Reiz ein so besonderer: denn es handelt sich hier nicht etwa darum, einen bisher gänzlich unbekannten Theil der Erde erst aufzudecken, sondern ein einst blühendes und städtereiches, von vielen Heerstrassen durchzogenes Gebiet, das im Verlauf der Geschichte und durch denselben in Vergessenheit versunken ist, auf's Neue zu entdecken und in seinen Einzelheiten wieder zu erkennen, soweit das historische und das innere natürliche Fortleben des Landes dieselben nicht geändert oder verwischt haben.

Und so nahe gerückt an Europa hat Kleinasien dennoch alle Erforschungsphasen unbekannter Länder durchgemacht, welche mit abenteuernden Zügen zu beginnen pflegen, mit einer Auslese des Merkwürdigsten fortgeführt werden, und endlich in einer systę

*) S. Abhdlgn. d. Berl. Akad. d. Wiss. philos. histor. Cl. 1875 S. 1ff. Zeitschr. d. Gesellsch. f. Erdk. Bd. XII.

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matischen Durchforschung, welche Kleines und Grosses in gleicher Weise berücksichtigt, ihren Abschluss erreichen.

Mit dem dritten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts endet für Kleinasien die zweite Erforschungsperiode, welche im Anfang des achtzehnten Jahrhunderts begann und wesentlich von französischen und englischen Reisenden ausgefüllt ist *). Sie hebt an mit den Reisen von Tournefort (1701 f.) und Paul Lucas (1702. 1705 f. 1714 f.) und schliesst ab, wie man wohl sagen darf, mit Ch. Texier, welcher Kleinasien vom Jahre 1834 bis 1836 bereiste und seine Resultate in dem bekannten grossen Prachtwerk, Asie Mineure," niedergelegt hat. Die Signatur dieses Werkes ist diejenige der ganzen damit gleichsam besiegelten Epoche, welche ihren Blick nur auf das besonders Hervorragende und Interessante richtete, oft nur richten konnte, deren Wege und damit Entdeckungen, eben vielfach durch äussere Umstände bestimmt, auch gehindert, durch den Zufall hierhin und dorthin gelenkt wurden. Ueberblickt man Kleinasien nach dieser Periode, so gleicht es sowohl bezüglich der Kenntniss seiner Denkmäler, sowie derjenigen seiner natürlichen Gestaltung einem Bau, von welchem nur das Gerüst vorhanden, einer Aufnahme, von welcher nur mehrere bedeutende Netzpunkte bestimmt sind. Diese zu verbinden ist die Aufgabe systematischer Durchforschung geworden, und nur unter diesem Gesichtspunkt ausgeführte Reisen in Kleinasien können jetzt Anspruch auf wissenschaftlichen Werth erheben, während blosse Touristentagebücher aufhören Quellen zu sein und im besten Falle von culturgeschichtlichem Interesse sein können.

Die systematische Erforschung ist durch eine Reihe günstiger Umstände, im Grunde aber und vor Allem durch die vom zweiten Mahmud eingeführten Reformen theils unmittelbar angebahnt, theils ermöglicht worden, da infolge derselben die Sicherheit des Reisens wesentlich gefördert und eine Annäherung an die Bewohner des Landes erleichtert wurde.

In die erste Zeit der neuen Erforschungsaera fallen die Reisen von Arundell, Hamilton, Chesney, Ainsworth, sowie diejenigen Fellow's, dessen Werk in seiner Haltung noch zur vorigen Periode gehörend, doch die Veranlassung zur abschliessenden Erforschung Lykiens durch Spratt und Forbes geworden ist.

Die Reformen Mahmuds aber führten selber mehrere preussische Officiere von Moltke, Fischer und von Vincke vorübergehend in türkische Dienste, deren Aufnahmen von besonders schwierigen und früher ganz unbekannten östlichen Landschaften die Grundlage eines bedeutenden Theiles der grossen Kiepertschen Karte von

*) Vivien de St. Martin, l'Asie Mineure II. p. 759-798.

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XIV.

Zur Routenkarte im südlichen Kleinasien.
Von Dr. Gustav Hirschfeld, zur Zeit in Olympia.
(Hierzu eine Karte, Taf. VI.)

Der ungeheuere Landkörper Asiens streckt seinen westlichsten Ausläufer Kleinasien gleichwie eine Hand vor und Europa entgegen. Die Aufgabe, welche in dieser Lage des Landes liegt, hat in der Geschichte ihre Lösung gefunden: denn durch dieses Glied sind die frühesten historischen Lebensäusserungen der orien talischen und occidentalischen Welt also vermittelt worden, dass dasselbe zu beiden Erdtheilen in gleicher Weise zu gehören scheint, wie denn auch in seiner Gestaltung dieses Doppelleben nach Osten und Westen hin klar ausgedrückt liegt*) und in seinen Denkmälern zum Theil noch jetzt bezeugt ist. Darum ist das Interesse, welches sich an die Erforschung dieses Landes knüpft, so eigenartig, der Reiz ein so besonderer: denn es handelt sich hier nicht etwa darum, einen bisher gänzlich unbekannten Theil der Erde erst aufzudecken, sondern ein einst blühendes und städtereiches, von vielen Heerstrassen durchzogenes Gebiet, das im Verlauf der Geschichte und durch denselben in Vergessenheit versunken ist, auf's Neue zu entdecken und in seinen Einzelheiten wieder zu erkennen, soweit das historische und das innere natürliche Fortleben des Landes dieselben nicht geändert oder verwischt haben.

Und so nahe gerückt an Europa hat Kleinasien dennoch alle Erforschungsphasen unbekannter Länder durchgemacht, welche mit abenteuernden Zügen zu beginnen pflegen, mit einer Auslese des Merkwürdigsten fortgeführt werden, und endlich in einer systę

*) S. Abhdlgn. d. Berl. Akad. d. Wiss. philos. histor. Cl. 1875 S. 1ff. Zeitschr. d. Gesellsch, f. Erdk. Bd. XII.

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