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geschichte Amerikas in einem Labyrinth wandert, aus dem man keinen Ausweg findet. Bisher glaubten wir, dafs wenn man alle jene Quellen gelesen hat, die wir in unseren verschiedenen Elaboraten dieses Gebietes nannten oder anführten, man so ziemlich beruhigt sein kann, wenigstens das wichtigste von dem zu wissen, was überhaupt zu wissen nötig und möglich ist. Vorzüglich glaubten wir, dafs die Prozessakten der Familie Colon die Quintessenz der Gründe, Vermutungen, Hypothesen u. dgl. enthalten, die man aufgestellt hat, um nachzuweisen, dafs Pinzon und nicht Columbus derjenige war, der das Geheimnis der neuen Welt besafs. Aber gegenwärtig, da wir die Geschichte der französischen Schiffahrten im XV. und XVI. Jahrhunderte lesen, haben wir Gelegenheit zu erfahren, wie wahr der alte Spruch sei, dafs man nie ausgelernt hat.

Desmarquets1) erzählt also, dafs der Steuermann des Cousin - eine recht schlimm angelegte Natur Pinzon hiefs, dafs dieser Pinzon versucht hatte, die Leute gegen ihren Kapitän zu erheben, dafs aber Cousin durch seine Energie und auch durch freundliches Zuvorkommen die Meuterei unterdrückte. In seiner Grofsmut bestrafte Cousin nicht einmal den Verräter, ja er beliefs ihm sogar seine Charge als Schiffsoffizier. Dies musste er auf der Rückreise bitter bereuen. In Angola schickte er nämlich den Pinzon ans Land, um Waren einzutauschen, und die Afrikaner verlangten höhere Preise, als man ihnen anbot. Pinzon gab nicht nach; es kam zu einem Streite, der damit endigte, dafs sich Pinzon der von den Afrikanern feilgebotenen Gegenstände mit Gewalt bemächtigte. Letztere griffen, um sich zu rächen, die Diepper an, die von jener Gegend unverrichteter Dinge weiterziehen mussten; das Ärgere daran war, dafs die Diepper durch diesen Akt ihren guten Ruf an jener Küste verloren. In Dieppe angelangt, führte Cousin gegen Pinzon Klage. Derselbe wurde als unwürdig erklärt, in der dortigen Marine noch weiter zu dienen, also gewissermafsen verbannt. Pinzon zog darauf hin zuerst nach Genua und dann nach Spanien. Alles - sagt Gaffarel) — führt zur Vermutung, dieser Pinzon sei kein anderer als jener Seemann gewesen, dem Columbus bei seiner Expedition das Kommando eines Schiffes anvertraute! Die Gründe, die er in der Folge anführt, sind denn auch in der That geradezu gewaltig. Zunächst kann Niemand leugnen, dafs, während sich sonst in ganz Palos kein einziger Seemann vorfand, dem die Idee des Columbus gefiel, sich die Pinzons mit Leib und Seele daran machten, das Unternehmen durchzubringen. Dann fällt es auf, dafs Martin Alonzo während der Fahrt immer darauf bestand, SW zu segeln, offenbar weil er recht gut wufste, dafs in jener Richtung das Land lag, welches er mit Cousin besucht

1) Desmarquets a. a. O. S. 95. 96.

2) Gaffarel a. a. O. S. 13.

hatte. Das Schweigen dieses Mannes während der Vorbereitungen zur Entdeckung kann hierbei nicht wundern; denn hätte er seine Erlebnisse mitteilen wollen, so würde ihm ein Ausweg zur Deckung der Schmach, die ihm in Dieppe angethan wurde, schwer gelungen sein; es war also geratener, die Vergangenheit durch einen dichten Schleier zu decken. Nicht unerwähnt kann ferner die Thatsache bleiben, dafs sich die Mitglieder der Familie Pinzon später bei ihren Entdeckungen auf die Erforschung der brasilianischen Küste verlegten. So weit Gaffarel.

Es fehlt uns jeder Anhaltspunkt, um eine solche Möglichkeit schnurstracks zu widerlegen; wir sind nicht in der Lage, Dokumente anzuführen, die das Gegenteil nachweisen, aber etwas weniges läfst sicht vielleicht doch anführen. Erstens ist die Quelle, die uns diesen Pinzon als Begleiter Cousin's darstellt, absolut unverlässlich und Gaffarel selbst macht an zwei andere Stellen seines Werkes1) darauf aufmerksam. Desmarquets ist voll Irrtümer und unverlässlicher Angaben, er verwechselt sehr oft die Daten und auch die Personen. Schon dieser Umstand genügt, um die Wahrheit dieser Erzählung fraglich zu machen. Es ist auch unbegreiflich, wie Desmarquets nach dem Brande von 1694 solche Details im Jahre 1785 noch einsammeln konnte. Wahrscheinlich hat Desmarquets die Entdeckungsgeschichte von Columbus schlecht gekannt und sie sonst mit den zu Dieppe herrschenden Traditionen vermengt und verwechselt.

Es drängt sich aber hier eine weitere Betrachtung auf. Wenn Pinzon bei Lebzeiten ein Interesse daran hatte, seine Vergangenheit zu verschleiern, so holten dafür seine Erben und Verwandten mit Bienenfleifs Alles zusammen, was in dem berühmten Prozess der Familie Colon wichtig sein konnte, um den Nachweis zu liefern, Martin Alonzo habe das Geheimnis der neuen Länder schon vor Columbus besessen. Kein Argument wäre ihnen zu ihrem Zweck schlecht gewesen und hätten sie dabei noch weit ärgere Missethaten aufdecken müssen, als die hier ins Spiel kommende.

Beim Verhör vom 22. Dezember 1535 sagte ferner Fernando Valiente aus, Martin Alonzo habe manchmal zwei, manchmal ein eigenes Schiff besessen. Fernan Yanez de Montilla weifs zu erzählen, wie Alonzo mit seinem Schiffe die Portugiesen in Schach hielt und wie sie nicht wagten, ihm zu nahe zu kommen. Francisco Medel nennt Pinzon den kühnsten Seemann Kastiliens und sagt, dafs er bis zu drei Schiffe ausrüstete. Überhaupt ist hinlänglich nachgewiesen, Pinzon habe zu den angesehendsten und reichsten Familien von Palos gehört. Unter solchen Umständen ist nicht anzunehmen, er habe aufserhalb seiner Familie

1) S. 4 und S. 8. S. 4 sagt er: „Il est plein d'erreurs et de négligences“. S. 8: ,,Nous savons déjà que Desmarquets est fort sujet à caution. Il mêle volontiers le faux et le vrai, confond les époques et les hommes".

126 E. Gelcich: Über die Materialien zur vorcolumb. Geschichte Amerikas.

und seines Landes Einschiffung gesucht. Wäre nur ein Funken von Wahrheit an der Schilderung Desmarquets' vorhanden, so hätte ein oder der andere der spanischen Historiographen einen Wink wenigstens davon bekommen. Insofern es sich aber um einen Zusammenhang zwischen dieser Expedition des Pinzon und die Entdeckung des Columbus handelt, möge man aber doch nicht vergessen, dafs Columbus seine Idee schon 1574 gefafst zu haben scheint. In der Lebensbeschreibung von Leonardo da Vinci lesen wir sogar, dafs letzterer mit Columbus noch früher wegen der Entdeckung in Korrespondenz stand. Wir haben darauf bezüglich den berühmten Historiker Herrn Prof. Büdinger in Wien gebeten, weitere Forschungen über diesen Brief zu pflegen, der uns in der Geschichte der Entdeckung wohl um einen weiten Schritt vorwärts bringen würde.

Zu den Diepper Seeleuten rückkehrend, liegt es aufser jedem. Zweifel, dafs sie seit der frühesten Entdeckung Amerikas einen regen Verkehr mit dem neuen Kontinent unterhielten. Nach Cousin und Gonneville werden Jean Denis uud Gamort de Rouen als Neufundlandfahrer genannt). In seinem ,,Discorso di un gran capitano di mare francese del luogo di Dieppe" berichtet Ramusio), dafs französische Kaufleute die brasilianischen Küsten in den allerersten Jahren des XVI. Jahrhunderts besuchten. Varnhagen machte in seiner Geschichte Brasiliens Teile eines 1584 von einem Jesuiten verfafsten Manuskriptes bekannt, betitelt: „Enformação de Brasil e de suas capitanias", wo folgendes zu lesen ist3):

,,Im Jahre 1504 gelangten die ersten französischen Schiffe an die brasilianischen Küsten. Sie besuchten den Hafen von Bahia, liefen im Flusse Paguaraçu ein, vollendeten dort ihre Handelsgeschäfte und kehrten in die Heimat zurück. Kurz nacher kamen andere drei französische Schiffe in Bahia an, wurden aber von den Portugiesen überfallen; zwei dieser Schiffe wurden in Brand gesteckt, das dritte gefangen genommen. Nur wenigen Personen der Bemannung gelang es zu entkommen, sie flüchteten sich mit einer Barke und stiefsen 4 Leguen von Bahia, in der Umgebung der Spitze von Itapuransa, auf ein Schiff ihrer Nation." Eusebius Cesareus sagt in seiner Chronik 4), dafs 1509 sieben Eingeborne aus der neuen Welt nach Rouen gebracht wurden. Aus der kurzen Beschreibung, die er über das Aussehen dieser Indianer giebt, will Gaffarel den brasilianischen Typus erkennen). Einen ganz

rii.

1) Ramusio, Raccolta di Viaggi. Bd. III. S. 359.

2) A. a. O. 355 ff.

3) Band I. S. 404-435.

4) Eusebi Caesariensis Chronicon cum additionibus Prospri et Mathiae PalmePariis St. Stephanus 1518. Eine andere Auflage aus Bâle 1529.

5) Histoire du Brésil français. S. 59.

besonderen Impuls soll die transatlantische Schiffahrt der Diepper durch eine Familie Ango erhalten haben, welche zahlreiche Schiffe ausrüstete, um die Schätze der neuen Welt auszubeuten. Es hat sich auch in letzterer Zeit herausgestellt, dafs der,,Viaggio di un gran capitano francese" des Ramusio, worin eine sehr ausführliche und naturgetreue Beschreibung Brasiliens enthalten ist, von einem Jean Parmentier herrührt, der eben ein Schiff der Familie Ango kommandierte 1).

Der Handel Frankreichs mit Brasilien nahm in der Folge immer gröfsere Dimensionen an, obwohl die Rivalität der Portugiesen störend auf dessen kräftige Entwickelung einwirkte. Es kann hier nicht der Ort sein, denselben näher zu verfolgen, unser Ziel war nur, die ersten Unternehmungen dieser Art, insofern sie mit der Entdeckungsgeschichte Bewandtnis haben, zu verfolgen, und sind somit an den Schluss unserer Aufgabe gelangt.

III.

Alphabetisches Verzeichnis der eingeborenen Stämme der Philippinen und der von ihnen gesprochenen Sprachen.

Von Prof. Ferd. Blumentritt.

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Trotz der reichen Literatur, die von den Völkern und Sprachen des Philippinen-Archipels handelt, gibt es kein Buch, keine Abhandlung, in welchen sämtliche Namen der philippinischen Stämme und der üblichen Landessprachen verzeichnet wären, und doch erscheint mir dies um so unerlässlicher, als besonders spanische wie philippinische Schriftsteller mit wenigen Ausnahmen mit diesen Namen sehr leichtsinnig umspringen, so dafs durch ihre schleuderhafte Schreibweise und durch Generalisierung eine grofse Verwirrung bei jedem hervorgerufen werden muss, der nicht ein genauer Kenner der diesbezüglichen Literatur und der ihr anhaftenden Schwächen ist. Die auf den Philippinen herrschende Unart, den Namen eines Stammes auf andere zu übertragen, welche in irgend einer Weise mit dem ersten in der Lebensweise oder auch nur in dem Kulturgrade (im weitesten Sinne des Wortes) Ähnlichkeit besitzen2), hat ein Gegenstück in der zweiten Unart aufzuweisen, aus einem Stamme mehrere zu machen, indem man die Tribusnamen als Stammnamen hinstellt3). So ist durch die

1) Estancelin, Vogages et découvertes des navigateurs normands. S. 191. 2) M. vgl. den Artikel: Igorrotes.

3) M. vgl. die Artikel: Quiangan und Silipan.

spanischen Autoren viel Unheil angestiftet worden. Nur mit gröfster Sorgfalt und Mühe kann man in diesem Labyrinth von Namen sich zurechtfinden. Ich bin überzeugt, dafs viele der von mir angeführten Namen, nach der endgiltigen Durchforschung des Landes, werden verschwinden müssen, weil sie ihre Existenz einem Schreib- oder Druckfehler oder dem Leichtsinn, dem Mifsverständnis oder dem Irrtum ihre Existenz verdanken, wie ich dies schon bei einzelnen dargethan. Ebenso aber bin ich überzeugt, dafs bei einer genaueren und gewissenhaften Exploration des Archipels nicht nur der Rest (besonders in Bezug auf die richtige Schreibung) vielfache Korrekturen zu erdulden haben wird, sondern dafs auch noch neue Namen, besonders aus dem nördlichen Luzon, dann aus dem Binnenlande der einzelnen Inseln hinzutreten werden.

Ich habe in dieses Verzeichnis alle mir bekannten Varianten der angeführten Namen eingestellt und überdies in kurzen Worten auch die Wohnsitze der behandelten Sprach- und anderen Stämme hinzugefügt, wie auch die Angabe ihres Kulturgrades bez. ihrer Religion. Ich unterscheide neben den Negritos nur malayische Stämme überhaupt, weil hier die Rücksichtnahme auf die verschiedenartigen Gruppierungen und Unterabteilungen der malayischen Rasse nicht zweckdienlich, vielleicht sogar störend erscheint. Auch auf veraltete Namensformen habe ich Rücksicht genommen und dieselben durch ein Kreuz † gekennzeichnet. Wo ich, wie bei Talaos, Mardicas, Cafres auf den Philippinen fremde Volksstämme oder Kasten Rücksicht nahm, so geschah dies nur aus dem Grunde, weil sie bei spanischen Autoren als Philippinisch irrtümlicher Weise angeführt werden. Um andererseits die Nicht-Spanier auf einige landesübliche Benennungen von Rassen und Kasten aufmerksam zu machen, habe ich überdies die streng genommen nach dem Titel meiner Abhandlung nicht hierher gehörenden Artikel Castila, Cimarrones, Indios, Infieles, Insulares, Mestizos, Montaraz, Peninsulares, Remontados und Sangley mit aufge

nommen.

Abacas. Die Abacas waren ein heidnischer Malayenstamm, welcher in den Walddickichten am Caraballo Sur (Luzon) wohnte. Sie waren sehr kriegerisch, wahrscheinlich Kopfjäger. Im vorigen Jahrhunderte wurden sie christianisiert und in ihrem Gebiete die Gemeinde Caranglan (Prov. Nueva Ecija) gegründet, wo ihre Nachkommen als friedliche Christen leben. Sie besafsen eine eigene Sprache, scheinen aber heute vollständig tagalisiert zu sein.

Abra-Igorroten, Igorrotes de Abra. Kollektivbezeichnung für die in der Provinz Abra (Luzon) wohnenden Kopfjägerstämme, zumeist den Guinaanes (s. d.) angehörig.

Abúnlon. Der Name eines wilden Volksstammes, welcher die Gebirgsgegenden von Zambales bewohnt. Sie sind vielleicht mit den sogenannten Zambales-Igorroten identisch.

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